Fremde gehen von suugakusan ================================================================================ Ich bin seit ca. anderthalb Stunden bei der Arbeit. Ich hatte erhebliche Probleme, die Datensicherung durchzuführen und niemand ist so richtig erreichbar. Aber was wollte ich überhaupt? Es ist schon fast 22 Uhr und es ist Silvester. Natürlich ist niemand erreichbar! Außer Hashirama. Aber er ist ja bekanntermaßen gehirngeschädigt. Gefühlt arbeitet er rund um die Uhr. Keine Ahnung, wann dieser Mann private Probleme klärt. Nur leider ist IT-Sicherheit überhaupt nicht sein Gebiet. Alles, was er zu dieser Zeit machen kann, ist Leute anzurufen, die eventuell helfen könnten. Und ich habe mich über Serververwaltung schlau machen müssen. Tja, so ist das halt. Mit diesen kollektiven Anstrengungen ist es mir gelungen die Datensicherung zu starten. Neben all diesem technischen Kram versuche ich mich mit Sakura zu vertragen. Ich habe ihr gesagt, dass ich es möglicherweise bis Mitternacht nach Hause schaffe. Aber wenn ich den grünen Balken ansehe, glaube ich nicht, dass es was wird. Naja, die Hoffnung stirbt zuletzt. Ist mein Job wirklich so wichtig, dass ich sogar den Jahreswechsel im Büro verbringen muss? Keine Ahnung. Ich sollte mir lieber diese Frage nicht stellen. Das macht viel zu wütend. Leider sehe ich ein, warum all das auf gar keinen Fall warten kann. Deswegen bin ich ja überhaupt hier. Trotzdem ist es extrem bitter, dass andere schön zuhause ihr Sektchen trinken, während ich hier an diesem Kackbericht werkeln muss. Naja, genug davon. Ich verderbe mir sonst den Abend komplett. Es ist leider nicht viel Gutes davon übrig. Die Datensicherung schreitet langsam voran. Nichts passiert. Vor Langeweile machte ich mir Videos im Internet an. Die Uhr sagt zwar, dass der Tag um weitere dreißig Minuten kürzer wurde, aber so fühlt es sich überhaupt nicht an. Ich verberge das Video und gucke den grünen Balken an. 37 Prozent… ich schaffe es niemals bis um 12 nach Hause. Ich muss es Sakura erzählen. Ein hartes Gespräch, was? Ich seufze. Ich muss mich trotzdem melden. Das hab ich ihr schließlich versprochen. Mensch, ist es schlimm, dass ich überhaupt keine Lust auf meine Frau habe? Ich seufze erneut, greife zu meinem Handy und tippe Sakuras Nummer ein. Eine der wenigen Nummern, die ich auswendig kenne. Erster Suchvorschlag: „Uzumaki, Naruto“. Hmmm, lustig, dass die Nummern denselben Anfang haben. Ich tippe ein bisschen weiter. Narutos Nummer verschwindet. Nächster Suchvorschlag: „Haruno, Sakura“. Ich drücke auf den grünen Knopf und lande in einer Warteschleife mit kaltem tonalen Piepsen. Ach, Sakura, all das tut mir ausgesprochen leid. Du glaubst mir wahrscheinlich nicht mehr, aber ich meine es so. Ich wünschte, ich müsste dich heute nicht schon wieder enttäuschen. „Und?“ Ich glaube, sie weiß genau, was ich zu sagen habe. Das kann ich nur aus diesem einen Wort raushören. „Ich hab schlechte Nachrichten.“ „Ach, war ja so klar.“ Der Satz klingt so gleichgültig-einstudiert. Oh Gott, ich hasse es! „Macht euch bitte trotzdem einen schönen Abend, okay? Ist Menma zu den Freunden hin?“ „Nein“, scheidet sie zackig ab. Sie will eindeutig nicht mit mir reden. Verständlich. „Bist du sauer auf mich?“ „Nein, nicht mehr. Es bringt doch gar nichts. Kostet allen Beteiligungen nur Nerven.“ „Sakura…“ „Entschuldige dich nicht. Ich hab mich dran gewöhnt, ich bin ja nicht seit gestern mit dir verheiratet. Typischer Uchiha-Feiertag.“ Oh man, bitte sag das nicht so! Ich seufze schon wieder. Ihr letzter Satz hat mich richtig fertig gemacht. Bloß nichts Falsches sagen. Noch eine Sekunde länger inne halten… sie hat jedes Recht sauer zu sein. Schließlich habe ich mich schon wieder für den Job entscheidenen und damit ihren Feiertag ruiniert. „Dann wünsche ich euch noch einen schönen Abend“, spreche ich leise aus. „Ja, rette deine Firma. Gib dein Bestes. Bis später.“ Sie legt auf. Stille. Dieses Telefonat hat einen sehr bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Ihre Worte haben weh getan und ich fühle mich echt mies, aber ich kann es ihr überhaupt nicht übel nehmen. Typischer Uchiha-Feiertag, wie sie sagt. Hmmm, wenn wir uns noch bis zum Jahresende vertragen könnten, wäre es echt schön… ach, komm, ich rufe sie nochmal an. Schaden kann es definitiv nicht. Ich wähle ihre Rufnummer erneut. Sie lehnt den Anruf ab. Ich rufe nochmal an, sie unterdrückt den Anruf wieder. Ich versuche trotzdem nochmal. Und wieder abgelehnt. Dieses Spiel kennen wir beide. Nach zehn Minuten haben wir keine Lust. Ich verfasse eine extrem lange Nachricht und schicke sie ab. Vielleicht ruft sie doch nochmal zurück. Vielleicht auch nicht. Mir bleibt erstmal nichts anderes übrig, als einen tiefen Seufzer abzulassen. Es gibt nichts mehr, womit ich das hier reparieren kann. Ist okay. Ich fange schonmal meinen Bericht an. Im Word öffne ich eine passende Vorlage aus. Datum: 31.12. Oh man, davon bekomm ich Augenkrebs. Okay, tief durchatmen und einfach weiter die Form ausfüllen. Okay, fertig. Jetzt bleibt nur noch der Hauptteil. Das schwierigste. Dann mal ran. Je eher ich damit fertig bin, desto eher ist es vorbei. Gut. Ich atme tief durch und zwinge mich den Anfang zu erzeugen. Dabei hämmere ich gewaltsam die Finger in die Tastatur und auf dem Bildschirm erscheinen die ersten Sätze. Das Schreiben fällt mir schwer, denn meine Gedanken sind definitiv nicht bei diesem Bericht. Hat Sakura womöglich meine Nachricht gelesen? Ich gucke nur kurz. Ich greife zu meinem Handy mit voller Entschlossenheit die Nachrichten-App zu öffnen, doch ich weiche von diesem Kurs rapide ab. Die abgeschnittene Rufnummer meiner Frau liefert wieder den Suchvorschlag: „Uzumaki, Naruto“. Hmmm, was macht er gerade? Möchte ich es überhaupt wissen? Ja, irgendwie schon, oder? Dann schreib ich ihn an. Ne, warte… soll ich meine Affäre wirklich ohne jeglichen Grund stören? Ach, komm, was soll’s! Dieser Abend kann eh nicht viel schlimmer werden. Also warum überhaupt noch irgendwelche Standards einhalten? Willst du die Affäre anschreiben? Bitte schön! Kann ja nur schiefgehen! „Hey, geht’s dir gut? Was machst du gerade?“ So, abgeschickt. Jetzt kann es nicht mehr rückgängig gemacht werden. Ich sehe den Chatverlauf an. Diese unbeantwortete Nachricht lässt mein Herz wie verrückt pochen. Es fühlt sich genauso an, wie jeden Morgen, wenn er mir meine abgewaschene Tasse vorbeibringt. Ach, Naruto… warte mal… habe ich jetzt tatsächlich meine Affäre einfach so aus dem blauen angeschrieben? Oh Gott, wie dumm bin ich eigentlich?! Ich lege mein Handy hastig weg. Ich öffne den Bericht und versuche mich darauf zu konzentrieren. Das hier ist super wichtig, ja? Ich schriebe jetzt einfach und berühre das Telefon nicht. Nicht ablenken lassen, sondern eher fertig werden. Selbst wenn ich für einen brauchbaren Satz ganze fünf Minuten brauche, ist es okay. Solange der Bericht irgendwie vorankommt, ist alles… Bzzzzzzzt… mein Handy vibriert. Er hat sich gemeldet. „Hi! Ja, es geht mir ganz gut. Mach grad nicht viel. Und du?“ Okay, Sasuke, du wolltest zwar nicht das Telefon berühren, aber jetzt hast du seine Nachricht geöffnet. Das ist nicht so schlimm. Jetzt ist es ganz wichtig, dass du nichts falsches machst, okay? Also, entschuldige dich für die Störung, wünsche ihm ein frohes Fest und beende das Gespräch. Es ist nicht schwer. Komm, mach das jetzt! „Möchtest du zufälligerweise ins Büro rüberkommen? Ich bin eh noch ein bisschen hier.“ Scheiße, Uchiha, das lief ja überhaupt nicht nach Plan! Warum sabotierst du dich selbst so dermaßen?! Was machst du?! Das ist überhaupt keine gute Idee! „Bin in einer halben Stunde da.“ Siehst du, jetzt hast du alles vermasselt! Nein, warte, wir können es noch retten. Schreib ihm, dass er nicht kommen muss. Na los, mach jetzt! „Du kannst auch nein sagen.“ Okay, das ist nicht ganz das, was du machen sollst, aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung. Hoffentlich sagt er ab und dann kannst du in aller Ruhe… „Ist okay. Ich hab dich so oder so tierisch vermisst.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)