Zwischen den Zeilen von Khaleesi26 (Mimato Woche) ================================================================================ Kapitel 7: Hochzeit ------------------- Ich habe das Gefühl, dass heute der beste Tag meines Lebens ist. Genauso wie gestern und vorgestern und letzte Woche. Eigentlich seit dem Tag, als Yamato wieder vor meiner Tür stand. Seit drei Wochen ist er nun schon bei mir und jeder Tag fühlt sich besser als der vorige an. »Ich will nicht, dass du wieder gehst«, sage ich ehrlich und lege den Kopf auf seine nackte Brust. Ich kann seinen Herzschlag hören und sofort wird mir warm ums Herz. Yamato seufzt und schließt die Arme fest um mich, während wir beide bei mir im Bett liegen - seit gefühlt zehn Tagen. »Ganz ehrlich«, flüstert er in mein Haar. »Ich könnte für den Rest meines Lebens genauso hier mit dir liegen und mich die ganze Zeit von Fast Food ernähren.« Ich kichere und stütze mich auf, um ihn anzusehen. Ich streiche ihm eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und bewundere seine tiefblauen Augen. »Du bist jetzt noch genau eine Woche hier, dann musst du zurück nach Matsushima«, stelle ich traurig fest. »Was möchtest du machen? Hast du Lust, irgendetwas zu unternehmen? Wir haben in den letzten Tagen kaum das Haus verlassen.« Um genau zu sein, nur dann, wenn ich für eine Aufnahme ins Tonstudio musste und selbst da hat Yamato mich begleitet. Er sagt, er liebt es, mir bei meiner Arbeit zuzusehen. Seine Mundwinkel zucken und ein verheißungsvolles Grinsen legt sich auf seine Lippen. Ich weiß genau, was das bedeutet. Er legt die Hände auf meine Hüfte und mit einem Ruck, dreht er mich auf den Rücken, so dass er zwischen meinen Beinen liegt. »Wir können gerne etwas unternehmen«, haucht er mir ins Ohr und küsst dann meinen Hals. Ich schnappe nach Luft. Ein angenehmes Kribbeln macht sich in meiner Magengegend breit. Gott, ich bin total verrückt nach ihm. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir es heute aus dem Bett schaffen.« Er grinst an meinen Lippen, während seine Hände weiter verlangend meinen Körper erforschen, als würden sie nicht bereits schon jeden Zentimeter davon kennen. Begierig recke ich ihm mein Becken entgegen, während mir ein Stöhnen entfährt. Er versteht den Wink mit dem Zaunpfahl sofort und streckt den Arm, um in meiner Nachttischschublade nach einem Kondom zu wühlen. Aber stattdessen greifen seine Finger nach etwas anderem. Yamato hält inne und runzelt die Stirn, während ich ihn nur irritiert mustere. »Was ist?« »Du hast das noch?« Er hält die Karte so, dass ich sie sehen kann. »Die Einladung zu Sora und Koujis Hochzeit?« Genervt stöhne ich auf, schnappe ihm das Ding aus der Hand und pfeffere es quer durch den Raum. »Ich habe vergessen, sie wegzuschmeißen. Ich bin durch damit.« Zweifelnd zieht Yamato eine Augenbraue in die Höhe. »Ehrlich?« »Ehrlich!« »Aber die Hochzeit ist genau heute, wenn ich mich recht erinnere.« Ich zucke mit den Schultern, weil es mir ehrlich egal ist. Seit ich mit ihm zusammen bin, habe ich nicht einen Gedanken mehr an Kouji verschwendet. »Gut«, lächelt er diabolisch und ich ahne Böses. »Mir ist nämlich gerade eingefallen, was ich gerne unternehmen möchte.« Ich schnappe nach Luft und schubse ihn von mir, so dass er lachend neben mir ins Laken fällt. Dann setze ich mich auf. Jegliche Romantik ist dahin. »Du machst wohl Witze. Bist du noch ganz bei Trost?«, werfe ich ihm vor, doch er grinst nur breit. Er meint es wirklich ernst. »Warum sollten wir uns diesen Spaß entgehen lassen?«, fragt er und ich schenke ihm einen fassungslosen Blick. »Warum sollten wir uns das antun, ist wohl eher die Frage? Außerdem bist du nicht eingeladen.« »Korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber hattest du nicht ursprünglich vor, zu der Hochzeit zu gehen, um dich selbst zu therapieren?« Demonstrativ verdrehe ich die Augen. Dann krieche ich zu ihm rüber und lächle ihn an. »Du bist meine Therapie. Und das hier.« Innig küsse ich ihn, was mein Herz erneut flattern lässt. Ich brauche weder Kouji, noch Sora, noch irgendwen. Alles, was ich brauche, ist das, was wir haben. Dieses Gefühl erfüllt mich zu einhundert Prozent. »Trotzdem«, meint Yamato, als wir uns voneinander lösen. »Ich würde so gerne die Gesichter der beiden sehen, wenn wir dort zusammen aufkreuzen, als Paar.« Als Paar? Ich schlucke. »Sind … sind wir denn ein Paar?«, hake ich vorsichtig nach. Er legt den Kopf schief und sieht mich an, als hätte ich gerade die dümmste Frage der Welt gestellt. Dann grinst er und springt aus dem Bett. »Du bist meine Freundin und das darf ruhig jeder wissen. Außerdem glaube ich, dass diese Tatsache ganz schön an dem Ego der beiden nagen würde. Und ich finde, irgendwie hätten sie das verdient. Vor allem Kouji. Ich meine, er hat dich mit Sora betrogen und sie lädt dich zu ihrer Hochzeit ein - ausgerechnet dich. Das ist, als wollte sie dir ihren Triumph noch mal so richtig unter die Nase reiben.« Ich beiße mir auf die Unterlippe. Ja, das weiß ich selber. Er hebt die Einladung vom Fußboden auf und liest sie sich durch. »Die Party findet in einem Hotel, ganz hier in der Nähe statt.« »Aber du fandest die Idee blöd, da hin zu gehen«, werfe ich ein und er nickt. »Richtig, die Idee alleine da hinzugehen, ist ja auch blöd. Aber die Idee, zusammen da hin zu gehen, ist genial. Stell es dir einfach nur mal kurz vor. Wir könnten eine Menge Spaß haben, wenn du verstehst, was ich meine?« Seine Augenbrauen wackeln und er grinst vielsagend, was mich zum Lachen bringt. Er springt zu mir aufs Bett und küsst mich. »Lust, eine Hochzeit zu crashen, Baby?« Ich verdrehe zwar die Augen, aber eins muss ich zugeben: die Vorstellung reizt mich schon ein wenig. »Okay, überredet«, grinse ich. »Aber vorher muss ich noch ein Geschenk machen, das so richtig von Herzen kommt …« Drei Stunden später stehen wir piekfein rausgeputzt vorm Eingang des Hotels. Die Trauung haben wir glücklicherweise verpasst - Gott sei dank, ich hätte im Strahl gekotzt. Aber das restliche Spektakel wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Zunächst war ich zwar dagegen gewesen, aber als wir die Lobby durchqueren und gemeinsam, Hand in Hand auf Kouji und Sora zugehen, die gerade die Gäste begrüßen, legt sich ein breites, triumphierendes Grinsen auf mein Gesicht - vor allem, weil den beiden gerade die Kinnlade runter fällt. Was für ein unbezahlbarer Anblick. Sie werfen sich fragende Blicke zu und Sora zuckt kurz mit den Schultern, während Koujis Augen an mir und meinem knallroten, kurzen Kleid haften. Vielleicht erinnert es ihn an die Farbe seines Blutes, das ihm aus der Nase gelaufen ist, als ich ihm eine runtergehauen habe. »Mi … Mimi …«, stottert Sora verdattert, bevor ihre Augen zu Yamato huschen, der meine Hand fest im Griff hat. »Was … äh, was macht ihr hier?« »Du hast mich eingeladen, schon vergessen?«, zucke ich mit den Schultern. »Ja, aber du sagtest mir ziemlich deutlich, dass ich mir diese freche Idee in die Haare schmieren kann.« Oh. War ich wirklich so direkt gewesen? Na ja. »Ich hab's mir anders überlegt und Yamato mitgebracht. Es macht euch doch nichts aus, oder? Auf der Karte stand doch, dass man gerne in Begleitung erscheinen kann.« Ich schenke Kouji ein zuckersüßes Lächeln, während er die Zähne aufeinander presst und Yamato grimmig mustert. Dieser jedoch lässt sich davon gar nicht beirren und überreicht stattdessen Sora ein ganz besonderes Geschenk. »Hier, als Zeichen der Versöhnung.« Zögernd nimmt sie die schön verzierte Dose entgegen und öffnet sie, dann hebt sie irritiert die Augenbrauen. »Kekse?« »Plätzchen, um genau zu sein«, korrigiert Yamato sie. »Ich dachte, so wie es angefangen hat, so kann es auch enden, nicht?« Wie makaber. Aber da es meine Idee war, lächle ich zufrieden, vor allem, als sie dankend nickt. Ich denke, sie hat uns die Lüge abgekauft. Kouji eher weniger, der sieht immer noch aus, als würde er gleich aus seinem schicken Sakko springen. Sora macht eine einladende Geste, um uns reinzubitten. Wir nehmen die Einladung dankend an und gehen an den beiden vorbei in den Saal, während ich hinter mir schon Koujis Gemecker höre. Ich kichere leise. »Du genießt es«, stellt Yamato schief grinsend fest, als ich mich bei ihm einhake. »Nur ein wenig. Ich hoffe, die Plätzchen schmecken ihnen«, sage ich zuckersüß. »Mimi?« Wissend, dass hier irgendwas im Busch ist, sieht er mich von der Seite her an. »Was stimmt mit den Plätzchen nicht?« »Ach«, sage ich und winke ab. »Kann sein, dass mir aus Versehen ein bisschen Haschisch in die Dinger gefallen ist.« »Mimi!«, rügt er mich, doch ich grinse nur. »Ist das dein Ernst? Wie viel?« »Kann sein, dass es ein bisschen viel war.« Zufrieden lächle ich einige Gäste im Vorbeigehen an, die uns beide natürlich erkennen und gebannt die Luft einatmen, als würden wir gleich eine Bombe zünden. Yamato lacht. »Gott, ich habe gerade das Gefühl, ich bringe deine schlechtesten Seiten in dir zum Vorschein.« »Überhaupt nicht«, streite ich ab. »Ich genieße das hier nur in vollen Zügen. Sieh doch nur, wie sie uns alle anschauen. Um nichts in der Welt, hätte ich das verpassen wollen.« Wir rutschen noch enger zusammen, um auch allen zu zeigen, wie Ernst es uns ist und ich kann in den Gesichtern der Leute genau erkennen, wie skandalös sie unser Auftreten finden. Aber davon lassen wir uns nicht beirren. Wir gehen zur Bar, trinken ein paar Cocktails, klauen hier und da ein bisschen Essen von den Tellern, woraufhin sich die Leute immer wieder wundern, wo es denn plötzlich hin ist und ab und zu tanzen wir sogar zur Musik. Bei den langsamen Liedern, die der DJ spielt, hüpfen wir wie die verrückten umher und bei den schnellen, fallen wir uns in die Arme und kuscheln miteinander, was wirklich ausnahmslos alle auf der Tanzfläche nervt. In so was habe ich ja Übung. Immer wieder sehe ich, wie Sora uns nervöse Blicke zuwirft und Kouji sie daraufhin anmeckert, wenn wir uns mal wieder total daneben benehmen. Allerdings traut sie sich nicht uns vor aller Augen rauszuwerfen, also ziehen wir die Show so lange durch, bis wir keine Lust mehr haben. »Ich brauche eine Pause von dem ganzen Quatsch«, meint Yamato und schnappt sich im Vorbeigehen ein Glas Sekt vom Kellner, der uns nur böse mustert. »Ich auch«, stimme ich ihm zu und bin schon völlig außer Atem vom vielen Tanzen. »Wir haben uns hier wirklich keine Freunde gemacht. Ich glaube, Soras Tante Dorothea würde dich am liebsten von unten bis oben aufschlitzen.« Yamato folgt meinem Blick zu einer älteren Dame, die ganz verbittert an ihrem Weinglas nippt und meinen Freund mit ihren Augen tötet. Belanglos zuckt er mit den Schultern. »Ich konnte sie noch nie leiden.« Ich muss lachen, als Yamato mich auch schon mit sich zerrt. »Hey, was hast du vor?« Er zieht mich weg von den Leuten und wirft einen suchenden Blick durch so manche Tür, bis sein Gesicht sich erhellt und er mich in einen menschenleeren Raum führt. Ein Blick über die Schulter, dass es auch ja keiner gesehen hat, dann packt er mich und drängt mich weiter in den dunklen Raum hinein. Seine Lippen landen fordernd auf meinen und ich schmecke den Geschmack von Champagner - lecker. »Willst du hier etwa fummeln?«, lache ich halb betrunken auf, während er seine Hände fordernd über meinen Körper wandern lässt. »Why not? Auf jeder guten Hochzeit gibt es irgendein freaky Pärchen, das Sex hat.« Allein bei dem Gedanken daran, dass wir es hier tun werden, kribbelt es in meinem Bauch. Dann legt er beide Hände auf meinen Po und hebt mich hoch, um mich auf einen der zahlreichen Tische abzusetzen. Ich schreie auf. Erschrocken presse ich mir beide Hände auf den Mund und sehe Yamato mit großen Augen an. »Was ist?«, fragt er. Ich sehe hinter mich. Mein Hintern ist definitiv nicht auf dem Tisch gelandet, sondern in etwas sehr Weichem und Kalten. Mein Finger wandert in das Zeug, was an meinem Kleid klebt. Ich ahne Schlimmes. Yamato schaltet das Licht an, genau in dem Moment, als ich mir den Finger in den Mund stecke und wir beide realisieren, dass ich mich auf eine Torte gesetzt habe. Nicht auf irgendeine Torte - sondern auf den Rand einer dreistöckigen Hochzeitstorte. »Hmm, schmeckt nach Erdbeeren«, stelle ich fest und Yamato muss sich ein Lachen verkneifen. »Shit«, sage ich dann und springe vom Tisch, um mein Kleid zu inspizieren. »Das Teil ist jedenfalls hin.« »Na, das da auch«, meint Yamato und deutet auf die Torte, in der der Abdruck meines Hinterteils soeben verewigt wurde. »So eine Verschwendung«, sage ich. Yamato wirft einen Blick auf meinen Po. »So würde ich das jetzt nicht sagen. Sahne auf deinem Po … das ist mein geheimer Traum.« Ich lache und schlage ihm gegen den Oberarm. »Mist. Und was machen wir jetzt?« Yamato legt den Kopf schief und überlegt. »Vielleicht können wir sie irgendwie retten. Warte mal …« Er beginnt in sämtlichen Schubladen zu wühlen und erst jetzt bemerke ich, dass wir in einer Küche gelandet sind. Hier haben sie wohl die Hochzeitstorte bis zum großen Spektakel um Mitternacht aufbewahrt. Als Yamato anfängt, den Kühlschrank zu durchsuchen und plötzlich »Aha« ruft, ahne ich nichts Gutes. »Was hast du denn vor?«, frage ich, als er mit einer großen Spritztüte wieder kommt. »Das hab ich im Kühlschrank gefunden. Ist anscheinend noch ein Rest Buttercreme.« Ich ziehe eine Augenbraue hoch, weil die Buttercreme rot ist und nicht wie der Rest der Torte zartrosa. »Und was willst du damit anfangen?« »Vertrau mir. Hab ich dir erzählt, dass ich an der Uni ein Semester lang einen Kunstkurs besucht habe?«, beginnt er zu plaudern, während er sich bereits über die Torte hermacht. Ich verschränke die Arme vor der Brust und sehe ihm interessiert dabei zu. »Ach, wirklich? Und warum nur ein Semester lang?« »Weil ich grottenschlecht darin war. So … fertig.« Okay, das ging schnell. Er tritt einen Schritt zurück und als ich sehe, was er getan hat, weiß ich ehrlich nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Ganz oben, auf der dreistöckigen Torte steht ein Brautpaar, was offensichtlich Kouji und Sora symbolisieren soll. Unter Koujis Figur steht in fetter, roter Buttercremeschrift geschrieben: »Ich habe einen kleinen Penis.« Ich pruste los. »Bist du irre?«, frage ich ihn unter Tränen. Verständnislos sieht Yamato mich an. »Hey, ich habe mein Bestes gegeben.« Dann muss auch er lachen, weil das so ziemlich das Schrägste ist, was wir je gesehen haben. »Wenn es ihnen nicht gefällt, können sie die Torte ja einfach umdrehen. Ich meine, dein Hinterteil ist ja nur auf einer Seite zu sehen«, sagt Yamato grinsend, während ich mich langsam wieder beruhige. Wir schalten das Licht aus und verlassen den Raum, als wäre nichts gewesen. Genau in diesem Augenblick kommen Kouji und Sora auf uns zu - deutlich angeheitert. »Mimmmmmiiii«, ruft Sora freudestrahlend und ich weiche instinktiv vor ihr zurück, weil sie mir total aufdringlich um den Hals fallen will. »Wir haben vorhin deine Plätzchen probiert. Man, waren die lecker. Was hast du da reingemacht? Bitte, bitte verrate es mir.« Ach, herrje. Ich verstehe kaum ein Wort, weil sie so undeutlich spricht, während Kouji einfach nur neben ihr steht und wie ein Trottel grinst. »Schön, dass ihr Spaß habt«, antworte ich jedoch nur grinsend, als Yamato mir etwas ins Ohr flüstert. »Bin gleich wieder da.« Er verschwindet in der Menge und ich lasse mich von Sora auf die Tanzfläche schleifen, weil sie dank der Haschkekse nicht mehr so richtig schnallt, was abgeht. Das wird sicher eine super Hochzeitsnacht. Alle sehen uns entgeistert an, als sie ausgerechnet mit mir auf der Tanzfläche erscheint. »Warum ist dein Hintern so dreckig?«, stellt sie fragend fest, lässt mich jedoch nicht ein mal Luft zum Antworten holen. »Ich war ehrlich überrascht, dass du ausgerechnet mit Matty hier aufgetaucht bist«, lallt sie mir ins Ohr und ich verdrehe die Augen. Matty? Oh, Gott! »Findest du, ihr zwei passt gut zusammen? Ich weiß ja nicht … bei Matty darf man nicht prüde sein. Er ist eine Kanooone im Bett«, erzählt sie einfach weiter, ohne, dass ich es wissen will. Sie redet wie ein Wasserfall, was furchtbar ätzend ist. Vor allem, weil sie nur von Yamato spricht. »Bist du sicher, dass du den richtigen Typen geheiratet hast?«, frage ich sie, doch sie verzieht nur das Gesicht. »Hä, was?« Sie hört mich nicht, wow. Anscheinend wollte sie einfach nur einen Monolog darüber führen, wie toll ihr Ex-Freund ist. Normalerweise müsste ich mich darüber schlapp lachen, weil mein Plan mit den Haschkeksen aufgegangen ist, aber gerade finde ich es einfach nur scheiße. Was, wenn Yamato wüsste, wie sie von ihm redet? Er hat ihr schließlich ziemlich lange hinterher getrauert. Würde er mich verlassen und wieder zu ihr gehen? Diese Frage bohrt sich in meinen Kopf, ehe ich es verhindern kann. Und es kommt noch schlimmer. Plötzlich geht die Musik aus und Yamato steht neben dem DJ. »Hey, Leute«, spricht er ins Mikro, wobei sich alle verwundert zu ihm umdrehen. Schmachtend sieht Sora ihn an und seufzt. Ich überlege gerade ernsthaft ihr eine reinzuhauen. »Das nächste Lied ist für eine ganz besondere Frau.« Oh, nein. Warum wirkt er so nervös? Ich schiele zu Sora, die beginnt wie ein kleines Kind auf und ab zu hüpfen. Eindeutig keine gute Idee, die doppelte Menge Haschisch in den Teig zu rühren, Mimi. »Um genauer zu sein«, redet Yamato weiter. »Der Song ist für meine erste, große Liebe.« Meine Kinnlade landet auf dem Boden der Tatsachen, während sich Sora neben mir an die Brust fasst und tief seufzt. Das kann nicht sein. Hat er mich ernsthaft nur mit hierher geschleppt, um Sora so eifersüchtig zu machen, dass sie am Ende wieder auf ihn fliegt und um ihr dann diese Liebeserklärung vor ALLEN Leuten zu machen? Verständlicherweise schauen einige Leute irritiert zur Braut, denn jeder in diesem Saal kennt die Geschichte der Beiden. Mir rutscht das Herz in die Hose und ich möchte augenblicklich im Erdboden versinken. Doch dann erhebt Yamato erneut die Stimme. Ein sanftes Lächeln legt sich auf seine Lippen. »Für meine erste, wahre Liebe, meine ich. Mimi?« Er sucht meinen Blick und ich erstarre. »Ich war schon verrückt nach dir, als du damals deine Tagebuchseiten mit mir gefüllt hast. Du hast das nie gewusst, weil ich mich nie getraut habe, es dir zu sagen, aber … heute möchte ich es nicht mehr für mich behalten. Ich liebe dich, Mimi.« Mir stockt der Atem. Genauso wie Sora, die fassungslos zu Yamato sieht und der gerade so einiges dämmert. Ebenso wie mir. Das hat er mir noch nie gesagt … nicht früher, als wir uns jeden Tag in der Schule gesehen haben und auch nicht in den letzten drei Wochen, als wir quasi jede freie Minute zusammen verbracht haben. Der DJ beginnt das Lied »When You're Gone« zu spielen, welches wir zusammen bei unserem ersten Treffen gesungen haben. Mein Herz weitet sich vor lauter Glück und würde mir am liebsten aus der Brust springen, als er endlich auf mich zukommt und unsere Finger miteinander verkreuzt. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Sora uns verständnislos mustert und dann geht, aber das interessiert mich nicht mehr. Ich habe nur noch Augen für ihn. »Mit so einer Liebeserklärung habe ich nicht gerechnet«, sage ich, woraufhin er zufrieden lächelt. »Es sollte ja auch eine Überraschung werden«, antwortet er und nimmt mich in den Arm. »Ich wollte, dass jeder weiß, dass ich jetzt zu dir gehöre. Ich wünsche mir, dass das ab jetzt immer so ist.« »Ich auch«, seufze ich an seiner Brust. »Ich liebe dich wirklich sehr, Yamato.« Ich schaue zu ihm auf und gehe auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Wir tanzen zu unserem Lied, bis ein spitzer Schrei den Saal durchdringt und alle verwundert aufsehen. Unsere Köpfe wirbeln herum und wir sehen sofort, dass der Schrei aus dem Raum mit der Torte kam. Es folgt wütendes Geschimpfe und Gerede von Sora und Kouji, während einige Gäste bereits nervös werden und neugierige Blicke in den Raum werfen. Was für eine Show. Ich kichere, als Yamato mich anstupst. »Zeit zu gehen?« »Zeit zu gehen«, sage ich und wir schlüpfen unerkannt an der Meute vorbei, bis wir dieses ganze Hochzeitschaos hinter uns lassen und raus auf die Straße treten. Wir nehmen uns ein Taxi und als wir endlich auf der Rückbank sitzen, kuschle ich mich an Yamatos Schulter, während er einen Arm um mich legt. »Das war eine ziemlich verrückte Aktion«, grinse ich immer noch breit, weil ich mir vorstelle, wie Sora gerade völlig high vor dieser Torte steht und ausrastet. »Stimmt«, meint Yamato und zieht mich noch enger an sich. »Aber ich finde, es hat sich gelohnt.« »Das finde ich auch«, lächle ich und gebe ihm einen Kuss, weil wir beide ganz genau wissen, dass wir nicht die Hochzeit meinen. Denn das, was wir heute gefunden haben, hatten wir eigentlich schon die ganze Zeit über. All die Jahre sind verstrichen, ohne dass wir voneinander wussten. Erst dachte ich, diese Zeit wäre verschwendet gewesen. Doch nach den letzten drei Wochen und nach heute Abend weiß ich, dass das nicht stimmt. Stattdessen habe ich das Gefühl, dass an jedem einzelnen Tag in der Vergangenheit, an dem wir getrennt waren, unsere Gefühle füreinander nur noch stärker geworden sind. Wir haben sicherlich vieles aufzuholen, aber wir sind beide nicht mehr verbittert über unsere gescheiterten Beziehungen, denn sie ließen uns reifen und wären sie nicht gewesen, hätten wir vermutlich niemals den Mut aufgebracht, uns unsere Gefühle zu gestehen. Wir wären nicht die Menschen, die wir heute sind, das ist mir nun klar geworden. Trotzdem: das heute, war der allerletzte Ausflug in die Vergangenheit, die wir nun endgültig und ein für alle Mal hinter uns lassen. Ab jetzt sehen wir nur noch in die Zukunft - gemeinsam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)