Harfen aus Eis von lula-chan ================================================================================ Kapitel 1: Harfen aus Eis ------------------------- Lydia wackelt mit ihren Ohren. Sie hört den Wind und das Knirschen von Schnee. Dann schnuppert sie in der Luft. Es riecht nach frisch gefallenem Schnee. Ein wunderbarer Geruch, findet sie. Über all um sie herum ist es strahlend weiß vor Schnee. Auch auf den kahlen Ästen der Bäume liegt der Schnee in einer dicken Schicht. Nur noch das Holzgeländer zu ihrer rechten Seite erinnert noch daran, dass hier eigentlich ein Pfad den Berg hinaufführt, der aber nun durch den vielen Schnee nicht mehr zu sehen ist. Zum Glück macht die Kälte Lydia nichts aus. Sanft rieselt noch immer Schnee vom Himmel. Noch einen Moment blickt Lydia den Berg hinauf zu ihrem Ziel, das dort irgendwo ist, dann macht sie sich weiter an den Aufstieg. Unter ihren Füßen kann sie noch das leichte Nachgeben des Holzes spüren, aus dem der Pfad gemacht ist. Der Pfad hat keine Stufen, sondern führt einfach nur Platte an Platte den Berg hinauf. So kann Lydia nicht durch eine im Schnee vergrabene Stufe straucheln. Bedächtig geht Lydia weiter und passt dennoch auf, dass sie nicht irgendwo hängen bleibt. Es wäre ärgerlich. Hier oben kommt zu dieser Zeit selten jemand vorbei. Der Weg hinauf ist lang und beschwerlich und das selbst ohne Schnee und mit Schnee ist es noch viel schwieriger. Doch Lydia nimmt diesen Weg gerne auf sich, denn zu dieser Zeit, wenn der Schnee ganz dicht fällt und alles mit einer weißen Schicht bedeckt, ist es auf dem Berg am magischsten und allerlei Dinge geschehen dort, die man sonst niemals sehen würde und die man sich nicht mal in seinen kühnsten Träumen vorstellen könnte. Für dieses Jahr ist es Lydias erster Aufstieg auf den Berg. Allerhand Aufgaben haben sie bisher davon abgehalten, doch für heute hat sie sich ganz fest vorgenommen, den Weg nach oben anzutreten, komme, was da wolle, und so ist sie schon in aller Frühe, als alle anderen noch friedlich geschlafen haben, aufgestanden und hat sich auf den Weg gemacht. Morgens ist es besonders schön, findet Lydia, wenn die Sonne mit ihrem rotgoldenen Licht zwischen den kahlen Bäumen hindurchscheint und herab auf den Schnee fällt. Die Luft ist dann auch viel klarer und alles ist so ruhig, abgesehen vielleicht von ein paar Vögeln, wobei die zu dieser Zeit eher selten anzutreffen sind. Der Schneefall wird ein wenig stärker. Lydia bleibt stehen und schaut in den Himmel. Schneeflocken fallen auf ihre Nasenspitze hinab. Sie schielt, als sie versucht, sie genauer zu betrachten. Als es immer mehr werden, wischt sich Lydia über die Nase. Sie schüttelt sich und setzt ihren Weg fort. Bis oben ist es noch ein ganzes Stück und sie möchte nicht zu viel Zeit vergeuden. Lydia setzt vorsichtig ihre Füße auf den Steinboden, der oben angekommen an den Holzpfad anschließt. Hier kann es öfters mal glatt sein, darum ist sie vorsichtig. Schnuppernd streckt Lydia ihre Nase nach vorne. Ihre Ohren zucken aufgeregt, als sie etwas hört, das sie vorher noch nie hier oben gehört hat. Vorsichtig geht Lydia weiter. Nach einem kleinen Stück erreicht sie den überdachten Bau. In der Form eines Vierecks bezeichnet er einen langen, zu beiden Seiten offenen Gang, der nur an einigen kurzen Strecken Wände hat. In der Mitte befindet sich ein Innenhof und genau der ist Lydias Ziel, denn dort passiert die Magie, und vor allem kommen von dort auch diese sonderbaren zarten und wohlklingenden Geräusche. Lydia läuft weiter unter dem Gang durch und auf der anderen Seite über die Steinstufen in den Innenhof hinab. Hier muss sie immer ganz besonders aufpassen, da die Stufen meistens ziemlich glatt sind, selbst wenn kein Schnee liegt. Jetzt kann sie sie sehen. Große Gebilde stehen dort im Innenhof. Sie sind groß und ähnlich wie Dreiecke geformt. In der Mitte ist freier Raum, doch dort kann man nicht hindurch. Feine Seile versperren einem den Weg. Die Gebilde sind ganz aus Eis. Das Licht bricht sich darin und reflektiert sich. Ganz vorsichtig geht Lydia näher. Sie stupst eins der Seile an, doch es passiert nicht viel. Lydia stupst das Seil daneben an, aber auch dort passiert nicht wirklich etwas. Lydia legt ihren Kopf schief und versucht es schließlich anders. Statt zu zupfen, streicht sie über die Seile. Nun entstehen Töne. Lydias Ohren zucken, dann läuft sie schnell an dem Gebilde entlang und lässt ihre Hand in einem durch über die Seile streifen. Die Töne werden immer tiefer. Dann läuft Lydia denselben Weg zurück und die Töne werden wieder höher. Begeistert springt Lydia in die Luft. Sie strauchelt etwas, als sie wieder auf dem Boden aufkommt, doch fängt sich schnell wieder. Lydia läuft schnell – sie rennt schon fast – zu der nächsten Harfe und erzeugt auch hier begeistert Töne. Es fängt bereits an zu dunkeln, als Lydia sich entscheidet, wieder ins Tal zurückzukehren. Ist es zu dunkel, kann sie den Weg nicht mehr gut sehen und das könnte ihr in diesem Gelände Schwierigkeiten bereiten. Schon vor einiger Zeit hat sie sich unter den überdachten Gang gelegt, ins Trockene, und einfach dem Wind zugehört, wie er mit den Gebilden Musik macht. Die Melodien sind sehr schön anzuhören. Doch nun wird es Zeit für Lydia zu gehen. Sie steht auf, streckt sich ein wenig und schüttelt sich. Noch einen Moment bleibt sie stehen, schließt ihre Augen und lauscht den sanften Tönen. Sie hofft noch einmal in diesem Winter hierauf kommen zu können und dem Spiel dieser Gebilde zu lauschen. Lydia fragt sich, ob diese Gebilde wohl Namen haben. Wenn sie noch einmal herkommen sollte, wird sie darauf achten, ob sie dazu irgendwo einen Hinweis findet. Sie nimmt es sich fest vor und hofft, dass sie auch wirklich die Zeit dazu findet. Es wäre zu schade, wenn das hier ihr einziger Besuch bleiben würde. Nur zu gerne würde sie dem lieblichen Spiel des Windes noch ein weiteres Mal zuhören. Sie könnte dem stundenlang hier sitzen und lauschen, doch jetzt muss sie sich wirklich beeilen, wenn sie nicht in völliger Dunkelheit den Rückweg antreten will. Lydia dreht sich um und geht zurück zu dem Holzweg, um sich auf den Weg nach unten zu machen. Die sanften Töne klingen ihr nach und Lydia lächelt selig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)