Einsamkeit von CyberneticNemesi ================================================================================ Kapitel 20: Überraschung ------------------------ Die Wochen und Monate zogen ins Land. Die Reparaturen in Hogwarts gingen erstaunlich gut voran. Das Ministerium hatte mittlerweile das Ziel verlautbaren lassen, die Schule bis Anfang September wieder betriebsbereit haben zu wollen. Für Severus bedeutete das, dass der Stress jetzt erst richtig losging. Ihm wurden immer neue Bautrupps gesendet und nach und nach nahm das altehrwürdige Schloss wieder seine alte Gestalt an. Irgendwie war Severus ja froh, dass sich die Renovierung in riesigen Schritten dem Ende nährte. So langsam kam er sich vor wie ein Baustellenverwalter und nicht wie der Schulleiter. Es ging sogar so gut vorwärts, dass er sich ernsthafte Gedanken über die Besetzung der Lehrstellen und Unterrichtspläne machen musste. Die Schulreform des Ministeriums hatte seinen Handlungsspielraum jedoch arg eingegrenzt. Es wurden nur noch Halb- und Reinblüter zugelassen. Außerdem wurde das Häusersystem begrenzt auf ein einziges Haus, nämlich Slytherin. Zugegeben, durch die neuen Rassenregellungen hätten sie vermutlich eh nicht mehr genug Schüler für vier Häuser. Bei der Auswahl seiner Lehrer wurde ihm freie Hand gelassen solange diese nachweislich reinblütig waren und die Doktrin des Ministeriums unterstützten. Er war ehrlich gesagt froh darüber, dass ihm anders als noch vor zwei Jahren keine Todesser aufgezwungen wurden. Die Carrows hatten üble Dinge mit den Schülern angestellt. Ganz besonders mit denen, die nicht aus Slytherin stammten. Severus saß mit Narzissa beim Abendbrot. Er schenkte sich ein Glas Rotwein ein, bevor er die Frage stellte, die ihm nun schon seit einer ganzen Weile auf der Zunge brannte. „Möchtest du mit mir zurück nach Hogwarts gehen?“ „Ist das nicht eher unüblich?“, fragte Narzissa. „Ich meine, als die Geliebte des des Direktors im Schloss zu wohnen.“ „Mir fehlt eine Sekretärin. Ich könnte dich offiziell anstellen für das Schulleiterbüro.“, sagte Severus. „Deine Sekretärin?“, fragte Narzissa und es klang etwas ungläubig. „Die Alternative wäre, dass du alleine hier bleibst und mich maximal zweimal im Jahr wirklich siehst. Ich glaube nicht, dass das einer von uns wirklich will.“, entgegnete Severus. „Und wo wohnen wir dann?“, fragte Narzissa. „Natürlich im Quartier des Schulleiters. Ich habe es extra einrichten lassen.“, sagte Severus. „Du hast also schon wieder an alles gedacht, oder?“, fragte Narzissa lächelnd. „Ich hoffe es zumindest.“, sagte Severus. „Nun, dann muss ich dir auch noch etwas offenbaren.“, sagte Narzissa. Sie stellte behutsam ihr Glas Wein ab. Severus sah sie an. Was würde sie ihm sagen? „Severus, ich glaube, ich bin schwanger.“ Severus saß da und starrte sie an. Sie war was? Er brauchte gefühlt eine Ewigkeit, um wirklich zu hören, was sie da gesagt hatte. Und als die Botschaft endlich in seinem Kopf ankam war ihm als könnte er absolut nichts damit anfangen. Nochmal: Sie war was? „Ja, ich habe das auch nicht erwartet.“, sagte Narzissa, um die Stille zu durchbrechen. Sie waren jetzt fast ein Jahr zusammen. Lebten gemeinsam. Aber das? Das kam völlig aus dem Nichts … oder doch nicht? Severus war völlig verwirrt. Er stand auf und ging nach draußen. In seinem Kopf war plötzlich alles komplett durcheinander. Er holte das Päckchen Zigaretten aus seiner Hosentasche und zündete sich eine an – wie er es immer tat, wenn er ein reines Nervenbündel war. „Severus“, sagte Narzissa, die ihm hinterher in den Garten gekommen war. Er drehte sich zu ihr um, unfähig irgendetwas zu sagen. „Was ist los?“, fragte sie unsicher. Severus setzte sich auf die alte Gartenbank. „Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.“ Narzissa setzte sich zu ihm. „Ich dachte wirklich wir wären vorsichtig gewesen.“ „Das ist es nicht.“, sagte Severus. „Du hast selbst gesagt, dass du nicht weißt, ob du je wieder ein Kind haben willst.“ „Ich vermisse meinen Sohn immer noch schrecklich, aber vielleicht brauche ich auch in dieser Sache einen Neuanfang.“, entgegnete Narzissa. „Es gibt einen Grund warum ich nie über meine Familie rede.“, begann Severus. „Ich war ein ungewolltes Kind. Mein Vater hat mich das zu jeder Zeit spüren lassen. Ich war zwölf, da kam er zu mir und meinte, mich hätte man besser abtreiben lassen sollen. Ich habe Angst, dass ich genau wie er bin.“ Er wandte sein Gesicht ab. Severus wollte nicht, dass Narzissa die Tränen in seinen Augen sah. „Du bist nicht dein Vater, Severus.“, sagte Narzissa und legte ihm den Arm um die Schultern. „Woher willst du das wissen?“, fragte er sie mit schwacher Stimme. „Ich fürchte ich habe viel mehr von ihm als ich mir selbst eingestehe.“ Severus spürte wie Narzissa sanft seinen Rücken streichelte. In diesem Augenblick konnte er nicht mehr anders und brach offen in Tränen aus. Er war sich sicher, er wäre ein grauenvoller Vater. Sein alter Herr hatte ihn und seine Mutter immer wie Dreck behandelt. Er hatte nie verstanden warum sie sich nicht von ihm trennte. Und Severus hatte so viel schlimmes getan. Wie konnte er verantworten ein Kind zu haben? Narzissa nahm ihn in die Arme und drückte ihn fest an sich. Severus vergrub sein Gesicht in ihrer Schulter und weinte sich aus. „Alles wird gut.“, sagte Narzissa. „Nein, wird es nicht.“, antwortete Severus und wischte sich die Augen. „Ich habe so viele Dinge getan. All das Morden, das Foltern, die Lügen … wofür? Was für ein Vater wäre ich denn?“ „Hör auf!“, sagte Narzissa. „Der Krieg ist vorbei. Und wir alle haben uns sehr verändert.“ „Haben wir das?“, fragte Severus sie. „Als wir Pius ausgeliefert haben, da wollte ein Teil von mir, dass sie ihn foltern. Ich wollte, dass er leidet. Wie kann ich so ein guter Vater sein? Wenn ich immer so viel Zorn in mir habe?“ Narzissa legte ihren Kopf an seine Schulter. „Du bist zu hart zu dir.“, sagte sie. „Wir alle haben Dinge getan, die wir lieber vergessen wollen. Und im ernst, du kannst kaum schlimmer sein als Lucius.“ Severus lachte hohl. „Soll mich das jetzt beruhigen?“ „Ich will ein Kind mit dir, Severus. Und ich will dich als Vater.“, sagte Narzissa und nahm seine Hand. „Hör auf dich immer für alles verantwortlich zu machen, was passiert ist.“ Aber vielleicht war er verantwortlich? Vielleicht hatte er irgendetwas getan oder unterlassen, weshalb Voldemort gewonnen hatte und Harry und Draco tot waren. Vielleicht lag ja alles an ihm, ganz so wie sein Vater es immer gesagt hatte. Er, den man schon als Embryo in die Tonne hätte werfen sollen! Severus erhob sich. Er ging nach oben, warf sich ins Bett und rollte sich in der Decke ein. Hemmungslos begann er zu weinen. Selbst nach all der Zeit war der Schmerz noch so stark. Er hasste seinen Vater und er hasste sich selbst. Und die Aussicht darauf ein Kind zu haben machte es nur noch schlimmer. Irgendwann war er selbst für seine Verzweiflung zu müde. Severus vergrub das Gesicht in seinem Kissen und schlief ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)