Unspoken von Tasha88 ================================================================================ Kapitel 14: Kapitel 14 ---------------------- Mit schnellen Schritten war Elsa auf dem Weg zum Kindergarten, um Masaru abzuholen. Sie wühlte in ihrer Handtasche um zu schauen, ob sie noch von den Lieblingsknabbereien ihres Sohnes dabei hatte. Zufrieden schloss sie ihre Tasche gleich darauf. Doch, alles war eingepackt. Sie hob ihren Kopf und blieb im nächsten Augenblick abrupt stehen. Wie erstarrt sah sie zu dem Mann, der vor dem Kindergarten stand. Er hatte sich an der Wand angelehnt, ein Fuß dagegen gestützt, die Arme vor seinem Oberkörper verschränkt. Als sich ihre Blicke trafen, stieß er sich von der Wand ab und machte zwei Schritte auf sie zu, während er seine Hände in seine Hosentaschen schob. “Mario.” Mit stark schlagendem Herzen trat Elsa unsicher auf ihn zu und schob sich das Band ihrer Tasche über die Schulter. “Was machst du denn hier?”, fragte sie verunsichert. “Was wohl? Ich will meinen Sohn sehen!” Seine Stimme klang sehr ungehalten, schon fast knurrend. “Meinst du, dass das …” “Elsa, es ist mir völlig egal, was du denkst oder meinst! Ich will ihn sehen und ich kann da nicht einfach reingehen, daher habe ich auf dich gewartet. Also können wir?” Mario deutete auf den Eingang, ehe er sich umdrehte und einfach loslief, ohne auf sie zu warten. Elsas Herz schlug immer noch sehr schnell. Alles in ihr zog sich zusammen. Dass er immer noch wütend war, konnte sie ja verstehen, das hatte er ihr vor zwei Tagen ja auch eindeutig klar gemacht. Schnell machte sie, dass sie ihm hinterher kam. “Wir müssen hier entlang”, gab sie leise von sich und ging an ihm vorbei, als er direkt vor der Eingangstüre stehen blieb. Ohne eine Antwort abzuwarten, lief sie in den hinteren Teil des Gebäudes, wo Masarus Gruppe untergebracht war. Dort öffnete sich gerade die Türe und eine Erzieherin kam heraus. Ihr Blick fiel auf Elsa. “Ah, sehr schön. Masaru, deine Mama ist da”, rief sie über ihre Schulter in den Raum hinein. Der kam gleich aus dem Raum gehüpft. “Mama!” Begeistert schwenkte er ein Blatt Papier. “Bild gemalt! Da Mama und Masaru!”, rief er und stoppte direkt vor ihr, um ihr das Bild zu präsentieren. “Oh, das hast du aber schön gemacht”, lobte Elsa ihn und ging in die Hocke, um das Bild in die Hände zu nehmen. In dem Augenblick fiel Masarus Blick auf Mario. “Fußball-Onkel!”, rief er laut und rannte zu ihm, um sich in seine Arme zu werfen. “Hallo mein Großer”, begrüßte er diesen und drückte ihn sanft an sich. Der Blick der Erzieherin richtete sich auf Mario. “Oh, ich kenne Sie doch. Sie ein Freund seines Onkels, richtig?” Der Angesprochene nickte und stand auf, sein Blick verfinsterte sich, während er eine Hand auf Masarus Kopf liegen ließ. “Wie sich herausgestellt hat, bin ich wohl tatsächlich Masarus Vater. Sie hatten mit ihrer Aussage bezüglich des ähnlich sehens also recht”, gab er dabei leise von sich, so dass sein Sohn ihn nicht verstehen konnte. “Oh.” Die Erzieherin sah von ihm zu Elsa. Deren Wangen färbten sich rot. “Mario …”, gab sie leise von sich. “Spar es dir, Elsa! Was du gebracht hast geht gar nicht!” Oh ja, er war mehr als wütend. Unsicher hob sie ihre Schultern. “Du weißt doch, warum ich das getan habe”, brachte sie überfordert hervor. “Es ist nicht entschuldbar, dass du mir das so lange verschwiegen hast, Elsa Daichi!” Sein Blick richtete sich aus blitzenden Augen auf sie. Sofort zuckte Elsa zusammen. “Mario, können wir darüber wann anders reden und nicht hier?”, fragte sie. Unsicher blickte sie ihn an. “Wenn du überhaupt mit mir redest, das hast du die letzten fast vier Jahre ja auch nicht!” “Mario, bitte. Du weißt …” “Spar es dir, Elsa.” “Na komm mal, Masaru. Wir beide gehen dir kurz die Schuhe anziehen.” Die Erzieherin nahm diesen an der Hand und ging mit ihm zu Garderobe. Dabei sah sie nochmal zu dessen Eltern. “Nicht vor dem Jungen bitte.” Peinlich berührt nickten Elsa und Mario. Das hatten sie beide nicht wollen. Mario ballte seine Hände zu Fäusten und schob sie tief in seine Hosentaschen. Er ging ein paar Schritte zur Seite. Er konnte seine Emotionen bezüglich Elsa aktuell einfach nicht kontrollieren, aber das wunderte sicherlich niemanden. Was erwartete man auch von ihm? Dass er das einfach so hinnahm, was sie gebracht hatte? Dass sie ihm verschwiegen hatte, dass er einen Sohn hatte? Dass sie diesem verschwiegen hatte, dass er sein Vater war? Er biss seine Zähne zusammen und sah zur Seite, so dass sein Blick ja nicht auf Elsa traf. Er konnte für nichts garantieren. Auch sie wich seinem Blick ab, starrte betreten auf den Boden. Beide schwiegen, bis die Erzieherin mit Masaru wieder zurückkam. “Ähm, Akiko”, richtete Elsa leise an sie. “Ja, Frau Daichi?” Fragend sah die Angesprochene sie an. “Wenn Mario, also Herr Hongo, Masaru zukünftig auch abholen soll, muss ich da noch irgendetwas veranlassen oder reicht es, wenn ich es Ihnen sage?” Die Erzieherin blickte erstaunt auf, ehe sie lächelte. “Sie müssten mir da noch kurz einen Berechtigungszettel ausfüllen. Wollen Sie ihn mitnehmen und uns morgen wieder mitbringen oder gleich hier ausfüllen?” “Wenn es okay ist”, Elsa blickte unsicher zu Mario, der sie mit großen Augen erstaunt ansah, “dann würde ich ihn gleich unterschreiben.” “Dann kommen Sie doch mit mir mit ins Büro.” Elsa nickte, ehe sie sich Masaru zuwandte. “Schatz, bleibst du kurz bei Mario? Ich bin gleich wieder da.” Sie richtete sich auf, sah zu dem Vater ihres Sohnes, der mit ihrer Aktion wohl nicht gerechnet hatte. “Kannst du so lange nach ihm schauen?” “Natürlich. Wir warten hier auf dich, nicht wahr, Großer?” Er legte erneut eine Hand auf Masarus Kopf. Der Junge war zu ihm getreten, sah jetzt auf und lächelte ihn strahlend an. Elsa folgte der Erzieherin und füllte gleich darauf den Zettel aus, der Mario zukünftig dazu berechtigte, ihren gemeinsamen Sohn ebenfalls abzuholen, auch ohne dass sie dabei war. “Es tut mir leid, dass wir das Ganze hier vor Ihnen und vor allem Masaru so herausposaunt haben. Das wollte ich eigentlich nicht. Wir … ich habe es ihm erst vor zwei Tagen gesagt, dass er …” Sie stockte und Tränen traten in ihre Augen. “Ich habe das nicht gemacht, um ihn zu verletzen”, flüsterte sie. “Ich wollte sein Leben nur nicht so beeinflussen, beeinträchtigen. Wir waren doch beide erst neunzehn, als ich schwanger geworden bin. Ich wollte ihn sein Leben leben lassen, deswegen habe ich es ihm nicht gesagt. Zudem war ich doch gar nicht in Japan und Deutschland war so weit weg. Ich weiß, dass es nicht richtig von mir war, aber …” Erneut brach sie ihren Satz ab und fuhr mit der Hand über ihre nassen Wangen. “Entschuldigen Sie erneut, ich wollte Ihnen das alles gar nicht so vorheulen.” “Schon in Ordnung.” Die junge Frau lächelte und nahm den Zettel entgegen, den Elsa ausgefüllt und unterschrieben hatte. “Frau Daichi”, richtete sie anschließend an diese. “Ja?” “Ich hoffe ich trete Ihnen nicht zu nahe, aber … wir haben Herrn Hongo vor einiger Zeit einmal getroffen, als wir mit der Gruppe einen Ausflug gemacht haben. Auch wenn Masaru bisher nicht wusste, dass Herr Hongo sein Vater ist, er mag ihn sehr. Und so wie ich Herrn Hongo beobachtet habe, sieht es auf dessen Seite ebenso aus. So wie ich es sehe würde ich sagen, es ist ihm einfach nur wichtig, jetzt ein Teil von Masarus Leben zu sein. Und ich bin mir sicher, Ihrem Sohn kann es auch nicht schaden.” Ein kleines Lächeln erschien auf Elsas Zügen. “Danke, Akiko. Ich … ich will versuchen, dass Mario ein Teil von Masarus Leben ist. Das hätte ich ihn schon früher sein lassen sollen … Aber ich hoffe”, sie sah auf den Zettel, den die Erzieherin gerade in einem Ordner abheftete, “dass das ein Beginn ist.” “Ich denke schon. Aber vergessen Sie nicht, wenn es kein Notfall ist, uns morgens Bescheid zu geben, wer vorbeikommt und Masaru abholt.” “Das mache ich. Und eine Bitte hätte ich noch an Sie.” Die Erzieherin blickte auf Elsas Aussage fragend auf. “Wir haben es Masaru noch nicht gesagt, dass Mario tatsächlich … dass er sein Vater ist. Aktuell ist es für ihn noch sein Fußball-Onkel. Wir … wollen es zur richtigen Zeit machen und …” “Ich verstehe, Frau Daichi. Wir werden Masaru gegenüber nichts sagen.” Dankbar nickte Elsa auf Akikos Worte, dann verließen die Frauen gemeinsam das Büro. Die Erzieherin verabschiedete sich von Masaru und dessen Eltern, ehe sie wieder in die Gruppe gingen. Mario und Elsa verließen gemeinsam mit ihrem Sohn das Kindergartengebäude und blieben davor stehen. “Habt ihr heute noch etwas geplant?”, richtete Mario an die Mutter seines Sohnes, die nach einem kurzen Zögern den Kopf schüttelte. “Nein, haben wir nicht.” “Ich würde gerne mit Masaru in den Tierpark gehen, wenn es für dich in Ordnung ist.” Der Griff von Elsas Händen festigten sich. Die eine um das Band ihrer Tasche, die andere um Masarus Hand. Erneut zögerte sie. Sie biss sich auf die Unterlippe, ehe sie auf ein Knie ging und ihren Sohn anblickte. “Schatz, Mario möchte gerne noch mit dir in den Tierpark. Was meinst du, hast du Lust?” Das Strahlen in Masarus Augen war eigentlich schon Aussage genug. “Ja, Fußball-Onkel Tiere anschauen!” “Dann macht ihr das doch.” Elsa griff nach Masarus kleinem Rucksack. Sie verstaute die Knabbereien aus ihrer Handtasche in diesem und überprüfte, dass noch genug zum Trinken in seiner Flasche war, ehe sie sich wieder aufrichtete. Sie wandte sich dem vor ihnen Stehenden zu. “Kommst du mit?”, fragte er in dem Augenblick und überraschte sie damit. Sie war sich sicher gewesen, dass er sie nicht sehen wollte, was sie ihm auch nicht verübeln konnte. Zangsam nickte sie. “Wenn … es für dich okay ist? Ansonsten könnt ihr zwei auch ohne mich gehen. Du solltest ihn nur bis …” “Elsa, ich hätte dich nicht gefragt, wenn ich es nicht so meinen würde. Alles andere wäre Schwachsinn.” Mit hochgezogenen Augenbrauen seufzte er. Sofort zog Elsa ihre Schultern hoch, ehe sie ein weiteres Mal nickte. “Dann würde ich gerne mitkommen”, antwortete sie auf seine Frage. “Gut. Dann gehen wir. Hey Großer”, er sah Masaru an, “kommst du mit?” Er hielt ihm seine Hand entgegen, die von dem Jungen gleich ergriffen wurde. Elsa sah den beiden hinterher. Mario war nicht gut auf sie zu sprechen, das war ihr bewusst und er hatte jedes Recht dazu. Als er mit ihr gesprochen hatte, hatte sie ihm trotz seiner Einladung und ihrer Aussage dazu, ansehen können, dass er sie gerade nicht sonderlich ausstehen konnte. Doch kaum dass er sich ihrem gemeinsamen Sohn zugewandt hatte, hatte sich seine ganze Ausstrahlung gewandelt. Es war nichts mehr von der Ablehnung zu spüren, die er ihr gegenüber empfand. Er lächelte, strahlte über das ganze Gesicht und sie konnte nachvollziehen, was Masarus Erzieherin vorher gemeint hatte. Sein Sohn lag Mario wirklich am Herzen. Er wollte sein Vater sein, nicht nur sein Erzeuger und das würde sie ihm niemals nehmen. Mario sollte Teil von Masarus Leben sein. “Kommst du?”, rief Mario da über seine Schulter, ohne sie anzusehen. “Ich komme”, antwortete Elsa und folgte ihm gleich darauf. ~~~ Sie hatten viel Spaß gehabt und nach fast drei Stunden lieferte Mario Masaru und Elsa bei Daichis ab. Er ging in die Knie und umarmte seinen Sohn fest, ehe dieser ins Haus hineinging. “Ich komme gleich nach”, richtete Elsa an ihre Mutter, die den Jungen in Empfang nahm. Anschließend trat sie wieder nach draußen, wo Mario noch stand. Sie schloss die Türe hinter sich und trat auf ihn zu. Mit genug Abstand blieb sie vor ihm stehen. “Mario”, begann sie und zögerte, schien zu überlegen, was sie sagen sollte. Sie schloss kurz die Augen, ehe sie lächelte. “Ich wollte dir für den Ausflug danken. Masaru hat es wirklich sehr gefallen.” “Das hat es mir ebenso.” Auch er stockte einen Moment, ehe er weitersprach. “Danke, dass ihr mitgekommen seid. Beziehungsweise, dass du ihn auch allein mit mir hättest gehen lassen.” Sie hob ihre Schultern. “Du bist sein Vater … und … ich vertraue dir. Das habe ich schon früher, würde ich auch heute wieder. Auch wenn wir beide … wenn ich … Egal was, ich weiß, dass Masaru bei dir in guten Händen ist. Ich weiß auch, dass du nicht gut auf mich zu sprechen bist. Nicht aktuell, vielleicht auch nie wieder. Aber egal wie”, sie legte ihren Kopf schräg, “du bist sein Vater und ich fände es schön, wenn du ein Teil seines Lebens bist.” Er nickte. “Das möchte ich sehr gerne. Ich mochte ihn schon, bevor ich wusste, dass er mein Sohn ist. Obwohl ich wusste, dass er dein Sohn ist.” Diese Aussage stach in Elsas Herz, doch sie ließ es sich nicht anmerken. “Jetzt weiß ich, dass er ein Teil meines Herzens ist. Also nochmal, ja, ich will ein Teil seines Lebens sein und ich werde alles dafür geben.” Mario ballte entschlossen seine Hände zu Fäusten, ließ seinen Blick fest auf Elsa gerichtet. Schüchtern lächelten sie sich einen Augenblick an, ehe sie beide wieder ernst wurden. “Vielleicht sollten wir ihm wirklich bald sagen, dass du sein Vater bist. Meinst du nicht auch”, Elsas legte eine Hand auf ihren anderen Oberarm und hielt sich verunsichert daran fest, “dass sich Papa schöner anhört als Fußball-Onkel?” Als sich Marios Augen weiteten, riss sie ihre auf. “Das … das tut mir leid, er muss dich natürlich nicht Papa nennen, das muss nicht sein. Vielleicht finden wir auch eine andere Bezeichnung als Fußball-Onkel. Er kann dich ja auch Mario nennen oder -” “Elsa”, unterbrach er ihr nervöses Geplapper, “ich fände es wundervoll, wenn Masaru Papa zu mir sagen würde.” Erleichterung überkam Elsa. Da fiel ihr noch etwas ein. “Ähm, meinst du, wir sollten vielleicht unsere Handynummern tauschen? Dann ist es vermutlich einfacher, Absprachen bezüglich Masaru zu treffen.” “Das klingt sinnvoll.” Mario zog sein Handy aus seiner Hosentasche und trat zu ihr, ließ den Abstand zwischen ihnen verschwinden. Nachdem sie die Nummern getauscht hatten, sah er sie ernst an. “Danke dir nochmal für den Nachmittag. Ich gehe dann nach Hause. Und wir schreiben die Tage und überlegen, wie wir es mit Masaru machen.” “Ja.” Elsa nickte und beobachtete, wie er sich auf den Weg machte. Am Gartentörchen blieb er stehen und drehte sich noch einmal zu ihr um. “Elsa, ich wollte noch danke sagen, dass du mir die Berechtigung ausgestellt hast, dass ich Masaru ebenfalls im Kindergarten abholen darf. Das bedeutet mir ebenfalls viel.” Wieder konnte sie nur nicken, dann ging er davon und ließ eine junge Frau stehen, deren Herz gerade durchzudrehen schien. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)