dnkb-Drabbles von Miuu ================================================================================ Kapitel 4: ----------- „Was willst du denn hier?“ „Wow, das ist doch mal eine nette Begrüßung für einen langjährigen Freund.“ Roy sah ihn vorwurfsvoll an und Delion rang sich ein entschuldigendes, aber ziemlich zerknirschtes Lächeln ab. „So war das nicht gemeint. Aber –“ „Kann ich reinkommen?“ Er wartete gar nicht erst eine Antwort ab, sah nur aus dem Augenwinkel, dass Delion wohl nickte, und schob sich an ihm vorbei in das Zimmer. „Aber ich würde trotzdem gern wissen, warum –“ „Wir müssen reden.“ Delion hob skeptisch die Augenbrauen. „Worüber?“ „Warum du mir aus dem Weg gehst.“ „Tu ich doch gar nicht.“ Aber etwas an der Art, wie er es sagte, etwas an seinem Blick verriet, dass er sich ertappt fühlte. „Die letzten Wochen waren einfach etwas anstrengend. Ich hatte viel zu tun.“ Und dass er sich diese Ausrede selbst nicht abkaufte. „Erzähl keinen Scheiß. Selbst als du noch Champ warst, hast du es geschafft, dass wir uns ab und zu treffen konnten. Aber seitdem du’s nicht mehr bist, redest du quasi nicht mehr mit mir.“ „Ich …“ „Und darum will ich jetzt endlich wissen, was los ist.“ Delion schwieg. Roy seufzte. Er wusste, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Dass Delion es jetzt nicht einmal mehr leugnete, machte es irgendwie noch schlimmer. „Ist es wegen mir? Hab ich irgendwas gemacht?“ „Nein.“ Er nickte, obwohl ihn diese Antwort nicht klüger machte. Und alles in ihm sträubte sich dagegen, die nächste Frage zu stellen. Aber er wollte jetzt endlich Gewissheit haben. „Gibt es eine Frau?“ „Was? Nein!“ „Ich meine, könnte ja sein, dass du deswegen weniger Zeit –“ „Nein!“ Roy lächelte schwach. „Könntest du mir dann bitte endlich sagen, was los ist? Ich bin doch nicht blöd, ich merk doch, dass irgendwas nicht stimmt.“ Er sah, wie Delion mit sich haderte. Aber er ließ ihn, stellte jetzt keine weitere Frage und hoffte, dass Delion von sich aus endlich etwas sagen würde, dass er endlich Antworten bekommen würde.  „Es … es tut mir leid.“ „Was?“ Roy blinzelte verwirrt. „Dass ich … verloren hab.“ Er blinzelte erneut. „Was?“ „Dass ich den Champ-Titel verloren hab. Ich weiß, dass immer du derjenige sein wolltest, der ihn mir eines Tages abnimmt. Und jetzt habe ich verloren, aber nicht gegen dich, sondern gegen ein …“ „Gegen ein Kind.“ Delion nickte. Roy zuckte mit den Schultern. „Na ja, aber gegen ein ganz offensichtlich ziemlich starkes Kind, wenn es gegen uns beide gewinnen konnte.“ Er machte eine kurze Pause. „Und das ist es? Darum sprichst du nicht mehr mit mir? Weil du denkst, dass ich … sauer bin?“ „Vielleicht nicht unbedingt sauer, aber …“ „Dass ich traurig bin? Du redest aus Mitleid nicht mehr mit mir?“ „Nein verdammt.“ Es kam selten vor, dass Delion fluchte. Das Ganze musste ihm wirklich zu schaffen machen. „Dann …“ Also zügelte er sich und sprach nun ruhiger weiter. „Dann sag mir doch bitte, was das Problem ist.“ Delion atmete einmal tief durch und senkte dann den Blick. „Ich hatte Angst, dass du … dass du dann jetzt vielleicht kein Interesse mehr an mir hast.“ „Sag mal, hackt’s bei dir?!“ Und schon war die Selbstbeherrschung dahin. „Ist das dein Ernst? Hab ich in den letzten Jahren irgendwie den Eindruck erweckt, ich würde nur Zeit mit dir verbringen, um dich irgendwann zu besiegen?“ „Nein, natürlich nicht.“ „Wie kommst du dann auf so eine dämliche Idee?“ Es sollte ihn vermutlich nicht so sehr aufregen, wie es tat. Aber Delion hatte ihn mit dieser Aussage mehr verletzt, als er wissen konnte. Dass er auch nur einen winzigen Moment glauben konnte, er würde sich nichts mehr aus ihm machen, nur, weil er nicht mehr Champ war. „Ich weiß auch nicht, tut mir leid. Mir ist schon klar, dass ich nicht nur ein Rivale, sondern vor allem ein Freund für dich bin.“ „Nicht nur das.“ „Was?“ „Was?“ Was? Wo war denn dieser Satz jetzt  hergekommen?! Er hatte das absolut nicht aussprechen wollen, auch wenn es natürlich stimmte. „Was meinst du damit?“ Täuschte er sich, oder war Delion gerade einen Schritt näher gekommen? Sie hatten doch nicht schon die ganze Zeit so nah beieinander gestanden? Nein, das wäre ihm definitiv aufgefallen. Roy senkte den Kopf, auch wenn es bei ihrem Größenunterschied schwierig war, Delions Blick auszuweichen. „Das willst du nicht wissen.“ Und warum – verdammt nochmal – musste er so auf diese Frage antworten? Hätte es nicht zig Möglichkeiten gegeben, sich da irgendwie rauszureden? Musste er jetzt wirklich mit der Wahrheit antworten? Wann war das überhaupt passiert, dass plötzlich er derjenige war, der hier Fragen beantwortete? All diese Gedanken waren plötzlich verschwunden, als er Delions Hand an seinem Kinn spürte, die seinen Kopf hob und ihn zwang, ihn wieder anzusehen. „Und wenn doch?“ Der Blick auf Delions Gesicht war mit einem Mal so sanft, dass er sich davon beinahe beschämt fühlte, und Roy erkannte seine eigene Stimme kaum wieder, so leise und unsicher, als er ihm antwortete. „Es würde dir nicht gefallen.“ „Find’s raus?“ Meinte der Kerl das ernst? Das war doch eine Einladung, das war definitiv eine Einladung, und er hatte definitiv zu viele Jahre auf so etwas gewartet, um es jetzt nicht anzunehmen. Also senkte er den Kopf, ein wenig nur, damit Delion verstehen würde, was er vorhatte, damit er ihm ausweichen konnte, falls er erst jetzt begriff, worum es hier ging, und er es nicht wollte. Aber er wich ihm nicht aus. Also tat Roy es. Er beugte sich zu ihm hinab und küsste ihn. Er hatte es nur kurz tun wollen, nur einen kurzen Moment lang, nur kurz, um Delion begreiflich zu machen, was er meinte. Aber verdammt, er hatte so lange auf diesen Augenblick gewartet, er konnte ihn jetzt nicht gleich wieder enden lassen. Er spürte, wie Delions Hand sein Kinn verließ, nicht, um ihn wegzuschieben, sondern um sich in seinen Nacken zu legen und ihn näher zu sich zu ziehen, und spätestens jetzt hatte er nicht mehr die Absicht, den Kerl allzu schnell wieder gehen zu lassen. Er krallte sich in Delions Shirt, irgendwohin, was auch immer er von ihm zu fassen bekam, drängte sich näher an ihn, nahm nur so halb wahr, dass Delion wohl an den Schreibtisch hinter ihm gestoßen sein musste, aber da es ihn nicht zu stören schien, störte es Roy auch nicht. Nur sehr widerwillig, als der Drang zu atmen dann doch die Überhand gewann, löste er sich von ihm, sah in die glücklich funkelnden goldenen Augen – und war mit einem Mal peinlich berührt, als allmählich zu ihm durchsickerte, was hier gerade passiert war. Was er gerade getan hatte. Was sie gerade getan hatten. Er räusperte sich, kratzte sich kurz an der Wange, sah für einen Moment zur Seite und fand dann aber, dass er wohl weniger peinlich rüberkommen würde, wenn er es wenigstens schaffte, Delions Blick standzuhalten. „Wie kannst du … ernsthaft daran glauben, dass ich aus irgendeinem Grund nichts mehr mit dir zu tun haben wollen würde?“ Und das Thema möglichst schnell wieder dorthin lenkte, wo es eigentlich mal angefangen hatte. Delion zuckte mit den Schultern, lächelte aber noch immer, mit einem Ausdruck im Gesicht, den Roy noch nie zuvor dort gesehen hatte, an den er sich aber gut gewöhnen könnte. „Man bildet sich schnell etwas ein, wenn man Angst hat, jemanden zu verlieren.“ „Idiot.“ Diesmal küsste Roy ihn auf die Stirn. Dann lehnte er seinen Kopf auf Delions. „Und nur, damit du’s weißt: Ich will immer noch gewinnen.“ „Gegen den Champ?“ „Das auch. Aber erstmal gegen dich.“ Er konnte Delions Gesicht nicht sehen, aber er hörte das Lächeln, als er ihm antwortete. „Hm, du kannst es ja mal versuchen.“ „Werd‘ nicht übermütig.“ „Sonst was?“ Aber diesmal antwortete Roy nicht, sondern hob seinen Kopf von Delions, zog ihn zu sich heran und, bevor er in die Gefahr kam, ihn wie ein verliebter Volltrottel anzustarren, küsste ihn erneut. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)