Eine Geschichte ohne Ende von phean (Kleiner Engel lerne fliegen) ================================================================================ Kapitel 3: Ein kleiner Funke springt ------------------------------------ „Das war zu viel Essen gestern“, seufzte Sora und lehnte sich zurück. Für diese Worte erntete sie lediglich ein Lachen von allen Seiten. „Dabei musst doch gerade du viel Hunger haben und für zwei essen, aber mehr als Taichi hast du auch nicht gegessen“, neckte Mimi. Aktuell konnte man nur den Ansatz eines Bauches bei der Rothaarigen sehen, doch er war da. „Bist du dir sicher? Ich glaube Sora hat schon auch sehr reingeschlagen“, kicherte Miyako. „Jetzt hört aber auf“, beschwerte sich die Rothaarige. „Stimmt, Daisuke hat auch noch viel gegessen“, gab die Brillenträgerin nach. „Und getrunken haben sie alle ordentlich“, fuhr sich Mimi durch die Haare. „Joe jetzt aber nicht so, oder?“, fragte Hikari in die Runde, „und Cody auch nicht wirklich.“ „Ich war nur froh, dass sich keiner der Beiden im Auto noch übergeben hat. Yamato hat sich ja noch im Griff, aber bei Taichi habe ich mir schon Sorgen gemacht“, erinnerte sich Sora. „Hättest du Hilfe gebraucht, hättest du es sagen müssen. Wir hätten dir unter die Arme greifen können“, Mimi legte ihre Hand besorgt auf die ihrer besten Freundin, „Koushiro hatte auch kaum was getrunken.“ „Ach, es ging schon“, lächelte sie zurück. Einen Augenblick schmunzelten sie sich nur an, ehe sich ein seltsames Schweigen über sie legte. „Wusstest du, dass Takeru kommt?“, fragte Hikari schließlich leise. Die Frauen hielten inne und richteten erst ihre Blicke auf die Jüngste, dann auf die Älteste ihrer Gruppe. „Ja ...“, erwiderte Sora ebenso leise, „er schläft aktuell auch bei uns. Wobei er auch ein Hotelzimmer haben könnte.“ Die Brünette nickte und griff nach der Tasse, die vor ihr stand. Nach dem gestrigen Abend haben sich die vier zum Brunch in ihr Stammcafé verabredet. Derweil konnten die Männer noch ihren Rausch ausschlafen. Mimi und Miyako saßen den zwei gegenüber. Beide musterten sie und sahen sich dann an. Für alle war es unangenehm, doch ihnen brannten zu viele Fragen auf der Zunge. „Weshalb ist er denn wieder hier? Nicht, dass es nicht schön wäre, ihn wiederzusehen, aber trotzdem ...“, Mimi versuchte sich zu erklären, aber irgendwie gelang ihr das vermutlich nicht so gut wie erhofft. Sora sah zu der jungen Frau neben sich, doch die erwiderte das ebenso vorsichtig. Allerdings war da auch Schmerz zu sehen. So schluckte die Älteste, gab nach einem Seufzen allerdings nach. „Es hat ihn in die Heimat gezogen. Nach seinem Stipendium hat er lange in Paris gearbeitet und war dann durch Europa gereist, bis er zurück nach Paris ist. Doch sein Verleger meinte, dass seine Geschichten an Biss verloren haben und es ihm vielleicht gut tun würde, zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Neue Kraft tanken quasi ... Das hat sich ... irgendwie gut getroffen“, zuckte sie mit den Schultern, „er wollte eigentlich in ein Hotel gehen, aber Yamato möchte das nicht, also weiht er jetzt das Kinderzimmer ein“, lachte sie. „Wie das?“, Mimi zog eine Augenbraue nach oben. Doch Sora zuckte erneut mit den Schultern, „aktuell steht dort noch das ausklappbare Sofa.“ Ein einstimmiges Nicken folgte. „Also ist er nur hier, um sich wieder zu sammeln ...“, murmelte Hikari und zog wieder die Blicke auf sich. Konzentriert las die Jüngere die Zeilen, die sie in Händen hielt. Als sie beim letzten Wort auf der Seite ankam, blätterte sie auf die nächste um. Sie schlug das aktuelle Blatt hinter den Stapel in ihrer Hand und begann von vorn. Derweil lief Takeru nervös auf und ab. Da erklang von ihr ein Rascheln, er hielt inne und sah in ihre Augen, die vorwurfsvoll zurückschreckte. „Was?“, fragte er hoffnungsvoll. „Wenn du weiterhin auf und ab läufst wie ein aufgekratzter Hase, dann werde ich nie fertig ...“, brummte die Brünette und verengte ihre Augen. Als Antwort erhielt sie ein schräges Lächeln und einen Takeru, der sich erst durch die Haare fuhr und sich dann am Hinterkopf kratzte. Also wandte er sich von ihr ab und starrte auf den See vor sich. Hikari hingegen musste sich leicht hin und her beugen, damit das Licht der Laterne neben der Bank auf das Blatt fiel. Es waren nicht unbedingt die besten Bedingungen, sich nachts im Park zu treffen, um eine Kurzgeschichte des Älteren zu lesen. Immer wieder warf sie einen Blick auf den anderen, er hatte ihr nach wie vor den Rücken zugekehrt, aber sie sah, dass er noch immer nervös war und vermutlich mit seinen Fingern spielte, seinen Armbewegungen nach zu urteilen. Abwarten und Däumchen drehen, aber da musste erjetzt durch. Hätte sie es allein in ihrem Zimmer gelesen, hätte er vermutlich alle zwei Sekunden eine Nachricht geschrieben und sie genervt, bis sie ihr Handy lautlos geschalten hätte. Schließlich konnte sie die letzte Seite umklappen und hatte wieder Ordnung in den Blättern. Einen Augenblick ließ sie sich das gelesene durch den Kopf, während sie das Papier um die Tackernadel glatt drückte. Tief atmete sie durch und hob den Blick erneut. Sie erhob sich und merkte die Wärme auf ihren Wangen. „Das in der Geschichte ...“, murmelte sie und trat hinter ihn. Sein Duft stieg ihr dabei so vertraut in die Nase, dass ihr Bauch anfing zu kribbeln. „... bist das ...“ „Ja ...“, hauchte er und lachte leicht, ehe er sich umwandte und mit der Hand durch die Haare strich. „Recht erbärmlich, nicht?“, er grinste. Nachdenklich musterte Hikari ihn und legte den Kopf schief. „Und ich dich ...“, hauchte sie schließlich. Die Augen des Takaishi weiteten sich, während er eine Hand an ihren Oberarm legte und die andere vorsichtig ihr Kinn anhob. Beschämt hatte sie den Blick gesenkt, doch jetzt wollte er ihr in ihre wunderschönen braunen Augen sehen. Nur wenige Sekunden später lagen seine Lippen auf ihren. Die Yagami hatte ihre Augen geschlossen, öffnete diese aber mit einem Seufzen wieder. „Alles ok? Du bist ganz rot“, fragte Miyako und war ebenso irritiert gewesen wie die anderen, als die Jüngste plötzlich mehrere Minuten wie weggetreten war. Nun waren ihre Wangen wohl deutlich gerötet. Hikari nickte und biss sich auf die Unterlippe, „klar“, lachte sie schließlich und griff nach ihrer Tasse. Ihr Cappuccino war mittlerweile kalt – vermutlich hatte sie es nicht anders verdient. Am gestrigen Abend war sie ziemlich abweisend zu ihm und hatte es ihm deutlich unter die Nase gerieben, wie es aktuell aussah. Allerdings hätte sie den Abend anders nicht überstanden. Er löste zu viele Gefühle in ihr aus, was noch mehr Zweifel mit sich brachte. Schließlich schwankte sie aktuell schon genug, was diese Entscheidung anbelangte. Zu Beginn hatte sie nur Trost gesucht, jetzt war es eine Situation, mit der sie nicht klar kam. Es war größer als sie für möglich gehalten hatte. Denn je näher die Hochzeit rückte, desto öfter dachte sie an die Zeit mit ihm zurück. Dabei war es Daisuke alles andere als fair gegenüber. Doch sie hatte gedacht, Takeru nie wiederzusehen. Er war gegangen und weg geblieben. Was hätte sie tun sollen? Das Leben blieb nicht einfach stehen, es ging weiter – mit oder ohne ihn. Er hatte seine Wahl getroffen. Dabei hatte sie ihn dazu gebracht, wegzugehen. Seufzend senkte sie den Blick und sah auf die letzten Tropfen in ihrer Tasse. Derweil sahen sich die anderen Frauen an. Sie konnten sich denken, was vor sich ging, aber keine wusste, was sie sagen sollte. Wie die anderen haben sie die Wahl der Jüngsten akzeptiert. Auch wenn sie es zu Anfang nicht glauben konnten. Der nächste Schock kam, als sie verkündeten, verlobt zu sein. Niemand hätte das für möglich gehalten. Genau diesen Schock hatte sie beim gestrigen Essen auch Takeru versetzt. „Sollen wir dann los?“, lenkte Mimi ein, bevor wieder jemand in irgendwelche Gedanken abschweifte. „Ja, brechen wir auf“, stimmte Sora zu und rief den Kellner zu ihnen. Dieser schenkte besonders Mimi viel Aufmerksamkeit, was sie mit einem freundlichen Lächeln erwiderte. Sie genoss solch eine Aufmerksamkeit nach wie vor. Das führte dazu, dass sie lediglich ihr Essen zahlen musste und auf ihrem Zettel eine Telefonnummer stehen hatte. Schließlich brachen sie auf und Mimi ließ den Zettel liegen. „Ihr seid aber schon irgendwie früh dran, nicht?“, Miyako hatte sich bei Hikari untergehakt. „Möglich ... Ich war aber ehrlich froh, dass Taichi, Yamato und du mit in der Kirche waren“, richtete sie an Sora. Diese nickte, „natürlich doch ...“ „Und das Essen am Abend war ja auch nur ein Essen ... Schließlich war der 1. August ausgefallen ...“, murmelte sie weiter. Es war noch eine Weile hin, trotzdem wollte Daisuke schon jetzt einige Dinge abhaken, darunter fiel das Gespräch mit dem Pfarrer. Denn er wollte nicht traditionell japanisch heiraten, es war eben eine neue Zeit. Und Hikari musste es auch nicht unbedingt. Genau aus diesem Grund steuerten sie gerade ein Brautmodengeschäft an. Vermutlich würden sie noch einige dieser Geschäfte abklappern, aber nicht alle heute, sprich, sie mussten sich wieder zum Brunch treffen und dann in andere Geschäfte ziehen. Das tat niemandem weh, immerhin trafen sich die Mädchen doch recht oft. Was natürlich auch der immer noch vorhandenen Verbindung zwischen ihnen geschuldet war. Als das erste Geschäft jedoch in Sichtweite kam, legte sich Hikaris Hand automatisch auf ihren Bauch. Sie hatte das Gefühl, dass sich alles zuschnürte. Die Zweifel wurden nicht besser, sondern mit jedem Schritt, den es auf die Hochzeit zu ging, schlimmer. Aber sie sah sich auch einer sicheren Zukunft gegenüber. Im Laden selbst wurden sie schließlich freundlich begrüßt und damit war keine Zeit mehr für irgendwelche trüben Gedanken. Oder Gedanken an eine Vergangenheit, die eben schon vergangen war. Etwas, was nicht wiederkommen würde. Natürlich war Takeru hier, doch aus Soras Worten war herauszuhören, dass es sich bei seinem Besuch lediglich um einige Tage, Wochen oder Monate ging. Er würde nicht bleiben sondern wieder verschwinden. Es war ernüchternd, denn es schmerzte, aber es zeigte ihr auch, dass es wieder leichter werden würde ihn zu vergessen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)