Unspoken von Tasha88 ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Mit einer Hand schob Elsa die Broschüren vor sich hin und her. Das was sie heute in der Beratung erfahren hatte war viel gewesen, aber irgendwie auch ein wenig beruhigend. Sie war sich sicher, dass sie einiges schaffen konnte. In Deutschland gab es so viel Unterstützung in einer Situation wie der ihren. Und das musste sie jetzt ihren Eltern nahebringen. “Elsa”, begrüßten ihre Eltern sie, kaum dass ihr Videoanruf entgegengenommen worden war. Ihren Blicken konnte sie nicht entnehmen, wie diese gerade gelaunt waren. Ihre Mutter sah jedoch unglücklich aus, sie schien geweint zu haben. Elsas Herz zog sich zusammen. Das war sicherlich nur ihre Schuld. “Du hattest heute deinen Termin bei der Beratung?”, fragte Ryotaro. Sofort nickte seine Tochter. “Ja, richtig.” “Und was hast du erfahren?”, fragte Akane. Sie hörte sich müde an. Langsam zog Elsa ihre Schultern hoch. “Ähm”, murmelte sie und schob die Broschüren wieder zusammen, “wie gesagt, es gibt viel Unterstützung hier. Die Uni hat zum Beispiel einen Kindergarten mit Krippe, nur für die Studenten. Als Auslandsstudentin wäre mir ein Platz sicher, hat man mir gesagt. Und ich bekomme auch eine größere Wohnung, auch hier hilft mir der Status als Auslandsstudentin, um auf der Prioritätenliste ganz nach oben zu rutschen. Zudem gibt es finanzielle Hilfen. Erstlingsausstattungen und so weiter. Auch bezüglich meines Stipendiums habe ich mich erkundigt. Dieses wird nicht eingestellt sondern kann um bis zu zwei Jahre verlängert werden, ich muss einfach nur meinen Mutterpass und dann die Geburtsurkunde einreichen. Der mutmaßliche Entbindungstermin liegt Mitte Juli. Wenn alles gut geht und das Kind nicht früher kommt, könnte ich sogar an allen Prüfungen des Sommersemesters teilnehmen. Anschließend könnte ich ein Urlaubssemester nehmen um im folgenden Semester wieder durchzustarten. Das Kind könnte dann in den Kindergarten beziehungsweise in die Krippe. Wenn alles gut geht, dann könnte ich das Studium einfach ein Semester später abschließen, als geplant.” “Warte”, Akane setzte sich auf, blickte ungläubig in die Kamera, “du wirst doch nach Japan zurückkehren.” “Ich … ich hatte gedacht”, wieder senkte Elsa ihren Kopf, “dass ich hier bleibe, in Deutschland. Ich will das Studium zu Ende bringen, wie ich es geplant habe.” “Dann hättest du dich nicht schwängern lassen sollen”, tönte Ryotaros Stimme ungehalten durch die Lautsprecher ihres Laptops. Wieder zuckte Elsa zusammen. “Ich … ich kann es sicherlich schaffen, ich werde alles dafür tun”, murmelte sie. “Aber Elsa. Ein Studium und dazu ein Baby? Das ist nicht unbedingt einfach.” Akane schüttelte ihren Kopf. “Du darfst das nicht unterschätzen. Du kannst dein Leben nicht so einfach planen, da wird alles durcheinander gebracht. Dazu kommt im Normalfall ein großer Schlafmangel.” “Ich weiß”, antwortete Elsa sofort, “aber ich kann meinen Stundenplan so legen, dass ich keine großen Pausen zwischen den Vorlesungen habe. Das Baby ist in der Zeit in der Krippe. Und meine Hausarbeiten, lernen, all das mache ich dann eben wenn das Baby schläft. Ich habe mir das selbst eingebrockt, also muss ich es auch selbst auslöffeln.” “Elsa, dein Studium hat noch nicht richtig begonnen. Am sinnvollsten wäre es, du brichst es jetzt ab und kommst zurück. Wenn das Kind auf der Welt ist kannst du irgendwann ja hier beginnen zu studieren.” Ryotaro runzelte seine Stirn. Elsas Plan gefiel ihm nicht. Es war ihm überhaupt schon schwer gefallen, ihrem Wunsch zu entsprechen, dass sie im Ausland studieren konnte. Dass sie schwanger war gefiel ihm noch weniger, aber daran konnte er nichts mehr ändern. “Zudem sind wir hier, Elsa. Deine Familie. Wir können dich unterstützen. Sowohl mit dem Baby als auch während deines Studiums.” Akane legte ihren Kopf schräg und wirkte verzweifelt. “Aber ich will es probieren, unbedingt.” Elsa blickte ihre Eltern an. “Ich würde es bereuen, hätte ich es gar nicht versucht sondern gleich aufgegeben. So habt ihr mich nicht erzogen.” “Wir haben dich aber auch nicht so erzogen, dass du dich einfach so von einem X-beliebigen Kerl schwängern lässt!” Sich auf die Lippen beißend, musste Elsa schwer schlucken. Ihr Vater war wirklich sehr verärgert. “Mama, Papa”, begann sie leise, “ich will es versuchen, bitte. Ich habe mir wirklich viele Gedanken gemacht, wie es zu schaffen ist. Wenn es nicht funktionieren sollte, dann ist es so. Dann habe ich eben versagt, aber keiner kann behaupten, dass ich es nicht wenigstens versucht habe.” Ein Seufzen entkam ihrem Vater und er rieb sich die Schläfen. “Ich kann nicht sagen, dass du dir keine Gedanken gemacht hast, das ist richtig. Das alles klingt auch durchdacht, trotzdem …” “Papa, bitte.” Flehend sah seine Tochter ihn an. Ryotaro ließ seine Hand sinken. “Lass mich darüber nachdenken, ja?” Schnell nickte sie. Das war mehr, als sie zu hoffen gewagt hatte. Dass er ihr sofort zustimmen würde, war sehr unwahrscheinlich gewesen. “Ich”, sagte ihre Mutter in dem Moment und sowohl Elsa als auch Ryotaro wandten ihre Aufmerksamkeit ihr zu. Sie sah auf. “Ich habe gerade überlegt, dass wenn du in Deutschland bleiben willst, dass ich vielleicht zu dir komme.” “Was?” “Wie?” Akane wurde ungläubig angeblickt. Sie legte ihren Kopf schräg. “Du hast gesagt, dass der Termin im Juli ist?” Auf das Nicken fuhr sie fort. “Ich könnte ungefähr zwei, vielleicht drei Wochen vorher zu dir kommen. Und dann das erste halbe Jahr bei dir, bei euch bleiben, dich unterstützen. Und wenn du dann einen Krippenplatz bekommst, gehe ich. Natürlich ist es vielleicht eine doofe Situation, ich meine”, ihr Blick wanderte zu ihrem Ehemann, “du und Gregor braucht mich sicher auch, aber ihr kommt allein besser klar, als Elsa und das Baby.” “Ich … ich weiß nicht”, brachte Ryotaro ungläubig vor. Damit hatte er nicht gerechnet, doch nicht nur er. “Mama … ich weiß auch nicht. Du kannst doch nicht meinetwegen …” “Elsa, du bist meine Tochter, ich liebe dich. Ich will in dieser Situation für dich da sein, dich nicht allein lassen. Und wenn du nicht hierher kommen willst, dann komme ich eben zu dir.” “Mama …” Und schon liefen Elsa Tränen über die Wangen. Auch ihre Mutter weinte, sodass Ryotaro seinen Arm um sie legte und sie sanft an sich zog. “Wir werden sehen”, gab er leise von sich und strich sich mit der anderen Hand über den Nacken. Man konnte Elsas Eltern ansehen, dass sie mit der ganzen Situation mehr als überfordert waren. “Aber gut, wie geht es dir denn, Elsa? Das haben wir dich bisher gar nicht gefragt”, erklärte ihre Mutter und wischte sich über die Augen. “Ich …”, Elsa zuckte mit ihren Schultern und wischte sich ebenfalls über die Augen. “Ganz ehrlich? Scheiße! Ich wollte das alles doch nicht … Aber ansonsten, mir ist einfach nur schlecht und ich muss mich seit drei Tagen übergeben. Ich weiß ja, dass es die Morgenübelkeit gibt, aber mir ist von morgens bis abends schlecht …” “Versuche mal, morgens etwas Zucker zu dir zu nehmen, ehe du aufstehst. Ein Tee mit viel Zucker, vielleicht Cola oder nur ein Bonbon lutschen, das hat deiner Mutter immer geholfen.” Erstaunt wurde Ryotaro wieder angesehen. “Das weißt du noch?”, fragte Akane. “Äh, ja. Ich erinnere mich an ziemlich viel.” Er zuckte verlegen mit den Schultern, entlockte seiner Ehefrau ein Lächeln. Diese wandte sich gleich darauf ihrer Tochter zu. “Ich hatte auch oft einfach eine Scheibe Brot dabei, an der ich dann geknabbert habe. Die Übelkeit geht durch essen weg, allerdings ist einem meistens so schlecht, dass man gar nichts essen kann.” “Das ist wohl eher mein Problem”, erklärte Elsa und grinste schief. “Es wird vorbeigehen, Elsa. Spätestens, wenn das Baby da ist.” Akane sah sie aufmunternd an. “Dann bekommst du andere Probleme, versprochen.” Ryotaro sah seine Tochter ebenfalls an, wirkte aber sehr ernst. “Spätestens, wenn es dich mit neunzehn, fast zwanzig Jahren zu Großeltern macht.” Elsas Augen weiteten sich. Was sollte sie nun sagen? Doch ihr Vater schien gar keine Entgegnung zu erwarten. “Was ist mit Gregor? Können wir es ihm jetzt sagen?” Sie schüttelte ihren Kopf auf die Frage ihrer Mutter. “Nein. Ich … ich werde es ihm zum gegebenen Zeitpunkt sagen, versprochen.” “Gut.” Ihre Eltern seufzten. “Liebes, du machst uns das Leben wirklich schwer”, gab Ryotaro von sich. “Das wollte ich nicht”, schluchzte sie. “Das wissen wir.” Akane legte eine Hand auf die ihres Ehemannes und drückte diese sanft. “Aber trotzdem ist es schwer. Zudem bist du noch dazu so weit weg, das macht es nicht besser. Nun müssen wir das Beste aus der ganzen Situation machen, denn wir können nichts mehr daran ändern.” Nickend gab Elsa ihre Zustimmung. Ihre Mutter hatte recht. Man konnte nichts mehr ändern. Sie war hier in Deutschland und sie war schwanger. Von einem Mann, dem sie das Herz gebrochen hatte. ~~~ “Hey Gregor.” Daniel ließ sich neben seinen Freund auf die Bank fallen. Die Kickers wollten nun trainieren. Es war ein wenig komplizierte geworden, seitdem ein paar von ihnen die Schule beendet hatten und studierten. Aber sie bekamen es hin, sie hatten ihre Trainingszeiten umlegen müssen, aber man konnte alles schaffen, was man erreichen wollte. “Was gibt es, Daniel?”, fragte Gregor seinen Kumpel, während er seine Schuhe zu band. “Wie geht es eigentlich deiner Schwester? Du hast noch gar nicht erzählt, was sie in Deutschland so macht”, fragte der Jüngste der Kickers neugierig. “Och, ich muss gestehen”, Gregor hob sich eine Hand und fuhr verlegen durch seine Haare am Hinterkopf, “ich höre gar nicht so viel von ihr. Sie studiert halt und es scheint ihr Spaß zu machen. Zumindest habe ich bisher keinerlei Beschwerden gehört. Aber tatsächlich”, er ließ seine Hand sinken und zuckte stattdessen mit den Schultern, “haben wir viel weniger Kontakt, als ich gedacht habe. Irgendwie ist sie ständig unterwegs und auch die Zeitverschiebung ist nicht zu verachten.” Er seufzte, während sich die anderen Kickers ihm zuwandten. “Und wann besuchst du sie?” Kevin stemmte seine Hände in die Seiten. Am liebsten würde er mit seinem Kumpel mitkommen. Deutschland klang so exotisch, er würde gerne dorthin. Gab es da nicht auch schon Alkohol ab sechzehn? Zudem hieß es immer, das deutsche Bier wäre echt gut. Das würde er gerne testen. “Nicht so schnell wohl … ich habe zwar gemeint, dass Conny und ich sie dann bald besuchen kommen, aber aktuell schiebt sie das immer von sich, sobald ich sie darauf anspreche.” Keiner von ihnen bemerkte, wie ihr Kapitän, der sich auch im Clubhaus aufhielt, zusammen zuckte. Elsa … egal wie sehr er es versuchte, er bekam sie einfach nicht aus seinem Kopf. Er träumte sogar sehr oft von ihr. Und in vielen der Träume erlebte er wieder das, was in der Nacht, bevor sie geflogen war, passiert war. Wenn er dann erregt aufwachte, fiel ihm wieder ein, was sonst noch passiert war, was sie gesagt hatte. Es war jedes Mal wie ein Schlag in den Magen. Er wollte nicht über Elsa nachdenken, nicht von ihr träumen und erst recht nichts von ihr hören. Das hatte er seinem besten Freund auch gesagt und es kam Gregor zugute, dass dieser die Wünsche seines besten Freundes im Normalfall akzeptierte und kein Wort über seine Schwester verlor. Doch gerade schien der Jüngere nicht daran zu denken, aber gut, sollte er Daniel etwa sagen, dass er wegen ihm nicht über Elsa reden durfte? “Sie scheint sich auch irgendwas eingefangen hat, denn als ich vor zwei Tagen mit ihr telefoniert habe, ist sie plötzlich aufgesprungen und davon gerannt. Sie hat sich übergeben müssen.” “Ohje, meinst du, sie hat das deutsche Essen nicht vertragen?” Sascha klang besorgt. “Meinst du echt?”, fragte Tino den Größeren. “Ich glaube wirklich, dass das deutsche Essen relativ gut verträglich ist, daran kann es also nicht gelegen haben”, mischte sich auch Philipp ein. Mario blickte über seine Schulter und Sorge machte sich in ihm breit. Elsa ging es nicht gut? Hoffentlich würde sie sich bald wieder erholen und … Sein Gesicht verdüsterte sich und kurzerhand zog er seine Kappe tiefer ins Gesicht. Sie hatte sein Mitleid nicht verdient. Er wollte auch kein Mitleid mit ihr haben. Alles für was er gut war, war ein Entspannungs-Fick? Dabei hatte er ihr noch seine Gefühle gestanden. Scheiße verdammt nochmal! Er drehte sich wieder um und knallte seine Spindtüre mit einem lauten Schlag zu. “Wir sollten trainieren! Alles andere ist hier nicht von Belangen!” Die Kickers sahen ihm hinterher, als er wutschnaubend das Clubhaus verließ. “Oh man, er muss sie echt vermissen”, murmelte Tommy. “Es ist sicher schwer für ihn”, stimmte auch Benjamin zu. Gregor sah seinem besten Freund schuldbewusst hinterher. Er wusste, was tatsächlich in diesem vorging und dass Mario eigentlich nicht über Elsa sprechen wollte. Doch als die anderen ihn nach seiner Schwester gefragt hatten, hatte er darüber nicht nachgedacht. Mist, er musste wirklich besser darauf achten, in Marios Anwesenheit nicht über Elsa zu reden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)