New Family von writer ================================================================================ Kapitel 4: Alkohol ------------------ Sakuras Leben verlief zufriedenstellend normal weiter. Sie gewöhnte sich langsam an ihre neue Umgebung. Der einzige Störfaktor blieb Sasuke. Und Sakura blieb dabei, sie ging Sasuke aus dem Weg. Einmal von ihm zu träumen hatte ihr echt gereicht. Sie musste ihre Hormone ja nicht noch anstacheln. Außerdem waren Sasukes Stimmungschwankungen unberechenbar. Manchmal kam aus dem nichts irgendein fieser Spruch in ihre Richtung und an anderen Tagen sagte er verhältnismäßig freundlich 'Hallo', wenn er ihr begegnete. Oft ignorierte er sie auch. Das war definitiv das von ihr favorisierte Verhalten, aber leider schien er sich auf keine Variante festlegen zu wollen. Vielleicht machte es ihm Spaß Leute zu verwirren. Kontakt zu Sasuke hieß Nerverei, kein Kontakt zu Sasuke hieß Ruhe und Frieden. Und das war es, was sie in ihrem Leben wollte. Ihre bisherige Taktik, bestehend aus der Vermeidung von gemeinsamen Fahrten zur Schule und zurück und ein paar kleinen zeitlichen Anpassungen von dem, was sie außerhalb ihres Zimmers zu erledigen hatte, falls Sasuke in der Nähe war, funktionierte blendend. Tatsächlich wurde sie sogar besser darin Sasuke zu meiden, weil sie ihn allein durch beiläufige Beobachtung besser kennen lernte. Und das nutze sie zu ihrem Vorteil. Sasuke ging Abends oft aus. Auch unter der Woche aber besonders am Wochenende. Manchmal kamen Neji und Naruto vorbei, meistens wenn Sasukes Vater nicht da war. Ino hatte Sakura nur noch einmal bei ihm gesehen. Wenn Sasuke zu Hause war, dann war er meistens in seinem Zimmer. Ein Ort, den sie mied. Sie hatte noch nie einen Blick ins Innere erhascht und sie versuchte es auch nicht. Was er da trieb war seine Sache, Hauptsache er kam nicht in ihr Zimmer. Das hatte er nicht nochmal versucht und sie tat alles, um ihm dafür weder Anlass noch Gelegenheit zu verschaffen. Das war ihr Rückzugsort. Der Ort, an dem nur sie das Sagen hatte und an den ohne ihre Erlaubnis niemand durfte. Es war schlimm genug, dass er sich bereits einmal darüber hinweggesetzt hatte. Wenn sie doch etwas von ihm mitbekam, war Sasuke meistens schlecht gelaunt oder genervt und dafür wurde er ständig von seinem Vater kritisiert. Überhaupt schien Fugaku zu finden, dass Sasuke eher mehr lernen sollte, als mit seinen Freunden zu trinken und von einer Party zur nächsten zu gehen. Dann wurde ihm immer vorgehalten, dass Itachi alles besser machen würde. Alle paar Tage schien Sasuke auch mit Naruto und Neji ins Fitnesstudio zu gehen, zumindest verließ er ab und zu mit seiner Sporttasche das Haus und Sakura hörte unfreiwillig, wie sie in der Schule darüber redeten. Beziehungsweise eigentlich lachten Sasuke und Neji über jemanden, den sie dort kannten und Naruto teilte ihnen mit, dass sie beide gehässige oberflächliche Mistkerle seien. Sakura stimmte ihm im Stillen zu und hörte weg. Darin hatte sie schließlich seit Jahren Übung. Und so war Sakura gut zwei Wochen lang zufrieden mit ihrer Situation. Zumindest soweit das unter den gegebenen Umständen möglich war. Dann passierte etwas, von dem sie nicht so recht wusste, was sie davon halten sollte. Es war Freitag und das Wochenende stand kurz bevor. Den ganzen Tag schon hatten Hinata und Sakura Ino zuhören müssen, die laut davon erzählte, wie toll die Party werden würde, die sie an diesem Abend bei sich veranstalten würde. Hinata und sie kümmerten sich darum nicht. Sie waren nicht eingeladen. Sie wurden so gut wie nie bedacht, wenn es um sowas ging. Nicht zuletzt vielleicht auch aus dem Grund, dass sie beide noch nie Interesse an derartigen Dingen gezeigt hatten. Naja, und weil sie wahrscheinlich einfach uncool waren. Deswegen war es höchst merkwürdig, dass nach Ende der letzten Stunde plötzlich Ino vor ihrem Platz auftauchte. Sie schnappte sich offensichtlich gut gelaunt einen Stuhl, drehte ihn beschwingt herum und setzte sich zu ihnen. "Hi ihr beiden!" "Hallo", erwiderte Sakura skeptisch. "Sakura, Hinata", sagte Ino beschwingt und freundlich, "wollt ihr heute Abend nicht auch kommen?" Hinata sah sie nur verständnislos an und Sakura brachte gerade noch ein irritiertes 'Was?' hervor. Nicht sehr geistreich. Aber sie war davon schlicht kalt erwischt worden. "Die ganze Klasse ist eingeladen!", sagte Ino. "Ihr könnt euch doch nicht euer Leben lang hinter euren Büchern verkriechen! Ihr solltet kommen! Mal was anderes machen! Ich weiß, das ist nicht so euer Ding, aber überlegt es euch, ich würde mich freuen! Oder spricht etwas dagegen?" Sakura tauschte einen Blick mit Hinata. Das war scheinbar ein Fehler, denn offenbar hatten sie ihre Chance verpasst Einspruch zu erheben. "Gut! Das wäre dann abgemacht!", sagte Ino zufrieden und klatschte in die Hände. "Ihr wisst ja wo ich wohne! Bringt einfach irgendwas mit, das ihr gerne trinken wollt! Ab 21 Uhr geht es los!" Damit stand sie auf, wandte sich um und verließ den Raum in Richtung Wochenende. In ihrem üblichen Versuch Sasuke und Neji zu meiden gingen Hinata und Sakura in die Bibliothek. Allerdings kamen sie nicht dazu Hausaufgaben zu erledigen, da sie das eben Geschehene zu erörtern hatten. Es brachte nichts. Ihnen fiel beim besten Willen nicht ein, was Ino damit bezwecken wollte. "Vielleicht war es einfach nett gemeint?", fragte Hinata schließlich. Auf jeden Fall mussten sie nun eine Entscheidung treffen. Sie konnten Inos Unmut riskieren und bei ihrem normalen Verhalten bleiben und nicht auf die Party gehen. Oder sie konnten mal was Neues probieren, auf eine Party gehen und vielleicht herausfinden, ob Ino irgendeinen bestimmten Zweck mit dieser Einladung verfolgt hatte. Beides schien auf seine Art verlockend. Sie entschieden das Thema zu vertagen. Doch als Sakura später um halb neun frisch geduscht auf ihrem Bett lag und alle Hausaufgaben erledigt waren, fand sie ihr momentanes Buch irgendwie nicht mehr so interessant, wie sie gestern noch gedacht hatte. Passenderweise rief in diesem Moment Hinata an. "Was wenn sie uns irgendwie reinlegen will, um uns zu ärgern?", gab Sakura zu bedenken. "Aber was hätte sie davon?", meinte Hinata sofort. "Ino ärgert doch nur Leute, die sie für wichtig hält, uns findet die doch komplett irrelevant!" "Auch wieder wahr." Sie schwiegen beide. "Du willst hingehen, oder?", fragte Sakura schließlich in die Stille. Sie fühlte ihr Herz klopfen. Wieso war sie jetzt aufgeregt? Das war doch total bescheuert. Partys waren bescheuert. Leute, die auf Partys gingen waren auch meist bescheuert. Eine leise, fiese Stimme irgendwo in ihrem Kopf sagte: "Oder willst du das bloß alles blöd finden, weil du dich nicht traust? Du kannst gar nicht wissen, ob du das nicht magst, du hast es noch nie ausprobiert. Du verpasst vielleicht den ganzen Spaß, den du in deiner Jugend haben könntest, weil du dich immer für die sichere Option entscheidest." Vielleicht ging Hinata etwas ähnliches durch den Kopf, denn sie sagte zögerlich: "Ja. Ich glaube wir sollten gehen. Einfach um es mal auszuprobieren. Wenn es so ist, wie wir es uns vorstellen, lassen wir das in Zukunft wieder. Aber dann haben wir uns wenigstens bewusst entschieden, dass wir sowas nicht mögen und lassen es nicht nur, weil wir ohnehin nicht eingeladen werden. Was meinst du?" "Ja", antwortete Sakura. Ihr Herz fand das ganze scheinbar wirklich ziemlich aufregend. "Okay. Wir gehen." Nachdem der Entschluss nun gefasst war, war ihr leichter zu Mute. Sie hasste es, wenn sie unentschlossen war. Hinata schlug vor, dass sie einfach eine Flasche Wein von zuhause mitbringen könnte. Das war also geklärt und sie mussten sich nur noch zurechtmachen. Aber das war leichter gesagt als getan. Sakura war nicht sicher, was sie am besten tragen sollte. In ihrer kleinen eigenen Welt hatte sie alles im Griff. Aber außerhalb ihres gewohnten Bereichs fühlte sie sich unsicher. Am liebsten hätte sie sich zum Zurechtmachen noch vorher mit Hinata getroffen, aber es war nun schon halb zehn. Also tat Sakura etwas, was sie sonst nie tat. Sie ging runter ins Wohnzimmer und fragte ihre Mutter, ob sie auf eine Party gehen dürfte und ob sie ihr einen Rat für ihr Outfit geben könnte. Amaya überschlug sich fast vor Begeisterung. Vermutlich hatte sie schon befürchtet, dass sie etwas Derartiges nie von Sakura hören würde. Und Sakura hätte sie auch am liebsten nicht gefragt, aber sie war nunmal in diesem Falle nervös, auch wenn sie alles tat um das nicht zuzugeben. Und passend angezogen, würde sie sich vielleicht etwas besser und selbstbewusster fühlen. Und wenn jemand etwas von Styling verstand, dann war das ihre Mutter. Amaya suchte Sakura eine dunkle Strumpfhose, einen kurzen schwarzen Rock und ein lässiges weißes T-Shirt heraus, das sie reinstecken sollte. Dazu schlichte schwarze Chucks. Sie überredete sie sogar zu diversen dünnen Armreifen aus Gold und schwarzem Leder und ein paar dünnen, goldenen Ringen. "Die passen gut zu den goldenen Nieten auf dieser kleinen Tasche hier!", schwärmte sie und hielt sie Sakura hin. Sakura verweigerte den Lippenstift, aber ließ zu, dass ihr ihre Mutter ein leichtes, natürliches Make-Up auftrug. Als sie sich schließlich im Spiegel betrachtete war sie ganz zufrieden. Sie kam sich nicht so verkleidet vor, wie befürchtet hatte. Es sah hübsch zurechtgemacht, aber auch nicht übertrieben aus. Eigentlich fühlte sie sich sogar sehr wohl. "Danke", murmelte sie. Es fiel ihr schwer zuzugeben, dass ihre Mutter vielleicht doch manchmal ein kleines bisschen recht hatte, wenn sie sagte, dass es toll war, sich etwas herauszuputzen und sich hübsch zu fühlen. Amaya strahlte. "Du bist so wunderschön!", schwärmte sie. "Schade, dass du ein paar Zentimeter zu klein bist, sonst hättest du beim Modeln noch mehr Erfolg haben können als ich!" Sakura schluckte die Antwort hinunter, dass sie das für kein erstrebenswertes Ziel hielt. Sie wollte den Moment nicht kaputt machen. Es kam nicht oft vor, dass mit ihrer Mutter mal einen netten Moment hatte. Und das stellte sich als klug heraus, denn Amaya, nach wie vor gut gelaunt, fuhr sie sogar zu Hinata, von dort aus war es nicht weit. Ino wohnte nur drei Straßen von Hinata entfernt. Vor Inos Haus hätten sie fast gekniffen und wären wieder umgedreht, aber dann rissen sie sich zusammen und gingen doch rein. "Weißt du ob Naruto hier sein wird?", fragte Sakura leise, als sie sich etwas planlos durch die Menge schoben. "Neji hat nichts gesagt, keine Ahnung", seufzte Hinata. Sie schwärmte seit Jahren für ihn. Allerdings nur ganz insgeheim. Nur Sakura wusste davon. "Hat Sasuke was gesagt?" "Nee, ich rede doch nicht mit ihm." "Stimmt..." Sakura, so wohl sie sich ein paar Momente zuvor mit ihrem Outfit noch gefühlt hatte, war sich jetzt nicht mehr so ganz sicher. "Findest du auch, dass wir komisch angeschaut werden?" Hinata kicherte verlegen und flüsterte zurück. "Nur du. Deine Mutter hat einfach alle deine Vorzüge perfekt betont, du siehst traumhaft aus!" Sakura fühlte mal wieder dieses Hitzegefühl im Kopf aufsteigen. Doch ihr blieb nicht viel Zeit peinlich berührt zu sein. Kiba und Shino aus ihrer Klasse hatten sie gerade entdeckt und nachdem sie ihrer Verwunderung Luft gemacht hatten, Hinata und Sakura auf einer Party anzutreffen, drängten sie ihnen irgendwelche Becher mit Getränken auf. Sakura nippte daran. Sie konnte nicht sagen was es war, weil sie davon keine Ahnung hatte, aber es war irgendwas Hochprozentiges. Sie fragte sich, was sie und Hinata nun tun sollten. Bei den beiden bleiben? Kiba und Shino schienen das zu erwarten, aber Sakura fühlte sich irgendwie eingeengt und versuchte etwas mehr Distanz einzuhalten, doch es waren total viele Leute hier und das war gar nicht so leicht. Schließlich fing sie einen Blick von Hinata auf, der es ähnlich zu gehen schien und als ein paar andere Jungs aus der Klasse auftauchten und Kiba und Shino begrüßten, verzogen sie sich schnell. "Hey!", rief Kiba ihnen nach. "Wohin geht ihr?" Aber sie blieben nicht stehen und schoben sich weiter durch das Gedränge, wobei sie ein bisschen nach Naruto Ausschau hielten. Doch er war nirgends zu sehen. "Sakura, Hinata! Schön, dass ihr gekommen seid!" Ino kam mit Karin auf sie zu. "Gut seht ihr aus!", sagte Karin gut gelaunt. Sie schien schon etwas angetrunken zu sein. "Vielleicht ein bisschen zu gut", fügte sie mit einem Blick auf Sakura hinzu. Ino legte Sakura den Arm um die Schultern, als sie gerade versuchte etwas zu sagen. Das schien plötzlich gar nicht so leicht, sie hatte nur ganz wenig aus ihrem Becher getrunken, aber sie spürte schon, dass sie nicht mehr ganz nüchtern war. "Ihr seht allerdings so aus, als würdet ihr euch etwas verloren fühlen!", sagte Ino freundlich. "Ihr geht nicht oft aus, nicht wahr?" Das konnte Sakura nicht abstreiten. Sie fühlte sich absolut verloren und hatte keine Ahnung, wie sie sich verhalten, oder was sie tun sollte. Aber Ino und Karin nahmen die Sache in die Hand. Sie schienen gut gelaunt und offenbar hochmotiviert die beiden etwas unter ihre Fittiche zu nehmen. Und obwohl Sakura dabei langsam ein schlechtes Gefühl bekam und misstrauisch wurde, entscheid sie aus lauter Überforderung einfach darauf zu hoffen, dass Ino keinen merkwürdigen Plan verfolgte. Vielleicht machte sie der Alkohol auch langsam etwas leichtsinnig und schränkte ihr Urteilsvermögen ein. Vielleicht würde sie einfach noch eine Dreiviertelstunde aushalten und dann Hinata fragen, ob sie nicht gehen wollten. Sie fühlte sich unwohl. Noch dazu fühlte sie sich langsam immer betrunkener. Ino holte ständig was neues zu trinken und Sakura hatte schon einmal ihren vollen Becher einfach heimlich weggestellt. Ihr Magen fühlte sich bereits nicht mehr so gut an. Sie versuchte mit Hinata zu reden, aber ständig kam Ino ihr zuvor, zog die beiden irgendwo hin und stellte sie irgendwelchen Leuten vor, die dann mit ihnen anstießen, sodass sie wieder trinken musste. "Ich muss auf Toilette!", sagte Hinata schließlich laut, vermutlich in dem Versuch mit Sakura zu entkommen. "Ich komme m-", setzte Sakura an, aber Ino legte ihr den Arm um die Schultern und sagte: "Komm mit in mein Zimmer, ich wollte dich sowieso mal kurz sprechen! Karin, zeig du Hinata das Bad!" Sakura ließ sich hilflos von Ino in ein Zimmer zu ihrer Linken ziehen. Fast war sie froh, dass Ino sie so fest hielt. Sie fühlte sich total betrunken. Diese letzten Schlucke waren definitiv zu viel gewesen. War das purer Alkohol gewesen? Wollte Ino, dass sie total betrunken war? Wieso war Ino nicht total betrunken? Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie wenigstens gleich erfahren würde, was hier los war. "Komm, setz dich zu mir!", sagte Ino freundlich aber bestimmt und Sakura wollte zwar nicht, aber hatte das Gefühl sich dringend setzen zu müssen. Ihr war total schwindelig. Also ließ sie sich neben Ino auf die Bettkante sinken. Wie hatte sie nur in diese Situation geraten können? Was tat sie hier? Sie musste zu Hinata! "Ino, ich habe zu viel getrunken, ich sollte jetzt gehen!", sagte sie möglichst klar. "Jaja, gleich!", sagte Ino beiläufig und hielt ihr einen Becher hin. "Hier, trink erstmal einen großen Schluck Wasser." Das ließ Sakura sich nicht zweimal sagen. Sie griff nach dem Becher, nahm einen großen Schluck in der Hoffnung ihren Durst zu stillen und erst beim Schlucken wurde ihr klar, dass das kein Wasser sondern Alkohol war. Sie stöhnte. "Ups, war wohl doch kein Wasser, sorry!", sagte Ino. Irgendwo in ihrem total benebelten Zustand dämmerte Sakura, dass Ino sie mit Absicht betrunken machte. Sie wollte irgendetwas von ihr. Und aus diesem Grund hatte sie sie auch eingeladen. Sakura griff sich an den Kopf. Sie konnte sich kaum konzentrieren. "Jedenfalls, jetzt, wo wir mal ganz in Ruhe zu zweit reden können, wollte ich dich gerne etwas fragen", sagte Ino freundlich und im Plauderton. "Was denn?", murmelte Sakura. Sie war aktuell leider total hilflos, alles drehte sich, sie konnte nicht klar denken und Ino war einigermaßen nüchtern. Vielleicht hatte sie bloß so getan, als hätte sie die ganze Zeit getrunken. Sakura hatte keine Erfahrung mit Alkohol und sie hatte geglaubt, wenn sie sich ungefähr an der Menge orientieren würde, die Ino und Karin für richtig hielten, würde es schon gut gehen. Jetzt dämmerte ihr, dass sie total naiv in eine Fall getappt war. Wieso war sie so blöd gewesen? Wahrscheinlich kam sie am schnellsten hier weg, wenn sie einfach mitspielte. "Ach, ich hab mich einfach gefragt, ob du mir sagen kannst, ob Sasuke eine andere hat?" Ino lächelte freundlich. Sie klang, als wäre das eigentlich gar nicht weiter wichtig. "Was?", fragte Sakura verwirrt. "Ich weiß nicht...." Ihr war so schrecklich schwindelig. Sie würde nie nie wieder etwas trinken! "Dein Zimmer ist doch genau neben seinem!", beharrte Ino. "Da musst du doch mitbekommen, wenn ihn jemand besucht!" Sakura unterdrückte ein Stöhnen. Wegen so einer lächerlichen Frage hatte Ino diese Show abgezogen? Warum? Hoffte sie, dass Sakura betrunken auskunftsfreudiger wäre? Oder dass sie sich morgen an diese Situation nicht mehr würde erinnern können? "Hör mal Ino, ich hab keine Ahnung, was er treibt, okay?" Sie wollte aufstehen, doch es blieb bei einem halbherzigen Versuch, denn ihre Beine fühlten sich zu instabil an. "Hast du was mit ihm?", fragte Ino. Sie hatte immer noch diesen seltsamen Plauderton. Sakura glaubte sich verhört zu haben. "Wa-? Sicher nicht!" "Okay, aber versucht er-" Weiter kam sie nicht, denn die Tür wurde aufgestoßen und Licht und Lärm aus dem Flur fluteten das Zimmer. Sakura konnte Sasukes Umriss in der Tür ausmachen, sie wusste irgendwie sofort, dass er es war. "Sasuke!", sagte Ino verdutzt. "Wie schön, dass du-" Sie brach verwirrt ab. "Ich dachte du wolltest nicht kommen?" Sakura stöhnte bloß und vergrub das Gesicht in ihren Händen. Das allerletzte, was sie wollte, war, dass Sasuke sie in so einem Zustand sah. Am liebsten wäre sie an Ort und Stelle gestorben. Sasuke kam ins Zimmer und blieb vor ihnen stehen. "Wollte ich auch nicht", sagte er kühl. "Ich bin nur hier um zu beenden, was auch immer du hier grade abziehst." "Wie bitte?", fragte Ino streitlustig. Der freundliche Plauderton war verschwunden. Sakura hatte das Gefühl in ihrem Zustand einfach nicht mehr ganz mitzukommen. Konnte das nicht ein komischer Traum sein, aus dem sie nun aufwachen würde? Aber sie war selbst schuld. Jetzt musste sie da durch. Sasuke griff sie am Oberarm und wollte sie hochziehen. "Komm, steh auf, ich bringe dich nach Hause." Aber Sakura wollte nicht aufstehen und mit ihm gehen. Hauptsächlich, weil sie das Gefühl hatte, dass sie das nicht auf die Reihe bekommen würde. "Du bist so bescheuert Ino", hörte Sakura Sasuke sagen und in seiner Stimme schwang Verachtung mit. "Spinnst du?", zischte Ino wütend. "Was kann ich denn dazu, dass sie so viel trinkt?" Sasuke lachte kalt und sagte sarkastisch: "Jaaa, ich bin sicher, dass du keine Mitschuld an ihrem Zustand hast!" Er wandte sie von Ino ab. "Sakura, jetzt reiß dich zusammen! Wir gehen nach Hause! Steh auf!" Liebend gerne hätte sie ihm gesagt, dass er ihr keine Befehle erteilen sollte. Liebend gerne hätte sie ihm gesagt, dass er verschwinden sollte und dass sie alleine klar kommen würde. Aber sie kam gerade überhaupt nicht klar. Diesen Abend würde sie bis ans Ende ihres Lebens bereuen. "Ich muss Hinata finden", murmelte sie. Sasuke beugte sich zu ihr herunter, griff kurzerhand mit seinem Arm um ihre Hüfte und zog sie hoch. Sakura registrierte beschämt, wie sie gegen ihn stolperte, aber sein Griff war sicher und fest und es gelang ihr stehen zu bleiben. "Sasuke...", hörte sie Ino vorsichtig sagen. "Lass es gut sein Ino. Nach der Aktion hier halte ich es erst recht für richtig diese Affäre zu beenden. Es ist vorbei. Such dir nen anderen, ich bin raus!" Sakura spürte, wie Sasuke sie durch das Zimmer zog und durch den Flur und nach unten führte. Sie schaffte es einigermaßen normal neben ihm herzugehen, weil er einen Hauptteil ihres Gewichts trug. Es machte sie fertig, dass sie so hilflos war. Er würde sie ständig an diesen Moment der Schwäche erinnern. Aber sie konnte jetzt nicht nur an sich denken. "Ich muss Hinata finden", sagte sie so fest, wie es sich machen ließ. Aber Sasuke verstärkte bloß seinen Griff und zog sie weiter, als sie versuchte stehenzubleiben. Plötzlich fühlte sie sich ihm noch viel mehr ausgeliefert als eben Ino. Sie konnte nur hoffen, dass er wirklich vor hatte, ihr zu helfen. "Hör auf dich zu sträuben, Hinata ist schon draußen!" Wieso war Hinata draußen, was sollte das heißen? Oh wie sie es hasste, dass ihr Hirn nicht richtig funktionierte. Sie hörte, wie ein paar Leute sich offenbar freuten Sasuke zu sehen und nach ihm riefen, doch zu ihrem Glück blieb er nicht stehen. Jemand fragte, ob etwas passiert sei, aber er ging einfach mit ihr weiter. Sie fühlte sich so schrecklich und es war grauenvoll das einzugestehen, aber gerade in diesem Moment war sie ihm dankbar, dass er sie von all den Leuten weg brachte, bevor jemand sie so sah. Die Kühle der Frühlingsnacht draußen war angenehm, sie atmete tief ein. Das verstärkte allerdings kurzzeitig das Schwindelgefühl und weil sie Angst hatte umzukippen, griff sie in den Stoff von Sasukes Jacke. "Schon gut, ich hab dich", hörte sie Sasuke. Er klang belustigt. Klar. Für ihn musste es befriedigend sein, sie so zu hilflos zu erleben. Vor allem, wo sie ihn in letzter Zeit so vehement gemieden und ignoriert hatte. Als sie das Grundstück verließen, stellte sie erleichtert fest, dass Hinata tatsächlich da war. Sie saß auf einer Mauer an der Straße und sah auch ziemlich fertig aus. Naruto saß neben ihr und hatte seinen Arm um sie gelegt. Er schien beruhigend auf sie einzureden. Neji stand bei ihnen und schien hin und hergerissen zwischen Verärgerung und Belustigung. "Ah gut, du hast sie!", sagte Naruto gut gelaunt, als er Sasuke sah. "Sieht aus, als hättest du recht gehabt. Hinata meint, Ino und Karin hätten ihren die ganze Zeit was zu trinken aufgedrängt", sagte Neji stirnrunzelnd zu Sasuke. "Ja", erwiderte Sasuke. "Hey", flüsterte Sakura Hinata zu und wollte zu ihr auf die Mauer, aber Sasuke hielt sie fest. Sakura zog mit beiden Händen an seinem Arm und er ließ los. Sakura schaffte es irgendwie die zwei Schritte zu Hinata und lehnte sich neben ihr an die Mauer, um wieder Halt zu finden. "Bist du okay?", flüsterte sie. Hinata nickte müde. "Das ist so peinlich", sprach Hinata flüsternd aus, was Sakura die ganze Zeit dachte. Sakura stöhnte nur leise zur Bestätigung und hielt sich den Kopf. "So schlimm ist es glaube ich nicht", hörte sie Neji belustigt zu Sasuke sagen. "Sie scheinen sich nicht mal übergeben zu müssen." "Jep!", sagte Naruto gut gelaunt. "Keine Sorge Hinata, wir waren alle schon betrunkener als ihr es gerade seid! Und da dran waren wir sogar selbst schuld. Das trifft bei euch ja nicht mal wirklich zu, also alles cool!" "Was jetzt?", fragte Neji pragmatisch. "Sowohl meine als auch Hinatas Eltern sind zuhause. So kann sie nicht mitkommen. Die drehen komplett durch, wenn sie sie so sehen!" "Bringen wir sie zu mir, bei mir ist übers Wochenende keiner Zuhause und sie kann ins Gästezimmer", sagte Naruto entspannt. "Okay", erwiderte Neji zögerlich. "Dann fahre ich nach Hause und sage ihren Eltern, sie hätte beschlossen bei Sakura zu übernachten." Hinata murmelte etwas, dass nach Zustimmung und 'danke' klang. Sakura fühlte sich plötzlich unendlich müde. Und erleichtert. Hinata ging es den Umständen entsprechend gut und sie würde keinen Ärger bekommen. Naruto war in Ordnung. In all den Jahren hatte sie ihn niemals etwas tun sehen, was jemanden verletzt hätte. Sie war sich sicher, dass Hinata gut aufgehoben sein würde. "Was ist mit Sakura?", hörte sie Naruto fragen. "Die nehme ich mit nach Hause", sagte Sasuke bestimmt. "Mein Vater und ihre Mutter haben mitbekommen, dass ich los bin, um sie zu holen. Also muss ich nun wohl oder übel auch wieder auftauchen. Ich krieg das schon hin." "Und du kannst ihnen natürlich nicht erzählen, dass Sakura bei Hinata wäre und sie stattdessen auch zu mir bringen." Warum sagte Naruto das so seltsam belustigt? Neji lachte und sie hörte wie Sasuke irgendetwas ärgerlich erwiderte, was nun beide zum Lachen brachte. Sie konnte sich einfach nicht mehr konzentrieren. Sie war so müde. Sie wollte schlafen. Ihr war immer noch übel und schwindelig, aber vor allem wollte sie sich einfach nur noch hinlegen. Sie spürte wie Hinata von der Mauer rutschte und 'bis morgen' murmelte. Sie spürte, wie Sasuke sich neben sie an die Mauer lehnte und hörte ihn telefonieren. Sie spürte die Wärme, die von seinem Arm dicht neben Ihrem ausging. "Komm, das Taxi ist da", hörte sie Sasuke sagen und seine Hand schloss sich fest um ihren Oberarm. Sie nahm dunkel wahr, dass er neben ihr auf der Rückbank saß und irgendwann wurde ihr klar, dass ihr Kopf an seiner Schulter lehnte. Das störte sie, aber sie war zu müde um etwas dagegen zu tun. Viel zu müde. Dann bekam sie erst wieder richtig was mit, als sie auf einem weichen Untergrund abgelegt wurde. Sie schreckte zusammen und wollte etwas sagen, aber ihr wurde eine Hand auf den Mund gedrückt. Das machte ihr Angst und sie versuchte die Hand beiseite zu schieben. "Shhhh", hörte sie Sasuke im Dunkeln. "Sei still! Oder willst du, dass deine Mutter und mein Vater dich so sehen? Sie sind noch wach, ich war eben unten und habe ihnen erzählt, dass du direkt hoch und ins Bett gegangen bist." Sasuke nahm seine Hand weg. Wieso? Wieso war er jetzt so nett? Sie würde nie verwinden, dass sie ihm nun etwas schuldete! Sakura nahm all ihre Kraft zusammen und setzte sich auf. "Musst du dich übergeben?" Sie schüttelte den Kopf. Ihr war schlecht, aber es war aushaltbar. Das Bett gab leicht nach, als Sasuke sich neben ihr auf die Bettkante setzte. "Hier ist eine Kopfschmerztablette, ich rate dir, sie jetzt zu nehmen, dann wird es morgen nicht so schlimm." Er drückte ihr etwas gegen die Lippen. Vermutlich die Tablette, kombinierte ihr Hirn. Sie durchfuhr ein Schauer, als seine Fingerkuppen kurz die Haut ihrer Lippen berührten. Schnell drehte sie den Kopf zu Seite, um die Berührung zu unterbinden. Sasuke drückte er ihr ein Glas in die Hand und Sakura trank es sofort fast leer. Ihre Augen hatten sich soweit an die Dunkelheit gewöhnt, dass sie im Mondlicht gerade so sehen konnte. Sie streckte die Hand nach der Tablette aus und er gab sie ihr. Sie schluckte sie mit dem letzten Rest Wasser hinunter und stellte dann unter Aufbietung all ihrer Kraft und Konzentration das Glas auf dem Nachttisch ab. Sie streifte ihre Schuhe ab und kroch aufs Bett. Wieder drehte sich alles und sie legte sich erschöpft auf den Rücken. "Danke", flüsterte sie und schloss die Augen, um nichts sehen zu müssen. Sie verabscheute sich. Sie war so bescheuert. Wie hatte sie so blöd sein können? Das war so peinlich! "Kein Problem." Er warf die Decke halb über sie. Sie schwieg und hoffte, dass er gehen würde. Aber das tat er nicht. Sie wollte schlafen. Sie war so unendlich müde. Aber solange er da war, konnte sie sich nicht entspannen. Und seine Anwesenheit beschämte sie. Sie wollte alleine sein. Aber er war immer noch da. Was tat er? "Warum hast du mir geholfen?", fragte sie schließlich in die Dunkelheit. Sie nahm wahr, dass sie ein wenig vorwurfsvoll klang. Das war unfair von ihr. Er hatte ihr geholfen und sie durfte nicht an ihm auslassen, dass sie sich so schämte. Aber es fühlte sich so schrecklich an, dass sie ausgerechnet seine Hilfe gebraucht hatte. Von Sasuke kam ein verächtliches Schnauben. "Machst dir wohl Sorgen, dass du mich jetzt nicht mehr in aller Ruhe verabscheuen kannst, was?" Sakura schwieg. Das zu sagen, nachdem er ihr gerade geholfen hatte, wäre herzlos gewesen. Aber ja. Das traf es einigermaßen. Doch Sasuke schien ihr Schweigen als Bestätigung zu verstehen. "Ich wollte einfach nicht, dass Ino kriegt, was sie will." Er stand von der Bettkante auf. "Dann schlaf mal schön deinen Rausch aus. Du kannst morgen zu mir angekrochen kommen und dir überlegen, wie du mir dafür danken möchtest, dass ich verhindert habe, dass irgendein Idiot deinen Zustand ausnutzt." Sein Tonfall war plötzlich wieder total herablassend. Oh wie sie ihn verabscheute! Fast wünschte sie sich, sie hätte sich nicht von ihm helfen lassen. Hatte sie nicht irgendeine andere Lösung finden können? Was hätte ihr passieren können, das schlimmer gewesen wäre, als das hier? 'Einiges', sagte diese rechthaberische, fiese Stimme in ihrem Hinterkopf. Sie schob sie bei Seite. Es war ja klar gewesen, dass er nicht einfach nett sein konnte. Dass er das nun für sich nutzen würde. "Du bist schrecklich", flüsterte sie. Sasuke lachte kalt und freudlos. Dann ging er. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)