Champ Snapshots von Platan (One-Shot-Sammlung) ================================================================================ Shot 3: Deine Gesundheit ist wichtig ------------------------------------ Raelene gab einen verschlafenen Laut von sich, während sie sich träge im Bett auf den Rücken drehte. Erst als sie Delions Stimme hörte, die ihren Namen sagte, wurde sie allmählich wacher und blinzelte mehrmals. Gähnend murmelte sie ein „Guten Morgen“ vor sich hin, während sie sich die Augen rieb. „Abend“, korrigierte Delion sie. „Guten Abend.“ „Wie?“ „Es ist erst Abend.“ „Warum?“ Sie hörte, wie er leise lachte. „Weil die Sonne gerade erst untergeht.“ Irritiert blickte Raelene zur Seite. Neben ihr saß Delion auf dem Bett, aber er trug noch seine Arbeitskleidung, den roten Frack für den Kampfturm. Es wirkte beinahe so, als sei er eben erst nach Hause gekommen. Dann betrachtete er sie auch noch mit sorgenvoller Mine. „Was ist passiert?“, fragte Raelene ratlos. „Das sollte ich eigentlich dich fragen, aber ich kann es mir schon denken.“ Seufzend schüttelte er den Kopf. „Sag mir erst mal, wie es dir geht. Tut dir etwas weh?“ Vorsichtig richtete Raelene sich auf und bemerkte dabei, dass ihr ein bisschen schwindelig war. Und sie hatte leichte Kopfschmerzen. Abgesehen davon fühlte sie sich aber wie immer. Erleichtert atmete Delion auf. „Gut, nochmal Glück gehabt.“ Seine Sorge wandelte sich schlagartig. Nun war es dieser strenge Blick, den Delion als Liga-Präsident inzwischen perfektioniert hatte und nur dann einsetzte, wenn die Lage bereits ziemlich ernst war. Damals, in ihrer rebellischen Phase, war sie ungewollt öfter in den Genuss dieses Gesichtsausdrucks gekommen. Sogar in der Gegenwart sorgte es noch dafür, dass sie am liebsten in ein Loch verschwunden wäre. Tatsächlich rutschte sie wieder etwas tiefer auf das Bett. „Ähm … hab ich was angestellt?“ „Ja“, sagte Delion, schonungslos und mit tiefer Stimme. „Du hast etwas Dummes gemacht.“ „Und … was?“ Im Moment waren ihre Erinnerungen noch seltsam vernebelt. Sie konnte auf Anhieb nicht sagen, was genau sie zuletzt getan hatte. Es musste etwas gewesen sein, weshalb Delion nun sauer auf sie war. Dabei hatte Raelene ihm niemals wieder einen Grund dafür geben wollen. „Du lagst bewusstlos im Trainingsraum“, erklärte Delion. „Umringt von deinen Pokémon, die sich Sorgen um dich gemacht haben. Ich weiß also nicht, wie lange du schon dort lagst, aber so weit hätte es gar nicht erst kommen dürfen.“ „Oooh!“ Plötzlich fiel Raelene wieder ein, was geschehen war. „Der Boxsack!“ Delion nickte. „Der neue Boxsack wird dich umgehauen haben, obwohl ich dich darum gebeten habe, ihn erst zu benutzen, wenn ich wieder da bin. So etwas habe ich nämlich schon kommen sehen.“ „Oh ...“ Nun bekam sie, zu recht, ein schlechtes Gewissen. Im Prinzip hatte sie eine Art Versprechen gebrochen, weil sie so ungeduldig gewesen war. Delion hatte ihn am Morgen nur widerwillig schon angebracht, da der Boxsack früher als erwartet geliefert worden war. Manchmal kam es vor, dass Raelene ihre freien Tage alleine in seiner, nein, ihrer gemeinsamen Wohnung verbrachte und ihre Zeit im Trainingsraum nutzte. Also passten sie hin und wieder die Ausstattung an, schon um für Abwechslung zu sorgen. Auf den Boxsack hatten Raelene und Liberlo sich ganz besonders gefreut. „Tut mir leid ...“ Sie warf Delion einen reumütigen Blick zu. „Ich dachte, so schwierig kann das ja nicht sein.“ Er hob seine Hand und kniff ihr in die Wange. „So sehr ich deinen Abenteuergeist und die Begeisterung dafür, neue Dinge auszuprobieren, teile, ich wünschte wirklich, du wärst vorsichtiger.“ „Ich weiß ...“ „Dann sag mir, warum.“ „Weil“, hauchte sie verlegen, „du mich liebst.“ „Und?“ „Darum ist dir meine Gesundheit sehr wichtig.“ „Richtig.“ Statt sie weiter zu kneifen, strich Delion ihr mit beiden Händen behutsam über die Wangen. „Nicht nur für mich, auch für unsere Pokémon, unsere Familien und natürlich Freunde. Und unsere Kinder.“ Sofort schoss Raelene die Hitze ins Gesicht. „Ich bin schwanger?!“ Auch in Delions Gesicht war ein leichter Rotschimmer zu sehen, doch seine Verlegenheit wurde von dem lauten Lachen überspielt, mit dem er auf ihre Aussage reagierte. „Irgendwann mal, ganz sicher~“, meinte er. „Deshalb musst du besser auf dich aufpassen. Du bist mein allergrößter Schatz.“ „O-okay.“ Obwohl sie bereits seit einer Weile zusammen waren, gelang es ihm immer noch spielend, sie derart nervös zu machen. Ihr Herz arbeitete mal wieder auf Hochtouren. Am besten erwähnte sie nicht, dass sie weiterhin glaubte, bei einem Boxsack hätte nicht wirklich etwas Schlimmes passieren können. Viel lieber nahm sie seine Sorge um sie gerade dankend an. Es war einfach zu süß. Delion gab ihr einen Kuss und lächelte sie liebevoll an. „Mit dir wird es jedenfalls nicht langweilig.“ „Nicht wahr?“ Raelene schmunzelte. „Nezz meinte mal zu mir, dass mir das Chaos folgt oder so ähnlich. Deshalb soll ich ihn ja um nichts bitten.“ Bestimmt würde Nezz dennoch unter den Ersten sein, sobald sie doch mal Hilfe benötigte. Der Bruder von Mary hatte eben ein zu gutes Herz. „Zum Glück sind wir im Herzen wahre Champs“, betonte Delion, mit einem Zwinkern. „Wir kommen mit Chaos gut zurecht.“ Raelene ballte entschlossen die Hände zu Fäusten. „Jederzeit!“ „Sollen wir uns dann mal zusammen dem Chaos namens Boxsack stellen?“ „Klar, mit dir als Coach haut der mich sicher nicht nochmal so leicht um~.“ „Nur, wenn du meinen Anweisungen folgst.“ Prüfend sah Delion sie an. „Schaffst du das?“ „Ja!“ „Schwöre!“ „Ich schwöre!“ „Schwöre fester!“, motivierte er sie lautstark. „Schwöre, schwöre, schwöre, schwöre!“ „Dann los~!“ Verspielt zerwühlte Delion mit den Händen ihre Haare, worauf Raelene ihn mit einem Tackle angriff. Nur wenige Augenblicke später jagten sie sich gegenseitig durch die Wohnung, einige ihrer Pokémon machten bei diesem Spiel sogar amüsiert mit. Es machte Raelene wirklich unbeschreiblich viel Spaß, so mit Delion herumzutollen und Zeit mit ihm zu verbringen. Alle waren außerdem froh, zu sehen, dass Raelene diesen kleinen Unfall offenbar gut weggesteckt hatte. Obendrein wusste sie nun sogar ganz sicher, dass Delion eine eigene Familie mit ihr gründen wollte. Mit mehr als nur einem Kind. Irgendwann. Dieses Wissen machte sie unendlich glücklich – und das hatte sie dem harten Gegenangriff eines Boxsacks zu verdanken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)