Unspoken von Tasha88 ================================================================================ Kapitel 16: Kapitel 16 ---------------------- Erleichtert schaltete Mario seinen PC aus. Feierabend. Er wollte gleich zu Daichis um Masaru zu sehen. Vielleicht würden sie beide mit Gregor eine Runde Fußball spielen, Masaru liebte es ebenso wie sein Onkel. Bisher hatte er sich immer gedacht, dass die Fußballversessenheit des Jungens von Gregor herkommen würde, aber jetzt, wo er wusste, dass Masaru sein Sohn war, war er sich bezüglich dessen nicht mehr sicher. Oder man konnte wohl sagen, dass es von beiden Seiten der Familien kam … Mario richtete sich auf und griff nach seiner Tasche, um diese über die Schulter zu hängen. Okay, Fußballversessenheit war nichts, was sich vererben ließ, aber er redete sich das gerne ein, irgendwie fand er es süß. Und wie immer bei den Gedanken an seinen Sohn, musste er lächeln. Dieser kleine Junge … Er hatte sein Herz in Sekundenschnelle erobert. Ob sein Herz schon vom ersten Augenblick an gewusst hatte, dass dieser kleine, freche Junge mit den großen Augen und dem süßen Lächeln sein Sohn war? Vielleicht war es tatsächlich so, es würde ihn nicht wundern. Oder hatte er Elsa in ihm erkannt? Auch wenn er eindeutig wie er aussah? Vielleicht … immerhin hatte Elsa sein Herz damals auch gefühlt in Sekundenschnelle erobert. Nachdenklich ging Mario in Richtung der Eingangstüre des Unternehmens, für das er arbeitete. Elsa - sie war für ihn bis vor ein paar Monaten die Liebe seines Lebens gewesen. Dann hatten sie miteinander geschlafen und das was sie gesagt hatte, als er ihr sein Herz vorgelegt hatte, hatte es in Scherben gebrochen und seine Gefühle gedämpft. Wobei, war gedämpft das richtige Wort? Er hatte sie die letzten Jahre, als sie in Deutschland gewesen war, nicht einen Moment vergessen können. Jede Frau, die er sich getroffen, mit der er geschlafen hatten, hatte er automatisch mit ihr verglichen und alle waren ausnahmslos durchgefallen. Elsa war einzigartig. Mit ihr zu schlafen hatte alles, seine Gefühle und Empfindungen, nur noch verstärkt. Und dann war herausgekommen, dass sie ihm verschwiegen hatte, nach ihrer einzigen gemeinsamen Nacht schwanger geworden zu sein, geschweige denn, dass sie seinen Sohn auf die Welt gebracht hatte. Diese, ja, doch, diese Unverfrorenheit hatte dafür gesorgt, dass die Gefühle, die er für sie hatte, durch eine ziemliche Wut überschrieben wurden. Er war immer noch nicht sonderlich gut auf sie zu sprechen und es kam öfter vor, dass sie sich in die Haare bekamen. Die Gedanken drehten sich regelrecht in seinem Kopf, während er die Treppe hinunter lief, die ihn ins Erdgeschoss und dort dann aus dem Gebäude bringen würden. Elsa hatte ihn erst vor ein paar Tagen gefragt, ob er ihr es ihr restliches Leben lang vorwerfen würde, dass sie ihm das alles verschwiegen hatte. Wenn er ehrlich zu sich selbst war - er wusste es nicht. Vielleicht würde es so sein, vielleicht auch nicht. Er hoffte auf zweiteres. Er wollte nicht wütend sein, er wollte es ihr nicht übelnehmen, aber gerade konnte er nichts gegen diese Gefühle tun. Bisher konnte er auch nicht ganz sagen, warum er auf die Idee gekommen war, mit ihr zusammen zu ziehen. Natürlich würde das vieles mit Masaru mehr als nur vereinfachen, aber wie würde es mit ihnen beiden funktionieren? Würde es funktionieren, mit der Frau zusammenzuwohnen, die sein Herz so viele Jahre ohne es zu wissen in den Händen gehalten hatte? Die Frau, die ihm das Herz in mehr als nur einer Hinsicht gebrochen hatte? Doch was hatte Akane gesagt? Sie beide mussten eine gemeinsame Lösung für ihren Sohn finden. Und genau das wollte er tun. Er öffnete die Eingangstüre des Gebäudes, in dem er arbeitet und trat hinaus. Im nächsten Moment blieb er abrupt stehen. “Elsa”, richtete er erstaunt an die junge Frau, über die er gerade noch nachgedacht hatte. “Was machst du hier?” Sie trat auf ihn zu, zog ihre Jacke etwas enger um sich, was er verstehen konnte. Es war Oktober, es wurde jetzt immer kühler. “Ich wollte mit dir reden”, richtete sie unsicher an ihn. “Ähm … eigentlich wollte ich zu euch kommen und Masaru …” “Gregor und Conny schauen nach ihm. Ich soll dir ausrichten, dass du meinem Bruder einfach anrufen sollst, wenn wir fertig sind.” Elsa stockte. “Ähm … wenn du überhaupt Zeit hast, mit mir zu reden … oder Lust”, schob sie leise hinterher. Verwundert runzelte Mario seine Stirn, ehe er nickte. Sein Blick fiel auf seine Uhr. 15.30 Uhr. Er versuchte immer recht früh mit seiner Arbeit zu beginnen, um früh Feierabend machen und diesen mit seinem Sohn verbringen zu können. “Sollen wir einen Kaffee trinken gehen? Oder einen Tee, was dir lieber ist.” Erleichterung legte sich über seine Besucherin und sie nickte. “Sehr gerne. “Dann komm mit. Da vorne ist ein kleines Café.” ~~~ Eine Viertelstunde hatten sie einen Kaffee bestellt und saßen sich gegenüber. “Was gibt es, Elsa?”, richtete Mario an seine Gegenüber. Sie sah ihn ernst an. “Ich … hätte ehrlich gesagt noch ein paar Fragen an dich bezüglich deiner Vorstellung von … vom Zusammenwohnen mit Masaru.” Erstaunt sah er auf. Er hätte sich gut vorstellen können, dass sie dem Thema gerne noch eine Weile aus dem Weg gegangen wäre. Immerhin hatte sie das letzte, sehr sehr wichtige Thema fast vier Jahre nicht angesprochen. “Was willst du genau wissen?” Er drückte seine Hände unter dem Tisch gegeneinander, bemühte sich, ruhig zu wirken. Er wollte nicht, dass sie ihm anmerkte, wie aufgewühlt er war. “Alles”, antwortete sie und grinste schief. Genau in diesem Augenblick brachte der Kellner ihren Kaffee. Elsa schloss ihre Hände um die Tasse, um diese aus dem Weg zu haben. Mario tat es ihr gleich. “Du hast gesagt, dass du ab November in deine Wohnung einziehen kannst?” “Ja, das ist richtig. Ich habe sogar schon gestern die Schlüssel bekommen, weshalb ich keine Zeit hatte und nicht vorbeikommen konnte.” Marios Gesicht verzog sich. “War das für Masaru in Ordnung? Oder war er traurig? Muss ich …” Noch ehe er weitersprechen konnte, legte sich Elsas Hand auf eine der seinen an der Tasse. “Mario”, sie schmunzelte, “alles gut. Natürlich war er ein kleines bisschen traurig, er freut sich immer, wenn er dich sieht, das ist dir hoffentlich klar. Und du hast ihn ja gestern noch per Videoanruf angerufen. Keine Sorge, so schnell vergisst er dich nicht, da bist du ihm zu wichtig.” Ihr Gesicht wurde ernst. “Das … ist auch der Grund, weshalb ich denke”, sie biss sich auf ihre Unterlippe, “dass dein Vorschlag, so schwer es mir auch fällt, richtig ist.” Sie holte tief Luft. “Aber … ich …” Erneut stockte sie und Tränen traten in ihre Augen, legte ihre Hand zu der anderen um die Tasse. “Ich … ich kann nicht einfach …” “Du willst oder kannst nicht von ihm getrennt sein”, beendete Mario ihren Satz und sah sie verständnisvoll an. Daraufhin liefen die Tränen wirklich über ihre Wangen. “Ja.” “Das ist der Grund, weshalb ich dir vorgeschlagen habe, dass wir zusammenziehen”, richtete Mario an sie und ihm wurde klar, dass genau das wirklich der Grund war. Er sah jedes Mal, wie sehr Elsa ihren Sohn liebte. Sie hatte sich damals, in der Situation in der sie war, trotzdem für das Baby entschieden, das in ihrem Bauch heran wuchs. Ja, sie hätte es ihm sagen müssen, es nicht verschweigen dürfen, trotzdem … Es war sicherlich nicht leicht für sie gewesen. So weit weg, allein. Trotzdem, sie hatte es durchgezogen. Masaru und sie waren fast drei Jahre lang nur zu zweit gewesen, Elsa davor auch schon in der Schwangerschaft. Ja, ihre Mutter war gekommen, sie hatte Freunde, aber das war doch etwas anderes. Sie war wirklich etwas besonderes. Sein Herz machte bei diesem Gedanken einen Satz und ein Gefühl, dass er eine ganze Weile verdrängt hatte, überflutete sein Herz. Sie … Schnell drängte er es wieder zurück. “Aber”, brachte sie hervor, “willst du das wirklich? Ich weiß ja, wie du auf mich zu sprechen bist und ich habe vollstes Verständnis dafür, dass du so wütend auf mich bist. Macht es Sinn, dass wir da zusammenleben?” “Elsa. Es klingt vielleicht blöd, aber”, nachdenklich blickte Mario auf seine Tasse, versuchte seine Gedanken zu sammeln, ehe er sie erneut ansah, “du bist Masarus Mutter. Du bist eine Löwenmutter. Was du schon alles für ihn auf dich genommen hast, das ist unglaublich. Du hast das, mit kleinen Ausnahmen, die ich nun wirklich nicht nennen will, wirklich toll gemacht. Ich will euch beide nicht voneinander trennen, ich sehe doch, wie glücklich Masaru ist, wenn er dich sieht und bei dir sein kann. Doch”, er wurde ernst und das Lächeln wich aus seinem Gesicht, “ich habe es dir vor ein paar Tagen schon gesagt, ich will keine Minute seines Lebens mehr verpassen. Ich liebe ihn, du liebst ihn. Sollten wir nicht das Beste für ihn wollen? Dass er bei seinen beiden Elternteilen ist? Es geht bei meinem Vorschlag nicht darum, dass du und ich zusammen sind. Es geht nur darum, dass er uns beide, jederzeit, hat.” Ohne dass es ihm groß bewusst geworden war, hatte er eine Hand ausgestreckt und eine ihrer umschlossen, hielt diese fest. Elsa standen immer noch Tränen in den Augen. “Ich … ich will nicht, dass wir beide so viel streiten. Wie sollen wir das hinbekommen? Ich will nicht jedes Mal, wenn ich dich sehe, Angst haben, dich noch mehr zu verärgern. Wenn wir zusammen wohnen, liefere ich dir doch noch viel mehr Punkte, über die du dich vielleicht ärgerst. Und … denkst du nicht jedes Mal, wenn du mich siehst, an das, was ich dir angetan habe?” Auf diese Frage schüttelte er seinen Kopf und drückte ihre Hand sanft. “Zu Beginn habe ich das, ja. Es wäre eine Lüge, etwas gegenteiliges zu behaupten. Ja, ich ärgere mich manchmal trotzdem noch, vielleicht auch öfter, aber in erster Linie sehe ich in dir Masarus Mutter, die alles für ihn tut. Und das kann ich verstehen, denn ich würde auch alles für ihn tun.” “Du meinst, wir bekommen das hin?” Ein Nicken folgte. “Wir tun es für Masaru. Also ja, ich denke, wir bekommen das hin. Wir beide wissen doch, was das Wichtigste ist.” Nun nickte Elsa. “Masaru.” “Genau.” Sie sahen sich noch einen Moment an, dann lächelte Elsa und drückte Marios Hand nun ebenfalls. “Lass es uns versuchen.” Auch er lächelte. “Das werden wir.” ~~~ “Danke, dass ihr Masaru hergebracht habt”, richtete Mario an seinen besten Freund, der neben ihm stand. Gregor sah zu seiner Freundin und seiner Schwester hinüber, bei denen Masaru stand und lachte. “Kein Problem. Du weißt doch”, er boxte Mario grinsend in die Seite, “dass ich eigentlich nur deine zukünftige Wohnung betrachten will. “Total uneigennützig, das war mir schon klar. Na dann komm mal mit.” Mario wandte sich den Frauen zu. “Elsa, Conny, kommt ihr? Und du natürlich auch, Masaru.” Der Junge drehte sich zu seinem Vater herum und strahlte übers ganze Gesicht. “Papa”, rief er und rannte auf diesen zu, um ihm im nächsten Moment in die Arme zu springen. Ein Lachen entkam Mario und er sah auf, begegnete direkt Elsas Blick, die ihn und ihren gemeinsamen Sohn mit einem Lächeln betrachtete, dass man nur als zufrieden bezeichnen konnte. Er nickte ihr ebenfalls lächelnd zu. Vor einiger Zeit hatte er ihr gesagt, dass er es schön finden würde, wenn Masaru Papa zu ihm sagen würde und das tat es wirklich. Es machte ihn jedes Mal glücklich. Ob es ihr auch so gegangen war, als Masaru Mama zu sagen begonnen hatte? Er war sich sicher, dass die Antwort ja lautete. “Dann kommt mal mit. Die Wohnung ist im zweiten Stocke, ohne Aufzug. Dafür hat es einen schönen Balkon, den zeige ich euch auch gleich.” Kurz darauf standen sie in der lichtdurchfluteten, großen Wohnung. Das Wohn-Esszimmer war groß und auf einer Seite stand eine offene Küche. Elsa sah sich mit großen Augen um. Da spürte Mario Masarus kleine Hand plötzlich in seiner. Ein Blick auf seinen Sohn zeigte, dass dieser sich verunsichert umsah. Verständlich, war er doch noch nie in einer leeren Wohnung gewesen. “Großer, möchtest du gerne dein Zimmer sehen?”, fragte er ihn. Schon wurde er mit großen Augen angeblickt. “Simmer?” “Ja, dein eigenes Zimmer. Ungefähr wie Onkel Gregor, der hat doch auch ein eigenes Zimmer.” Auf diese Aussage erklang Gelächter und Masaru nickte begeistert. Die Vorstellung schien ihn zu begeistern. “Na dann komm mit.” Mario warf einen kurzen Blick zu Elsa, die ihnen gleich darauf folgte. “Das ist toll”, richtete sie an ihn und trat neben ihm, während Masaru lachend durch den Raum lief. “Nicht wahr? Es ist schön hell, hervorragend geschnitten. Ich denke, hier wird er sich wohlfühlen.” Mario nickte zufrieden und erstarrte im nächsten Moment, als sich erneut eine Hand in seine schob, doch dieses Mal war es nicht Masarus. Er sah hinunter, erkannte Elsas, die seine umgriffen hatte und sanft drückte. “Es ist wundervoll”, flüsterte sie und zog ihre Hand im nächsten Augenblick zurück. Mario musterte sie. Waren ihre Wangen gerade etwa rot geworden. Er blinzelte und erneut machte sein Herz diesen eigenartigen Satz. Er legte ihr sanft eine Hand auf den Rücken. “Komm mit, ich zeige dir den Rest. Und vielleicht”, er war sich sicher, dass nun er rot wurde und weigerte sich, in ihre Richtung zu sehen, “hättest du ja Lust, die Tage mit mir nach Möbeln schauen zu gehen. Ich denke, wenn du jetzt auch hier mit einziehst, dann sollten sie auch dir gefallen. Und zudem weißt du ja vielleicht besser, was wir brauchen und was sinnvoll ist, immerhin hast du schonmal allein gelebt.” “Das fände ich wirklich schön, Mario.” Nun sah er sie auch an und erkannte, dass sie lächelte, was auch ihn dazu brachte, dass sich seine Mundwinkel hoben. “Ich auch, Elsa.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)