Fallin' for you von Rosarockabye ================================================================================ Kapitel 2: Fading ----------------- Joey sah aus dem dunkel getönten Fenster und ließ gedankenverloren die Lichter der Straßenlaternen, die ihre Schatten über sein Gesicht warfen, an sich vorbeiziehen. Seine Wange brannte, sein Kopf schmerzte und von seinem Herzen wollte er erst gar nicht anfangen. Es fühlte sich an, als sei es nicht vorhanden. Völlig taub von dem Gefühl, nichts wert zu sein, verlor er sich. Er fragte sich nicht mehr nach dem Warum. Der Blonde hatte sich schon längst damit abgefunden. Aber wieso tat es ihm dann noch so weh? Obwohl es in keinerlei Hinsicht neu für ihn war, verspürte er diesen tiefen Schmerz der Einsamkeit. Oft redete er sich ein, dass es ihm nichts ausmache und er den emotionalen Schmerz sowie die körperlichen Misshandlungen standhalten würde. Aber mit jedem Mal, dass Joey dies durch litt, spürte er, wie etwas mehr in ihm brach. Er griff nach seinem Oberteil und vergrub seine Finger darin, um nicht in Tränen aus zu brechen. Dann schluckte er mehrmals, in der Hoffnung, dieses Gefühl eines Heulkrampfes weiterhin unterdrücken zu können. Zu allem Überfluss saß er nun auch noch mit Kaiba in dessen Wagen. Er würde ganz sicher nicht hier in Tränen ausbrechen. Diese Blöße würde er sich ganz bestimmt nicht geben. Mokuba saß zwischen ihnen. Keiner sagte auch nur ein Wort und es dauerte eine Weile bis Joey begriff, dass er auf das Kaiba Anwesen verfrachtet wurde. Das Gittertor, welches er heute Nachmittag noch fasziniert bewundert hatte, öffnete sich und sie fuhren den Schotterweg entlang, bis der Wagen vor dem Eingangsbereich zum Stehen kam. Kaibas Tür wurde vom Chauffeur geöffnet und ohne ein Wort zu verlieren stieg dieser aus. Der kleinere Kaiba Bruder tat es ihm gleich. Joey jedoch blieb sitzen. Er wusste nicht was all dies zu bedeuten hatte und erst recht nicht was Kaiba damit bezweckte. „Bei Fuß, du Trottel.“, hörte er die Stimme seines Rivalen. Doch er weigerte sich, verschränkte patzig die Arme vor seiner Brust und widersetzte sich hörbar den Anweisungen. „Vergiss es! Ich werde doch nicht- He-HEY!!“ Während Joey noch versuchte sich zu erklären, wieso er nicht vor hatte auch nur einen Fuß aus diesen Wagen zu setzen, wurde seine Tür geöffnet und ein Mann mit Sonnenbrille und Schnurrbart zerrte ihn grob hinaus. „Ist ja schon gut!!“, fauchte er und befreite sich grob aus dem Griff des Mannes. Kaiba, den Joeys Gefluche und rum Gezerre anscheinend herzlich wenig interessierte, sprach kaum hörbar mit seinen Angestellten. Als Joey zu Mokuba rüber schaute, sah dieser ihn entschuldigend an. Kaiba jedoch schnaubte nur und betrat schließlich die Villa. Es hatte wohl keinen Sinn, also kapitulierte Joey innerlich und folgte ihnen hinein. „Machen Sie alles bereit.“, hörte er Kaiba noch sagen und damit war er verschwunden. Was sollte das heißen? Verwirrt blickte er zu Mokuba, der die Schultern nun sinken ließ. „Ich habe Seto die Wahrheit gesagt.“ Joey hob erstaunt seine Augenbrauen in die Höhe und als er genauer nachfragte seufzte Mokuba. „Als du einfach weg warst, fiel dem Personal später auf, dass du deine Sachen hiergelassen hast. Ich habe Seto gebeten, dass wir es dir bringen. Aber du weißt ja wie er ist.“ Kurz verdrehte Mokuba die Augen und lächelte. „Also sagte ich ihm, dass du mich heute Nachmittag gerettet hast. Und du weißt ja wie wer ist, wenn es um mich geht.“ Er beendete seinen Satz mit einem verlegenen Grinsen. Ja, Joey wusste wie Kaiba war, wenn es sich um seinen kleinen Bruder handelte. Er kannte absolut keine Skrupel mehr, wenn es darum ging, Mokuba zu beschützen. Aber so recht verstand er nun nicht, was er hier sollte. Als Joey seinen Mund öffnete und ansetzten wollte, dass all das - was auch immer es war - nicht nötig sei, kam ein Dienstmädchen auf sie zu und bat Joey ihr zu Folgen. Sichtlich verwirrt über diese Aufforderung blinzelte er sie nur an, bis Mokuba ihn darum bat, ihr hinter her zu gehen. Er bot an den Blonden zu begleiten und zaghaft nickte Joey schließlich. Es war als erlebe er gerade ein Déjà-vu. Sie gingen die Treppe hinauf, liefen an dem Arztzimmer vorbei, in welchem er sich noch heute Nachmittag befunden hatte, weiter geradeaus, in ein anderes Zimmer. Als sie die Tür öffnete erkannte Joey beim Hineinsehen ein Bett und einen Schreibtisch. Es war klein aber geräumig. „Gegenüber befindet sich das Gästebad, Mister Wheeler.“ Nochmals wanderte Joeys rechte Augenbraue in die Höhe. Langsam aber sicher wurde er das Gefühl nicht los, dass man ihn hier als Gast behielt. Aber sicher war er sich nicht, immerhin war es für ihn unvorstellbar, dass Kaiba ihn über Nacht hier haben wollte. Freiwillig. Das Dienstmädchen hatte sich lautlos davongemacht und an ihrer Stelle stand plötzlich genau dieser. Joey zuckte innerlich zusammen als er ihn sah. Er hatte ihn nicht kommen hören. Kaiba legte seine Hand auf Mokubas Schulter. „Lass uns bitte kurz allein.“ Dem Ton nachzufolgen erwartete sein großer Bruder keine Widerworte und mit einem letzten Blick verabschiedete sich der kleinere von Joey. Der braunhaarige schloss die Tür hinter sich, und ging quer durch den Raum, auf die andere Seite, auf welcher sich der Schreibtisch mit einem Stuhl befand. Dann nahm er Platz. Kaiba schlug die Beine über einander, verschränkte die Arme vor seiner Brust und schloss kurz die Augen. Es schien in ihm ein innerer Konflikt zu herrschen. ~*~ Joey hatte nicht ganz unrecht. Kaiba verspürte nicht die geringste Lust sich mit diesem Tölpel zu unterhalten. Er erinnerte sich an das Gespräch mit Mokuba zurück. Sein Bruder hatte ihn angefleht, dem Köter seine Sachen nach Hause zu bringen und auf die Nachfrage, wieso er denn plötzlich davon so besessen schien, hatte Mokuba endlich alles gestanden. Diese Jungs schienen ihn nun seit längerem zu tyrannisieren und Kaiba war mehr als verletzt als er erfuhr, dass sein kleiner Bruder sich ihm nicht sofort anvertraut hatte. War er zu beschäftigt mit seiner Firma gewesen? Hatte er Mokuba jemals das Gefühl gegeben zweitrangig zu sein? Der schwarzhaarige war an Familie alles gewesen, was ihm noch geblieben war und die Angst, dass sich genau dieser von ihm nun abwenden würde, versetzte ihm einen Stich. Endlich schien er nun genug von diesen Gedanken zu haben und öffnete seine Augen. Sein Blick wanderte zu Wheeler, der noch immer wie angewurzelt mitten im Raum stand und ihn anstarrte. Er sah aus wie ein Hund, den man gerade von der Straße geholt hatte. Welchen man kaum bändigen konnte, weil er nicht die erforderliche Erziehung besaß und jemanden augenblicklich attackieren würde. Ein Lächeln umspielte seine Lippen bei dem Gedanken und endlich durchbrach er mit seiner Stimme die fürchterliche Stille, welche sich im Raum breitgemacht hatte. „Erwarte bloß nicht irgendeine Gastfreundlichkeit von mir. Du hast Mokuba heute geholfen. Seto Kaiba steht in keinster Weise in der Schuld anderer.“ Joey schnaubte nur naserümpfend und drehte dabei sein Gesicht weg. „Ich erwarte von dir blödem Penner rein gar nichts!“ Kaibas Blick verfinsterte sich. Da besaß er nun die Güte diesen räudigen Köter in sein Haus zu lassen und er sprach in solch einem Ton mit ihm?! „Hast du vergessen mit wem du sprichst Wheeler?!“ „Oh leider nicht, Mister Großkotz!“, platzte es aus Joey und er drehte Kaiba den Rücken zu. „Weißt du was, leck mich einfach! Ich verschwinde.“ Damit setzte Joey sich in Bewegung, doch bevor er den Türknauf erreichen konnte, ergriff wieder der andere das Wort. „Deine Familienverhältnisse sind keine Geheimnisse.“ Joey bleib wie vom Donner gerührt stehen. Über seine privaten Angelegenheiten mit Seto Kaiba zu sprechen, war das letzte, worauf er nun Lust hatte. „Na und?“, knirschte er mit zusammen gebissenen Zähnen. Tatsächlich war es nie etwas gewesen, was er jemals an die große Glocke hängen wollte. Es gab Tage da hatte Joey nicht so gute Laune, weil sein Vater ihn noch vor Schulbeginn verbal niedermachte. Dann wieder Augenblicke, in dem er in völliger Raserei ihm ein blaues Auge verpasste. Aber er war nie bereit gewesen mit irgendjemandem darüber zu sprechen. Yugi und die anderen waren nicht dumm und wenn sie genauer nachfragten, suchte sich Joey irgendwelche Ausreden zusammen. Manchmal flüchtete er sich sogar in irgendwelchen wahnwitzigen Geschichten, er habe zum Beispiel die Glastür eines Geschäftes nicht gesehen und sei volle Kanne dagegen gerannt. Er wollte definitiv nicht zum Gespräch der Schule werden. Zumindest nicht als verängstigter Welpe, der sich fast jedem Abend auf die Straße setzten ließ. „Schadet deinem Image, was? Wenn alle wissen, was für ein Weichei du doch bist.“ Wutentbrannt drehte sich der Blonde um und wollte schon ansetzen, Kaiba gehörig den Marsch zu blasen, als dieser ihm wieder zuvorkam. „Ich kann zwar absolut nicht nach vollziehen wieso Mokuba ausgerechnet zu dir Vertrauen fasst, aber es geht hier um meine Familie. Und wenn ich daher auf solche Maßnahmen zurück greifen muss...“. Der Braunhaarige seufzte und erhob sich schließlich von dem Stuhl. „Was soll das heißen?“, fragte er sichtlich verwirrt und sah seinen Erzfeind misstrauischen an. „Ab sofort wirst du, wenn ich nicht anwesend bin, ein Auge auf meinen Bruder haben.“ Joey runzelte die Stirn. Es klang wie ein Befehl und erneut schien Kaiba ein Nein nicht zu akzeptieren. Als Antwort schüttelte er nur heftig den Kopf und fasste sich an die Stirn. Dann fuhr er mit seinem Fingern durchs Haar. „Warte, du willst, dass ich Mokuba´s Aufpasser spiele? Verarschst du mich? Du hast genug Asche für Bodyguards!“ „Mach dich nicht lächerlich, Wheeler. Mokuba vertraut sich niemanden außer mir an und du...“ Er schien den tiefen Seufzer in seiner Brust nicht unterdrücken zu können und atmete schwer aus. „Bist anscheinend die unerfreuliche Ausnahme.“ beendete er seinen Satz. Joey lachte leise auf. Er musste zugeben, dass es ihn leicht amüsierte, aber er hatte genug anderweitige Probleme und er würde bestimmt nicht einen Babysitter spielen. „Im Gegenzug werde ich dir dieses Zimmer als Rückzugsort gewähren.“ Joey musste sich stark zusammenreißen um den Größeren nicht wütend nach zu äffen. Nichtsdestotrotz stockte er kurz und sah sich im Zimmer um. Er wäre alleine, genau das, was er sich schon immer gewünscht hatte. Niemand sonst würde ihn mit Fragen durchlöchern. Keiner würde wissen wollen wieso er wieder spät abends vor seiner Haustür stand, mit der bitte bei demjenigen übernachten zu können. Er liebte seine Freunde mehr als alles andere, aber die Blicke, die Sprüche und das komplette Mitleidspaket kotzten ihn hin und wieder regelrecht an. Innerlich kämpfte der Blonde mit einer Antwort, denn sein Gegenüber schien nun zu schweigen und auf genau diese zu warten. Er sah an seinem Blick, dass er Joey nicht gehen lassen würde, bevor er sie erhielt. Joey wog die Aspekte ab. Er würde alleine sein, aber er wäre bei Kaiba zu Hause. Er würde seine Freunde nicht mehr belästigen müssen, aber immer noch in Kaibas Haus sein. Er würde spät abends nicht mehr fürchten müssen beleidigt und verprügelt zu werden, aber da war diese Sache... er würde bei Kaiba wohnen. Die Schmerzen in seinem Gesicht, in seinem Kopf und im Magen meldeten sich und ohne weiter darüber nach zu denken nickte er. „Deal.“ Auch Kaiba nickte unmerklich und ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren, marschierte er an dem Blonden vorbei. Joey sah ihm nach und holte kurz Luft. „Eh... danke? Schätze ich...“ „Bloß keine Gefühlsduselei, Wheeler. Mokuba hätte es mir nie verziehen, wenn ich dir nach heute zumindest nicht mal ein Gästezimmer für die Nacht angeboten hätte.“ Und damit schloss Kaiba die Tür hinter sich. Mit langsamen Schritten ging er den Flur entlang und klopfte wenig später an einer Tür weiter vorn. Er mochte den Gedanken nicht, Wheeler unmittelbar in seiner Nähe zu haben, aber dies war nun mal das geräumigste Gästezimmer. Und außerdem wusste er nicht, ob es Mokuba dann nicht sogar vielleicht verärgerte, wenn er ihm ein Feldbett im Keller bereitgestellt hätte. Langsam betrat er genau dessen Zimmer und suchte mit seinem Blick nach dem kleineren. Mokuba lag bereits im Bett und klappte das Buch zu, welches er noch soeben in der Hand hielt. Dann richtete er sich langsam auf und lächelte ihn an. Seto erwiderte das Lächeln und setzte sich schließlich zu ihm auf die Bettkante. Liebevoll strich er ihm über den Kopf. Eine Gestik, die ein Außenstehender niemals bei Seto Kaiba zu träumen gewagt hätte. Eine Weile sprachen sie nicht, bis Mokuba sich anscheinend dazu überwunden hatte. „Bitte entschuldige Seto.“ „Wofür?“ „Ich wollte es dir sagen, aber du bist immer so gestresst und du neigst zu übertreiben...“ Er verstummte. „Mokuba, es enttäuscht mich, wenn du glaubst nicht mit mir reden zu können.“ Er sah wie der kleinere ihn verletzt betrachtete und mit den Tränen zu kämpfen schien. „Nein! So ist es nicht!“, widersprach er unbeherrscht, sichtlich entsetzt darüber, dass sein Bruder so was von sich gab. Setos Hand strich unaufhörlich über sein Haar. Man konnte kaum glauben, dass der emotionslose Seto Kaiba tatsächlich zu dieser Handlung fähig war. Wusste Mokuba denn nicht wie viel er ihm bedeutete? Niemand auf der Welt sah ihn, so wie er. Er war alles was ihm noch geblieben war und alles wofür es sich zu kämpfen lohnte. Der Gedanke, dass er sich ihm nicht sofort anvertraute, hatte ihn unerträglich gekränkt. Während er noch stumm dasaß und seinen Bruder betrachtete, musste er sich eingestehen, dass es womöglich seine eigene Schuld war. Das letzte Mal als Mokuba gehänselt wurde, waren die Eltern seiner Schulkameraden zufälligerweise bei ihm angestellt. Seto hatte nicht gezögerte und sie unverzüglich aus dem Unternehmen geschmissen. Zum krönenden Abschluss hatte er dafür gesorgt, dass sie in ihrer Branche niemals wieder Fuß fassen würden. „Nein, bitte entschuldige. Ich verstehe dich ja, aber ab sofort keine Geheimnisse mehr. In Ordnung?“, sprach er sanft zu ihm und glücklich darüber, dass Seto ihm verzieh, fiel er ihm in die Arme. Seto erwiderte die Umarmung des anderen und nach dem sie sich wieder gelöst hatten, stand er auf und wünschte ihm eine Gute Nacht. ~*~ Joey stand noch eine Weile da und sah sich im Zimmer um. Außer einem Schrank, dem Bett und dem Schreibtisch war kaum etwas vorhanden. Nichtmal Bilder an den weißen kahlen Wänden. Er setzte sich ans Ende des Bettes und war ganz froh darüber, dass keine vorhanden waren. Wahrscheinlich wären das sowieso nur irgendwelche Bilder von Kaiba gewesen, wie er sich mit all dem Ruhm und Geld ablichten ließe. Er warf sich aufs Bett und zog die Decke über seinen Kopf. Das alles roch so fremd und Joey konnte kaum glauben, auf was er eben gerade eingegangen war. Natürlich nutzte Kaiba nur seine Freundschaft zu seinem kleinen Bruder aus. Das war ihm völlig bewusst. Doch ungeachtete dessen, schien auch er daraus seinen Eigennutz ziehen zu können. Er würde nun all die Geheimnisse viel besser bewahren können, denn es gab niemanden, der sie hinterfragen würde. Niemanden, der nach seinem wirklichen Befinden fragte. Bei dem Gedanken kniff er die Augen zusammen, um die aufkommenden Tränen zu unterdrücken, was Joey jedoch nicht gelang. Und während er so dalag, vergoss er stumme Tränen. Bis er einschlief. Am darauf folgenden Tag klopfte es zaghaft an der Tür. Noch im Halbschlaf antwortete Joey irgendwas, was klang wie „Ne, Mann...“. Als er jedoch merkte, dass das Klopfen nicht verstummte, erhob er sich aus dem Bett. Mit trägem Blick betrachtete er seine Umgebung und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Langsam dämmerte ihm wieder wo er war und hastig machte er die Tür auf. Das Dienstmädchen stand dort und überreichte ihm eine saubere Schuluniform. Joey kam nicht umhin diese stumm zu betrachten. Kaiba hatte anscheinend veranlasst ihm saubere Klamotten bringen zu lassen und auf seine Nachfrage hin, woher diese stamme, bestätigte sie seine Gedanken. Als er diese dankend entgegennahm, wollte er bereits seine Tür schließen, aber das Dienstmädchen holte kurz Luft um zwischen der Tür und dem Türrahmen zu sprechen. „Die Herren werden Sie zum Frühstück erwarten, Herr Wheeler.“ Joey sah ihr noch verwirrt hinterher als sie dann mit einer leichten Verbeugung verschwand. Er konnte nicht in Worte fassen, wie fremd sich all dies für ihn anfühlte und nachdem er sich frisch gemacht hatte, ging er aus seinem Zimmer den langen Flur entlang. Während er durch diesen spazierte, betrachtete er die weißen Wände, die den Anschein machten, als seine sie mit luxuriösen Bildern geschmückt worden. Hin und wieder ging er auch an edlen Kommoden vorbei, auf den wunderschöne Vasen standen und Joey fürchtete allein schon beim vorbei schreiten, etwas kaputt zu machen. Er konnte ein Pfeifen nicht unterdrücken. Wie musste es wohl sein so viel Geld zu besitzen? Niemals würde Joey sich auch nur vorstellen können, was all diese Dinge Kaiba gekostet haben. Als er an der Doppeltreppe angekommen war, blickte er sich schließlich verwirrt um. Es wäre wahrscheinlich klug gewesen, wenn er das Mädchen gefragt hätte, wo zur Hölle sich den das Frühstück befand. Seufzend ging er einfach weiter auf die andere Seite. Früher oder später würde er es wohl finden. Die andere Seite war exakt wie der Flur eingerichtet, den Joey noch eben bestaunt hatte und als er sich vor einer massiven braunen Tür mit Goldknauf vorfand, beschloss er kurzerhand diese zu öffnen. Mit verwunderter Miene blickte er sich um, nur um dann festzustellen, dass er sich in einem Zimmer voller Bücher befand. Am ende des Raumes stand ein ebenholzfarbener riesiger Schreibtisch. Sieht aus wie ein Arbeitszimmer... dachte Joey und grinste leicht, den er konnte sich genau vorstellen, wessen Zimmer das hier war. Auf dem Schreibtisch erspähte er Bilder und seine Neugierde wurde augenblicklich geweckt. Mit langsamen Schritten ging er auf diese zu und fasste nach einem Bild. Der junge Seto Kaiba und sein Bruder Mokuba strahlten auf diesem beide in die Kamera, dabei hielten sie sich fest umschlungen. Der Blonde runzelte die Stirn. Das dieser Kerl jemals zu so einem Grinsen fähig war, konnte er sich partout nicht vorstellen. „Ich hätte dich an die Leine nehmen müssen, was Wheeler?“ Erschrocken fuhr der Angesprochene zusammen, dabei fiel ihm fast das Bild aus der Hand. Rechtzeitig fing er es noch auf und stellte es schnell wieder auf den Schreibtisch. Kaiba stand urplötzlich im Türrahmen und mit verschränkten Armen starrte er ihn an. Joey grinste nur verlegen. „Ja... also, ähm... das Frühstück, also ich sollte dahin kommen aber...“, er stammelte. Der Blonde fühlte sich ertappt und das zu gutem Recht. Er hätte nicht hier rein gehen sollen, aber jeder hatte doch nun mal Kinderbilder auf seinem Schreibtisch und die Lust ein kleines Geheimnis über den großen Kaiba zu erfahren, war zu verführerisch gewesen. Der Braunhaarige ließ die Arme sinken und ging auf ihn zu. Joey konnte nicht wegschauen, er war wie erstarrt. Kaiba stand nun unmittelbar vor Joey und dieser wich instinktiv zurück. Dabei merkte er den Widerstand des Schreibtisches hinter sich. Seine tiefblauen Augen starrten unentwegt in die seine. Plötzlich hob der Größere seine Hand und Joey glaubte schon fast, dass er zum Schlag ausholen würde. Aber dann griff Kaiba nach dem Bild, welches er eben noch in den Händen gehalten hatte und als Joey hinter sich blickte, sah er, wie Kaiba es wieder auf seinen rechtmäßigen Platz stellte. Er traute sich kaum zu atmen, immerhin war der Kerl dicht vor ihm. Schon beinahe bedrohlich musterte er Joey, bis er sich endlich wieder von ihm entfernte. „Zu unserem Wohn und Esszimmer geht es hier lang.“, sagte er nur monoton und deutete ihm zu folgen. Joey blinzelte erst ein paar Mal irritiert, bis er sich wieder gefasst hatte und lief Kaiba hastig hinter her. Er hatte eigentlich damit gerechnet, dass Kaiba mit seinen typischen Beleidigungen loslegen würde. Stattdessen schien er ziemlich ruhig zu sein, was den Blonden sichtlich verwirrte. Wahrscheinlich hatte er seine erste Tasse Kaffee noch nicht getrunken. Joey vermutete, dass Kaiba vielleicht daher nicht nach plaudern war. Nicht das er jemals eine anständige Unterhaltung mit ihm geführt hätte, aber an Beleidigungen ihm gegenüber mangelte es eigentlich nie. Kurz darauf folgte er ihm den langen Flur entlang, bis sie eine Flügeltür mit einem Rundbogen-Oberlicht erreichten. „Ein Stadtplan für dieses Haus wäre nicht schlecht.“, nuschelte Joey noch als er den Wohn und Essbereich betrat. Mokuba saß bereits am Tisch und frühstückte genüsslich. Als er die beiden Männer erblickte strahlte er bis über beide Ohren und sprang von seinem Stuhl. Joey kam nicht umhin zu denken, wie niedlich der kleinere doch war und war sichtlich erfreut über dessen strahlendes Gesicht. „Joey! Setz dich!“, rief Mokuba und zog ihn an den gedeckten Tisch. Kaiba nahm, ohne das auch nur ein Wort seine Lippen verließ, Platz am Kopfende des Tisches und schlug eine Zeitung auf, die bereits neben seinem Teller lag. Mokuba platzierte den Blonden rechts von diesem und er plumpste mit einem Grinsen Joey gegenüber, so dass er auf der linken Seite seines Bruders saß. Als sein Augen zu Kaiba wanderten, sah er wie dieser eine Tasse schwarzen Kaffee zu seinen Lippen führte. Dabei hob er eine Augenbraue an und schenkte Mokuba einen ermahnenden Blick. Doch dieser lächelte nur lieblich und Kaiba verdrehte, kaum merkbar, kopfschüttelnd die Augen. Joey musste zugeben, dass ihn interessierte, was der Braunhaarige gerade dachte. Es war als hätten sie schon beinahe gedanklich mit einander kommuniziert und er war abermals beeindruckt von dem tiefen brüderlichen Band der beiden. Dann blickte er auf den Tisch, griff auch nach einer Tasse schwarzen Kaffee und genoss regelrecht den ersten Schluck. Die Nacht in dem neuen Zimmer war anstrengend gewesen. Nicht das sich Joey beschweren wollte, aber das Ereignis des Tages davor und die Tatsache, hier auf Kaibas Anwesen zu sein, hatte ihn schon beinahe den Schlaf geraubt. „Probier die Croissants Joey!“, riss Mokuba ihn aus seinen Gedanken und reichte ihm eins. Dankbar nahm dieser es an und so frühstückten sie schweigend. Nun ja, es waren eher Mokuba und Joey gewesen. Denn außer, dass Kaiba hin und wieder an seiner Tasse nippte, hatte er sonst nichts zu sich genommen. Ab und an war das Rascheln der Zeitung zu hören, welches er beim umblättern der Seiten erzeugte. Joey bemühte sich ihn nicht von der Seite zu beobachten, doch sein Blick wanderte immer wieder zu Kaiba. Auch jetzt, wo er wahrhaftig neben diesem an einem Tisch saß, konnte er nicht glaube, dass er sich hier befand. Er wollte sich kneifen, nur um sicher zu gehen, dass er nicht vielleicht doch in einem tiefen Traum gefangen war, aber er wollte dafür nicht einen dummen Kommentar seines Erzfeindes riskieren. Also ließ er es bleiben und nahm den letzten Schluck aus seiner Tasse. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Kaiba ihm etwas zu schob und fragend sah er auf den Tisch. Es waren Schlüssel, und als Joey sie neugierig in die Hand nahm, zog er böse die Augenbrauen zusammen. „Findest du das witzig, Kaiba?“, fragte er genervt und hielt den Schlüsselbund hoch. An ihm war ein kleiner Hundeanhänger und Joey musste zugeben, dass er es eventuell etwas lustig fand, aber Kaiba war nun mal nicht der witzige Typ. Wahrscheinlich war es einfach nur wieder dafür gedacht Joey zu erniedrigen. Der Angesprochenen blätterte seelenruhig in seiner Zeitung weiter und antwortete in genau dem selben Zustand schließlich. „Immerhin wissen wir dann wem der Schlüssel ist. Damit hast du zutritt ins Haus.“ „Aber das Tor hat doch nen Sensor.“, bemerkte er skeptisch. „An unserem Gittertor sind Kameras angebracht. Das Personal wird dich hineinlassen.“, erwiderte er, legte dann endlich seine Leselektüre beiseite und sah ihn an. „Ich habe Mokuba erzählt was wir vereinbart haben.“ Kaiba blickte zu seinem Bruder, der aus seiner Tasse nun schlürfte. „Sollte etwas passieren, möchte ich umgehend informiert werden, Wheeler.“ Joey steckte den Schlüssel ein und fuchtelte mit seiner Hand hin und her. „Ja klar, kein Stress. Wir kriegen das hin, nicht Moki?“, grinste er Mokuba an, stand dabei auf und sah wie es Kaiba regelrecht im Gesicht geschrieben war, dass ihm der neue Spitzname für seinen kleinen Bruder absolut nicht gefiel. Doch Joey schien es sichtlich zu amüsieren welche Reaktion es in seinen Rivalen hervorrief. Als dieser sich dann mit seinem Blick von ihm abwandte und nach einem Teller die Hand ausstreckte, auf welchem sich das letzte Croissant befand, kam ihm Joey zuvor. Mit einer blitzschnellen Handbewegung grapschte er danach und rannte förmlich los. „Bis nachher, Moki!“, rief er dabei und mit einem neckischen Zwinkern war er auch schon aus dem Raum verschwunden. Kaiba ballte die Hand, die er noch eben ausgestreckte hatte, zu einer Faust. Das war absolut nicht wonach ihm der Sinn stand. Diesen quirligen Kerl in seinem Haus würde er keine Woche hier aushalten. Zu seiner Linken vernahm er belustigtes Gelächter. Mokuba schien sich köstlichst über das Theaterspiel zu erfreuen und die harten Züge aus Kaibas Gesicht verschwanden. Seinen kleinen Bruder so aufheiternd zu erleben war es dann eventuell doch die Mühe wert. Die Tage verstrichen. Gelegentlich, wenn er spät abends, völlig überarbeitet, aus seinem Büro kam und sich auf den Weg in sein Zimmer machte, sah er Joeys Gestalt rechtzeitig in seinen Raum verschwinden. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass dieser ihn nun jeden Tag mit seiner Anwesenheit belästigen würde. Kaiba musste jedoch mit großer Verwunderung feststellen, dass er im Grunde genommen wirklich nur dann auftauchte, wenn er mit den Nerven am Ende war. Zumindest ging er davon aus, denn wenn Joey spät abends sein Zimmer ansteuerte, schien er ein Schatten seiner selbst zu sein und nahm ihn noch nicht mal wahr. Es war, als würde mit der Nacht auch eine neue Seite von Wheeler zum Vorschein kommen. Eine völlig fremde und deprimierende Ruhe in ihm, die man außerhalb dieser vier Wände nie zu Gesicht bekam. Und dann, wenn wieder der Tag anbrach, kam er zum Frühstück als sei nie etwas vorgefallen. Allerdings entgingen dem älteren dabei nicht die kleinen Schrammen. Hin und wieder wenn Kaiba so tat, als wäre er in seiner morgendlichen Zeitung vertieft, erwischte er sich dabei, wie er Joeys Gesicht auf neue Wunden inspizierte. Wenn dies dann passierte, räusperte er sich kurz und straffte die Zeitung, um sich wieder daran zu erinnern, wer da eigentlich gerade neben ihm saß. Dabei fing er sich fragende Blicke ein, weil er damit manchmal sehr laut war und den Gesprächsfluss von Mokuba und Wheeler unterbrach. Nach dem er seinen letzten Schluck Kaffee runter gekippt hatte, veranlasste er einen Wagen, der die beiden Kaiba Brüder zur Schule fahren sollte. Er war nicht gewillt, diesen Trottel in seinem Wagen mitzunehmen. Dort angekommen verabschiedete sich Mokuba von seinem älteren Bruder. Es war als sei er heute tatsächlich bester Laune, denn seine Augen strahlten förmlich und Kaiba entging nicht, dass es ihn störte. Nicht, dass er erzürnt darüber war, dass es seinem Bruder nun besserging. Ganz im Gegenteil, Mokuba so zu sehen erleichterte seinen Tag ungemein. Aber die Tatsache, dass es einem Idioten mit seinem närrischen Verhalten gelungen war, machte ihn etwas wütend. Im Klassensaal angekommen würdigte er, wie immer, kaum jemanden eines Blickes und setzte sich an seinen Platz. So lange ihr Lehrer noch nicht aufgetaucht war, nutzte er die Chance um Termine zu regeln. Also griff er nach seinem Smartphone und koordinierte diverse Meetings. Wie wild tippte der Braunhaarige auf dem Bildschirm herum und auch wenn sie alle meinten, er würde sie nicht sehen, das Getuschel entging ihm nicht. Wie oft hatte er einen dieser belanglosen Liebesbriefe in seinem Schulfach gefunden? Irgendwann hatte er aufgehört zu zählen und auch wenn er keinen von ihnen jemals beantwortet hatte, ja sie sogar weiterhin ignorierte, desto mehr häuften sie sich. Kaiba würde wohl nie verstehen, was jemanden dazu bringen würde, sich so bloß zu stellen in Form solch eines Kindergartenverhaltens. Sein Mundwinkel zuckte kurz in die Höhe als just in dem Moment Yugis Stimme zu hören war. „Joey, du hättest dir den Zug echt gut überlegen sollen, nur mit Monster Karten wirst du nicht gewinnen!“ Kaibas Augen wanderten zu der Ecke aus der die Stimmen ertönten, ohne sein Gesicht zu drehen, damit es so aussah, als würde er noch auf sein Handy starren. „Was? Wieso denn nicht?!“, jaulte der eben Angesprochenen auf. Yugi, Tristan, Téa und Joey hatten sich um einen kleinen Tisch versammelt und schienen eine Partie Duel Monsters zu spielen. „Es geht auch darum Magie Karten zu kombinieren!“, hörte er nun wieder Yugi sagen. Joey fuhr sich durchs Haar und grinste dämlich vor sich hin. Bei seinem Anblick schnaubte Kaiba kaum merkbar. Kein Wunder das Mokuba ihn mochte, er verhielt sich wie ein einfältiger Clown! Die vier konnten ihre Partie nicht zu Ende spielen, da in dem darauffolgenden Augenblick der Lehrer ins Zimmer trat und den Unterricht begann. Auch Kaiba packte das Handy weg und schlug sein Mathebuch auf. Es verging ein wenig Zeit bis er merkte, dass das Thema in langweilte. Er war bestens auf den Stoff vorbereitet und sie schienen nur Dinge zu wiederholen, da es anscheinend wieder welche gab, die die Materie nicht auf die Reihe bekamen und so versank er in seinen Gedanken. Noch immer angefressen dachte er über Wheeler nach, der es tatsächlich geschafft hatte seinen kleinen Bruder heute Morgen solch ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Ungewollt wanderte sein Blick zu diesem. Joey hatte das Kinn auf seine Hand abgestützt und statt den Unterricht zu verfolgen, sah er gedankenverloren aus dem Fenster. Über seiner Oberlippe balancierte er einen Bleistift. Kaiba verdrehte leicht die Augen. Mokuba würde doch nicht erwarten, dass er sich genauso wie dieser Idiot zum Deppen machen würde, nur um ihm ein paar Lacher am frühen Morgen zu bescheren?! „Wheeler!“, brüllte der Lehrer durch den Raum und dieser zuckte zusammen, so wie der Rest der Klasse. Joey hatte vor Schreck den Stift fallen gelassen, war mit einem lauten „Hier!“ von seinem Platz gesprungen und stand Kerzengrade. Der Lehrer seufzte genervt. „Ich bin nicht dabei die Anwesenheit durch zu gehen! Pass gefälligst auf sonst wird aus dir nie was!“ Joey strich sich peinlich berührt den Hinterkopf, er vernahm leises Gekicher und mit einem kleinlauten „Ja...“ hatte er sich wieder hingesetzt. Kaiba hatte ihn währenddessen weiter beobachtet und nun, nach dem er so grob maß geregelt wurde, hatte sich sein Ausdruck verändert. Noch eben schien der Blonde glücklich in seinen Gedanken gewesen zu sein, doch jetzt starrte er mit geballten Fäusten auf seinen Tisch, als sei er in sich zusammen gefallen. Er musste an den Abend denken, als er Joey vor seiner Haustür angetroffen hatte und wie er dann in seinem Wagen saß. Eine leere Hülle ohne jegliche Emotion. Einige tuschelten, so wie sie es auch natürlich hinter Kaiba taten, über Joey. Bis zu dem Tag aber, hatte er den Gerüchten kaum Gehör geschenkt. Bei genauerem hinsehen jedoch schienen die Klatschgeschichten zumindest halbwegs wahr zu sein. Warum er auch noch außerhalb Probleme suchte, war für Kaiba ein Rätsel. Dieser kleine Hund bettelte offenbar so dringend nach Aufmerksamkeit, dass er anscheinend weitere Qualen in Kauf nahm. Anders konnte er es sich nicht erklären. Während er weiter darüber grübelte, teilte der Lehrer die letzte Matheklausur aus und als Joey seine erhielt, zerknüllte er diese. Anscheinend war sie wohl nicht so gut ausgefallen, denn er schien sich immer mehr zu verkrampfen und Kaiba glaubte zu erkennen, dass er versuchte die aufkommende Wut in sich zu unterdrücken. War es Wut? Nach alle dem was er nun gesehen und gehört hatte, wurde er schon fast das Gefühl nicht los, dass Wheeler sich zusammenriss, um nicht gleich in Tränen auszubrechen. „Und Joey? Welche Note ist es heute? Hat´s für die 5 gereicht?“ Tristan hatte dem Blonden auf den Rücken geklopft und Kaiba wartete gespannt auf dessen Reaktion. Moment, war er wirklich gespannt darauf, wie dieser Idiot nun rum heulen würde? Ja, er wollte sehen wie dieser Trottel sich nun lächerlich machte und in Tränen ausbrach. Joey richtete sich auf, straffte die Schultern und drehte sich zu Tristan um, der hinter ihm saß. „Nein, alter! Hab gerade so noch eine 6 bekommen!“, feixte er mit einem fetten Grinsen im Gesicht und boxte seinen Kollegen in die Schulter. Sie brachen in herrlichem Gelächter aus. Was war gerade geschehen? Noch eben schien er ein völliges Wrack zu sein und von der einen Sekunden zur nächsten, hatte er sich wieder komplett gefangen! Nachdem er ihn eine gefühlte Ewigkeit beobachtet hatte, wandte er seinen Blick ab und widmete sich wieder den Aufgaben, die ihnen der Lehrer überreichte. Allerdings war es für Kaiba in dieser Stunde nicht mehr möglich gewesen, sich auf diese zu konzentrieren. Etwas störte ihn und auch nach dem der Unterricht beendet wurde, konnte er nicht mit genauer Sicherheit sagen, was es war. „Seto!“, hörte er seinen kleinen Bruder rufen und drehte sich um. Er sah wie Mokuba aus dem Schulgebäude kam und auf ihn zu rannte. Geduldig wartete er auf ihn, bis dieser sich zu ihm gesellte. Sein kleiner Bruder schien völlig aus der Puste und als Kaiba ansetzte um in den Wagen zu steigen, hörte er ihn räuspern. Fragend sah er ihn an. „Weißt du, ich würde gerne nach der Schule mit Joey und den anderen in die Spielhalle gehen.“ Mokuba hatte seine Hände zusammengepresst, wie zum Gebet und sah seinen Bruder flehend an. „Nein.“ Die Augen des kleineren weiteten sich und er schien unnachgiebig. „Bitte Seto! Joey ist doch da.“, flehte er weiter. Bei dem Namen konnte er nicht anders und schnaubte abwertend. „Ich sagte Nein Mokuba! Jetzt beeil dich und steig in den Wagen! Ich habe noch ein Meeting.“ Soweit käme es noch. Seinen Bruder einfach ohne ihn in der Stadt herum streunen lassen mit diesem Volltrottel. Der schwarzhaarige ließ traurig den Kopf sinken und wollte schon einsteigen als sie von weiter weg eine weitere Stimme hörten. „Mokuba!“, rief jemand. Schlimm genug, dass er den Namen dieses Idioten erneut hören musste, nun wurde er auch mit dessen Stimme bestraft. Joey kam auf die beiden Kaiba Brüder zu und hatte wie üblich dieses Grinsen in Gesicht, was Kaiba erheblich nervte. „Also was ist, kommst du mit?“, fragte Joey und erneut sah Mokuba ihn innig bittend an. Joey legte seinen Arm um Mokuba und Kaiba zog verärgert seine Augenbrauen zusammen. „Keine Sorge Kaiba. Ich bringe ihn dir wohlbehalten nach Hause, versprochen.“ In seiner typischen Joey Haltung hob er voller Energie den Daumen und zwinkerte seinem Erzfeind selbstbewusst zu. Mokuba flehte weiter und versprach ihm sich stündlich bei ihm zu melden. Wie er es hasste, wenn Mokuba ihn so unerbittlich um etwas anflehte. Er wollte nicht, dass dieser sich womöglich noch mehr von ihm entzog. Der ältere nickte schlussendlich kaum sichtbar und die beiden Jungs sprangen beinahe in die Luft vor Freude. „Danke Seto!“, rief sein kleiner Bruder und fiel dem Braunhaarigen in die Arme, drückte sich dabei ganz feste an ihn. Mokuba nun endlich auch eine Freude gemacht zu haben, stimmte ihn wieder einigermaßen zufrieden. Schließlich setzte er sich in den Wagen. „Vergiss nicht, stündlich.“, sagte er noch mit festen Ton zu seinem Bruder, der nur aufgeregt nickte. Dann richtete er seinen Blick auf Wheeler. Die Worte Pass bloß auf ihn auf waren nicht nötig gewesen. Mit seinen Augen alleine machte er ihm klar, dass er ein toter Mann sei, würde seinem Bruder irgendetwas zu stoßen. Der Blonde nickte als Antwort und mit einem Grinsen winkten beide seinem Auto hinterher. Als sie nach mehreren Stunden die Spielhalle verließen und sich von den anderen verabschiedeten, lachte Joey lauthals heraus. „Alter, diese 3D Spiele sind der absolute Wahnsinn! Dieses Zombie-Spiel war der reinste Alptraum!“ Mokuba stimmte in das Gelächter des anderen ein. Die Beiden hatten Stunden damit verbracht in einer Virtuell Reality Zombies niedermetzeln und dabei völlig die Zeit vergessen. So lange hatte er nicht vorgehabt mit Mokuba unterwegs zu sein, aber wie mit Kaiba abgemacht hatte er ihm mitgeteilt, dass alles im grünen Bereich war. Und er musste zugeben unsagbaren Spaß gehabt zu haben. Mit einer ernsthaften Souveränität demonstrierte der kleinere ihm seinen letzten Kampf-Move und erneut brachen sie in Gelächter aus. Völlig aufgelockert gingen sie die Straße entlang. Joey befand sich ein kleines Stück weiter hinter Mokuba, bis dieser abrupt stehen blieb. Verwirrt sah er zum Kleineren hinunter und folgte dann schließlich seinem Blick. Ein größerer Kerl versperrte ein paar Meter entfernt Mokuba und Joey den Weg. Mit einem fiesen Grinsen im Gesicht trat er aus der Dunkelheit, ins Licht der Straßenlaterne. Dabei verließ ein tiefes leises Lachen seine Kehle. „Na sieh mal einer an. Du bist doch der Kerl, der meinen kleinen Bruder aufgemischt hat.“ Joey fletschte wütend die Zähne. Na toll, er wusste sehr wohl auf was das hier hinauslief. Wieder so ein Knirps, der andere gerne mobbte und dann beim großen Bruder losheulte, sobald er die Retourkutsche bekam. Anscheinend war der Kerl nicht alleine gewesen, denn hinter ihm traten zwei weitere Männer dazu. Joey stellte sich schützend vor Mokuba, in dem er seinen Arm vor diesen ausstreckte. Das würde eng werden, immerhin waren die drei etwas größer und schienen außerdem auch stärker gebaut als er. Der Blonde fragte sich instinktiv, wie lange seine verdammte Glückssträhne noch anhalten würde. Erst die kleinen Kerle letztens, dann sein Vater und heute diese drei Vollpfosten. „Süß wie du deine kleinen Freunde noch mitgebracht hast. Hattest wohl die Hosen zu sehr voll mich alleine an zu treffen!“, lächelte der Blonde amüsiert. „Das dumme Grinsen wird dir gleich vergehen.“, bekam er als Antwort. Scheinbar war der Kerl in der Mitte der Chef dieser dreiköpfigen Gang, denn er machte eine Handbewegung und die anderen beiden hinter ihm machten einige Schritt näher auf sie zu. Mokuba griff nach Joeys Ärmel und sah ihn verängstigt an. Dieser schob ihn schützend hinter sich. Verdammt, es war seine Schuld, dass Mokuba mit ihm hier gelandet war zu dieser Zeit. In erster Linie war es nun wichtig diesen aus der Schussbahn zu bekommen. Dabei kam ihm kurz Kaiba in den Sinn. Nein, hier ging es nicht darum sich an dieses Versprechen zu halten. Er wollte nicht zulassen, dass dem jüngerem etwas geschah. Wäre Joey nochmal so klein wie Mokuba, hätte er sich auch jemanden gewünscht, der ihn damals vor all dem schändlichen bewahrt hätte. Er drehte sein Gesicht leicht zu diesem, aber noch so, dass er die anderen im Blick behielt. „Du machst jetzt folgendes,“ flüsterte er dem Schwarzhaarigen zu. „Du wartest bis ich auf sie los gehe, dann wirst du wegrennen und deinen Bruder anrufen.“ Joey sträubte sich innerlich zugeben zu müssen, dass er hier jetzt auf Kaibas Hilfe angewiesen war. Aber hier ging es nun nicht mehr um ihn alleine. Mokubas Sicherheit hatte Priorität. Dieser nickte kaum merklich und langsam setzte sich Joey in Bewegung. „Welcher von den hässlichen Jungs war denn dein Bruder? Dem, den ich das Maul polierte oder der, dem ich mein Knie in dessen Magen geparkt habe?“ Er wusste, dass sein Verhalten die Kerle noch aggressiver machen würde, als sie eh schon waren. Aber so würde es ihm vielleicht gelingen die volle Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und damit hätte Mokuba eine Chance sich unbemerkt aus dem Staub zu machen. „Ich kenne den Kerl, der prügelte sich mit jedem! Das ist dieser Wheeler!“, platzte es aus einem der drei und Joey musste kurz die Stirn runzeln. Er wusste nicht, dass sein Ruf ihm so sehr voraus eilte. Hastige Schritte, die sich entfernten, waren zu hören und Joey war beruhigt zu wissen, dass Mokuba auf ihn gehört hatte. „Der Kaiba Bengel macht sich aus dem Staub!“, rief einer und wollte ihm hinter her, doch Joey reagierte schneller und mit einem Tritt, schlug er dem Kerl die Füße weg. Dieser vollführte schreiend eine Bruchlandung auf seinen Händen. Das schien der Startschuss für die anderen beiden gewesen zu sein, denn diese hatten sich stürmisch auf ihn gestürzt und Joey machte sich bereits auf das schlimmste gefasst. Er schaffte es den Schlägen auszuweichen. Anscheinend waren sie rasend vor Wut, dass Mokuba ihnen abgehauen war und schienen alles an ihm auslassen zu wollen. Er verteidigte sich nur noch und er glaubte zu hören, wie sein Blut laut in seinem Körper zirkulierte. Dankbar dafür, sich all die Jahre auf die Kunst der Verteidigung konzertiert zu haben, gelang es ihm teils nicht so viele Schläge einstecken zu müssen. Doch als der Boss dieser drei Idioten etwas aus seiner Tasche zückte, stockte Joey der Atem. Es glänzte im Licht der Straßenlaternen. Der Kerl hatte tatsächlich ein Klappmesser ausgepackt und Joey spürte wie ihm der Angstschweiß die Stirn hinunter rann. Shit, jetzt wird’s brenzlig..., dachte er und seine Augen huschten panisch zwischen den dreien hin und her, die ihn bedrohlich eingekesselt hatten. Als Joey erneut ausweichen wollte, stürzte sich einer seiner Gegner auf ihn und packte ihn an den Armen. Mit einem festen Griff drückte er ihm seine Arme auf den Rücken und lachte fies. „Was ist los? Haben wir keine so große Klappe mehr?“, raunte der Kerl hinter ihm ins Ohr und für einen kurzen Augenblick spürte Joey etwas Feuchtes. Angewidert zuckte er zusammen. Schlabberte der Kerl ihm da etwa gerade das Ohr ab?! „Was zum Teufel stimmt den mit dir nicht?!“, blaffte er den Kerl voller Rage an und versuchte sich aus dem Griff zu befreien. Der nächste näherte sich ihm, griff nach seinem Haar, so das er Joey zwang den Kopf zu heben und hielt das Klappmesser unter sein Kinn. Dann strich er damit niederträchtig lachend und schon beinahe zaghaft über seinen Hals. Er bedachte den Kerl mit einem verachtungsvollen Blick. Sein Atem beschleunigte sich und nur mit großer Mühe konnte Joey seine Angst verbergen. Trotzdem verrieten ihn seine Augen und er sah in die des anderen eine widerliche Gier, ihm all die Qualen zu bereiten, nach denen es ihm nur Gelüstete. Eigentlich hatte er geglaubt das Kaiba der fieseste und abstoßendste Kerl der Welt war, aber der Mistkerl hier schien wohl dessen Platz als weltgrößtes Arschloch streitig machen zu wollen. Joey kniff die Augen zusammen. Natürlich kam ihn genau dieser in den Sinn. Immerhin hatte er es geschafft Mokuba aus dieser Geschichte raus zu manövrieren und der würde ihn genauso kalt machen wollen, wie der Sack hier vor ihm, wäre Mokuba was zugestoßen. „Guckt ihn euch an. Es gefällt ihm sogar!“, lachte einer und bevor Joey sich versah hatte einer der Kerle ihm die Hand unter sein Oberteil geschoben. Angewidert erschauderte er. „Hat er uns nicht eben noch süß genannt?!“ Joey schrie tobsüchtig auf und windete sich unter dem festen Griff, aber sich aus diesem zu lösen schien nahezu unmöglich. „Ich mach euch Wichser fertig!“, schrie er und versuchte sich mit den Beinen frei zu treten. Das konnte nicht ihr ernst sein! Was um Himmelswillen musste er denn noch alles ertragen?! Sein Herz überschlug sich vor Aufregung und ihm schien bald die Kraft zu verlassen. All das um sich wild herumtreten und Geschreie erschöpften ihn langsam und er würde bald nicht mehr standhalten können. Er senkte den Blick und urplötzlich verließen ihn seine Kräfte. Was hatte das alles denn noch für einen Sinn? Sollten sie doch ihm das Leid zufügen, welches ihm zustand. Immer diese starke Fassade aufrecht erhalten zu müssen machten ihn langsam müde. Müde, das war das Stichwort gewesen. Joey war plötzlich so müde und all die Energie, die eben noch so ungezügelt durch seinen Körper floss, verließ ihn. Die Geschehnisse der letzten Tage schienen bei ihm ihre Spuren hinterlassen zu haben. Seine Augenlider wurden immer schwerer und dunkle Flecken erschienen vor seinen Augen, die ihm immer mehr die Sicht nahmen. Bevor er gänzlich von der Dunkelheit eingenommen wurde, hörte er ein quietschendes Bremsgeräusch. Ruckartig merkte er, wie es niemanden mehr gab, der ihn festhielt. Und dann plötzlich fiel Joey in die pechschwarze Tiefe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)