Amnesie von Onlyknow3 (Wo ist Katsuya?) ================================================================================ Kapitel 16: Kennenlernen ------------------------ Tarō saß an seinem Küchentisch, mit einem Bleistift in der einen und einem Skizzenbuch in der anderen Hand. Er hatte es erst vor kurzem gekauft und dennoch war es bereits zur Hälfte gefüllt. Er hatte die Menschen aus dem Album nachgezeichnet, Seto und Honda bei ihren Besuchen bei ihm, die Festhalle aus Domino City. Alles was ihn beschäftigte fand seinen Weg in das Skizzenbuch. Es war die Idee von Reijirou Inukai gewesen, dass Tarō so festhielt, was ihn beschäftigte. Der Rothaarige hatte damals im Krankenhaus immer wieder beobachtet, wie Tarō auf kleinen Zettel rumgekritzelt hatte. Teilweise noch zu einer Zeit, in der der Blonde kaum den Arm heben konnte. Doch Zeichnen ging immer und vor allem während ihrer Gespräche hatte der Blonde immer nebenbei rumgekritzelt. Es war Freitagabend und Tarō saß hier. Zuhause. An seinem Küchentisch. Und zeichnete. Ein Motiv, dass ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf ging: Kaiba Seto. Dieser Mann mit diesen unglaublich blauen Augen... Augen, die ihn in den letzten dreieinhalb Jahren in seinen Träumen heimgesucht hatten. Die ihn beobachtet hatten. Von oben herab. Seto schien nicht der Mann zu sein, den man auf Grund der Erzählungen erwarten sollte. Sowohl Honda, als auch Seto selbst erzählten immer von ihm als einen äußerst arroganten Typ, der wusste, welche Macht er besaß und nicht davor scheute, diese auch einzusetzen. Jemand, der andere mit einem Blick dazu bringen konnten, dass was sie gerade taten oder vor hatten sein zu lassen und das Weite zu suchen. Doch der Mann, den Tarō in den letzten Wochen kennengelernt hatte entsprach nicht diesen Erzählungen. Seto war gnadenlos ehrlich - was Tarō wirklich begrüßte - und war bislang sehr behutsam und verständnisvoll mit ihm umgegangen. Das war keine Selbstverständlichkeit, wie Tarō aus eigener Erfahrung wusste. Auch das war erfrischend gewesen. Ein Klopfen riss Tarō aus seinen unvollendeten Gedanken. Er zog eine Augenbraue skeptisch hoch, blickte auf die Wanduhr und fragte sich, wer um kurz vor 20.00 Uhr was von ihm wollen würde. Seine Nachbarn kannte er nicht. Er war ein ruhiger, unauffälliger Mieter und wenn ihm doch mal jemand auf dem Laubgang begegnete nickte er dieser Person freundlich, aber distanziert zu. langsam und etwas unwillig legte er sein Skizzenbuch auf dem Tisch ab, stand auf und schlurfte zur Wohnungstür. Er öffnete die Tür und wurde vom Blitz getroffen. Natürlich nicht wortwörtlich. Doch genauso fühlte er sich in diesem Moment, als er dem Mann ins Antlitz blickte, den er gerade portraitierte. "Hi, stör ich?", fragte Seto mit ruhiger, warmer Stimme. Tarō blickte an dem jungen Geschäftsmann vorbei und stellte fest, dass dieser alleine gekommen war. Musternd betrachtete er seinen Gegenüber. Seto trug eine schlichte dunkelblaue Jeans, ein schwarzes Poloshirt, eine teure Armbanduhr mit breitem Lederarmband, sowie ein Anhänger in Form einer Spielkarte eines Sammelkartenspiels. Etwas rührte sich bei diesem Gedanken in Tarō. Dann schüttelte er den Kopf. "Was tust du hier?", fragte Tarō verwundert, denn er hatte seit ihrem letzten Treffen in Domino City bei der Festhalle weder mit Seto noch mit Honda geschrieben oder gesprochen. "Ich war in der Nähe und hab mich gefragt, ob du mit mir zu Abend essen würdest?", antwortete Seto. Ungläubig weiteten sich Tarōs Augen. "Du... warst in der Gegend?", fragte der Blonde nach. "Jap", antwortete der Brünette und lächelte mild. "Also... Hunger?" Tarō trat wortlos beiseite, so dass Seto herein kommen konnte. Dieser wirkte erleichtert, trat über die Schwelle und schlüpfte aus seinen teuren, womöglich maßgefertigten Schuhen und nahm sich ein Paar Gästepantoffeln. Erst jetzt bemerkte Tarō, dass Seto die ganze Zeit eine Stofftüte gehalten hatte. Diese brachte Seto zur Küchennische, stellte sie auf die Anrichte und packte die Sachen aus, die darin war. "Du... wirst doch kein Curry auf Reis kochen?", fragte Tarō mit etwas Unsicherheit in der Stimme. "Nein, ich dachte, ich koch uns etwas anderes", meinte Seto schmunzelnd. "Hast du eine Pfanne?" "Das war wirklich sehr gut", meinte Tarō ruhig, nachdem er sich den Mund mit einer Serviette abgetupft hatte. "War das auch eines meiner Lieblingsgerichte damals?" "Keine Ahnung...", gestand Seto. "Ich hab dich das nie essen sehen." "Aber warum wolltest du es mir dann kochen?", fragte der Blonde verwirrt. "Weil es gut schmeckt", kam die simple Antwort von dem Brünetten. Diese Antwort überraschte Tarō, doch gleichzeitig ließ sie ihn auch schmunzeln. Es war das erste Mal, seit er diesen Mann kannte, dass es nicht darum ging seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, sondern schlicht ihm eine Freude zu machen. "Danke, dass du für mich dieses echt leckere Essen zubereitet hast", meinte er mit einem Lächeln. "Gerne", erwiderte Seto und beugte den Kopf leicht, um eine Verbeugung anzudeuten. "Ich hoffe, ich darf das bald wiederholen." "Klar, warum auch nicht", stimmte Tarō zu. "Ich hatte nicht den Eindruck, dass du nach unserem letzten Treffen noch viel Wert auf meine Gesellschaft legst", gestand Seto und war etwas ernster geworden. "Es... es war einfach alles etwas viel", räumte der Blonde ein und ließ sich etwas gegen die Rückenlehne seines Stuhles fallen. "Es ist für mich schwer nachvollziehbar, wieso die Menschen, die man mir als Freunde vorgestellt hat, so reagiert haben, wie sie es taten." "Das ist verständlich. Es ist auch schwer, alles immer in das richtige Licht zu rücken", merkte Seto an. "Vielleicht ist es aber auch ein Fehler von uns dich mit all diesen Sachen zu bombardieren." "Wie meinst du das?", fragte Tarō skeptisch. "Manchmal komm ich mir wie ein Lehrer vor, der dir ein Crash Kurs im Fach Jonouchi Katsuya geben soll", begann Seto langsam. "Versteh mich nicht falsch: Wenn du Fragen hast beantworte ich dir diese wirklich gerne oder sag dir, an wen du dich wenden musst, um eine gute Antwort zu erhalten. Aber Honda und ich haben dich in den letzten Wochen mit Informationen vollgepumpt. Nun ja... überwiegend Honda. Aber ich denke, dass das der falsche Weg ist. Ich, für meinen Teil, möchte dich kennen lernen. Dich: Yamada Tarō. Der Mensch, der damals aus dem Koma erwacht ist, Mechaniker wurde und sich ein geregeltes Leben aufgebaut hat." Tarō ließ die Worte auf sich wirken und es dauerte einige Augenblicke, bis er zu einer Antwort ansetzte. Dabei suchte er Setos Blickkontakt. "Darüber... würde ich mich sehr freuen", meinte er schließlich und lächelte Seto an. Zum ersten Mal hatte er das Gefühl, dass Seto ihn sah und nicht den, der er mal gewesen war. "Ich... hab da noch etwas für dich und ich hoffe sehr, dass du es annehmen wirst", meinte Seto und stand auf. Er ging zu der Stofftüte, die er an ein Regal gehängt hatte. Als er bei ihr ankam fiel ihm das offene Skizzenbuch auf, welches ein Bild von ihm zeigte. Er musste lächeln. Dann nahm er die Tasche und kehrte zurück zu Tarō. "Bei meinem ersten Besuch hier ist mir aufgefallen, dass du zeichnest", meinte der Brünette einleitend. "Du aber überwiegend nur mit dem Bleistift skizzierst." Erst wusste Tarō nicht, worauf der Brünette hinaus wollte, doch dann zog dieser eine Stifterolle aus der Tüte und reichte sie ihm langsam. Tarō war sprachlos. Er nahm die Rolle, öffnete den Verschluss und rollte sie auf. Darin waren dutzende teurer Holzmalstifte in allen möglichen Farben. "D...", der Blonde musste sich räuspern, als seine Stimme ihren Dienst kurz verweigerte. "Danke. Das ist ein schönes Geschenk." Seto nickte nur und schien damit zufrieden zu sein Tarō eine Freude gemacht zu haben. Jedenfalls lächelte er, während er Tarō beobachtete, wie er die neuen Buntstifte besah und kaum wagte sie anzurühren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)