Herz über Kopf von Centranthusalba ================================================================================ Kapitel 4: Kaffee ----------------- Toktoktok…. Brrrtbrtbrrrrrrr…. Die Kaffeemaschine in der Uni-Cafeteria gibt ungesunde Laute von sich. Elsa steht davor und scharrt mit den Füßen. „Komm schon. Jetzt mach halt schneller!“ Unwirsch drückt sie erneut auf mehrere Knöpfe, doch die Maschine fährt ungerührt in ihrem rasselnden Reinigungsprogramm fort. Ungeduldig blickt Elsa sich um. Ihr blieb nicht mehr viel Zeit. In ein paar Minuten würde ihre Vorlesung beginnen und vorher wollte sie sich noch vor dem Hörsaal mit Mario treffen, bevor dieser in seinen nächsten Kurs musste. Je länger dieses Hightech-Wunder vor ihr mit Selbstwartung beschäftigt war, umso weniger Zeit blieb ihr mit ihrem Freund übrig. Sie seufzt. So wie es aussah, würde es nur für einen flüchtigen Kuss im Vorübereilen reichen. Aber sie konnte sich auch nicht einfach umdrehen und gehen. Sie brauchte ihren Kaffee. Kaffee war ihr Treibstoff, der sie durch den Tag brachte, ohne Kaffee würde sie die Vorlesung nicht überleben und Sarah, die ihr mit Sicherheit bereits einen Platz freihielt, sie nicht aushalten. Ohne Kaffee war Elsa kein ganzer Mensch. Darum nahm sie es in Kauf, vor einer ratternden Maschine zu stehen und zu warten, anstatt sich drei Minuten länger mit ihrem Freund zu treffen. Unvermittelt stoppt die Maschine. Die seltsamen Geräusche verstummen und rätselhafte Vorrichtungen bewegen sich in ihre ursprünglich gedachte Position zurück. Beinahe entfährt ihr ein Jubelschrei. Mit einem beherzten Ruck packt sie ihre Unterlagen und Bücher auf den linken Arm, an dem auch schon ihre Handtasche baumelt. Mit der nun freien rechten Hand schnappt sie sich einen Pappbecher und betätigt gekonnt gleichzeitig ihre Lieblingsknöpfe. Latte macchiato mit einem doppelten Espresso. Die Tastenkombination dafür konnte sie nach zwei Jahren an der Uni im Schlaf. Sarah witzelte ständig, dass es ein Wunder sei, dass die Maschine den Kaffee in dieser Kombination nicht bereits vorsorglich ausspuckte, sobald Elsa die Cafeteria überhaupt betrat. Mit dem kleinen Finger hält Elsa den Becher an seinem Platz, während nun von oben die lang ersehnte Flüssigkeit dampfend herausströmt. Sie macht einen langen Hals zu ihrer Linken, versucht die Hand leicht zu drehen um auf ihre Armbanduhr linsen zu können. Wieviel Zeit blieb ihr? Noch fünf Minuten? Vielleicht vier? Elsa dreht die Hand zu weit. Der kunstvoll arrangierte Stapel auf ihrem Arm gerät ins Rutschen, reflexhaft greift sich danach und muss den Becher mit dem heißen Inhalt loslassen. Diesem fehlt nun der stabilisierende Halt, er schwankt bedenklich. Halb über ihren Büchern und Heften lehnend entfährt Elsa ein Schrei. Kurz wägt sie ab, ob sie lieber den kostbaren Kaffee vor dem Herunterfallen oder eher sich selbst vor der bevorstehenden Verbrühung rettet, da erscheint eine Hand aus dem Nichts und bannt die Gefahr, indem sie den Becher mit sicherem Griff fixiert. Erleichtert atmet Elsa aus. Das war ja gerade noch einmal gut gegangen. „Danke“, keucht sie. Doch ihre Entspannung währt nur kurz. „Ist das Koffeindefizit schon so schlimm, Elsa Daichi?“ ertönt belustigt Viktors Stimme direkt neben ihrem rechten Ohr. Elsas Herz bleibt kurz stehen. Sie sieht ihn über ihre Schulter hinweg an und laut polternd landet der Stapel Bücher nun doch auf dem Boden. Alle anderen Besucher der Cafeteria drehen sich zu dem Geräusch um und beäugen die beiden Störenfriede an der Kaffeemaschine halb neugierig, halb stirnrunzelnd. Sofort bückt sich Elsa und beginnt mit hochrotem Kopf ihre Sachen aufzusammeln. Angestrengt konzentriert sie sich auf ihre Bücher. Sie spürt ihren galoppierenden Herzschlag bis unter den Haaransatz. Insgeheim ist sie froh, dass sie hier unten auf dem Boden hockt, denn so hat sie einen guten Vorwand, ihn nicht ansehen zu müssen. Was machte er eigentlich hier? War das ein Zufall? Das konnte doch nicht sein. „Du hast noch drei Minuten“ meint Viktor, als sie sich wieder erhebt, und deutet mit dem Kopf zur Kasse. Mit ihrem Kaffee in der Hand macht er sich auf den Weg dorthin und Elsa stolpert immer noch völlig perplex hinterher. Ihr Retter stellt den Becher vorsichtig auf dem Tresen ab und sieht sie erwartungsvoll an. Elsa tritt dazu und erwidert den Blick. Was wollte er? „Zwo fünfzisch“, schnarrt der Kassierer dazwischen. Sie zuckt zusammen. Stimmt, sie musste ja auch noch zahlen. Wo hatte sie nur ihre Gedanken. „Äh… Moment…“ Elsa nestelt mit einer Hand an ihren Taschen herum. Wechselt den Stapel Bücher und Hefte von einem Arm zum anderen. Ihre zittrigen Hände verfangen sich in den Trägern ihrer Handtasche. „Danke“ sagt der Kassierer plötzlich und Elsa hört das klingeln der Kasse, die erst aufgeschoben und dann wieder geschlossen wird. Irritiert blickt sie von ihrer Tasche auf. Viktor nimmt sein Wechselgeld entgegen, ergreift den Kaffee und drückt ihn ihr die Hand. „Gib es mir irgendwann zurück“ Verschämt senkt sie den Kopf. „Danke“, sagt sie leise. Es war ihr alles so unglaublich peinlich. Was er jetzt wohl über sie dachte? Sie spürt, wie ihre Wangen wieder warm werden. „Und denk dran: Der Kaffee ist heiß, Verbrühungsgefahr.“ Er zwinkert ihr zu und schiebt sie mit Bestimmtheit aus der Cafeteria. „Hast du nicht Vorlesung?“ Erschrocken schreit sie auf. Und Mario wartete bestimmt immer noch auf sie! Mit rotem Gesicht hechtet Elsa auf und davon Richtung Vorlesungssaal. Sie bemerkt nicht, wie Viktor ihr noch lange nachdenklich hinterher sieht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)