Underworld III von Tomanto (In Teufelsküche) ================================================================================ Kapitel 6: Die Verführung des Wirtskörpers Teil 1 ------------------------------------------------- ~ Hans' Sicht ~ An diesem Sonntagmorgen ist Mary ganz von allein aufgestanden, und das auch noch vor mir. Mit müden Augen schlurfe ich aus dem Schlafzimmer und vernehme einen wunderbaren Geruch. Pfannkuchen.. Da steht auch schon Mary mit zwei vollen Tellern voll Pancakes und frischen Früchten. Das frühe Morgenlicht scheint durch die Fenster und rahmt sie ein wie bei einer Heiligen. Mary trägt ihr bestes Kleid und ihren roten Lippenstift, welcher ihr charmantes Lächeln zum Glänzen bringt. Und dieses Lächeln schenkt sie nur mir allein. »Guten Morgen, Schatz«, grüßt sie mich und ich könnte schwören mein Herz hätte ausgesetzt. »Ooooh Maaaryyyy!«, quieke ich und wünschte ich hätte mich auch besser angezogen. »Ist das für mich?«. »Gefällt es dir?«. »Es ist perfekt«, lobe ich sie und setze mich sofort zu ihr an den Tisch. Das Frühstück riecht köstlich! Ich schaue sie ungeduldig an. Sie lächelt verständnisvoll. »Nur zu. Hau ordentlich rein«. Ich tue wie geheißen und schon schmilzt mein Herz dahin wie Butter in der Sonne. Oder wie Höllenartefakte in der Lavahand. Es schmeckt himmlisch! Ich kann es gar nicht fassen. Da habe ich ihr in den letzten Tagen solche Schwierigkeiten bereitet und trotzdem ist sie nett zu mir? Womit habe ich Mary nur verdient?? »Und? Ist es gut so?«. »Du bist die Frau meiner Träumeee ༼ಢᴥಢ༽«, schluchze ich mit vollem Mund. Sie sieht zufrieden aus. Und atemberaubend hübsch. Sogar ihre Gabel hält sie ganz graziös mit ihren feinen Fingern. Ich hätte auch gern von diesem Moment ein Foto, damit ich mich immer daran erinnern kann. »Du siehst genauso bezaubernd aus wie auf unserer Hochzeit..«, hauche ich. Sie wird ein bisschen rot und posiert. »Findest du?«, fragt sie und klimpert mit den Wimpern. »Und ob! Du.. verschlägst mir die Sprache, Liebling«. Au weier, sie macht mich ganz nervös. Ich fühle mich wie bei unserem ersten Date. »Das ist aber lieb von dir, Hans«, raunt sie und streicht sich eine Strähne hinters Ohr, bevor sie weiterisst. Mit Mühe schlucke ich den nächsten Bissen hinunter. Ich kann gar nicht mehr wegsehen. Meine Frau. Sie ist wunderschön. Wie ihr offenes rotes Haar auf ihre Schultern fällt und sich an den Enden kräuselt. Wie sich ihr Oberkörper hebt und senkt, wenn sie atmet. Und dieser Ausschnitt erst.. Da fällt mir wieder ein, dass ich doch noch mit ihr hatte ausgehen wollen. Du meine Güte, soll dieses Frühstück mit mir etwa ein Ersatz dafür sein? Wehmütig lasse ich die Gabel sinken. »Tut mir leid, wegen unseres Jahrestags.. «, gestehe ich und sehe ihr aufgesetztes Lächeln ein wenig schwinden und Ehrlichkeit in ihr Gesicht zurückkehren. »Ich wollte nicht, dass das alles passiert. Und schon gar nicht wollte ich dich enttäuschen. Das hätte ein toller Abend werden sollen und ich hab's vermasselt-«. »Ach, ist schon gut«, beruhigt sie mich, »Das Abendessen war mir nicht wichtig. Hauptsache ich konnte mehr Zeit mit dir verbringen. Und, naja.. Du sahst sowieso immer so traurig aus, wenn du in diese doofe Firma musstest, und das hat auch mich traurig gemacht. Die Arbeit war zwar wichtig, aber das bedeutet nicht, dass deine geistige Gesundheit darunter leiden muss«. »Also.. bist du nicht sauer?«. Sie schüttelt den Kopf. »Wann war ich das letzte Mal wirklich sauer auf dich?«. »Also, damals als wir im Zoo waren-«. »Ich hab dich nur für eine Minute allein gelassen. Eine!«. Wenn ich so daran zurückdenke muss ich lachen. Es war wirklich schwer Klein Karen aus dem Gehege zu bekommen. Trotzdem, sie hatte den Spaß ihres Lebens! Jetzt lacht auch Mary herzlich darüber. »Mal ehrlich, wie kam sie da rein?«. »Ich habe keine Ahnung!«, lache ich. Mary lächelt, steht auf und stellt ihren Teller weg. Ich tue dasselbe. »Das war schön, das sollten wir öfter tun«, sagt sie und stupst mich an. Ich kichere und dann mustere ich sie. Jetzt, wo ich ihr so nah bin, bekomme ich Herzklopfen. Sie duftet nach Rosen! »Mary?«. »Ja?«, fragt sie und schaut mich an. Mein Magen zieht sich zusammen und ich bekomme ganz weiche Knie. Ich hätte wohl kein Wort mehr rausgekriegt, wäre da nicht eine Sache an ihr, die nicht ganz richtig ist. »Hast du deine Sommersprossen überschminkt?«. Sie fasst sich zur Vergewissheit kurz an die Wange und nimmt dann die Hand wieder runter. »Oh! Naja, ich dachte.. «. »Ich hab sie sehr gern an dir. Ich vermisse sie«, gebe ich leise zu. Ihre grünen Augen funkeln, als ich das sage, was mir die Sprache verschlägt. Mary sieht bezaubernd aus.. Mannomann, jetzt sag doch was! »Ich will nicht, dass deine Mühe umsonst ist«, flüstere ich und gebe ihr einen kleinen Handkuss, »Ich gehe mich auch umziehen, bin gleich wieder da«. Ich eile zum Schlafzimmerschrank und wühle durch meine Klamotten. Wo ist denn mein alter Anzug hin? Ich finde das Sakko nicht. Vielleicht ist es noch in der Reinigung, weil letztens Sauce draufgekleckert war. Gut, dann bleibe ich eben bei einer gemütlichen Stoffhose, einem weißen Hemd mit Fliege und schwarzer Veste. Das sieht auch so schick genug aus. Ich setze mir gerade abschließend meine weiße Mütze auf, da höre ich die Zimmertür mit einem Klick zufallen. Mary ist hereingekommen. »Mary! Ich wollte gerade rauskommen, du musstest nicht nach mir sehen«. »Oh, ich weiß«, sagt sie und schließt mit einer Hand hinter sich die Tür ab. »Äh.. D-du hast abgeschlossen«. Sie lässt etwas fallen, das sie gerade noch in der anderen Hand hatte. Es ist mir nur aufgefallen, weil es ein kleines Geräusch gemacht hat, als es auf dem Parkettboden aufkam. »Ist das da dein.. BH?«, frage ich zögerlich. »Möglich..«, antwortet sie und behält Blickkontakt, als sie den kleinen Reißverschluss am Rücken ganz runterzieht. Sie wandert mit ihren Händen von der schlanken Taille ihren Körper hinauf und greift nach den Trägern ihres Kleides. Dabei wirft sie mir einen flirtenden Blick zu. Ist es auf einmal 10 Grad heißer geworden, oder geht es nur mir so? Ohne Mühe fällt auch das Kleid komplett zu Boden. Übrig bleibt Mary, einzig und allein wie Elohim sie schuf. Ich halte die Luft an. Vorsichtig steigt sie aus ihrem Stoffhügel und ruft mir durch ihre Bewegungen wieder ins Gewissen, dass das hier echt ist und nicht nur meine kreative Vorstellung. Jetzt kriege ich wirklich kein Wort mehr raus! »Hans«, raunt sie und kommt zu mir rübergetapst. »Was denkst du?«. Denken? Wie geht das? Noch nie davon gehört! Ich wage es sie anzufassen. Fahre ihr mit der Hand durchs Haar bis in die Spitzen. Mit hauchfeiner Berührung male ich über ihr Schlüsselbein, dann mittig hinunter bis zum Bauchnabel. Ich mustere das vernarbte Gewebe um den Nabel herum. Nach unserem Baby hat ihre Haut dort nie wieder ganz so ausgesehen wie davor, und doch ist Mary nach wie vor das schönste Geschöpf auf Erden für mich. Vielleicht genau deswegen. Es ist ein Zeichen unserer Verbindung. Und es könnte gar nicht besser sein. »Ich liebe dich«, flüstere ich völlig von der Rolle, weil es das einzige ist, was ich weiß. »Ich könnte dir sagen, wie sehr ich dich liebe«, meint sie und zieht mich am Gürtel zu sich, was mein Herz sofort höher schlagen lässt vor Euphorie, »Aber viel lieber würde ich es dir zeigen«. Oh Mama! Da sage ich nicht nein~. Eifrig ziehe ich sie an der breiten Hüfte an mich und bringe sie mit meinem überbreiten Grinsen zum kichern. Dann zwinge ich mich dazu, meine Gesichtsmuskeln so gut es geht wieder zu entspannen, damit Mary mich küssen kann. Und wie sie mich küsst! Der Lippenstift macht mir gar nichts, im Gegenteil, ich würde die Abdrücke mit Stolz tragen nach dem, was mich erwartet! Meine Hand wandert vom ehemaligen Babybauch langsam nach oben. Apropos "Baby", wir sollten wohl nicht so schnell ein weiteres kriegen. »Warte«, flüstere ich atemlos und muss leider kurz von ihr ablassen, »Für alle Fälle«. Mehr brauche ich nicht zu sagen, sie hat verstanden. Ich eile zu meinem Nachttisch und wühle in den Schubladen herum, bis ich finde was ich suche. »Gefunden!«, sage ich und halte demonstrierend das noch eingepackte Verhütungsmittel hoch, nur um festzustellen, dass ich eine blaue Feuerwand anschaue. Ich bin in der Eingangshalle des Schlosses und stehe damit auch Luzifer gegenüber. Als ich ihn sehe erstarrt mein Körper zu Eis. Er macht ein amüsiertes Gesicht und tritt direkt vor mich. Mit einer kleinen Handbewegung nimmt er mir das Päckchen aus der erhobenen Hand, mustert es kurz und blickt mir dann in die Augen. »Deine, nehme ich an?«. .. Kann man vor Scham sterben? »Ich ähm.. H-hallo, Luzifer«, stottere ich. Wenn er nur irgendein Freund wäre, der mir soeben die Nummer versaut hat, wäre ich einfach sauer geworden. Aber von Luzifer in dieser Lage erwischt zu werden? Das ist was ganz anderes. »Schön, dass du Zeit hast«, sagt er, wirft das Teil hinter sich weg, legt einen Arm um mich und geht ein paar Schritte, »Du, mein Hübscher, wirst etwas für mich erledigen«. »Eigentlich war ich gerade dabei-«. »Ganz recht, du warst«, sagt er mit unterdrückter Stimme, »Dieser Tag hat nicht gut für mich angefangen, ich erwarte, dass du ihn nicht noch schlimmer machst, klar soweit?«. Ich schlucke. »Natürlich nicht!«, lache ich nervös. »Gu~t«, singt er mit hoher Stimme und klopft mir vorm Gehen einmal kräftig auf den Rücken. Menno.. ich kam nicht einmal dazu diese prächtigen Möpse anzufassen.. »Ok«, seufze ich, »Worum geht's?«. »Schön, dass du fragst«, sagt er und lässt sich auf seinem vergoldeten Thron nieder, »Es handelt sich um etwas, das du mir schon letztes Mal hättest besorgen sollen, du erinnerst dich? Es kann nicht länger warten«. Das kommt zwar echt ungelegen, aber Luzifer scheint angespannt zu sein. Naja, je schneller das erledigt ist, desto besser. »Was muss ich tun?«. Eine Auftragskarte materialisiert sich in der Luft und segelt auf mich hinab. Ich fange sie auf und betrachte die rote Inschrift auf schwarzem Grund. »Fünf Blumen der Ewigkeit?«, lese ich vor. »Exakt«. »Das ist alles?!«. Luzifer sieht mich nachsichtig an. Er stützt die Ellenbogen auf den Knien ab und seufzt. »Diese Blume ist eine mächtige Alchemie-Zutat, die mir unter keinen Umständen ausgehen darf. Sie blüht nur für drei Tage, und zwar auf den Feldern des Elends«. Diesen Namen habe ich schon einmal gehört.. »Aber.. Das ist doch hier in der Hölle, oder nicht?«. »Gewiss. Nicht alle deine Aufgaben führen zur Erde. Zu dumm, dass du die Karte vom letzten Mal zerstören musstest, die hätte dir den Weg dorthin zeigen können«. »Ach die«, winke ich ab, stolz darauf, dass er sich meinen Erfolg gemerkt hat, »Die hätte ich sowieso nicht lesen können«. »Wohl wahr«, sagt er und steht auf. »Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig als dich zu begleiten«. »Was?«. »Ich komme mit«, sagt er und tänzelt die von Höllenfeuer eingerahmten Stufen hinunter. Ich hoffe doch wohl, dass er das nicht vorhat, weil er mich für unfähig hält und denkt, er müsse mir die Hand halten. »Ich kann das auch alleine, du musst mir nicht helfen«. »Natürlich kannst du das«, antwortet er und richtet mir die Veste, »Du hast mir bisher gute Dienste geleistet, ich habe keine Zweifel an deinen Fähigkeiten«. »Dann.. willst du dich einfach nur verdrücken, was?«, kichere ich fies. Luzifer kneift kurz die Augen zusammen und schmunzelt dann. »Was hat mich verraten?«. »Das letzte Mal, als du auf meinem Auftrag dabei warst.. «, erinnere ich und gehe mit ihm die Umhänge holen, ».. Mussten wir dich regelrecht dazu zwingen mitzukommen. Und jetzt kannst du es kaum abwarten zu gehen?«. Ich reiche Luzifer seinen Umhang. »Bitte. Da sind meine Ausreden sogar besser«. »Touché«, meint er, zieht den dunklen Stoff über und setzt die Kapuze auf. Nur gut, dass er heute nichts auffällig Luxuriöses angezogen hat, was man unter dem Mantel erhaschen könnte. Allerdings werden wir den Schwarzmarkt wohl umgehen, was mir persönlich recht wäre. »Ist es wieder ein Familientreffen?«. »Nein.. Helena wollte, dass-«. »Luzifer!«, höre ich Helena von weitem rufen. »Wo bist du?!«. »Schnell weg!«, flüstert er, zieht das große, schwere Tor ein Stückchen auf und schiebt mich durch. Er huscht hinterher und das Eingangstor schließt sich. Wir sind draußen, und die Hitze der Hölle fegt über unsere Glieder. Eine Skelettwache dreht sich überrascht zu uns um und mustert unsere vermummte Gestalt. »Kein Wort zur Königin!«, ordnet Luzifer an. »Zu Befehl!«. Ich nicke dem Skelett zu und setze mich in Bewegung. »Ähm, Herr?«, meldet sich die einsame Wache. »Was ist?«. »Ihr habt noch immer keinen Ersatz für Peet ausgewählt, und naja, da wollte ich fragen-«. Luzifer schlägt sich gestresst die Hand vors Gesicht. »Darum kümmere ich mich später«. »Ich meine ja nur, es ist jetzt sechs Jahre her, also.. «. »Ich arbeite daran«, sagt er schlicht und fordert mich zum Gehen auf. Der Weg ist lang und beschwerlich. Luzifer hat diesmal mehr Energie in sich als damals, als wir Klein Karen durch die ganze Hölle gesucht haben. Wie hätten wir ahnen können, dass sie - nachdem sie dem Fährmann den letzten Nerv geraubt und im Styx gebadet hat - auf der Suche nach schöneren Gewässern in der sagenumwobenen Stadt Atlantis gelandet ist? Es fühlt sich wie eine Ewigkeit an, seit mich Luzifer auf eine Mission begleitete. Das weckt Erinnerungen an meinen ersten Auftrag. Und an meinen ersten.. Kuss.. mit ihm. »Es hat sich vieles geändert«, murmele ich. »Hm?«, fragt Luzifer und hilft mir über steiniges Geröll. »Seit du mich zum ersten Mal losgeschickt hast«. »Oh ja, stimmt«, fällt es ihm wieder ein. Er kichert. »Noch bevor du am Zielort ankamst bist du mir nocheinmal weggestorben«. »Ja, sehr witzig.. «. »Aber es war eine nette Abwechslung Elohim eins auszuwischen. Nur gut, dass "Fräulein Rechtschaffen" mich nicht verpfiffen hat, wegen der ganzen Wirtskörper-Sache«. »Du kannst sie wohl echt nicht ausstehen, was?«. Luzifer stoppt und schaut prüfend über das verkohlte Brachland, das vor uns liegt. Der Wind trägt das Geräusch weit entfernter Wehklagen unruhiger Seelen an uns vorbei. »Nein«, murmelt er in Gedanken, »Eher nicht«. Als wir weitergehen ist es still. Ich hatte total vergessen, dass Elohim es war, die ihn hier unten eingesperrt hat. Hier, wo es nichts gibt, das es zu schützen lohnt. Oder, fast nichts. Ich schaue ihn an. Er wirkt so ernst und auch irgendwie.. traurig. Ich nehme seine Hand. »Hey, ähm.. Tut mir leid, wegen dem, was ich gesagt hab. Ich wollte keine alten Wunden aufreißen«. »Hast du nicht«, meint er und streicht mit dem Daumen über meinen, »Es fühlt sich nur seltsam an wieder draußen zu sein. Seit ich mein Schloss habe, gehe ich selten raus. Die meisten Erinnerungen von meiner Hölle habe ich gesammelt, als ich noch einsam durch die Täler wanderte«. »Oh«. Er lässt ab und biegt an einem Baum links ab, wo sich eine abgenutzte, steinernde Treppe ein Gebirge hochschlängelt. »Hier lang«. Die Stufen sind großflächig, alt und bröckelig. Das hier sieht kaum noch aus wie eine Treppe, aber solange ich vorsichtig bin ist sie sicher stabil genug. »Warst du etwa ganz allein?«. »Nein, zum Glück nicht«, erzählt er weiter, »Ich hatte meine Anhänger, die mit mir hier gelandet sind und zerstreut und führungslos waren. Ich wusste, früher oder später musste ich ihnen den Weg weisen. Also habe ich mein Schicksal selbst in die Hand genommen und alles über diesen Ort gelernt, was es zu erfahren gibt«. »Und deine Anhänger? Wo sind sie jetzt?«. »Nicht alle haben es geschafft, weißt du?«. »Oh«, murmele ich und sehe den steilen Berghang hinab, »Das ist schade«. »Viele haben sich in dieser Welt behaupten können, sich einen Namen gemacht. Andere haben mir bis zu ihrem Ende im Schloss und Kampf gedient. Und der Rest? Tja, wer weiß das schon..«. »Das klingt alles sehr aufregend«. »Findest du?«, fragt er und lächelt mir zu. Ich will gerade antworten, da rutsche ich auf etwas aus und schlittere mit dem Fuß den Abhang hinab. Luzifers Hand schnellt hervor und hält mich am Mantel fest, damit ich nicht in den sicheren Tod stürze. »Vorsicht, Süßer. Wir wollen doch nicht, dass dir etwas geschieht, hm?«. Ich schlucke nervös und ziehe mich mit seiner Hilfe wieder hoch. »N-Nichts passiert«, lache ich und klopfe mir den Staub von der Hose. »Na dann, komm. Es ist nicht mehr weit«. Du meine Güte. Er hat mich gerettet! Dabei sagen alle ständig, dass er seine Servants für entbehrlich hält. Aber vielleicht sieht er mich ja gar nicht wie die anderen. Heh, warum sollte er? Schließlich meinte Caren einst, dass mir durch das Siegel eine große Ehre zuteil würde. So langsam glaube ich das auch. Wir erreichen den Bergkamm. Dahinter, auf der anderen Seite des Gebirges, erstreckt sich ein weites Tal, welches ganz in weiß glänzt. »Woooow...«, hauche ich und blinzele zweimal, um sicher zu gehen, dass dieser Anblick kein Trick ist. »Von hier oben sehen die Felder des Elends gar nicht mal schlecht aus..«, gibt Luzifer zu. »Sind wir hier nicht schonmal gewesen?«. »Gut beobachtet, Hans. Hier haben wir Rast gemacht, als wir deine Tochter suchen mussten«. »Stimmt, ja.. Aber wie kommt es, dass wir letztes Mal nicht über die Berge gelaufen sind?«. »Letztes Mal kamen wir von Osten«, erklärt er und deutet auf den Rand der Felder, wo sich der Weißanteil am Boden ausdünnt, »Da ist Flachland, siehst du?«. »Verstehe. Um denselben Weg zu nehmen, hätten wir um das Gebirge herumlaufen müssen«. »Richtig. Und das hätte zu viel Zeit gekostet«, meint er und beginnt mit dem Abstieg ins Tal. Ich folge. Das glänzende Zeug, das sich über das gesamte Tal erstreckt, ist wie sich herausstellt eine riesige Wiese voller durchsichtiger Blumen. »Ha, so gut wie erledigt!«, rufe ich aus und möchte schon eine pflücken, da hält mich Luzifer auf. »Das, mein Lieber, sind Feuerlilien«. Bei dem Namen halte ich sofort inne. »Lass lieber die Finger von ihnen. Wegen denen sind wir nicht hier«. »Verstehe«, sage ich und halte Schritt. Ich hätte mir denken können, dass ein hübsches Blumenfeld in der Hölle nichts Gutes bedeutet. »Und ähm.. Wo finden wir diese "Blumen der Ewigkeit"?«. »Sie wachsen ebenfalls hier, aber es wird schwieriger sein sie unter all den Feuerlilien zu finden«. »Na super. Wie sehen sie denn aus?«. »Das ist der Haken. Man sieht sie nicht«. »Wie bitte?!«. »Man kann sie einzig und allein am Geruch erkennen. Sie duften nach Salzwasser und Nadelbäumen«. »Und wie sammelt man sie dann?«. »Man gräbt sie aus«. »Ausgraben..?«, murmele ich und ziehe meinen Umhang nach, der sich bei einer Feuerlilie verfangen hat. »Lass mich raten, sie wachsen nach unten? So wie Knollen?«. »Genau«, sagt Luzifer und sieht sich um, »Wir nähern uns der Stelle, wo sie sich normalerweise ausbreiten«. Wow, in diesen magischen Welten ist wirklich nichts so wie es scheint. »Also dann!«, sage ich und strecke meine Finger durch, »Zeit meine Fähigkeiten als Amateurgärtner spielen zu lassen«. Luzifer schaut mich amüsiert an. »Dein Einsatz, Hans. Zeig mir, was du drauf hast«. »Du wirst stolz sein, wirst schon sehen!«. Ich atme einmal tief durch und konzentriere mich auf Gerüche. Salzwasser und Nadelbäume also.. Und ich rieche.. nichts. Nichteinmal der Wind kann mir helfen. »Ähm...«. »Ich denke«, meldet sich Luzifer und tritt leise an meine Seite, »Dir fehlt noch etwas, um deinen Auftrag effizient ausführen zu können. Meine Erfahrungen in deinem Körper haben mir gezeigt, dass deine menschlichen Sinne wohl nicht stark genug wären, um etwas aus der Entfernung gut zu erfassen«. Ich seufze. »Und was schlägst du vor?«. »Ich gebe dir eine meiner Fähigkeiten mit. Es ist nicht viel, aber vielleicht können dir meine Teufelssinne weiterhelfen. Zumindest einer davon«. »Dein Geruchssinn ist mehr als genug«, beschließe ich, »Ist vielleicht auch besser so, sonst setzt du mich noch einer Reizüberflutung aus«. »Alles klar«, sagt er und schaut mich geduldig an, »Bereit?«. »Bereit«, sage ich und schließe die Augen. Sanft nimmt er mein Gesicht in seine Hände und legt seine Stirn auf meiner ab. Er ist mir wieder so nah.. Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut und eine Gänsehaut rauscht über meinen Körper. Er duftet nach Kirschblüten.. Und nach etwas anderem. Einem Gefühl. So einladend.. und unwiderstehlich. Oh, wie ich mir wünschte er würde mich jetzt küssen.. Stattdessen lässt er von mir ab und tritt ein paar Schritte zurück. »Versuchs mal«, ermutigt er mich. Tatsache. Ich rieche alles. Ihn, die Feuerlilien, den Rauch im Wind, der über das Brachland fegt.. Und einen leichten Hauch von Salzwasser! »Da drüben!«, rufe ich aus, erstaunt über meine neue Fähigkeit, auch wenn sie noch so simpel ist, und laufe los in die richtige Richtung. »Das ging ja schnell«, staunt auch er. »Vermutlich weil du schon daran gewöhnt bist!«, rufe ich, als ich mich zwischen durchsichtigen Feuerlilien niederlasse, »Für mich ist das neu und überwältigend!«. Ich fange an zu graben und schon schießt mir ein Schwall des Geruchs frischer Erde entgegen, der mir so penetrant in die Nase haut, dass ich husten muss. Und siehe da, auf meine neue Kraft ist Verlass! Vorsichtig ziehe ich die Blume hervor, die sich in kräftigen Lilatönen in meiner Hand entfaltet wie die Zweige einer Trauerweide. Sie ist groß, klobig und duftet wie Fichtenholz. »Wow«, staune ich und passe auf, dass die Blüten nicht abbrechen. »Sieh mal, Luzifer! Ich hab eine!«. »Nicht schlecht«, meint dieser und nimmt sie vorsichtig entgegen. Dann lässt er sie in Flammen aufgehen. »Was ma-?!«. »Wir wollen doch nicht, dass sie unterwegs gestohlen werden, nicht wahr?«. Die Blume verschwindet und erst jetzt fällt mir zu meiner Erleichterung wieder ein, dass Teleportfeuer existiert. »Puh! Gut mitgedacht«, sage ich und vernehme wieder diesen Duft aus einer ähnlichen Richtung. »Bleiben nurnoch vier«. Auch diesmal grabe ich an einer bestimmten Stelle um die Wurzeln der anderen Blumen herum. »Meinst du, ich sollte Mary ein paar mitbringen?«. »Die würden auf der Erde nicht lange halten«. »Hm, zu schade. Sie liebt Blumen :3«. »Sicher doch«, kommentiert Luzifer und beginnt bereits sich ein bisschen zu langweilen. Als ich die zweite Blume rausgezogen habe, halte ich inne. »Luzifer?«. »Hm?«. »Sagtest du nicht, sie riechen nach Salzwasser und Nadelbäumen?«. »Tun sie auch«, antwortet er. »Und was riecht hier dann so stark nach Schwefel?«. »Schwefel?«, ruft er und sieht sich um, »Oh nein, nicht das noch!«. »Was bedeutet das?«, frage ich und werde ebenfalls unruhig. »Wir kriegen Gesellschaft«. Ich schaue auf und sehe auch schon, was Luzifer so beunruhigt. Über den westlichen Teil desselben Bergkammes, über den auch wir hergekommen sind, kriecht eine gigantische, schuppige Echse ins Tal hinunter. Es vergeht keine Minute, da hat sie uns auch schon im Blick. »Ist das da ähm.. gefährlich?«. »Ein Kinderspiel wird es jedenfalls nicht«. Luzifer behält Blickkontakt mit der Bestie und löst die Schlaufe seines dunklen Umhangs, der mühelos zu Boden fällt. Dann faltet er die Ärmel seines Hemds nach oben. Die Sehnen in seinem Unterarm kommen vor Anspannung zur Geltung. Wow.. Das ist irgendwie heiß.. >///> Die Riesenechse breitet streitlustig die Flügel aus, von denen ich nicht wusste, dass sie welche hat. »Shit«, flucht Luzifer und materialisiert mit dunkler Magie einen großen, rot-goldenen Speer, den er mir zuwirft. Ich fange ihn mühselig auf. Das Teil ist schwer. »Hast du schonmal gegen einen Drachen gekämpft?«, fragt er. »Einen Drachen?! Natürlich nicht!!«. »Na gut, dann denk einfach an deine Kampfausbildung im Schloss«. »Oh, äh.. Tja, hehe, was soll ich sagen.. Die hatte ich nie«. Luzifer zieht gestresst an den Enden seiner Hörner. »Na klasse!!«. Der Drache schlängelt auf uns zu und öffnet zischend seinen gewaltigen Schlund. Luzifer nimmt den Speer an sich. »Dann besorge die restlichen Blumen und dann nichts wie weg hier«, ordnet er an und breitet seine eigenen Flügel aus, »Ich lenke ihn ab. Versuch nicht zu sterben«. »Aye aye, Käpt'n.. «, murmele ich und halte mich unten. Luzifer pfeift laut und schwingt sich in die Lüfte. »HIER BIN ICH, DU ÜBERDIMENSIONALES KRIECHTIER!«. Der Drache fokussiert Luzifer und dreht ab, sodass ich zum Glück nicht plattgewalzt werde. Ich will gerade den Duft der Blumen der Ewigkeit erhaschen, da wird der neu aufkommende Schwefelgeruch auf einmal ganz intensiv. »AUFPASSEN!!«, rufe ich instinktiv und Luzifer fliegt ein kurzes Manöver, gerade rechtzeitig als die Bestie einen Feuerstrahl über die Felder des Elends speit. Die Feuerlilien und der Grund dort sind bereits Asche, ohne vorher richtig gebrannt zu haben. Drachenfeuer muss verdammt heiß sein. »Leg einen Zahn zu, Hans!«, ruft Luzifer und schleudert Feuerbälle auf das Ungeheuer. Sie scheinen seinen Schuppen nichts auszumachen, aber es reicht um es zu nerven. »Sonst brennt uns dieses Trampeltier noch alles nieder!«. Ich antworte nicht, sonst könnte ich gehört werden. Stattdessen nehme ich Luzifers Umhang und verstaue die bereits ausgegrabene zweite Blume der Ewigkeit darin wie in einem Beutel. Die Klauen des Drachen zerstampfen die Feuerlilien und graben die Erde um, und sein flammender Atem verbrennt noch eine Stelle in Windeseile. Wenn das so weitergeht, wird bald nicht mehr viel von den Feldern des Elends übrig sein. Starke Nadelbaumdünste steigen aus dem umgegrabenen Haufen, wo der Drache herumwandert. Das ist meine Chance! Ich laufe so schnell ich kann auf die Stelle zu, auch wenn die Gefahr droht bei einem Ausrutscher voreilig das Zeitliche zu segnen. Beim Erdhaufen angekommen wühle ich was das Zeug hält, auch wenn meine Ärmel schmutzig werden. In dem Dreck liegt so einiges: Feuerlilien, Wurzeln, Holzspäne, Knochen... Und zwei Blumen der Ewigkeit, wovon eine leider völlig hinüber ist. Ich sacke die unberührte ein und muss sofort aus dem Weg rollen, um nicht zerquetscht zu werden. Das war knapp! Der Drache taumelt zur Seite und verfehlt mich gerade so. »Auf diese Weise kommst du mir noch um!«, ruft mir Luzifer zu als er mit dem Speer ein Zuschnappen des Untiers verhindert, »Ich locke das Vieh nach oben, das verschafft dir Suchzeit! Halt dich bereit!«. Wie aufs Stichwort schlägt der Drache mit den Flügeln. Luzifer gewinnt an Höhe und macht auf sich aufmerksam. Der Wind peitscht umher als das Riesenvieh abhebt und hungrig faucht. Ich hoffe, es klappt. Der Boden ist jedenfalls kurzzeitig sicher geworden, und das nutze ich ohne Umschweife aus. Nur ist das Erspüren des Blumenaromas jetzt viel schwerer geworden. Die Gerüche von Asche, Erde, Schwefel und Rauch schwirren mir um den Kopf wie Fruchtfliegen um Fallobst! Der Nadelbaumduft ist den anderen zu ähnlich, deswegen konzentriere ich meinen geliehenen Dämonensinn auf das Merkmal, das sich am meisten von den anderen abhebt: Salzwasser. In den Spuren des Drachen scheinen jedenfalls keine mehr zu sein. Das ist schlecht. Also müssen die nächsten an einer anderen Stelle wachsen. Ich entferne mich vom Schlachtfeld und begebe mich näher an den Rand des Feldes. Hier drüben ist frischer Wind und es stinkt auch nicht mehr so stark nach verkokelten Feuerlilien. Spuren von Salzwasser machen sich in der Luft erkennbar. Ich folge ihnen zu ihrer Quelle wie ein Bluthund und fange an zu graben. Das ist das einzige was ich tun kann, wenn ich schon nicht im Kampf zu gebrauchen bin. Ich hoffe Luzifer geht es gut, ich würde es mir nie verzeihen, wenn ihm etwas zustöße. Und das ausgerechnet auf meiner eigenen Auftragsmission. Die nächste Blume der Ewigkeit ist im Umhang-Beutel. Zusammen mit den beiden anderen, die da drinnen sind, und der ersten, die Luzifer weggebracht hat, habe ich jetzt insgesamt vier. Fehlt nur noch eine. Hoffentlich ist es das auch wert. Luzifer segelt von oben herab und fliegt dann dicht über dem Boden in Richtung der Berge - betont weit weg von mir. Der Drache dagegen scheint ihn aus den Augen verloren zu haben, denn er folgt ihm nicht mehr und schlägt stattdessen mit den Flügeln auf der Stelle. Ich traue mich nicht mich zu rühren, solange diese Riesenechse auf der Lauer ist. Allerdings schwebt sie nicht lange da oben, nein, denn auch die Flügel eines Drachen werden langsam müde. Das Untier landet und lässt dabei den Boden erzittern. Und obwohl ich mich hingehockt und einen auf unauffällig gemacht habe, scheint das Vieh meine Witterung aufgenommen zu haben. Es krabbelt in meine Richtung und bäumt sich auf. Schwefelgeruch erfüllt erneut die Luft und ich weiß sofort, es bedeutet: WEG HIER. Ich stecke meine gesamte Kraft in meine Beine und sprinte was das Zeug hält aus der Schusslinie. Ein Schwall lodernden Feuers schießt in die Richtung, in der ich zuvor noch hockte, und verwandelt die ohnehin schon heiße Luft der Hölle in ein tödliches Inferno. Und obwohl ich es gerade noch aus der Todeszone herausgeschafft habe, brutzelt meine Kleidung unter der Resthitze am Feuerrand an, dort, wo mein Umhang in der Bewegung nicht alles verdecken konnte. Flammen züngeln sich durch den Stoff meines Hemdes und meiner Hosenbeine. »Au, Mist, heiß!!«, flüstere ich, als ich die glühenden Löcher ausklopfe. Na super, das schicke Outfit ist jetzt nicht nur verdreckt sondern auch noch angeschmort. Sei's drum. Wenigstens ist mir nichts passiert. Und meiner Lieblingsmütze auch nicht. :) Uh oh. Der Drache prescht auf mich zu und öffnet sein gewaltiges Maul. Das war's dann wohl, ich werde verschlungen. Wäre da nicht Luzifer, der vor mir auftaucht, die ausgestreckten Hände zusammenschlägt und einen eigenen roten Feuerschwall direkt auf das Ungeheuer feuert. Es weicht zurück. Die glühheißen Funken stieben um uns herum und erhellen Luzifers Silhouette. Er sieht mächtig aus.. »Geht es dir gut?«, fragt er außer Atem und lächelt mich über seine Schulter an. »ₙᵢₘₘ ₘᵢ𝒸ₕ.. «. »Was?«. »Gar nichts!!«, rufe ich und schlage mir innerlich die Vernunft in den Kopf. Das hier ist eine Notsituation, konzentrier dich! Ich öffne den Umhang-Beutel und zähle die bereits gesammelten Pflanzen. »Es fehlt nur noch eine!«, antworte ich. »Wo?!«, fragt er und konzentriert sich darauf uns den Drachen vom Leib zu halten. Ich suche den Geruch der Blumen der Ewigkeit und finde eine Spur davon genau.. ».. Unter uns!«, rufe ich und zucke zusammen, als der Drache ebenfalls Feuer speit und seinen Flammenstrahl gegen Luzifers dagegenhält. Luzifer schlittert bei der Wucht glatt einen halben Meter nach hinten, hält aber dagegen an. Er nimmt es tatsächlich mit einem echten Drachen auf! »Beeilung«, murmelt er und lässt vor Erschöpfung ein wenig nach. Sofort fange ich an zu graben, um auch die letzte Blume der Ewigkeit zu finden. Aber alles, was ich sehe, ist Erde! Die muss hier irgendwo sein.. Komm schon, komm schon...! Da! Zwischen all den Wurzeln der durchsichtigen Pflanzen sehe ich einen Schimmer lilaner Farbe aufblitzen und ziehe vorsichtig daran. Sie rührt sich nicht. »Sie steckt fest!!«. Luzifer stellt zeitgleich wie der Drache das Feuer ein und klappt beinahe zusammen. Der gesamte äußere Bezirk der Felder des Elends brennt lichterloh. Eine einzige Linie aus zu Asche verbranntem Land zieht sich geradewegs zwischen uns und der Bestie entlang. Der Drache schüttelt sich und behält Augenkontakt zu Luzifer, der ebenfalls nicht locker lässt. »Jetzt oder nie, Hans«, keucht er. »Bin dabei!«, antworte ich und schaufele die Erde um den unförmigen Hals der Pflanze herum fort. Die Bestie stößt ein ohrenbetäubendes, reptilisches Fauchen aus und schlägt wütend mit den Flügeln. Asche wirbelt um uns herum und staubt uns ein. Der Gestank benebelt meinen Geruchssinn und lässt mich husten, als hätte das Vieh genau das geplant. Nur gut, dass ich die letzte Blume bereits gefunden habe. Mit zusammengekniffenen Augen ziehe ich erneut an der Pflanze, die sich mit einem erdigen Knacken aus dem Wurzelnetz der Feuerlilien freikämpft. Komm schon..!! Der Drache bäumt sich kurz auf, dann senkt er seinen Oberkörper und kommt mit geöffnetem Maul und aufgerissenen Schlangenaugen auf uns zu. »Nein!«, keuche ich und lege mein ganzes Körpergewicht in das Herausziehen der Blume der Ewigkeit hinein, »Ich- werde.. meinen Auftrag.. erfüllen!!«. Die letzte Wurzel zerreißt, das Erdloch gibt nach und ich falle nach hinten auf meinen Rücken. Die letzte Blume der Ewigkeit ist endlich draußen! Luzifer schnappt sich den Umhangbeutel, zerrt mich auf die Beine und ruft: »LAUF!«. Gemeinsam rennen wir vor dem heranstürmenden Drachen davon. Wir können ihm nicht entkommen - dazu ist er viel zu schnell - aber es erkauft uns ein paar Sekunden, die das Teleportfeuer braucht, um vollständig auf uns beide überzugreifen. Ich spüre bereits den Atem des Drachen im Nacken, als uns das blaue Feuer vollständig umhüllt, und mit dem Zuschnappen seines Kiefers sind wir auch schon verschwunden. Wir tauchen in der Eingangshalle des Palastes auf und werden von der Wucht unseres Anlaufs zu Boden geschleudert und purzeln auf dem letzten Meter übereinander. Die Blumen der Ewigkeit rollen aus dem Umhangbündel und verteilen sich auf den schwarz-weißen Fliesen wie verschüttete Murmeln. Ich liege mit hämmerndem Herzen auf dem Rücken und starre schwer atmend an die bemalte Decke. Luzifer lacht erleichtert auf. Ihm geht es gut, ein Glück. Ich ziehe die Auftragskarte hervor und schaue ihr dabei zu, wie sie sich kokelnd auflöst. Ich lächele. ».. Mission erfüllt«. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)