Ein ganz besonderes Glumanda von Platan ================================================================================ Champ Fund ---------- Wie lange war es nun her? Einige Tage? Wochen? Vielleicht sogar schon Monate? Raelene war sich nicht sicher, wie viel Zeit genau inzwischen schon vergangen war, seit sie Delion im Finale besiegt und den Titel als Champ von Galar von ihm übernommen hatte. Sie war überrascht, wie viel mehr im Hintergrund in Wahrheit noch ablief, sobald man sich an der Spitze befand. Da sie erst zehn Jahre alt war, hatte sie zwar das Glück, dass viele Erwachsene ihr halfen und Arbeit abnahmen, aber sie war trotzdem seltsam erschöpft. Von all den Events, den Planungen, der Kommunikation mit Medien und Fans sowie den Kennenlernprozessen mit ihren persönlichen Beratern und so weiter. Eigentlich wollte sie nur Pokémon-Kämpfe austragen und Galar weiter erkunden – damit sie es, mindestens, genauso gut beschützen könnte wie Delion. An einem ihrer freien Tage hatte sie Hop gefragt, ob sie etwas zusammen unternehmen wollten. So wie zu der Zeit vor der Arena-Challenge. Er befand sich noch ganz am Anfang seiner Ausbildung zum Professor, also konnte er problemlos zustimmen, was sie wirklich gefreut hatte. Am liebsten hätte sie auch Gloria, Victor und Iva getroffen, aber alle drei waren momentan mit anderen Dingen beschäftigt. Hoffentlich könnten sie sich bald wiedersehen und persönlich über ihre Erlebnisse austauschen. Natürlich war Raelene nach wie vor stolz und glücklich darüber, der neue Champ geworden zu sein, doch an diesem Tag war ihr danach, einfach nur unbeschwert herumzualbern, mit den Pokémon zu spielen und vielleicht sogar etwas Neues zu erleben. Das gute Wetter schien sie dabei unterstützen zu wollen. Deshalb hatte sie ziemlich gute Laune, als sie wieder in Furlongham war und mit Hop sein Zimmer betrat, wo sie sich heimisch fühlte. Schwungvoll warf Raelene sich rückwärts auf sein Bett und seufzte schwer. „Endlich mal wieder ein Ort ohne Kameras!“ „Bist du etwa schon erschöpft vom Champ-Dasein?“, fragte Hop empört. „Erst stiehlst du mir meinen Traum und dann trittst du ihn kurz danach auch noch mit Füßen?“ Ihre Augen weiteten sich. Hastig setzte sie sich aufrecht hin und öffnete bereits den Mund, weil sie sich erklären wollte, aber beim Anblick von Hops Gesichtsausdruck hielt sie sofort inne. Er grinste breit und wirkte keinesfalls in irgendeiner Art und Weise verletzt. „Mann, erschreck mich doch nicht so.“ Raelene atmete auf. „Ich habe manchmal immer noch Schuldgefühle deswegen.“ „Dabei habe ich dir schon mehrmals gesagt, dass du dir keine Gedanken um mich machen musst. Hättest du aus Mitleid mir gegenüber verloren, wäre ich bloß ein ziemlich lausiger Champ, der den Titel zu unrecht trägt. Damit wäre ich echt unglücklich geworden.“ Das konnte sie vollkommen verstehen. Auch Raelene wäre verletzt, wenn man ihr den Sieg bewusst schenken würde. Gerade Niederlagen halfen dabei die eigenen Schwächen zu erkennen. Zu Beginn ihrer Arena-Challenge hatte sie recht oft gegen andere Trainer verloren, aber stets daraus gelernt. Außerdem war sie begeistert davon, zu beobachten, wie sehr das auch ihre Pokémon dazu motivierte sich noch viel mehr anzustrengen. „Und jetzt bist du glücklich?“, hakte sie nach. Hop lachte. „Schon wieder? Das fragst du mich fast jedes Mal. Was ist so komisch daran, dass ich jetzt Professor werden will?“ „Nichts. Ich dachte nur immer, du liebst das Kämpfen auch so sehr.“ „Wer sagt denn, dass man als Professor keine Kämpfe mehr austragen darf?“, wandte Hop ein. Entschlossen stemmte er eine Hand in die Hüfte und ballte die andere zur Faust. „Ich will ein Professor werden, der locker mit den stärksten Trainern mithalten kann!“ Ja, das klang ganz nach Hop, so wie Raelene ihn kannte. In gewisser Weise verfolgten sie auch jetzt noch ähnliche Ziele. Sie wollten Galar beschützen. Es tat gut, dass sich manche Dinge doch nicht änderten, auch wenn Raelene offen für Neues war. Hop löste sich aus seiner Pose und streckte sich. „Aber jetzt hab ich erst mal Kohldampf. Wie sieht es mit dir aus, Champ?“ „Ich kann immer etwas vertragen, Professor.“ „Gut, dann hol ich uns ein paar Snacks~.“ Mit diesen Worten huschte Hop bereits eilig davon, um nach unten zu gehen. Kaum war er aus ihrem Sichtfeld verschwunden, lehnte er sich kurz darauf nochmal mit dem Kopf ins Zimmer. Das Grinsen auf seinem Gesicht strahlte regelrecht. „Und dann schauen wir uns ein paar Kämpfe aus dem Cup an! Wenn ich ein starker Trainer bleiben will, muss ich weiter sämtliche Strategien analysieren.“ Er war so schnell wieder verschwunden, dass Raelene darauf nichts erwidern konnte. Schmunzelnd schüttelte sie den Kopf. Ihre erste Aktivität war somit offenbar entschieden. Raelene stand auf und beschloss, bei der Gelegenheit kurz das Bad aufzusuchen. Im Flur angekommen hielt sie inne, als sie im Augenwinkel eine Art rötliches Funkeln wahrnahm. Verwirrt drehte sie den Kopf und bemerkte, dass es aus Delions Zimmer kam. Da es noch nie eine Tür gegeben hatte, sondern der Raum offen einsehbar war, entdeckte sie schnell den Pokéball, der dort drin auf dem Boden lag. Irritiert stand Raelene für ein paar Sekunden lang nur da und blinzelte. Sanft spielte der Wind mit den Vorhängen und eine warme Brise wehte ihr entgegen, gefüllt mit einem Gefühl von Geborgenheit. Das Sonnenlicht schimmerte magisch auf der glatten, rötlichen Oberfläche des Pokéballs, welcher nur auf sie zu warten schien. Für einen Moment überlegte sie, Hop zu rufen, aber etwas hielt sie davon ab. Delion war nicht da, also sollte sie sein Zimmer nicht ungefragt betreten, auch wenn sie in diesem Haus keine Fremde war. Dann bemerkte sie einen Brief, neben dem geheimnisvollen Pokéball, was ihre ungesunde Neugier umso mehr stärkte. „Nein, aus!“, flüsterte sie sich selbst zu. „Du bist jetzt zwar Champ, aber deshalb darfst du nicht automatisch alles.“ Plötzlich fing der Pokéball dann an leicht hin und her zu wackeln. Überrascht hielt Raelene den Atem an. Darin befand sich also ein Pokémon! Es handelte sich nicht nur um einen leeren Ball. Im nächsten Augenblick hatte sie schon die Grenze überschritten und Delions Zimmer betreten, wo sie sich vor den Pokéball und den Brief kniete. Letzteren nahm sie zuerst an sich und betrachtete ihn genauer. Beinahe hätte das schlechte Gewissen sie dazu getrieben schnell die Flucht zu ergreifen, bevor Hop wieder nach oben käme, doch als sie sah, dass auf dem Brief ihr Name stand, verschwand das Gefühl schlagartig. Was hatte das zu bedeuten? Aufgeregt fing sie an zu lesen, mit jedem Wort schlug ihr Herz schneller und schneller:   Liebe Raelene, dieses Glumanda ist etwas ganz Besonderes. Ich will, dass du sein neuer Trainer wirst. Lass uns bald wieder nach Herzenslust kämpfen! Viele Grüße, Delion.   Sprachlos starrte Raelene auf den Brief, dann zu dem Pokéball. Er wirkte so unscheinbar und besaß doch eine magnetische Anziehungskraft, als wolle das Glumanda darin endlich befreit werden. Nach ihr rufen. Delion hatte dieses Geschenk für sie hier zurückgelassen, in der Hoffnung, dass sie es finden würde? So viel Vertrauen hatte er in sie? Sie spürte, wie sich ihre Brust mit Wärme füllte. Der Stress in letzter Zeit erschien ihr auf einmal lächerlich klein. Vorsichtig legte sie den Brief zur Seite und griff nach dem Pokéball. „Oh, schön warm“, bemerkte sie überrascht. Lächelnd streckte sie die Hand aus und entließ das Pokémon in die Freiheit. Tatsächlich formte sich das rote Lichtspiel vor ihr innerhalb eines Wimpernschlags zu einem Glumanda, das erst mal herzhaft gähnte und sich anschließend kräftig schüttelte, als wolle es seinen Körper wachrütteln. Die Flamme an seinem Schweif glühte dabei etwas stärker auf. Raelenes Gesicht strahlte vor Begeisterung. Sie hatte schon Delions Glurak als Glumanda gesehen, aber das war so lange her, dass sie sich kaum noch daran erinnerte. Waren sie wirklich so klein? Damals war ihr das Glumanda von Delion geradezu riesig vorgekommen. Manchmal vergaß Raelene, dass auch sie sich mit der Zeit weiterentwickelte, ähnlich wie ein Pokémon. Nun war sie wesentlich größer. Etwas orientierungslos sah Glumanda sich um, bis sein Blick bei Raelene landete und er kurzzeitig erstarrte. Das Funkeln in seinen Augen ermutigte sie dazu, sich ihm sofort zu öffnen. „Hallo~! Gut geschlafen?“ Sie legte eine Hand auf ihre Brust. „Ich bin Raelene. Freut mich, dich kennenzulernen.“ Die Erwähnung ihres Namens schien etwas in diesem Glumanda auszulösen, denn es wurde direkt richtig lebhaft und sprang mit fiependen Lauten auf sie zu. Berührungsängste hatte er also nicht, daher hob Raelene ihn auf ihre Arme und lachte freudig. „Du bist so süß! Und schön warm~.“ „Gluuu~.“ Auf einmal fing das Glumanda an wild drauflos zu plappern. Zu schade, dass sie noch nicht richtig verstand, was er ihr zu erzählen versuchte, aber sie hörte ihm dennoch fasziniert zu. Irgendwann unterbrach ein lautes Knurren den Redeschwall von Glumanda – sein Magen. Wie lange lag der Pokéball wohl schon hier? Es war auf jeden Fall kein Wunder, dass er Hunger hatte. Was für ein glücklicher Zufall, dass Hop gerade dabei war Essen zu holen. „Na komm, kümmern wir uns erst mal darum, deinen Magen wieder zu füllen“, sagte Raelene lächelnd. „Wir werden noch ganz viel Zeit haben, uns in Ruhe kennenzulernen. Lass uns richtig gute Freunde werden!“ Glumanda nickte zustimmend und hob wedelnd die Arme. „Glu, glu, glu!“ „Willkommen im Team, Glumanda~.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)