Buchstabensuppe von Pragoma ================================================================================ Kapitel 22: V wie verdorben --------------------------- Verdorben. Das fiel Lena als Erstes ein, wenn sie an Bianca dachte. Als Zweites kam ihr Durchtrieben in den Sinn und auch, wenn dies sehr hässliche Eigenschaften waren, sie mochte sie Jakubs Mutter sehr. Zu ihr war Bianca von Anfang an immer nett gewesen und mit der Suppenkelle hatte sie bisher auch nur von weitem Bekanntschaft gemacht. Es gab einfach keinen Grund dafür und eine Mutter merkte, wenn es jemand gut mit dem eigenen Kind meinte. Dennoch war diese Frau mit Vorsicht zu genießen, ihre Streiche genauso verdorben, wie die ihres Sohnes. Vielleicht waren sie auch besser, durchgeplanter und nicht vorauszusehen. Lena konnte nur grübeln, kam nicht dahinter und wenn sie ehrlich war, wollte sie lieber auch nicht wissen, was Bianca vorhatte. “Mach mir doch noch einen Kaffee, ja?”, bat sie bereits mit einem honigsüßen Lächeln auf den Lippen. “Sicher doch”, erwiderte Lena, erledigte die kleine Bitte sofort und wunderte sich dennoch, für wen die dritte Tasse war. Bestimmt wollte sie nett sein oder aber … Lena dachte nicht weiter darüber nach, übergab Bianca schließlich beide Tassen und nippte an ihrer eigenen. Misstrauisch war sie dennoch, verfolgte jeden Schritt ihrer zukünftigen Schwiegermutter und ertappte sie dabei, wie sie nach dem Salzstreuer griff. Oha, nun wusste Lena, was los war. Eine große Menge des weißen Goldes verschwand in der schwarzen Brühe, wurde sorgfältig untergerührt und mit einem warnenden Blick wandte sich Bianca schließlich an Lena. “Kein Wort, verstanden?” Schwer schluckend nickte die junge Frau, versprach somit den Mund zu halten und sich nicht einzumischen. Gesünder wäre es, den Unmut Biancas wollte sie nicht auf sich ziehen. Lena schwieg, ließ die Ältere aus der Küche abziehen und folgte ihr mit gesundem Abstand nach draußen. Wer den besonderen Kaffee bekommen sollte, wollte sie dann nämlich doch wissen. Neugier war etwas, was alle Frauen besaßen und den Spaß wollte sich Lena nicht entgehen lassen. Ebenso das Gesicht, wenn Biancas Opfer den Kaffee trinken würde. Mitleid hatte sie dennoch, immerhin war dies ein ziemlich ekelhafter Streich und salziger Kaffee konnte einem richtig den Tag vermiesen. Innerlich schüttelte sich Lena ein letztes Mal, ehe sie den Hof betrat und stehenblieb. Von der Haustür aus hatte sie den perfekten Blick, sah, wie Bianca zielsicher auf ihren eigenen Sohn zuging und ihm die Tasse überreichte. Lena hielt sofort den Atem an, als er den Becher an seine Lippen führte und vorsichtig trank. Wie zu erwarten, verzog er angewidert das Gesicht, spukte und sah seine Mutter fassungslos an. “Spinnst du, Salz in den Kaffee zu streuen?” Bianca lächelte nur vor sich hin, ehe sie ihm zuflüsterte, dass Rache nicht nur süß, sondern auch salzig ausfallen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)