Mystery Dungeon - Die Legende des Dämons von Silvers ================================================================================ Prolog: Vorgeschichte (Zusammenfassung) --------------------------------------- Die Geschichte beginnt mit Jimmy, der Teil der berühmten Knuddeluff-Erkundergilde werden will. Doch ihm fehlt der Mut und er kehrt ein weiteres Mal ab. Auf einem Strandspaziergang trifft er auf ein bewusstloses Geckarbor mit Namen Max. Dieser hat bis auf seinen Namen und die Tatsache, dass er vorher ein Mensch gewesen ist, keine Erinnerungen an vorherige Ereignisse. Jimmy trägt ein sogenanntes Reliktfragment bei sich, dessen Bedeutung er bisher nicht entschlüsseln konnte. Um dieses Mysterium und das von Max aufzulösen, beschließen beide, ein Erkundungsteam zu gründen und der Knuddeluff-Gilde beizutreten. Zusammen schreiben sie sich in der Knuddeluff-Gilde ein und nennen sich Team Mystery. Jimmy und Max nehmen örtliche Aufträge an. Sie bergen einen Gegenstand aus einem Klippengebiet und übernehmen anfangs Wach- und Küchendienste. Eines Tages treffen sie auf die Brüder Marill und Azurill, das mit Hilfe von Traumato ein Familienerbstück bergen wollen. Als Letzterer versehentlich Max berührt, überkommt ihn eine Vision, in der Traumato Azurill, den jüngeren Bruder, bedroht. Tatsächlich stellt sich dieser als ein bisher unentdeckter Verbrecher heraus, woraufhin Jimmy und Max zur Rettung eilen. Beiden gelingt es und Traumato wird abgeführt. Max erhält eine weitere Vision, als er und Jimmy einen ominösen Wasserfall erkunden sollen. Er sieht dieses Mal, dass ein anderes Pokémon schon vorher entdeckte, dass hinter diesem eine Höhle verborgen ist. Dieses Pokémon war Knuddeluff, welcher diese Erkundung bereits vergessen hatte. In einigen Teilen des Kontinents Ekunda befinden sich sonderbare Artefakte, die Zahnräder der Zeit, welche den Strom der Zeit insgesamt sicherstellen. Allerdings bleibt die Zeit in ein paar dieser Gebiete stehen. Dies liegt daran, dass ein Dieb die Zahnräder der Zeit entwendet. Unterdessen bereitet sich die Knuddeluff-Gilde auf eine Expedition zum geheimnisvollen Nebelsee vor, welcher eine weit verbreitete Legende ist. Erst durch eine weitere Vision kann Max den Schlüssel erkennen und die Gilde findet tatsächlich den Nebelsee, in dem ein weiteres Zahnrad der Zeit versteckt und von einem Pokémon namens Selfe bewacht wird. Die Gilde gibt das Versprechen, keinem von der Existenz des Zahnrads im See zu verraten und kehrt nach Hause um. Jedoch wird das Zahnrad der Zeit vom Dieb namens Reptain gestohlen, wodurch die Zeit auch in diesem Gebiet stehen bleibt. Als die Identität von Reptain bekannt wird, begeben sich die Erkunder der Gilde auf die Jagd nach ihm und nach den verbliebenen Zahnrädern der Zeit, um diese zu beschützen. Unterstützt werden sie von einem bis dato unbekannten Erkunder namens Zwirrfinst, der sich direkt als Koryphäe und als hochintelligentes Pokémon herausstellt. Auf seinen Tipp hin werden verschiedene Orte auf die Präsenz eines Zahnrads der Zeit untersucht; Max und Jimmy werden in die Nordwüste geschickt. Obwohl sie nichts vorfinden, erhält Max das Gefühl, dass dort durchaus ein Zahnrad versteckt sei. Und tatsächlich finden sie auf einer zweiten Untersuchung unter Treibsand eine Höhle mit einem See, in dem sich ein Zahnrad befindet und das von Vesprit bewacht wird. Allerdings stößt auch Reptain hinzu und ihm gelingt es, das Zahnrad zu stehlen. Zwirrfinst wird unterdessen auf Max‘ Fähigkeit aufmerksam. Er macht sich diese zunutze und lässt Max durch eine Vision den letzten Ort lokalisieren, an dem sich ein Zahnrad der Zeit befindet – Der Kristallsee, der von Tobutz bewacht. Dort können sie Reptain erneut stellen, abermals aber überwindet dieser sie und kann nur noch von Zwirrfinst davon abgehalten werden, das Zahnrad zu stehlen. Es stellt sich heraus, dass sowohl Reptain als auch Zwirrfinst aus einer Zukunft kommen, in der der Planet gelähmt und sich somit in einem Zustand totaler Finsternis und totalen Stillstands befindet. Da Reptain einer Festnahme entgehen wollte, kam er in die Gegenwart um die Zahnräder der Zeit zu stehlen. Zwirrfinst wurde entsandt, um dem Einhalt zu gebieten. Mit ihm beschließen die Erkunder einen Schlachtplan, um Reptain endlich zu fassen. Und dieser gelingt und Reptain wird zurück in die Zukunft überführt. Bevor auch Zwirrfinst in diese zurückkehrt, packt er sich überraschenderweise auch Max und Jimmy und zieht sie mit sich. Max und Jimmy erwachen in einer dunklen Zukunft auf, wo sie jedoch gefangen genommen werden. Zusammen mit Reptain sollen sie auf Geheiß von Zwirrfinst hingerichtet werden, doch können sie mit ihm fliehen. Während ihrer Flucht erklärt Reptain ihnen, dass die wahre Ursache für die Lähmung des Planeten im Zusammenbruch des Zeitturms liegt und dass Dialga, das Pokémon, das die Zeit kontrolliert, dem Wahnsinn verfallen und zu Schatten-Dialga geworden ist. Reptain habe die Zahnräder der Zeit nach einer vorherigen Lokalisierung stehlen wollen, um sie in der Gegenwart in den Zeitturm einzusetzen, bevor dieser kollabiert – dies würde die Lähmung des Planeten verhindern. Schatten-Dialga, das nur noch an seine Selbsterhaltung denkt, hat Zwirrfinst entsandt, um Reptains Vorhaben zu verhindern. Doch Reptain war nicht allein – ein Mensch mit der Gabe des Dimensionalen Schreis hat ihn dabei unterstützt. Dieser Mensch war Max, der während des Übertritts von der dunklen Zukunft in die Gegenwart aufgrund eines Vorfalls in ein Pokémon ohne Erinnerung verwandelt worden ist. Sie werden von Zwirrfinst und Schatten-Dialga gestellt, doch können Max, Jimmy und Reptain mit Hilfe von Celebi, einer weiteren Verbündeten, aus der dunklen Zukunft zurück in die Gegenwart entkommen. Wieder daheim angekommen beschließen Max, Jimmy und Reptain, wieder die Zahnräder der Zeit einzusammeln. Obwohl sie nach Reptains erster Tour wieder eingesetzt wurden, blieb die Zeit in den Gebieten nachwievor stehen, wie auch an mehreren Orten danach. Reptain schlussfolgert, dass die Lähmung des Planeten bevorsteht. Er beschließt, allein die Zahnräder zu sammeln, während Max und Jimmy versuchen sollen, das Verborgene Land ausfindig zu machen, in dem sich der Zeitturm befindet. Die beiden Erkunder holen sich Hilfe von der Knuddeluff-Gilde, nachdem sie von der Wahrheit überzeugt wurden. Ein altes Pokémon namens Qurtel kann auch tatsächlich von einem Schlüssel zum Verborgenen Land berichten, der sich als das Reliktfragment von Jimmy herausstellt. Knuddeluff erkennt das Symbol auf dem Fragment wieder und bittet ein Pokémon namens Lapras darum, Jimmy, Max und auch Reptain in das Verborgene Land zu befördern, da Lapras das einzige Pokémon ist, das den Weg dorthin über das Meer der Zeit kennt. Im Verborgenen Land angekommen suchen die drei Pokémon das Regenbogen-Steinschiff auf, das mithilfe von Jimmys Reliktfragment aktiviert werden kann. Allerdings werden sie von Zwirrfinst nebst Gefolge gestellt, denen sie einen erbitterten Kampf liefern, in dem sich Reptain opfert und Zwirrfinst und seine Gefährten zurück in die dunkle Zukunft zieht, sodass sich Jimmy und Max allein zum Zeitturm aufmachen. Nur knapp überleben die die Begegnung mit Dialga, das kurz vor dem Wahnsinn steht, da der Zeitturm beginnt einzustürzen. Sie setzen die Zahnräder der Zeit und wenden somit die Lähmung des Planeten ab und auch Dialga kommt wieder zu Sinnen. Er berichtet, dass die Zeit in allen Gebieten endlich wieder fließt und bedankt sich bei den beiden für die Rettung des Planeten. Allerdings ist damit auch die dunkle Zukunft abgewandt, aus der Max gekommen ist. Infolgedessen löst er sich auf, sodass Jimmy mit gebrochenem Herzen allein nach Hause zurückkehrt. Dialga aber bedankt sich bei den beiden dadurch, dass er wenige Monate später Max und Jimmy eine neue Zukunft schenkt und Max damit in die Gegenwart holt, sodass sie wieder zusammen auf Erkundungen gehen können. Das Team Mystery macht seinen Abschluss an der Gilde und kann als eigenständiges Erkundungsteam operieren. Sie machen Bekanntschaften mit diversen berühmten Persönlichkeiten und ziehen auch ein Pokémon namens Manaphy eine Zeit lang auf, ehe sie es in geeignetere Obhut geben. Doch nach wenigen Monaten machen schlimme Albträume die Runde, aus denen die Pokémon nicht mehr aufwachen. Unterdessen werden Max und Jimmy in ihren Träumen von einem Pokémon namens Cresselia heimgesucht, das ihnen erklärt, dass die Verzerrung des Raumes diese Albträume hervorrufe. Als dann Azurill von Albträumen heimgesucht wird und das Team Mystery mittels Traumatos Hilfe in diese hineingelangt, werden sie von Cresselia damit konfrontiert, dass sie selbst die Verzerrung des Raumes verursachen, da sie in verschiedenen Zeiten unterwegs waren. Diese Ansicht ist auch Palkia, das Pokémon, das den Raum kontrolliert, und greift das Erkundungsteam in der Nacht an. Doch erreicht auch ihn ein Albtraum, in das Max und Jimmy gelangen. Dort begegnen sie erneut Cresselia, doch werden sie von einer zweiten gerettet – die erste Cresselia stellt sich als Darkrai heraus. Cresselia rettet sie vor Darkrai und klärt sie darüber auf, dass Darkrai es ist, der die Verzerrung des Raumes verursacht. Doch ist es nicht das Einzige, was er anstrebt. Darkrai hat sie (Max und Jimmy) herausgefordert, um sie zu töten. Denn sie waren es, die seinen ersten Plan vereitelt haben. Um eine Welt der Finsternis heraufzubeschwören, hat Darkrai die Lähmung des Planeten in Gang gesetzt, indem er den Zeitturm manipulierte und zum stetigen Zusammenbruch verhalf. Er hat auch verhindern wollen, dass Max und Reptain aus der dunklen Zukunft in die Gegenwart kamen, um dies zu verhindern. Er hat Reptain angegriffen, doch Max hat sich vor dessen Angriff geworden und dies war der Grund, dass Max seine Erinnerungen und seine menschliche Gestalt verlor und somit zum Geckarbor wurde. Er versucht nun mittels vieler Täuschungen, Max zur Aufgabe zu bringen, doch Max fällt nicht mehr auf diese herein. Zusammen mit Jimmy und Cresselia können sie Darkrai bezwingen, doch er versucht in eine andere Zeit zu fliehen. Bevor er aber entkommen kann, stößt Palkia hinzu und setzt Darkrai einen Schlag nach, während dieser sich im Zeittunnel befindet. Mit Max als Präzedenz-Fall liegt die Vermutung nahe, dass Darkrais Erinnerungen durch diesen Angriff ebenso verloren gegangen sind und er daher ohne Erinnerung in irgendeiner Zeit landen wird. Die Albtraum-Welle findet ihr Ende und die Pokémon erwachen aus diesen. Das Team Mystery wird als berühmtes Erkundungsteam gefeiert, welches nachwievor Aufträge der Knuddeluff-Gilde entgegennimmt, aber auch private annimmt. Unterdessen hat sich Max in Erinnerung an seinen früheren Freund zu einem Reptain weiterentwickelt, während Jimmy ein Panflam blieb. Sie folgen der Bitte einer Robball namens Marin, die das Team darum bittet, dass es ihrem Bruder Vernunft einredet, der wie ein Besessener trainiert, um ebenso berühmt zu werden wie das Team Mystery. Während Max und Jimmy Bekanntschaft mit dem Karnimani Ironhard, kurz Iro, macht, wird seine Schwester von einem Entführer-Ring verschleppt. Das Team und Iro begeben sich auf die Rettung der Opfer. Ironhard kann es dabei mit enormer Kraft sowohl mit einem Stahlos als auch einem Bibor aufnehmen und beeindruckt so sowohl Jimmy als auch Max, als sie sich zusammen dem Anführer des Ringes stellen. Zu dritt überwältigen sie ihn und können die Entführten retten. Obwohl Ironhard zugibt, dass er seine Kraft lieber dazu nutzen will, um seine Schwester zu beschützen, sind Max und Jimmy von dessen Kühnheit und Stärke überzeugt und können ihn davon überzeugen, doch noch ihrem Team beizutreten. Iro nimmt dieses Angebot begeistert an, während sich seine Schwester trotz ihrer Bedenken für ihn freut. Kurz darauf entwickelt sich Iro direkt zu einem Impergator weiter und ist fortan schlagkräftiges Mitglied des Team Mystery. Kapitel 1: Nächtliches Treffen ------------------------------ Der Königsberg verdiente seinen Titel. Für jene, die den Weg zu diesem nicht kannten, blieb sein Aufgang in einem dichten Nebel inmitten eines weitläufigen Tals verborgen. Umgeben von einer ringförmigen Gebirgskette ragte der Königsberg in den höchsten Punkt des Himmels hinein. Kein anderer Berg auf der Welt übertraf ihn und so wurde er als die letzte Herausforderung für jeden erfahrenen Bergsteiger angesehen – erst, wenn sie diesen höchsten Berg bestiegen haben, galten sie als Legenden in ihrem Gebiet. Doch noch keiner vermochte die Spitze auch nur zu erspähen. Es war eine gänzlich andere Welt als anderorts. Hier stählten die einheimischen Pokémon sich selbst, indem sie große Felsbrocken einen Hang rauf schoben und diesen wieder losließen, nur um ihn wieder hochzuhieven. Oder sie übten sich in der Meditation und harrten Stunden in eisiger Höhe aus. Wer den Königsberg erklimmen wollte, musste sich in den Augen der Einheimischen in Sachen Willen und Stärke beweisen, andernfalls wurden sie schnell wieder heimgeschickt.   Doch die Spitze blieb trotz allem nicht unbewohnt. Ein einzelnes Pokémon lebte dort seit vielen Jahrzehnten und eben jenes stand nun am Eingang seiner Höhle, die in den Berg hineinführte. Und wie ein stiller Wächter blickte auf das im Nebel verborgende Tal hinab. Als sich der Vollmond hinter einer Wolke auftat und dessen Licht auf die Szenerie vor ihm fiel, glitzerte ihm ein silbriges Meer entgegen, aus dem schattenhafte Silhouetten von tiefer gelegenen Bergspitzen herausschauten. Der Blick des Pokémons fiel auf den Mond und seine Haltung war angespannt, als würde es etwas erwarten. Der Wind flatterte um seine weiß-rot-gestreifte Halskrause und er versuchte dessen eisige Kühle zu ignorieren. Dennoch schlotterte er und musste zittern, während sein Blick immer noch dem Mond galt. „Ich hoffe, du lässt dich heute noch blicken“, murmelte Lashon etwas ungeduldig. Als Pokémon der Art Laschoking war er nicht gerade an die eisige Luft gewöhnt, die seine rosafarbene Lederhaut umspielte. Und endlich hörte er es in der Entfernung. Ein leises aber melodisches Klingeln, das die Ankunft seines Freundes ankündigte. Und da sah er schon dessen Silhouette vor dem Mond auftauchen. Zunächst wirkte sie wie ein kleiner schwarzer Punkt, der immer größer wurde. Immer schärfer wurden ein Körper, der nur einen halben Meter maß, recht kleine Arme und lange Füße und ein ebenso zierlich wirkender runder Kopf sichtbar. Der Schwanz, der genauso lang wie der Körper war, schien die kleine Gestalt in der Luft zu halten, die breit lächelnd vor Lashon in der Luft Halt machte. Dieser erwiderte dieses Lächeln und er merkte wie seine Anspannung sich löste: „Willkommen, Mew!“   „Lashon“, sagte dieser mit einem Lächeln, doch das Laschoking erkannte sofort, dass es nicht mehr das war, was er von seinem Freund gewohnt war. Normalerweise war Mew von ausgesprochen fröhlicher und sorgloser Natur und war stets dafür, Schabernack zu treiben. Einmal hatte Mew es als unterhaltsam empfunden, sich mittels telepathischer Kräfte in Lashons Träumen zu manifestieren und viel Unsinn anzustellen. Lashon hatte gewusst, dass Mew es nie böse gemeint hatte, doch hat er mittlerweile gelernt, Mew bewusst von seinem Geist fernzuhalten, weswegen sein Freund wieder dazu genötigt wurde, Lashon leibhaftig einen Besuch abzustatten. Und es hatte Lashon nicht gewundert, als Mew ihm peinlich berührt erzählt hatte, dass auch andere Pokémon, die mit Mew in Verbindung standen, ihm mittlerweile den Zutritt zu ihrem Geist verwehrt hatten. Doch hatte sich Mew nun nahezu gewaltsam in Lashons Träume Zutritt verschafft. Lashon, der definitiv erbost reagiert hätte, hat es Mew aber direkt angesehen, dass ein dringendes Treffen von Nöten war. Aufgrund der Barriere, die Lashon um seinen Geist errichtet hatte, war Mew auch sehr undeutlich hören zu gewesen. Doch hatte er Lashon deutlich gemacht, dass er sofort draußen vor seiner Höhle auf ihn warten sollte.  Tag ein, tag aus am Königsberg zu leben war für ein Pokémon wie Lashon, das von so einem Ort mit so einer Szenerie nur tiefe Ruhe und entspannten Frieden erhoffte, zwar ein angenehmes, doch hat er über die Jahre das Zeitgefühl verloren. Nur die Zeitungen aller Länder der Welt, die er seit ein paar Jahren in seine Höhle fliegen ließ, vermochten ihn annähernd über die Geschehnisse in der Welt unterrichten. Lashon lobte sich noch immer für die Idee, denn die Zeitungsartikel, die er ausgelesen hatte, konnte er in seinem Kamin anzünden und dann das Feuer mittels seiner Kräfte, die er als Pokémon des Typs Psycho besaß, sehr lange am Leben erhalten, sodass ihm in der Höhle nie kalt wurde. Jetzt aber merkte er doch, wie lange er Mew nicht mehr gesehen haben musste, denn das letzte persönliche Treffen zwischen den beiden lag gut und gern mehr als zwei Jahrzehnte zurück. Und beklommen bemerkte Lashon, dass Mew dünner geworden war.  Zwar war Mews Statur immer recht schmal, doch seine einstmals rosafarbene, aber nun weiß angelaufene Haut spannte sich wie Pergament über seine Knochen und die Augen von Mew waren von dunklen Ringen umzogen. Lashon brauchte Mew nicht zu bitten, ihm in seine Höhle zu folgen, sodass Mew nach der langen Reise dort hätte Platz nehmen können. Er ahnte, dass Mew sofort umkippen würde, wenn er sich physischer Belastung aussetzte. Mews eingesunkene Augen begegneten denen Lashons, die sorgenvoll zurückblickten. „Möchtest du vielleicht, ähm, eine Tasse Tee?“, sagte Lashon und er war unsicher darüber, ob Mews Körper nicht auch des Trinkens überdrüssig war. Doch Mew schüttelte den Kopf. „So gerne ich auch dem zusagen würde“, sagte er mit verzogener Miene, „doch ich habe leider nicht viel Zeit … im Grunde haben wir alle sie nicht.“        „Was ist mit dir passiert, Mew?“, sagte Lashon, der sorgenvoll Mews Erscheinungsbild betrachtete. „Wie lange haben wir uns nicht gesehen? Es müssen über zwanzig Jahre sein, oder?“ „Dreißig“, sagte Mew knapp angebunden. „Und es tut mir wirklich leid, Lashon! Es ist viel passiert, doch ich habe nicht die Zeit, dir davon zu erzählen, denn ich muss so schnell es geht zurück. Generell drängt die Zeit, dass wir so schnell es geht handeln müssen!“ Lashon blickte unruhig in Mews blaue Augen, in denen sowohl eine Ernsthaftigkeit als auch eine Spur von Angst lagen, worüber Lashon nun erst recht bestürzt war. „Was ist es?“   Und Mew begann zu erzählen. Während er erzählte, fühlte Lashon mit Unbehagen, wie der eisige Wind immer kälter wurde und er nun immer stärker zittern musste. Doch er war sich dessen sicher, dass es nicht nur der Wind war. Er sah an Mews Blick, dass er von dem, was er erzählte, vollständig überzeugt war. Als er geendet hatte, wollte Lashon es aber nicht wirklich glauben. „Ich bin mir dessen sicher“, sagte Mew, als Lashon seine Zweifel offen zugab. „Ich fühle dessen Präsenz immer stärker … ich kann es mir nicht erklären, wie, aber es eine Frage der Zeit, bis es tatsächlich passiert.“ „Aber habt ihr nicht damals dafür gesorgt, dass er für immer fort ist?“, warf Lashon ein, der angesichts der von Mew geschilderten Bedrohung unruhig von einem Bein zum nächsten sprang. „Davon waren wir alle überzeugt, dass wir ihn auf immer verbannt haben“, sagte Mew, „und was noch schlimmer ist, dass ich keinen der anderen davon in Kenntnis setzen kann“. „Sag mir nicht, dass ihr noch immer zerstritten seid…“, rieb sich Lashon fassungslos seine Muschelkrone und Mew nickte bedauernd. „Jeder macht sein eigenes Ding, die Einheit der Wächter ist nicht mehr“. „Oh je…“, murmelte Lashon nachdenklich und sah Mew abwartend in die Augen. „Und was hast du nun vor zu tun?“ „Wenn ich das wüsste!“, rief Mew fast hysterisch. Lashon war bestürzt, seinen sonst immer gut gelaunten Freund derartig ohne Rat und Hilfe zu sehen. Er dachte an das, was Mew ihm erzählt hatte. Eine unangenehme Frage formulierte sich auf der Zunge, die er auch Mew stellte. Dieser wirkte nachwievor niedergeschlagen. Ehe er antwortete, blickte er betrübt nach unten: „Ich schätze, in einem Jahr.“ „Ein Jahr?“, rief nun Lashon offenkundig bestürzt und seine Krone rutschte etwas von seinem Kopf und gab dabei einen an glänzender Glatze frei. Schnell versuchte er sich mittels Richten der Krone zu fassen, doch die Kurzfristigkeit hing wie ein Damoklesschwert über ihn, weswegen er fahrig und sichtlich panischer werdend zweimal auf und abging. Mew beobachtete ihn dabei und als er und Lashon sich wieder in die Augen blickten, bemerkte er, dass Mew erneut schuldbewusst dreinblickte. „Ich müsste dich daher um einen Gefallen bitten, Lashon…“, sagte er mit einer Furcht, die seinen Freund beunruhigte. Doch trotzdem wollte er trotz aller Bedrohung Mew zur Seite und versicherte ihm, dass er zu allem bereit wäre. Schlimmeres könnte es nicht geben.  „Vortrefflich, Lashon!“, rief Mew mit sichtlich gespielter Begeisterung. „Denn du müsstest an meiner statt die anderen davon in Kenntnis setzen, da ich ja nicht mehr in der … Lage bin …“. Dies war doch schlimmer als Lashon sich gedacht hatte. Das Damoklesschwert erhielt ein massiges Gewicht, das Lashon in seinen Gedanken auf Anhieb zerquetschte. Mew erkannte direkt, dass seine Bitte Lashon erstarren ließ. Er ahnte sehr gut, was er von seinem Freund verlangte, und versuchte schnell die Lage zu retten, ehe aber Lashon ihn unterbrach: „Ich? Allen?“ „Ich weiß“, versuchte Mew ihn zu beschwichtigen, „dass ich viel von der abverlange, aber ich habe so ungefähr einen Plan wie wir es anstellen könnten.“ „Hast du vielleicht daran gedacht, dass ich viel zu alt bin, um zu so einer Reise aufzubrechen?“ „Ich weiß, dass das viel verlangt ist, aber …“ „´Viel verlangt´ ist dabei noch untertrieben formuliert; du verlangst Unmögliches für den Zeitraum, der uns bleibt.“ „Das weiß ich doch auch, und nichts wäre mir lieber, dich dabei rauszulassen. Doch du bist der Einzige, dem ich das zurzeit erzählen kann. Und du kennst die anderen auch. Ich hoffte auch mehr, dass du zwischen uns Waffenruhe stiften könntest.“ „Wenn es wenigstens nur das wäre“, sagte Lashon relativ geplättet und er fühlte sich schlecht dabei, Mew derartig verzweifelt zu sehen. „Doch du vergisst, dass es an sich schon sehr schwierig ist, auch nur zu einem zu gelangen. Selbst wenn du mich von A nach B hin und her teleportieren würdest.“ Er sah es Mew an, dass er das aussprach, was Mew schon die ganze Zeit zu befürchtet haben schien. Beide erkannten, dass ein Jahr offenbar zu wenig an Zeit sei, um rechtzeitig alles zu erledigen, was erforderlich war. Lashon ging auf und ab und seine Gedanken kreisten sich sowohl um Mew als auch um dessen Erzählungen. Dann fiel ihm eine andere Idee ein. Er bat Mew zu warten und ging für ein paar Momente in seine Höhle, bis er dann wieder zwei Keksen in der Hand wieder zurückkehrte. „Hier“, sagte er zu Mew und warf ihm einen in seine kleinen Arme. „Vielleicht hilft uns das beim Nachdenken“ „Tausend Dank, Lashon!“, mampfte Mew; Honigkekse waren seine liebste Süßspeise. „Ich wusste, dass dich das etwas aufheitern würde, Mew.“, lächelte Lashon aufmunternd. Er fand, dass eine positivere Einstellung eher förderlich war als reine Panik. Das merkte auch Mew, der wieder begann, sanft in der Luft hin und her zu schweben. Seinem Gesicht war es anzusehen, dass der Honigkeks ihn wieder etwas zu seinem alten Selbst beförderte. „Na also“, sagte Lashon etwas munterer. „Essen hilft jedem. Sowohl alt als auch … jung …“. Gerade fiel ihm ein Detail an, das ihm beim Holen der Kekse ins Auge gefallen war. Und dieses Mal war er es, der Mew einen Vorschlag bereitete. Er wusste schon sehr gut um Mews Reaktion Bescheid und tatsächlich weiteten sich vor Überraschung dessen Augen, als Lashon geendet hatte: „Jemand anderes damit beauftragen? Glaubst du ich überlasse das Schicksal dieser Welt gewöhnlichen Pokémon?“ „Ich weiß, was du damit sagen willst, und ich denke auch, dass keineswegs gewöhnliche Pokémon diese Aufgabe erfüllen könnten. Aber hör mich an, Mew“. Dieser wollte offenbar nichts mehr davon hören, daher wurde Lashon etwas energischer: „Bitte!“ Mews Aufmerksamkeit galt nun dem Laschoking und dieser erzählte, dass er dabei an ganz bestimmte Pokémon dachte und dass er relativ davon überzeugt war, dass sie am ehesten dazu geeignet waren, sich dieser Sache anzunehmen. Mews Gesicht blieb während seiner Erzählung ohne Ausdruck und als Lashon geendet hatte, blickte er gedankenverloren in den Vollmond, der allmählich von einer größeren Wolke verschluckt wurde und das Licht bereits weniger wurde. „Du bist dir sicher, dass es ihnen gelingen könnte?“, blickte er zwar mit Zweifel, aber auch hoffnungsvoll. „Zumindest mehr als mir in meinem Alter gerade“, nickte Lashon zuversichtlich. Mews Mund verzog sich zu einem schmalen Lächeln: „Dann hast du mein Vertrauen, Lashon, auch wenn mir nicht ganz wohl dabei ist …“ „Ich weiß, Mew“, entgegnete Lashon. Dann nickt auch Mew endlich: „Schicke sie dann zuerst zu mir, dann kann ich sie in alles Weitere einweihen.“ Lashon verstand. Mew bedankte sich bei ihm einer Verbeugung in der Luft, ehe er sich umdrehte und in Richtung des beinahe in Wolken verschwundenen Mondes schwebte. Sehr kurz darauf hörte Lashon erneut das sanfte Klingeln und als das Mondlicht verschwand und er im Dunkeln stand, kehrte er auch in seine Höhle zurück, die von einer kleinen Lichtkugel erhellt wurde. Diese löschte er nun mit seinen telekinetischen Kräften, doch zuvor fiel sein Blick auf das Detail, das ihn auf die Idee brachte, von der er Mew überzeugt hatte. Es war eine Zeitung von einem Bündel, das von einem äußerst flugfähigen Dragoran in seine Höhle gebracht wurde. Und das Titelblatt beschrieb die Taten eines einzelnen Erkundungsteams, das in den letzten Jahren den Status einer Legende erreicht hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)