Be my One and Only - 私の唯一無二になりなさい von Mina_Tara (**KageHina**) ================================================================================ Kapitel 4: Akt I: Part IV – family ---------------------------------- Der Mittag brach langsam heran. Die ganze morgige Zugfahrt verbrachten sie mit Schweigen. Tobio hatte nach dem ganzen Theater wirklich keine große Lust mit dem Deppen, der immer noch gegenüber von ihm saß und sich wieder der Tageszeitung gewidmet hatte, auch nur ein Wort zu wechseln. Stattdessen sah der Schwarzhaarige aus dem Fenster und beobachtete die unterschiedlichen Landschaften, die an seinen Augen vorbeizog. Mit den Gedanken war er bereits bei seiner neuen Heimat.   Dass sich sein heutiger Tag noch als sehr spektakulär herausstellen sollte, konnte der Jüngere zu diesem Zeitpunkt noch nicht erahnen.           [2 Stunden später, Bahnhof]   „WAS ZUM??!!!“   Tobio hätte es wissen müssen – warum hatte er auch jemals nur einen Gedanken daran verschwendet, dass er einmal mit seinen Vermutungen falsch liegen könnte? Fassungslosigkeit zeichnete sich in seinen Gesichtszügen ab, während Keishin neben ihm stand und ihn seitlich angrinste.   „Das ist jetzt …nicht wahr….??“, das Zittern in Tobios Stimme war eindeutig.   Was der Jüngere zu sehen bekam, als er aus dem Wagon ausstieg, war ein menschenleeres Dorf – überall Natur und wenn mal Menschen auf den Straßen unterwegs waren, waren es hauptsächlich ältere Leute – ansonsten Einöde – ein Kaff, wie es im Buche stand. Die Stimmung des Schwarzhaarigen sank innerhalb weniger Sekunden noch mehr auf den Tiefpunkt, als es ohnehin schon der Fall gewesen war.   //Ihr wollt mich doch alle verarschen?!//   Wo um Kamis Namen war er bloß gelandet? Ungläubig sah Tobio zu Keishin rüber, der friedlich vor sich hin pfeifend an ihm vorbeispazierte. Ohne auch nur einen Laut von sich zu geben, folgte der Jüngere dem Blondhaarigen bis dieser nach 10 Minuten stehen blieb. Beinahe wäre Tobio in seinen neuen Bewährungshelfer reingelaufen, hätte er nicht rechtzeitig in seiner Bewegung inngehalten. Was er allerdings dann erblickte, ließ den Schwarzhaarigen schwer schlucken. Vor ihnen lag ein Berg – nicht ein kleiner, sondern ein steiler, der ein gutes Stück nach oben führte. Das war jetzt nicht sein verdammter Ernst?   „Auf geht’s, Kleiner. Nur noch den Berg hinauf und dann weitere 15 Minuten, dann sind wir am Ziel. Dann wird dein kleines Gehirn mal mit frischem Sauerstoff geflutet.“   //Bla…bla… bla… du kannst mich mal kreuzweise…//   Murrend und ohne auf den spitzigen Kommentar zu antworten, schlurfte der Schwarzhaarige hinter dem Älteren her. Kami sei Dank hatte sein Koffer, den er hinter sich herzog, Rollräder. Seine Pechsträhne sollte allerdings an diesem Tag auch kein Ende nehmen. Zu allem Überfluss gingen auch noch unterwegs die Rollräder an seinem Koffer kaputt, sodass der Jüngere das Gepäck tatsächlich den Berg hochtragen musste. Es war verdammt nochmal zum Kotzen. Eine Zornader hatte sich bereits auf seiner Schläfe gebildet und seine linke Augenbraue zuckte bereits – kein gutes Zeichen.   //Ruhig bleiben, Tobio … ganz ruhig…//   Der Schwarzhaarige hatte jetzt schon die Schnauze gestrichen voll. War es schlechtes Charisma? War es Schicksal? Es war schlimm genug, dass er nun in einem Kuhkaff leben musste, wo bestimmt schon ab 8 Uhr abends die Bordsteine hochgeklappt werden. Hier war doch wirklich tote Hose – wie sollte er das bloß überleben?   Nachdem der Berg endlich hinter ihnen lag, durchquerten sie Felder. Die Menschen waren bereits dabei ihre Arbeit für heute zu beenden. Einige winkten ihnen oder eher Keishin freundlich zu, woraufhin der Blonde auch direkt die Gesten erwiderte. Tobio schritt immer noch mehr als angefressen hinter seinem Bewährungshelfer her. Inzwischen hatte er sich seine Pullover-Kapuze noch mehr ins Gesicht gezogen. Schließlich kamen sie nach weiteren 5 Minuten vor einem kleinen Laden zum Stehen. Unbeeindruckt hob Tobio daraufhin seinen Kopf und las das Geschäftsschild. Das sollte also zukünftig sein neues Zuhause darstellen? Sah eigentlich ganz in Ordnung aus – zumindest auf den ersten Blick. Keishin hingegen drehte sich zu dem Jüngeren um.   „So da wären wir.“   Ohne weitere große Worte miteinander zu wechseln, betraten sie den Laden. Tobio ließ währenddessen seinen Blick durch das Geschäft schweifen. Es handelte sich um einen kleinen Drogeriemarkt. Nun packte ihn doch etwas die Neugier. Als er die Minzen-Limonade erblickte, blieb er stehen und schaute sich das Sortiment genauer an. Da stand sogar sein Lieblings-Jogurt-Getränk. Währenddessen warf der Blonde erneut einen prüfenden Blick auf seinen Schützling.   „Willst du dir nicht mal langsam die Kapuze vom Kopf ziehen? Sieht wirklich dämlich aus!“   „Kannst du auch mal was anderes außer meckern?“, mehr als genervt erdolchte der Schwarzhaarige seinen Bewährungshelfer mit seinen Blicken. Dieser jedoch seufzte aus und kam auf den Jüngeren zu, der sich daraufhin ihm entgegenstellte.   „Du siehst aus wie ein Emo! Das ist uncool!“   „Lass mich doch einfach in Ruhe!“, beleidigt blies Tobio daraufhin die Backen auf und verschränkte die Arme vor seinem Oberkörper. Keishin hingegen verlor langsam die Geduld.   „Das sieht sowas von scheiße aus! Mach mal was aus dir!“   „Ja und? Bist du mein Vater oder was? Schau mal lieber nach dir selbst! Deine Haare sehen im Übrigen auch beschissen aus! Und was soll das überhaupt mit dem Haarreif, bist du ein Mädchen?“, brüllte Tobio und zeigte dabei mit dem Zeigefinger auf sein Gegenüber. Dieser jedoch grummelte bereits und sein Gesicht lief vor Wut knallrot an. Hämisch grinsend, knackte der Ältere daraufhin seine Fäuste.   „WIE WAR DAS?! Du unverschämter R-“   Plötzlich schlug von hinten etwas hartes gegen Keishins Hinterkopf, sodass dieser nach vorne umkippte. Tobio konnte gerade noch rechtzeitig zur Seite treten, ehe der Blonde in Zeitlupe den Absturz seines Lebens hinlegen konnte. Verdutzt schaute das blaue Augenpaar auf den Gegenstand, der neben Keishin mit schepperndem Geräusch landete. Es handelte sich um einen metallischen Gegenstand.   //Das ist jetzt nicht wahr, oder?//   Wo kam auf einmal die Bratpfanne her? Ungläubig blickte der Schwarzhaarige in die Richtung, aus der das Küchenutensil geflogen kam. Auf dem Tresen saß eine Frau, die ungeduldig mit dem Zeigefinger gegen ihren Oberarm tippte. Ihr Gesicht war zu Boden gerichtet – die Aura, die sie jedoch versprühte, ließ den Jüngeren augenblicklich innehalten.   „Meine Güte… langsam frage ich mich ernsthaft, was für einen unverschämten Satansbraten ich aufgezogen habe!“   Daraufhin sprang sie vom Tresen herunter und schritt auf die beiden Männer zu.   „Das ist wieder mal typisch. Aufbrausend wie eh und je. Von wem hat er das bloß nur?“   Tobio blieb wie angewurzelt stehen. Die Aura, die ihm entgegenschlug, ließ ihn erzittern. Die Frau erhob schließlich ihren Kopf. Braun traf auf Blau. Ein eiskalter Schauer jagte über Tobios Rücken. Er konnte sich nicht rühren – er war festgefroren.   //Was ist das bitte für ein Monster?!//   Keishin hingegen hatte sich in der Zwischenzeit erhoben und griff nach der Bratpfanne, die neben ihm lag. Ungläubig schaute er die Frau vor sich an und auf einmal brach der Sturm auch schon los – und Tobio befand sich mittendrin.   „SAG MAL DU ALTE SCHACHTEL!! IST DAS DEIN VERFICKTER ERNST??!!!“   „WIE HAST DU MICH GERADE GENANNT? ICH BIN IMMER NOCH DEINE MUTTER DU UNVERSCHÄMTER BENGEL! HÜTE DEINE ZUNGE!“   „DAS IST EINE VERDAMMTE BRATPFANNE!! BIST DU VON ALLEN GUTEN GEISTERN VERLASSEN?! DU HÄTTEST MIR DEN SCHÄDEL BRECHEN KÖNNEN!!“   „ACH WAS - DEIN DICKSCHÄDEL IST UNZERSTÖRBAR! DA BRAUCHT ES MEHR UM DIESEN ZU SPALTEN!!“   „DARUM GEHT’S DOCH JETZT GAR NICHT!! UND SOWAS SCHIMPFT SICH MUTTER?? DU BIST EINE HEXE! WO HAST DU DENN DEINEN BESEN GELASSEN?!“   „WIE WAR DAS? KEISHIN DU UNDANKBARER VOLLIDIOT!“   „LALALA~ ICH KANN DICH NICHT HÖREN! ICH VERSTEHE KEIN HEXISCH! LALALA~“   „KEISHIN!!!“   Tobios Augen weiteten sich vor Schreck. Ungläubig sah er zwischen den Beiden hin und her. Was ging hier vor sich? Wo war er bloß gerade reingeraten? Sie bemerkten nicht einmal, dass er noch anwesend war und der ganzen Diskussion beiwohnte. Sie waren in ihrer komplett eigenen Welt.   //Hilfe, was ist das bloß…. für eine Familie?!//   Der Jüngere wurde je aus seinen Gedanken gerissen, als ihm schließlich eine Hand zum Gruß gereicht wurde. Herzlich braune Augen schauten den Schwarzhaarigen an. Von ihrem Wutanfall von eben war nichts mehr zu spüren. Zu so etwas waren echt nur Frauen in der Lage. Sie waren richtige Biester – kein Wunder, dass er an ihnen keinerlei Interesse hatte.   „Du musst wohl der junge Mann sein, der zukünftig bei uns wohnen soll. Mein Name ist Kira Ukai, ich bin die Mutter von dem verzogenen Nichtsnutz hinter mir. Es freut mich deine Bekanntschaft zu machen. Nenn mich bitte Kira. Ich hoffe mal, dass Kei dir keine großen Schwierigkeiten bereitet hat?“   Verdutzt erwiderte Tobio die Geste und schaute Keishin hierbei an, der immer noch hinter seiner Mutter stand und mehr als angefressen zur Seite blickte. Daraufhin setzte der Schwarzhaarige ein charmantes Lächeln auf.   „Mein Name ist Tobio Kageyama, die Freude ist ganz meinerseits und nein – dein Sohn ist ein hervorragendes Vorbild. Das Beste, was man sich vorstellen kann~“, hierbei grinste Tobio den Blondhaarigen hämisch an, der sich daraufhin knirschend auf die Zähne biss.   Oh ja - Tobio genoss es. Zumindest im Moment konnte er den Ruhm genießen, das ganze ging ihm runter wie Öl. Endlich rächte sich alles und der Anblick des kochenden Keishin war ein Bild für alle Kami.   Die darauffolgenden Stunden verliefen soweit friedlich ohne weitere Zwischenfälle. Die Mutter seines Bewährungshelfers war sehr direkt und quetschte den Schwarzhaarigen regelrecht aus. Ob er Single sei? Welche Träume er verfolge? Was er später mal beruflich machen will? Wie gutaussehend er doch sei. Die typischen Fragen, die eine Mutter einem stellen konnte. Es war schon unangenehm, doch Tobio spielte seine Rolle perfekt.   Kira war das komplette Gegenteil von seiner Mutter. Auf die Frage hin, was mit seiner eigenen Familie sei, verstummte Tobio allerdings. Seine Eltern waren ein weiteres Thema, das er nie gern zur Ansprache brachte. Ein weiteres rotes Tuch in seinem Leben. Kami sei Dank gingen sie auch nicht näher darauf ein und akzeptierten seine Distanz. Der restliche Nachmittag verlief normal – falls man es normal nennen konnte. Zwar schrien sich Mutter und Sohn immer noch gegenseitig an, aber Tobio hatte inzwischen das Gefühl, dass sie einfach nicht anders miteinander umgehen konnten. Der Apfel fiel hier im wahrsten Sinne des Wortes nicht weit vom Stamm. Erst am Abend wurde dem Schwarzhaarigen sein neues Zimmer gezeigt, dass sich im 1. Obergeschoss befand. Die Blondhaarige hatte den Jüngeren noch hoch begleitet und hatte ihm die Tür geöffnet.   „Wenn du etwas brauchst, sag einfach Bescheid, ja?“, Kira lächelte den Jüngeren herzlich an und klopfte ihm hierbei auf die Schulter, ehe sie die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ.   „Vielen Dank“, nach diesen Worten war Tobio allein. Ein Blick aus dem Fenster ließ vermuten, dass es bald anfangen würde zu regnen. Der Himmel hatte sich bereits verdunkelt.           Gedankenversunken sah sich der Schwarzhaarige daraufhin im Raum um. Das Zimmer war doppelt so groß wie seine Zelle in der JVA. Vorsichtig legte Tobio seinen Koffer vor sich ab und öffnete den Reißverschluss. Die Dinge, die sich dort drin befanden, waren sein größter Schatz. Seit seiner Inhaftierung hatte er den Inhalt nicht mehr zu Gesicht bekommen. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte er diese Dinge auch schmerzlich vermisst. Sie enthielten so viele Erinnerungen – traurige als auch schöne. Ein Lächeln zierte daraufhin Tobios Lippen.   Das Erste, was ihm entgegenstrahlte, war ein Kuscheltier. Es handelte sich hierbei um eine schwarze Krähe. Sie war sehr fluffig und ähnelte mehr einem runden Kissen. Wortlos hob Tobio das Stofftier auf und schritt damit auf sein Bett zu, das sich direkt am Fenster befand und ließ sich in die weiche Matratze sinken. Sachte und vorsichtig fuhr er mit seinen Fingerkuppen über den weichen Stoff, der das Gefieder darstellen sollte. Danach griff Tobio nach seinem Ipod und steckte sich die Stöpsel in die Ohren.   Musik war alles, was er im Moment brauchte – sie ließ ihn innerlich abschalten - ließ ihn für eine Weile alles um sich herum vergessen. Zu allem Überfluss lief auch gerade noch „sein“ Lied. Tobio wollte den Song damals aus der Playlist löschen, doch er brachte es einfach nicht übers Herz. Aus irgendeinem Grund wollte er diese Erinnerung nicht löschen. Er konnte es nicht. Sein Herz hatte ihn daran gehindert. Knirschend biss sich Tobio daraufhin auf die Unterlippe.   Plötzlich flimmerten Bilder vor seinem inneren Auge auf. Bilder aus längst vergangener Zeit – einer Zeit, der er niemals hinterhertrauern würde. Er hatte schließlich vor Jahren schon seinen Weg und seine Entscheidung getroffen.                   *****Flashback: 4 Jahre zuvor*****   „WAS SOLL DAS HEIßEN, DU HAST DICH IN EINEN JUNGEN VERLIEBT?“, ein großer grauhaariger Mann saß vor Tobio, der ihm soeben sein Outing offenbart hatte. Sein braunhaariger Freund stand neben ihm und gab ihm Rückhalt. Der Größere war extra mitgekommen, damit Tobio nicht allein vor seine Eltern treten musste. Seine Schwester und auch seine Mutter waren mehr als geschockt. Ihre Blicke sagten mehr als tausend Worte.   „So wie ich es gesagt habe, Vater. Es ist mir egal, wie viele Dates du noch für mich organisierst - ich werde keine Frau heiraten! Akzeptier das bitte.“   „Ist dir eigentlich klar, was das für unser Familie bedeutet? Von Akzeptanz kann hier keine Rede sein!“, ein fester Schlag auf den Glastisch folgte, woraufhin Tobio zusammenzuckte. Sein alter Herr versuchte wieder auf diese Art seine Macht und Überlegenheit zu demonstrieren. Dennoch nahm der Jüngere all seinen Mut zusammen.   „Was es bedeutet? Ich werde euch keinen Enkel schenken können und ich werde auch meinen Traum verfolgen! Ich habe kein Interesse an euerer Politikerkarriere! Meine Leidenschaft liegt in der Kunst!!“   „Tobio! Was fällt dir eigentlich ein! Du bist mein Fleisch und Blut! Ich lasse nicht zu, dass du dich blenden lässt! Deine Schwester war nie so! Nimm dir an ihr ein Beispiel, Junge!“, daraufhin erhob sich der Grauhaarige und schritt auf Tobio und seinen Partner zu.   „Lass es endlich gut sein, Vater. Ich sage es noch einmal – ich liebe Tooru und ich werde mich deinem Willen nicht mehr länger beugen! Ich lasse mich von dir nicht mehr verbiegen! Das bin nicht ich!“, hilfesuchend suchte Tobio nach der Hand seines Partners, der daraufhin die Geste erwiderte.   „WIE KANNST DU ES NUR WAGEN…“, sein Vater hingegen erhob daraufhin die Hand, um zum Schlag auszuholen.   „DU VERDAMMTER NICHTSNUTZ, du bist eine Schande für unsere Familie!!“, ehe die flache Hand Tobios Gesicht treffen konnte, warf sich sein Freund dazwischen. Ein lauter Knall und anschließendes Gepolter hallte durch das Wohnzimmer, in dem sich die ganze Diskussion abspielte. Fassungslos sah Tobio zu seinem Partner herunter, der vor ihm auf dem Boden lag und sich schmerzlich zischend die Wange rieb.   „Tooru!“, sofort ging der Jüngere auf die Knie und half dem Braunhaarigen hoch, der sich immer noch die pochende Wange rieb. Gefährlich funkelnde braune Augen durchbohrten sein Gegenüber, der einfach nur fassungslos dar stand und seine Hände betrachtete.   „Wagen Sie es ja nicht und erheben noch einmal Ihre schäbige Hand gegen Ihren eigenen Sohn!! Wie erbärmlich kann man bitte sein! So gehen Sie also mit Ihrem Fleisch und Blut um? Die einzige Schande, die ich hier gerade sehe, sind Sie! Als Politiker sollten Sie sich was schämen!“   „Du bist doch erst Schuld an der ganzen Lage hier! Du hast meinen Sohn verführt, streit es gefälligst nicht ab, Oikawa!“, brüllte der Ältere und zeigte mit dem Zeigefinger auf den Braunhaarigen, der ihm immer noch gegenüberstand. Dieser jedoch musste laut auflachen.   „War ja klar, dass Sie mit so einer Rede um die Ecke kommen. Ich sag Ihnen jetzt mal was. Tobio ist 16. Er ist alt genug, um seine eigenen Entscheidungen treffen zu können. Homophobe Kreaturen wie Sie finde ich einfach nur zum Kotzen!“, nach diesen Worten griff Tooru erneut nach Tobios Hand und richtete ein letztes Mal seinen Blick auf den Grauhaarigen, der vor Wut kochte. Es war ihm äußerlich klar anzusehen – die Fäuste zitterten bereits.   „Ich nehme Tobio mit. Er bleibt nicht länger hier! Wenn Sie auch nur einen Mucks von sich geben, gebe ich einen anonymen Tipp an das Jugendamt und die Polizei ab. Ein gewalttätiger Politiker und Vater wird in unserer heutigen Gesellschaft nicht gerne gesehen! Ich bin gespannt wie sich die Medien hierüber das Maul zerreißen werden!“, Tobio sah daraufhin zu seinem Freund hoch. Er konnte nicht glauben, dass sich der Braunhaarige gerade ernsthaft gegen seinen Vater stellte. Er bewunderte seinen Freund dafür, er war so stark – so mutig. Er hatte all die Eigenschaften, die ihm bislang gefehlt hatten. Er war sein Vorbild.   Aber dennoch war der Schwarzhaarige froh, dass Tooru an seiner Seite war – er hatte ihn beschützt. Beschützt vor seiner eigenen Familie, die in diesem Moment ihr wahres Gesicht präsentiert hatte. Intoleranz und Abscheu. Tobio war es schon lange klar gewesen - dass sie allerdings ihre Masken auch vor Tooru fallen ließen, machte ihn mehr als fassungslos. Es war schon schlimm genug, dass sie ihn nicht akzeptieren wie er war – dass sie allerdings auch noch seinen Freund in die Misere mitreinzogen, war zu viel. Es war genug – ein für alle Mal!   Während sie Tobios Sachen zusammenpackten und das Haus daraufhin verließen, konnten sie immer noch die Beschimpfungen und Wutanfälle seines Vaters mitanhören. Es zerriss Tobio von innen heraus. Es tat so schrecklich weh, dass seine eigene Familie ihn so ablehnte. Der Schwarzhaarige hatte sich an jenem Abend folgendes geschworen:   Er hasste seine Eltern – er hasste seine Schwester. Sie alle konnten ihm gestohlen bleiben. Nie wieder würde er zu diesen zurückkehren – da schlief er lieber unter einer Brücke. Sie alle waren ein für alle Mal für ihn gestorben.   *****Flashback Ende*****         Ein trauriges Lächeln zierte daraufhin Tobios Lippen, als er das Stofftier noch näher an sich drückte und seinen Kopf senkte. Tränen bahnten sich an seinen Wangen hinunter. Gerade im Moment prasselten die Erinnerungen erneut auf ihn ein. Es tat immer noch weh – sein Herz zog sich immer noch schmerzlich zusammen, wenn er an Tooru dachte. Er war sein Stützpfeiler gewesen, hatte ihn immer unterstützt. Der Braunhaarige hatte ihn so akzeptiert wie er war – mit all seinen Stärken und Schwächen. Er hatte ihn dazu gebracht, sich selbst zu akzeptieren und zu lieben – diese Liebe aber auch weiterzugeben. Tooru war seine erste große Liebe gewesen.   Allerdings fühlte sich der Schmerz auf seltsame Art und Weise erträglicher an als sonst. Langsam erlangte Tobio die Erkenntnis, das sich etwas ändern musste. So wie es aktuell lief, konnte es nicht weitergehen. Wieso der Schwarzhaarige ausgerechnet jetzt diese Gedanken zuließ, wusste er selbst nicht. Sein Kopf war merkwürdigerweise freier als sonst. Er ließ seinen Gedanken freien Lauf. Es war auch das erste Mal, dass er innerlich die Trauerbewältigung zuließ. Seine Dämme brachen – allerdings ohne Wut. Er verspürte aktuell keine Wut oder sonstige negative Emotionen, die ihn innerlich zerrütteten. Traurigkeit, aber auch Dankbarkeit waren alles was er fühlte. Sollte er jemals wieder auf den rechten Weg kommen? War er bereit diesen Weg, der vor ihm lag, allein zu beschreiten? Was genau würde ihn am anderen Ende erwarten? Daraufhin hallten die Worte seines verstorbenen Freundes erneut durch seine Gedanken.   „Versprich mir bitte eines Tobio…“   Als der Schwarzhaarige seinen Kopf erhob, bemerkte er, dass es angefangen hatte zu regnen. Die Regentropfen prasselten gegen die Fensterscheibe und bahnten sich ihren Weg an dieser hinunter. Es sah so aus, als ob der Himmel mitweinen würde. Ein beruhigender Anblick, der Tobio friedlich stimmte.   „… bleib dir selbst treu… und geh deinen eigenen Weg….“   Vorsichtig öffnete Tobio daraufhin das Fenster und hielt seine rechte Hand nach draußen in den Regen. Der Wind wehte ihm entgegen- allerdings war ihm das im Moment herzhaft egal.   „….egal wie dieser Weg aussehen und wie schwierig er auch sein mag…“   Gedankenversunken beobachtete das blaue Augenpaar daraufhin wie der Regen seine Handfläche berührte - sich dieser erst dort wie ein kleiner Bach ansammelte und wie die einzelnen Tropfen sich dann langsam einen geschmeidigen Weg an seiner Hand hinunterbahnten.   „…ich werde immer an deiner Seite stehen..“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)