Oh Tannenbaum von DonnaHayley ================================================================================ Epilog: Besinnliche Weihnacht ----------------------------- Gedankenverloren starrte Seto auf den Mistelzweig, den er in beiden Händen hielt. Wie er anfangs befürchtete, war es zu wenig. Zwar hatte Atemu in den letzten Tagen nichts mehr in Sachen Romantik erwähnt und es schien vom Tisch zu sein, dennoch wollte Seto etwas Besonderes für ihn tun. Allein die Aussage, es gäbe nichts Romantisches in ihrer Beziehung, nagte an ihm. Eine Lösung für dieses Problem musste es doch geben. Leider gehörte dies nicht zu seinen Stärken. Schon vor Atemu hatte er seine Eroberungen ohne viel Schnickschnack bekommen und um Romantik musste er sich nie Gedanken machen. Es lief einfach Rund. Nun befand er sich in einer festen Beziehung und er wollte nicht an solch einer banalen Sache scheitern. * Im Gegensatz zu Seto schwebte Seth im siebten Himmel und bewunderte seinen Mistelzweig, der über seiner Terrassentür thronte. Dies war die erste romantische Geste, die er in seiner Beziehung mit Yasuo zustande gebracht hatte. Ihm war zwar klar, dass Yasuo sich über alles gefreut hätte, dennoch war er stolz auf sich. Für die Zukunft wollte er sich erwähnenswertere Dinge in Sachen Romantik einfallen lassen und sich so mehr einbringen. Für Seth war mitten im Winter der Frühling angebrochen und er fühlte in sich pure Freude und Glück. Schmunzelnd beobachtete Yasuo seinen Freund vom Sessel aus. Wie eine so kleine Sache für so großes Wohlbefinden sorgen konnte, freute ihn ungemein. Er wusste wie sensible Seth sein konnte, auch wenn er es sich nicht anmerken ließ. Deshalb würde er den Teufel tun und etwas Falsches sagen, wenn er sich mal in Romantik versuchte. Allein die Geste zählte, da war alles andere unwichtig. „Was unser Seto wohl macht? Zurzeit scheint Frieden bei unseren Jungs zu herrschen.“ „Das wird bis zu ihrer kleinen Feier auch so bleiben.“, sagte Seth überzeugt. Fragend zog Yasuo die Augenbrauen hoch. „Du meinst am 24. müssen wir die Wogen glätten?“ Bestätigend nickte Seth. „Sobald es an die Vorbereitungen geht, wird dein Junge an Setos Nerven kratzen. Du hast doch gehört, was Seto über ihren Weihnachtbaum zum Besten gab. Ich hatte Schwierigkeiten ernst zu bleiben. Wenn ich gelacht hätte, würde er kein Wort mehr mit mir wechseln.“ Nachdenklich rieb Yasuo sich das Kinn. „Seto klang dabei nicht ärgerlich. Er hat eine Menge Geduld und macht viel für Atemu. Warten wir einfach ab.“ „Etwas anderes wird uns nicht übrigbleiben.“ * Der 24.12. der Tag auf den Atemu mit freudiger Erwartung entgegen fieberte. Endlich war er gekommen. Heute Abend sollte seine kleine Feier, mit insgesamt sieben Leuten stattfinden. Neben Seto und Atemu, Zigfried und Shirotani und Seth mit Yasuo, sagte noch Bakura im letzten Moment zu. Während Atemu das Wohnzimmer fertig dekorierte, holte Seto das Essen für heute Abend bei einem Restaurant ab. Sie brauchten es nur noch aufwärmen und diese Tatsache freute besonders Seto. Je weniger Arbeit, desto besser. „Die Tanne fängt an mir auf den Keks zu gehen.“, fing Atemu an zu schimpfen. „Jedes Mal, wenn ich an ihr vorbei laufe fallen Nadeln runter.“ Seto, der gerade mit vollen Händen zur Tür reinkam, versuchte sich einen unpassenden Kommentar zu verkneifen. „Geh am besten außen rum.“ „Hoffentlich hält der Baum noch bis Neujahr durch.“, grummelte Atemu und nahm Seto das Essen ab. Seto fiel alles aus dem Gesicht und er starrte Atemu hinterher, der in der Küche verschwand. Er musste mit diesem hässlichen Weihnachtsbaum, der inzwischen braune Nadeln bekam, bis Neujahr leben? „Am besten kaufe ich einen künstlichen Baum. So gehe ich zukünftigem Ärger aus dem Weg.“ „Sag mal, Seto!“ Atemu steckte den Kopf aus der Küchentür und schaute seinen Freund zweifelnd an. „Wird Bakura sich nicht einsam vorkommen?“ „Warum sollte er sich einsam fühlen?“ Atemu verdrehte die Augen. „Weil jeder einen Partner hat, nur er nicht.“ Als würde Seto nicht den Unterton heraushören, der signalisierte, wie unsensible er doch sein konnte. „Vielleicht kommt er in Begleitung. Es ist ja nicht so, dass er in der Damenwelt unbeliebt ist.“ „Dann hätte er es mir doch gesagt. Kümmre du dich bitte um ihn. In der Schulzeit wart ihr schließlich dicke Freunde. Er soll sich auf keinen Fall zurückgestellt fühlen.“ „Du machst dir viel zu viele Gedanken. Bakura wird sich hier schon wohlfühlen.“ „Bist du sicher?“ „Vertrau mir.“ Nun fühlte Atemu sich besser und machte mit den Vorbereitungen weiter. Jeder seiner Gäste sollte sich wohlfühlen. Einige Stunden Später saßen alle in einer kleinen Runde um den Wohnzimmertisch und unterhielten sich ausgelassen. Seto hatte an der Tür schon jedem gedroht, sollte er auch nur ein falsches Wort über ihren Weihnachtsbaum verlieren, würde er höchstpersönlich dafür sorgen, dass dies sein schlimmstes Weihnachten ihres Lebens werden würde. Deshalb beobachtete er besonders Shirotani mit Argusaugen, der öfter von Zigfried einen Tritt unter dem Tisch bekam, weil er seinen Kopf zum Baum drehte. Man konnte ihm ansehen, dass er einen spitzen Kommentar von sich geben wollte. Lauernd saß Seto da und wartete auf ein falsches Wort. Atemu, der nichts davon ahnte, unterhielt sich ausgelassen mit Bakura. „Ihr habt toll geschmückt, aber…“ Bakura mochte nicht zum Weihnachtbaum schauen. „Sag nichts“, kratze Atemu sich verlegen den Hinterkopf. „Das ist eine lange Geschichte und das Ende siehst du ja.“ „Erzähl mir mehr davon.“ Interessiert lehnte Bakura sich ein Stück nach vorne. So wie die Tanne aussah, schien sie eine nicht zu verachtende Geschichte zu haben. „Wehe du lachst.“, zwinkerte Atemu, der inzwischen über sich selbst lachen konnte, wenn er an diesen Tag zurückdachte. Inzwischen sah er das ganze aus einem anderen Blickwinkel und da er sich nicht mehr darüber ärgern wollte, machte er lieber eine heitere Geschichte daraus. „Es ist überraschend friedlich.“, stellte Seth fest. „Von Setos strengem Blick abgesehen.“ Auch Yasuo wunderte sich. „Ist dir aufgefallen, dass er nur Shirotani so ansieht?“ Seth nickte. „Weil Shirotani seine freche Zunge nicht im Zaum halten kann. Er schielt immer wieder zu dem Weihnachtsbaum rüber.“ „Tausend Yen, dass er in spätestens zwanzig Minuten etwas völlig Unpassendes sagen wird und Seto damit auf die Palme bringt.“ Der Meinung war Seth auch. „Bin dabei. Ich sage, er braucht keine zehn Minuten mehr.“ „Abgemacht!“ „Ihr habt euch richtig ins Zeug gelegt.“, zeigte sich Zigfried begeistert. „Das Zimmer sieht festlich und gemütlich aus.“ „Das meiste hat Atemu gemacht.“, winkte Seto ab. Ihm war gerade nicht nach einem Gespräch. Er musste zu sehr auf Zigfrieds ungehobelten Freund aufpassen. „Wirklich? Er hat ein gutes Auge für schöne Dinge.“, lobte Zigfried weiter, um sich von Shirotani abzulenken, der schon ganz hibbelig war. Seto genehmigte sich einen Schluck seines Kaffees und erlaubte sich kurz zu entspannen. „Das hat er.“ „Nur nicht für den Tannenbaum.“, platze es aus Shirotani raus, der nicht mehr an sich halten konnte. „Warum habt ihr keinen neuen gekauft? Der verdirbt die schöne Atmosphäre. Der Nadelt ohne Ende und verwelkt im zusehen.“ Zigfried sank peinlich berührt in sich zusammen, während Seto explodierte. „Dieser Baum hat mich den letzten Nerv gekostet und du hast nicht das Recht so zu reden. Drei ganze Male musste ICH ihn schmücken und seine verdammten Nadeln wegsaugen. Also halte dich zurück!“ „Gewonnen!“, flüsterte Seth seinem Freund triumphierend zu. „Shirotanis Lunte ist wirklich kurz.“ Gespannt beobachteten beide die zwei Streithähne. „Wenn du gleich die Wahrheit gesagt hättest, würde in deinem Wohnzimmer keine verdorrte Tanne stehen.“, zuckte Shirotani mit den Schultern und sah Seto gleichzeitig von oben herab an. Bakura lehnte sich zu Atemu rüber, der perplex zwischen Seto und Shirotani hin und her schaute. „Was haben die denn für ein Problem?“ „Shirotani polarisiert gerne. Es war eine Frage der Zeit.“, überlegte Atemu. Zwar ärgerte er sich über Shirotani, aber er kannte ihn nicht anders. Im Gegensatz zum letzten Mal, war er darauf vorbereitet und hatte es auch nicht anders erwartet. „Am besten ignoriert man ihn, dann ist er schnell ruhig. Den Tipp hat mir Zigfried neulich gegeben.“ „Kennt auch Seto diesen Tipp?“ Seto wollte erst richtig loslegen, als er innehielt und zu Atemu rüber sah. Befreit unterhielt er sich mit Bakura und schien sich nicht im Geringsten an den Beleidigungen zu stören, die Shirotani von sich gab. „Hat es dir die Sprache verschlagen?“, stichelte Shirotani weiter und wartete auf einen Konter. „Das du nie deinen vorlauten Mund halten kannst. Immer musst du mich provozieren.“ „Du springst so schön darauf an.“, machte er weiter. „Die Tanne ist nun Mal wie sie ist, hässlich.“ Dafür erntete Shirotani einen harten Tritt gegen sein Schienbein. „Zigfried! Nicht so doll. Das tut mir doch auch weh.“ „Du hast es verdient.“ Zigfried schaute Seto entschuldigend an und bat ihn um Verzeihung. „Du brauchst dich nicht entschuldigen.“ Das wollte Seto nun nicht erreichen. Zigfried sollte sich deswegen nicht schlecht fühlen. „Bis Neujahr werden wir mit dem Baum leben müssen und dann darf ich ihn übers Geländer schmeißen.“ „Ich bewundere dich für dein Durchhaltevermögen.“, bemerkte Shirotani. „Ich würde ihn noch heute über die Brüstung werfen.“ „Ich am liebsten auch.“ „Warum machst du es dann nicht?“ Natürlich war Shirotani klar, weshalb Seto dies nicht übers Herz brachte. „Dann mach du es doch, wenn du dich traust! Ich bezahle dich auch dafür.“ Lebensmüde war Shirotani nun wirklich nicht. Für kein Geld der Welt wollte er es sich mit Zigfried verscherzen, der wirklich sauer werden konnte, wenn er Atemu zu sehr ärgerte. Wieder lehnte Bakura sich zu Atemu rüber. „Die scheinen deinen Weihnachtsbaum richtig zu hassen.“ So leise wie möglich antwortete Atemu. „Seto mochte meinen Baum von Anfang an nicht. Übelnehmen kann ich es ihm nicht. Meinetwegen hatte er jede Menge Stress, aber er hat sich nie beschwert.“ „Das zeigt wie sehr er dich liebt.“ Dessen war sich Atemu natürlich bewusst. Mit liebevollem Blick beobachtete er Seto, der weiter mit Shirotani diskutierte. Zigfried gesellte sich lieber zu ihm und Bakura. „Das sie ausgerechnet heute streiten müssen.“ „Ich glaube Seto braucht das.“, lächelte Atemu. „Meinetwegen hatte er viel Stress und nun kann er alles rauslassen. Das wird ihm guttun.“ „Du bist nicht verärgert?“, wunderte sich Zigfried. Nein, Atemu war nicht verärgert. Sein Vater tuschelte amüsiert mit Seth, Seto schien auf eine verquere Art seinen Spaß zu haben und er saß mit Bakura und Zigfried in einer angenehmen Runde. Keiner fühlte sich ausgeschlossen, worauf Atemu besonderen Wert legte. Es dauerte nicht lange und sie redeten über alles Mögliche. Jeder hatte etwas zu erzählen und Bakura und Zigfried wollten die Geschichte über seinen Weihnachtsbaum hören. Kein Detail sollte er auslassen. Allein für diesen Moment hatte es sich gelohnt diesen Baum zu kaufen und nach Hause zu schleppen. Keiner der Beiden machte sich Lustig, sondern lachten mit ihm, wie wahre Freunde es eben taten. Dieser Abend war viel schöner als Atemu es sich vorgestellt hatte. Eine große Feier brauchte er wirklich nicht, auch wenn er sie bereits fürs nächste Jahr plante. * Erschöpft ließ Seto sich rücklings ins Bett fallen. Es war weit nach Mitternacht und die Müdigkeit holte ihn allmählig ein. „Warum ist Shirotani nur so ein Eigenbrötler?“ „So ist er nun mal.“ Atemu kramte einen Pyjama aus dem Kleiderschrank und legte ihn aufs Bett. Seto richtete sich wieder auf und schaute seinen Freund geknickt an. „Ich wollte etwas romantisches für dich machen und nun steh ich mit leeren Händen da.“ Überrascht drehte Atemu sich um. „Wie kommst du darauf?“ Das hatte Atemu überhaupt nicht mehr auf dem Schirm gehabt. Seto holte seine Papiertüte aus einer Ecke neben dem Kleiderschrank und überreichte ihren Inhalt Atemu. „Das ist mein kläglicher Versuch romantisch zu sein.“ Ratlos schaute Atemu den kleinen Mistelzweig an, der im Gegensatz zur Tanne, in einem hellen Grün strahlte. „Du warst doch längst romantisch, weißt du es nicht mehr?“ „Wann soll das gewesen sein?“ „Als wir unseren Weihnachtsbaum zum dritten Mal geschmückt haben. Danach ist es sehr schön gewesen. Es kam überraschend und ich habe mich so wohl bei dir gefühlt.“ Mit ehrlichem Blick sah Atemu in Setos verwirrte Augen. „Verzeih mir bitte. Ich wollte dich nicht in die Ecke drängen. Du brauchst nichts für mich machen. Du machst es doch jeden Tag. Ich bin schon so sehr daran gewöhnt, dass ich es nicht mehr bemerkte. Du machst alles mit ohne dich zu beschweren, zauberst mir jeden Tag ein Lächeln ins Gesicht und verteidigst sogar meinen verdorrten Weihnachtsbaum. Ich könnte nicht glücklicher sein.“ Mit allem hatte Seto gerechnet, aber nicht damit. Dieser Tag nahm ein schönes Ende und durch Shirotani konnte er sich seinen ganzen Frust von der Seele schimpfen. „Was hast du für Silvester geplant?“ Atemu legte geheimnisvoll seinen Zeigefinger an Setos Lippen. „Das wirst du noch früh genug erfahren.“ Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)