What lies inside you von miss_nisi ================================================================================ Kapitel 4: Der Gedankenspion ---------------------------- Snapes Blick lag noch eine Weile auf der Tür, durch die Mia soeben verschwunden war, eher er hinüber zum Kamin ging und sich in einen der gepolsterten Sessel sinken ließ. Er schaute in das flackernde sich züngelnde Feuer und goss sich ein Glas des Feuerwhiskys ein, dessen Flasche er kurz zuvor mit einem Schlenker seines Zauberstabes heraufbeschworen hatte. Was ist bloß in mich gefahren?, schoss es Snape durch den Kopf, während er an seinem Whisky nippte. Nie zuvor hatte Snape seine Fähigkeit der Legilimentik an einem Schüler oder einer Schülerin angewandt, doch Mias Gefühle schienen nahezu überzusprudeln und so waren ihre Gedanken nahezu auf ihn eingeprasselt. Schon in jungen Jahren beherrschte Snape die Kunst der Legilimentik sowie der Okklumentik, welche es ihm auf der einen Seite ermöglichte, die Gedanken und Gefühle seines Gegenübers zu erforschen und auf der anderen Seite, die seinigen vor unerwünschten Eindringlingen zu verschließen. Beide Gaben waren ihm in der Vergangenheit schon oft von großem Nutzen gewesen, besonders in der Gegenwart des dunklen Lords, vor dem er seinen Geist zu dessen Lebzeit stets geschlossen gehalten hatte, damit dieser nicht herausfand, dass Snape in Wahrheit die Seiten gewechselt hatte und zu Dumbledores Spion geworden war, war die Okklumentik unerlässlich. Die Legilimentik hingegen setzte Snape eher weniger ein. Zum einen weil er die Okklumentik deutlich besser beherrschte, zum anderen, weil die Menschen, deren Gedanken überhaupt interessant für Snape gewesen wären, selbst so gut die Fähigkeit der Okklumentik beherrschten, dass es sowieso unmöglich war deren Geist und Gedanken zu durchsuchen. Zu guter Letzt war es Lehrern an der Schuler verboten diese Fähigkeit an Schülern anzuwenden, oftmals zu Snapes Unmut, aber er wollte sich nicht über die Regeln der Schule, die durch Dumbledore erlassen worden waren, hinwegsetzen und somit hielt er sich an dessen Auflagen, bis auf… bis auf gerade eben. Was war bloß in ihn gefahren, dass ihn dazu veranlasst hatte die Gedanken dieses Mädchens zu durchforsten? Snape nahm einen großen Schluck seines Whiskys, der in seiner Kehle brannte und schloss die Augen. Noch nie hatte sich eine Schülerin ihm so widersetzt. Für gewöhnlich nahm jeder sein Nachsitzen und seine Strafarbeiten kommentarlos hin. Keiner hatte es je gewagt, sich so gegen ihn aufzulehnen, war er doch, und das wusste Snape genau, nicht nur der unbeliebteste, sondern auch der angsteinflößendste Lehrer, an der Schule. Dass nun eine Schülerin die Dreistigkeit hatte sein Urteil bezüglich der Benotung eines Trankes im Unterreicht in Frage zu stellen und dann auch noch den Mut sich beim Nachsitzen gegen ihn aufzulehnen, das war ihm anfangs komplett gegen den Strich gegangen. Er hatte sich schon auf ein verbales Wortgefecht mit seiner aufmüpfigen Schülerin eingestellt, als er in ihre tränenden Augen sah. Wieder nahm Snape einen Schluck von dem Whisky. Schon lange hatte er nicht mehr solche grünen Augen gesehen. Das letzte Mal war es bei IHR gewesen. Was hatten diese Augen nur an sich, dass sie mich so aus der Fassung brachten?, fragte sich Snape und starrte wieder ins Kaminfeuer. In dem Moment als Mia ihn mit ihren wütend und zugleich traurigen Augen angesehen hatte, prasselten ihre Gefühle so stark auf ihn ein, dass es ihm ein leichtes war in ihren Geist, der sich so sehr, ohne Mias Wissen, bereitwillig für seine Gabe der Legilimentik öffnete, einzudringen. Und was er dort vorfand waren unzählige Erinnerungsfetzen, die so schnell an Snape vorbei rauschten, dass es ihm schwer fiel jeden einzelnen genau zu betrachten, da sie sich mit einander zu vermischen schienen, als sie um ihn herum wirbelten. Nur drei Erinnerungsfetzen waren etwas deutlicher für Snape zu erkennen. Da war ein kleines Mädchen, das weinend am Grab ihres Vaters stand, ein junge Frau die die Hand ihrer Mutter am Sterbebett hielt und dann wieder ein junges Mädchen, eingesperrt in einer dunklen Kammer. Es schien eine Art Keller zu sein, der nur von einer kleinen Lampe, die auf einem Schreibtisch stand erhält wurde. Das Mädchen saß an dem Tisch und schien etwas zu schreiben, als plötzlich die Tür der Kammer aufsprang und eine große dunkle Gestalt eine Treppe herunter kam. „Bist du endlich fertig?“, fragte die Stimme eiskalt. Das Mädchen jedoch antwortete nicht. Nur ein leises Wimmern war zu hören. Wütend ging die dunkle Gestalt auf das Mädchen zu und riss die Blätter unter ihren Händen weg. „Wenn du noch einmal wagst deine abnormen Fähigkeiten hier unter meinem Dach einzusetzen, dann wird deine nächste Strafe mehr sein, als nur ein paarmal zu schreiben, dass du dich gefälligst benehmen sollst! Hast du mich verstanden?“ Doch das Mädchen antwortete nicht und starrte nur auf ihre blutigen Fingerkuppen. Wie lange hatte sie geschrieben? Wie lang war sie in dem Keller eingesperrt gewesen? Ein lauter Knall ertönte, als die dunkle Gestalt dem kleinen Mädchen eine schallende Ohrfeige verpasste und dieses rittlings vom Stuhl fiel. „Antworte gefälligst wenn ich mit dir rede!“, schrie die Gestalt und ging auf das Mädchen zu. Die Erinnerung hatte sich in Luft aufgelöst und Snape war aus dem Geist von Mia aufgetaucht. Nachdem Snape in die Erinnerung eingetaucht war, war ihm klar, wieso es zu Mias heftiger Reaktion gekommen war. Dem Mädchen war Schlimmes widerfahren und selbst er war kein Unmensch um ein Funken Mitleid für das Mädchen, das er zum Nachsitzen verdonnert hatte, zu empfinden. Kein Kind hatte es verdient so behandelt zu werden. Snape legte eine Hand auf seine Stirn. Und ich brumme ihr auch noch eine ähnliche Strafarbeit auf, wie in ihrer Erinnerung, seufzte Snape. Für einen kurzen Augenblick bereute er, dass er Mia so lange hatte Strafarbeiten schreiben lassen, doch versuchte er sich damit zu beruhigen, dass er ja nicht wissen konnte was ihr widerfahren war. Ob Dumbledore über Mias Vergangenheit Bescheid wusste? Er beschloss diesen am nächsten Tag aufzusuchen und ihm von seinen Entdeckungen über die junge Miss Davis zu berichten. Mit diesen Gedanken leerte Snape sein Whiskyglas, erhob sich aus seinem Sessel und ging durch die hintere Tür neben den hohen Bücherregalen, die in sein dahinter liegendes Schlafzimmer führte. oOoOoOo „Mhhhh. Ja es war mir durchaus bekannt, dass Miss Davis, wie könnte man sagen, in prekären Verhältnissen aufgewachsen ist. Sie erzählte mir einige Details, an ihrem ersten Schultag, hier in meinem Büro. Allerdings hatte sie nicht erzählt, dass ihr Stiefvater auch sie… nun sie hatte erklärt, dass er ihr gegenüber nie gewalttätig geworden wäre“, erklärte Dumbledore Snape, der direkt am nächsten Morgen zu ihm ins Büro gekommen war, um ihm von dem gestrigen Abend zu berichten. „Offenbar eine Lüge“, stellte Snape trocken fest, „und sie hielten es nicht für nötig etwas genauer nachzuforschen?“, fragte Snape in einem missbilligenden Tonfall. „Nun Severus, wie sie wissen ist die Anwendung von Legilimentik bei Schülern eigentlich verboten“, erwiderte Dumbledore und schaute Snape tadelnd über seine halbmondförmige Brille an. Snape erwiderte nichts. Er wusste auf was Dumbledore hinauswollte, war sich aber sicher, dass es für ihn, bis auf diesen kleinen Tadel, keine Konsequenten haben würde. „Dennoch Severus ich bin froh, dass Sie zu mir gekommen sind. Ich denke wir tun gut daran Miss Davis etwas genauer zu beobachten. Sie scheint nicht der Typ Mädchen zu sein, die ihre Probleme groß herum erzählt und als Lehrer sind wir für das Wohlergehen unserer Schüler verantwortlich. Das Letzte was ich möchte ist eine Schülerin die zu Hause misshandelt wird!“ „Sollten wir dann nicht sofort handeln?“, fragte Snape ungläubig. „Wieso warten, bis etwas passiert, Albus?“ „Nun so wie ich es verstanden habe, haben Sie lediglich die Vergangenheit gesehen? Ich denke wir haben kein Recht in etwas einzugreifen was schon viele Jahre in der Vergangenheit geschehen ist.“ „Also sollen wir warten bis etwas geschieht?“, fragte Snape entsetzt. „Nun ich fürchte wir haben keine andere Wahl, Severus“, entgegnete Dumbledore ruhig, der die Anspannung von Snape deutlich spürte. „Herrje Severus, Sie sorgen sich mehr um ihre Schüler als das halbe Kollegium! Das würden ihnen die meisten ihrer Kollegen gar nicht zu trauen!“, lachte Dumbledore, vorauf Snape eine finstere Miene aufsetze. „Ich sorge mich nicht, ich habe es nur als meine Pflicht angesehen Ihnen von dem Vorfall zu berichten. Immerhin sind sie der Schulleiter“, antworte Snape kühl. „Severus, Severus. Immer noch der alte verschlossene Grießgram“, plapperte Dumbledore. Doch Snape erwiderte kein Wort mehr auf Dumbledores Kommentar. „Nun denn“, besann sich Dumbledore, „dann ist es ab sofort Ihre Aufgabe die junge Miss Davis genau zu beobachten, Severus. Ich erwarte, dass Sie mir genaustens Bericht erstatten, sollten Sie irgendetwas Auffälliges entdecken. Beim kleinsten Anzeichen, dass Miss Davis in letzter Zeit irgendeiner Misshandlung zu Hause zum Opfer geworden ist, erwarte ich, dass Sie auf der Stelle zu mir kommen!“ Snape starrte Dumbledore entsetzt an. „Meine Aufgabe?“, fragte er ungläubig, als hätte er sich verhört. „Aber natürlich Severus! Wer sonst wäre wie geschaffen für eine solche Aufgabe. Immerhin sind Sie der einzige Legilimentor bis auf mir, den die Schule vorzuweisen hat.“ „Aber die Anwendung der Legilimentik an Schülern ist untersagt!“, warf Snape ein, in der Hoffnung, dass Dumbledore es sich noch einmal anders überlegte. Es war eine Sache diesen Vorfall dem Schulleiter zu melden, aber eine vollkommen andere die nächsten Woche, oder vielleicht Monate, wenn er Pech hatte, den Geist einer seiner pubertierenden Schülerinnen zu erkunden. Darauf hatte er nun wirklich keine Lust, egal was er auch gestern Abend gesehen hatte. „Nun, wenn ich mich recht entsinne, dann war es meine Regel, dass Lehrer die Legilimentik nicht an Schülern anwenden dürfen. Ich denke für einen solchen speziellen Fall, wie den von Miss Davis können wir eine Ausnahme machen, Severus. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Berichten Sie mir, falls Ihnen etwas auffällt“, befahl Dumbledore und Snape wusste, dass das Gespräch mit dem Schulleiter damit beendet war. Die Lippe aufeinander gepresst, drehte er sich um und verließ schnellen Schrittes das Büro des Schulleiters. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)