Another Life von Flordelis (Another World, another Wesker) ================================================================================ Kapitel 8: Das war immer noch nicht alles ----------------------------------------- [LEFT]Die S.T.A.R.S.–Mitglieder arbeiteten den ganzen Tag über an den Beweisen. Jill und Albert fingen mit dem Notizbuch an, lasen sich durch die Einträge und die Zeitungsausschnitte, hielten Zusammenhänge auf dem White Board fest und diskutierten bei manchen Fällen auch darüber, ob bestimmte Kritiker Umbrellas wirklich glaubwürdig waren oder ob sie vielleicht nur für die Konkurrenz arbeiteten, wie es bei ihnen nahelag.[/LEFT] [LEFT]Barry, Brad und Kevin gingen auf der anderen Hälfte des White Boards ähnlich vor, notierten Namen und Ränge der Absender und Empfänger der Nachrichten und die Autoren der Berichte.[/LEFT] [LEFT]Nach einigen Stunden hatten sie damit eine beeindruckende Sammlung an Verantwortlichen zusammengetragen, die bis zur Spitze Umbrellas reichten, mit Beweisen, aus denen sich niemand von ihnen herausreden könnte. Ein Name, der besonders oft erwähnt worden war – besonders in Verbindung mit der Befürchtung, nicht genug Ergebnisse für diese Person zu liefern –, war Alex W., und irgendwo ganz hinten in ihrem Gedächtnis wusste Jill, dass ihr das etwas sagen sollte. Aber sie erinnerte sich einfach nicht. Außerdem war dieser Name derart generisch, dass sie sich selbst davon überzeugte, dass es unwichtig sei.[/LEFT] [LEFT]Es war bereits nach elf, als sie mit allen Dokumenten und Notizbuchseiten durch waren. Nun standen sie gemeinsam vor dem White Board und betrachteten ihre Ergebnisse. Durch die Absender und Empfänger vieler Nachrichten, wussten sie jetzt, dass die meisten Informationen von einem Wissenschaftler namens John Clemens kamen, der mit den unmenschlichen Bedingungen im Arklay Anwesen nicht einverstanden gewesen war und deswegen Informationen gesammelt hatte, um Umbrella auffliegen zu lassen. Eigentlich hatte er das seiner Freundin – einer gewissen Ada – hinterlassen, doch irgendwie war dann alles in Chris' Besitz gelandet.[/LEFT] [LEFT]Kevin stieß ein anerkennendes Pfeifen aus. »Chris war echt fleißig. Wen würde es da noch wundern, wenn Umbrella ihn echt verschwinden lässt?«[/LEFT] [LEFT]»Dasselbe muss mit Clemens' Freundin geschehen sein«, vermutete Barry. »Sonst hätte sie doch bestimmt alles auffliegen lassen.«[/LEFT] [LEFT]Albert wischte sich mit den Händen über das müde Gesicht. »Damit kommen sie auf jeden Fall nicht länger davon. Wir werden diese Informationen an die Öffentlichkeit bringen.«[/LEFT] [LEFT]»Und wie?«, fragte Brad. Er deutete auf einen der Namen an der Tafel. »Chief Irons steht auch auf der Gehaltsliste. Wir können nicht auf seine Unterstützung hoffen.«[/LEFT] [LEFT]Genau wie in ihrer Erinnerung. Vermutlich hatte Irons bislang nur nichts gegen sie unternommen, weil Umbrella mit einer Ausrede gekommen war – und weil er Albert auf seiner Seite wähnte. Das schien nun aber vorbei zu sein.[/LEFT] [LEFT]»Wir müssen damit an die Presse«, sagte er.[/LEFT] [LEFT]»Die meisten Journalisten trauen sich das nicht mehr«, warf Barry ein und nickte in Richtung der Unterlagen. »Viele wurden eingeschüchtert oder auch bezahlt.«[/LEFT] [LEFT]Sie versanken für einen Moment in Schweigen, doch dann brach Kevin es wieder mit einem triumphierenden Ausruf: »Ich hab's. Ich bin ja oft in J's Bar, um da was zu trinken, das wisst ihr doch, nicht?«[/LEFT] [LEFT]Barry seufzte. »Ja, das wissen wir. Du hast uns auch oft genug eingeladen. Was hat das damit zu tun?«[/LEFT] [LEFT]»Dazu komme ich ja. Jedenfalls ist da auch oft eine Enthüllungsjournalistin zum Schreiben da. Alyssa … irgendwas. Vielleicht hat sie ja Interesse an den Dokumenten.«[/LEFT] [LEFT]»Alyssa Ashcroft?«, hakte Jill nach. »Sie will das bestimmt wissen.«[/LEFT] [LEFT]In ihrer Erinnerung war Alyssa eine der Überlebenden von Raccoon City gewesen – und sie war sehr ehrgeizig gewesen, was die Enthüllung von Umbrellas Machenschaften angegangen war. Wenn man ihr den richtigen Köder hinhielt, machte sie das in dieser Welt bestimmt auch wieder.[/LEFT] [LEFT]Brad und Barry waren sichtlich verwirrt über ihre Bestimmtheit, aber Kevin gefiel offenbar, dass sie seine Idee gut fand. »Okay, dann lasst mich das ruhig regeln.«[/LEFT] [LEFT]»Wir sollten aber keine eindeutige Beweisübergabe durchführen«, gab Albert zu bedenken. »Es spricht vieles dafür, dass wir alle beobachtet werden, selbst wenn es eine reine Sicherheitsmaßnahme von Umbrella ist. Wenn wir das alles einfach übergeben, könnten wir gemeinsam mit Alyssa einfach ausgelöscht oder entführt werden.«[/LEFT] [LEFT]Sie benötigten also ein Alibi-Event, bei dem es keinerlei Verdacht erzeugte, wenn sie mit Alyssa in Kontakt traten. Sicher, eine dritte Person wäre auch eine Möglichkeit gewesen, aber warum unnötigerweise noch jemanden in Gefahr bringen?[/LEFT] [LEFT]Diesmal war es Brad, der eine Antwort wusste: »Enrico, Rebecca und Coen kommen doch morgen wieder, oder?«[/LEFT] [LEFT]Das war für Jill neu. Albert erwiderte ihren Blick. »Bei dem ganzen Stress hab ich es total vergessen, aber ja. Billy Coen ist wieder frei, unter der Voraussetzung, dass er ein Mitglied von S.T.A.R.S. wird, damit er unter Beobachtung bleibt. Wir wollten morgen seinen Einstand feiern.«[/LEFT] [LEFT]»Verbinden wir das doch«, fuhr Brad fort. »Am besten in J's Bar, wenn Alyssa dort regelmäßig hingeht.«[/LEFT] [LEFT]»Und Polizisten gehen dort auch oft trinken«, ergänzte Kevin. »Also würden wir kein Aufsehen erregen, wenn wir sie dort treffen und ihr alles geben.«[/LEFT] [LEFT]Albert ließ sich das durch den Kopf gehen, dann nickte er. »Ich werde Enrico darüber in Kenntnis setzen, dass wir Coens Einstand morgen Abend dort feiern. Kevin, glaubst du, du kannst Alyssa bis dahin erreichen und davon überzeugen?«[/LEFT] [LEFT]Er salutierte spielerisch. »Überlass das nur mir, Boss.«[/LEFT] [LEFT]»Gut. Ansonsten wäre es das für heute. Geht nach Hause und ruht euch aus, ihr habt es euch verdient.«[/LEFT] [LEFT]Die anderen drei stimmten erleichtert zu und begannen ihre Sachen zu packen. Jill wollte dem Beispiel folgen, aber Albert griff an ihre Schulter. »Wo willst du hin?«[/LEFT] [LEFT]»Du hast gesagt, wir sind fertig.«[/LEFT] [LEFT]»Ja, aber du hast selbst gesagt, dass jemand sogar schon versucht hat, dich zu entführen. Und du weißt genauso wie ich, dass sie vermutlich bei dir zu Hause nur auf dich warten.«[/LEFT] [LEFT]Unter anderem deswegen war sie ja tatsächlich hierher gekommen. Aber das wäre ja kein Problem, denn: »Ich bleibe einfach die Nacht über in Bewegung, unter Menschen.«[/LEFT] [LEFT]Doch Albert schüttelte mit dem Kopf. »Kommt nicht in Frage. Du kommst einfach mit mir. Zu zweit können wir besser aufeinander aufpassen – und du schuldest mir noch eine Erklärung.«[/LEFT] [LEFT]Stimmt, eine Hälfte der Geschichte fehlte noch. Die wollte sie ihm natürlich nicht vorenthalten. Außerdem würde sie dann das erste Mal sehen, wie ein Albert Wesker lebte. Bei dem Wesker ihrer Welt wäre sie dem aus rein morbider Neugier nachgegangen, aber bei Albert war es wesentlich ehrlicher und tiefsitzender. Ob die andere Jill mal bei ihm gewesen war?[/LEFT] [LEFT]»Okay, danke.«[/LEFT] [LEFT]Nachdem sie alle ihre Sachen gepackt hatten, ging S.T.A.R.S. gemeinsam in die Tiefgarage. Brad und Kevin beschlossen kurzfristig, lieber auch nicht allein zu bleiben und fuhren zusammen, während Barry mit seinem SUV den Weg nach Hause einschlug.[/LEFT] [LEFT]Schweigend lenkte Albert sein Auto aus der Garage auf die Straße. Jill sah sich eingehend um, damit sie vermeintliche Verfolger entdecken könnte, aber sie konnte nichts Außergewöhnliches erkennen, nur vollkommen normale Fahrzeuge, mit Menschen, die ihren eigenen Leben nachgingen. Wie sehr wünschte sie sich, sie könnte dazu gehören.[/LEFT] [LEFT]Albert entspannte sich erst nach wenigen Minuten ohne ersichtlichen Verfolger. »Vorerst haben wir wohl Glück. Aber verlassen wir uns lieber nicht darauf.«[/LEFT] [LEFT]Sie sah zu ihm hinüber. »Es muss schlimm gewesen sein, zu erkennen, dass Umbrella doch finstere Machenschaften hegt.«[/LEFT] [LEFT]»Na ja … im Nachhinein hätte ich es vielleicht wissen müssen.« Seine Mimik wirkte gequält. »Ich hab dir ja erzählt, dass ich in einem Waisenhaus aufgewachsen bin, das von Umbrella gesponsert wurde. Hin und wieder wurden natürlich Kinder adoptiert, und dann haben wir nie wieder von ihnen gehört.«[/LEFT] [LEFT]Die Schlussfolgerung daraus wollte ihr gar nicht gefallen. »Das heißt ...«[/LEFT] [LEFT]»Offiziell wurde uns gesagt, dass die anderen sich nicht melden würden, um ihre Eingewöhnung in der neuen Familie nicht zu gefährden. Aber bei allem, was ich heute gelesen habe, sieht es eher danach aus, dass man die anderen Kinder als Versuchsobjekte missbraucht hat.«[/LEFT] [LEFT]Seine Schultern sanken kraftlos herab, nachdem er diese Erkenntnis ausgesprochen hatte. Wie viele seiner Freunde waren damals verschwunden? Wie oft hatte er sich verlassen gefühlt, weil er glaubte, man wolle nur nichts mehr mit ihm zu tun haben? Es wunderte sie nicht, dass er dann solch starke Gefühle gegenüber Chris' Verrat oder Jills vermeintlicher Wahl für Chris hegte.[/LEFT] [LEFT]»Ich kann nicht fassen, dass ich auch auf diese Firma reingefallen bin.«[/LEFT] [LEFT]»Das sind wir damals alle. Das meiste schwelte einfach unter der Oberfläche.«[/LEFT] [LEFT]Und wenn der Virus im Arklay-Anwesen nicht ausgetreten wäre, hätte die Welt das vielleicht niemals erfahren. Jedenfalls nicht früh genug, um sich darauf vorzubereiten.[/LEFT] [LEFT]Albert seufzte. »War das bei euch schlimmer?«[/LEFT] [LEFT]»Wirklich schlimm wurde es erst, nachdem Umbrella aufgelöst wurde. Aber eben nicht zuletzt durch Wesker. Er hat Virenproben und Forschungsunterlagen zu anderen Organisationen mitgenommen, die weiter daran forschten.«[/LEFT] [LEFT]»Also ähnlich wie das, was Chris gerade vorgeworfen wird.« Albert war blass geworden. »Aber bei diesem … Wesker war er es wirklich selbst?«[/LEFT] [LEFT]»Auf jeden Fall.«[/LEFT] [LEFT]Sie erzählte ihm von Chris' Begegnung mit Wesker auf Rockfort Island – und dann auch davon, wie sie und Chris auf der Suche nach Spencer unerwartet auf Wesker getroffen waren. »Er hatte Spencer getötet, bevor wir ihn festnehmen konnten, es kam zum Kampf. Und …«[/LEFT] [LEFT]Vor ihrem inneren Auge sah sie wieder, Wesker, der Chris packte und in die Luft hob. Sie spürte die Angst, die Panik, ihren Partner, mit dem sie so viel durchgemacht hatte, sterben sehen zu müssen. Im nächsten Moment preschte sie vor, rammte Wesker – aus dem Augenwinkel stellte sie erleichtert fest, wie er Chris losließ –, dann zerbrach die Welt um sie herum klirrend und sie stürzte dem Wasser entgegen.[/LEFT] [LEFT]Ihre Stimme zitterte mehr als sie wollte, während sie das alles erzählte. Sie sah Albert extra nicht an, blickte lieber aus dem Fenster und ließ die nächtliche Kulisse mit all den vielen Lichtern und den lebenden Menschen vorüberziehen.[/LEFT] [LEFT]»Oh Gott«, hauchte Albert. »Dann bist du so gestorben? Und deswegen irgendwie hier gelandet?«[/LEFT] [LEFT]»Nein. Das war immer noch nicht alles.«[/LEFT] [LEFT]Albert stieß ein Geräusch aus, als hätte sie ihn gerade geohrfeigt.[/LEFT] [LEFT]»Natürlich habe ich den Sturz nicht überlebt, aber Wesker schon, immerhin war er mit einem Virus infiziert, der ihm übermenschliche Kräfte verlieh. Er hat meinen Körper geborgen – und Experimente daran durchgeführt.«[/LEFT] [LEFT]Albert hielt an einer roten Ampel und lehnte die Stirn gegen das Lenkrad. »Geht es noch weiter?«[/LEFT] [LEFT]»Ein bisschen.«[/LEFT] [LEFT]Er stieß ein gequältes Stöhnen aus. Weil er das Verhalten von Wesker nicht guthieß oder weil er so sehr mit ihr litt?[/LEFT] [LEFT]»Wesker wusste nicht, dass ich während meiner Flucht aus Raccoon City mit dem T-Virus infiziert worden war. Jemand hat mich mit einem Impfstoff behandelt, deswegen wurde ich nicht zu einem Zombie.«[/LEFT] [LEFT]Wie es Carlos wohl ging? Gab es hier auch eine U.B.C.S. für die er arbeitete?[/LEFT] [LEFT]»Diese Geschichte wird immer wilder«, bemerkte Albert.[/LEFT] [LEFT]Mit Grauen stellte er fest, dass sie immer noch mehr erzählen konnte. Während er weiterfuhr, berichtete sie ihm von Weskers Faszination über den latenten T-Virus und dessen Antikörper in ihrem Blut, davon, dass Wesker sie unter Drogen setzte, um ihn zu unterstützen, dass sie für ihn Leute infizierte und auch Chris und seine Partnerin Sheva bekämpfen musste.[/LEFT] [LEFT]»Ich war die ganze Zeit bei Bewusstsein, aber ich konnte nichts dagegen tun. Bis die beiden mich gerettet haben.«[/LEFT] [LEFT]»Das ist grausam.« Albert fuhr weiter, den Blick fest auf die Straße gerichtet. »Das ist einfach nur grausam. Warum hat er das getan?«[/LEFT] [LEFT]»Er wollte die Menschheit revolutionieren, indem er alle mit seinem Virus infiziert. Nur die Starken hätten überlebt – und Wesker wäre ihr neuer Gott geworden. So wie es Spencers ursprünglicher Plan war.«[/LEFT] [LEFT]Albert schüttelte mit dem Kopf. »Das ist absoluter Wahnsinn.«[/LEFT] [LEFT]Er klang aufrichtig, nicht so, als müsste er sich vorstellen, wie eine normale Person darauf reagieren würde, damit sie keinen Verdacht schöpfte. Ihre ganze Erzählung ließ ihn sichtlich fassungslos über Weskers Taten zurück. Er wirkte etwas versöhnter, als sie zu der Stelle kam, an der Chris und Sheva den inzwischen mutierten Wesker mit Raketenwerfern zerfetzten.[/LEFT] [LEFT]»Das war vor einigen Jahren. Seitdem sitze ich in einem Labor, in dem erforscht wird, welche Auswirkungen meine erste Infektion und die Experimente bei Wesker auf mich hatten. Ich habe mich furchtbar gelangweilt – und dann bin ich plötzlich hier aufgewacht.«[/LEFT] [LEFT]Es war eine willkommene Abwechslung, aber sie war sich auch im Klaren darüber, dass sie hier nicht bleiben konnte. Obwohl es hier bislang angenehmer war. Aber die andere Jill musste noch irgendwo sein und sie wartete bestimmt nur darauf, wieder zurückzukehren. Oder war sie vielleicht im Labor aufgewacht, wo sie sich nun langweilen musste und sich seltsame Geschichten über einen Wesker anhören durfte, der so gar nicht ihrem Albert entsprach.[/LEFT] [LEFT]»Das ist alles wirklich schwer zu glauben«, sagte er. »Aber wie ich dir schon sagte: wir haben so viele Dinge erlebt, von denen nie jemand geglaubt hätte, dass sie außerhalb eines Horrorfilms geschehen könnten, da fehlt auch nicht mehr viel, dir auch das zu glauben.«[/LEFT] [LEFT]Er lächelte ihr zu. »Außerdem habe ich dir ja schon gesagt, dass ich dir vertrauen will. Ich habe das bei Chris nicht getan, und es hat damit geendet, dass er alles allein schultern musste. Bei dir mache ich diesen Fehler nicht mehr.«[/LEFT] [LEFT]Sein Blick wurde wieder ernst. »Immerhin verstehe ich jetzt, warum du mir gegenüber so misstrauisch bist. Ich würde mich wundern, wenn du es nach dieser Geschichte nicht wärst.«[/LEFT] [LEFT]»Es tut mir einfach nur leid«, erwiderte sie. »Immerhin kannst du nichts dafür, du bist jemand ganz anderes, allein von deinem ganzen Charakter her. Du bist so viel … besser.«[/LEFT] [LEFT]Er lachte auf. »Ich will ja hoffen, dass ich besser bin als ein größenwahnsinniger Mörder.«[/LEFT] [LEFT]Sie musste ebenfalls schmunzeln und entschuldigte sich für diese unglückliche Wortwahl.[/LEFT] [LEFT]Inzwischen waren sie in einer Gegend unterwegs, die Jill kaum kannte. Die mit Stuck verzierten Hausfassaden wirkten unnötig teuer, aber auf jeden Fall alt. Hier war niemand außer ihnen noch unterwegs. Sie konnte sich gut vorstellen, dass der Wesker ihrer Welt auch in so einer Gegend wohnen würde. Vielleicht war zumindest der Geschmack der beiden recht ähnlich.[/LEFT] [LEFT]Albert lenkte den Wagen wieder in eine Tiefgarage, in der nur wenige, dafür aber teure deutsche Autos standen. Es sah nicht danach aus, als hätte man sie verfolgt oder als gäbe es hier jemanden, der sie beobachtete. Das musste nichts bedeuten, aber es beruhigte Jill dennoch.[/LEFT] [LEFT]Albert führte sie zu einem Aufzug, den sie schweigend nach oben nahmen. An seiner Tür angekommen, musste Jill noch einmal schmunzeln. »Willst du mich nicht vorwarnen, dass du nicht aufgeräumt hast?«[/LEFT] [LEFT]Seine Augen blitzten belustigt. »Nach deiner Wohnung solltest du lieber nicht so anspruchsvoll sein. Sonst verlange ich noch, dass du bei dir aufräumst.«[/LEFT] [LEFT]Spöttisch abwehrend hob sie die Hände. »Oh, bloß nicht.«[/LEFT] [LEFT]Schließlich schloss er auf, gab ihr aber mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie leise sein sollte. Er griff nach seiner Waffe, was ihr genug verriet, deswegen folgte sie seinem Beispiel. Ihr Herzschlag hämmerte wieder in ihren Ohren. Sie nahmen auf beiden Seiten der Tür Stellung und nickten sich zu.[/LEFT] [LEFT]Hatte er etwas gehört oder wollte er nur auf Nummer sicher gehen? Wartete wirklich schon jemand? Egal, sie mussten jetzt Profis sein und die Wohnung sichern![/LEFT] [LEFT]Nach einem tiefen Durchatmen, schob Albert die Tür auf und ging mit der Waffe im Anschlag vor. Sie folgte ihm, ließ den Blick in alle Ecken wandern, um seinen blinden Winkel auszugleichen. Der Flur war simpel, nur eine Garderobenstange, an der ein schwarzer Mantel hing, darunter ein Schuhschrank, auf dem eine bunte Schale für seine Schlüssel stand.[/LEFT] [LEFT]Albert sah in das doch recht kleine Bad, nickte ihr dann zu, um zu zeigen, dass es sicher war. Sie wiederum warf einen Blick in die Küche daneben, deren Sauberkeit dafür sprach, dass Albert nicht sehr viel kochte.[/LEFT] [LEFT]Auf ihr Nicken öffnete er die nächste Tür. Diese führte sie in ein schlicht eingerichtetes Wohnzimmer, ein Sofa, ein Sessel, ein niedriger Tisch, ein paar volle Bücherregale, auf einem Sideboard stand das Telefon. Auch hier versteckte sich niemand.[/LEFT] [LEFT]Albert sah durch die andere Tür, die vermutlich ins Schlafzimmer führte, dann senkte er die Waffe und entspannte sich. »Alles sicher.«[/LEFT] [LEFT]Erneut folgte sie seinem Beispiel und steckte ihre Pistole auch wieder ein. »Schöne Wohnung.«[/LEFT] [LEFT]»Danke. Ich bin kaum hier.«[/LEFT] [LEFT]Das erklärte, warum jeglicher persönlicher Touch fehlte. Nirgends gab es Fotos, keine Poster, nicht einmal nur irgendwelche Deko-Gegenstände, die keinen größeren Zweck erfüllten. Sogar die Lampe des Wohnzimmers war einfach nur eine Kugel, die Licht spenden und nicht gut aussehen sollte.[/LEFT] [LEFT]Für einen Moment standen sie sich etwas unbeholfen gegenüber, bis Albert sich räusperte. »Kann ich dir irgendwas anbieten? Wasser? Kaffee? Gin?«[/LEFT] [LEFT]Sie lachte erschöpft. »Nein, danke. Aber falls du was Bequemeres zum Anziehen für mich hast, wäre ich echt glücklich.«[/LEFT] [LEFT]Nach diesem Tag wollte sie eigentlich nur noch aus ihren Sachen raus und am liebsten ein langes, gemütliches Bad nehmen. Letzteres war nicht möglich, aber ersteres dürfte kein Problem sein. Dem stimmte Albert auch direkt zu, indem er sie mit sich winkte und in den anderen Raum ging. Wie erwartet handelte es sich hierbei um ein Schlafzimmer. Neben dem Bett gab es hier auch einen Schrank und sogar einen aufgeräumten Schreibtisch, auf dem sie das erste Mal in dieser Wohnung etwas Persönliches fand: ein Bild der gesamten S.T.A.R.S.–Truppe, eines, auf dem nur sie, Chris und Albert zu sehen waren und auch eines, auf dem ein blonder Junge neben einem ebensolchen Mädchen saß.[/LEFT] [LEFT]Albert kam zu ihr herüber. Jill deutete auf das Foto. »Wer ist das?«[/LEFT] [LEFT]Er runzelte seine Stirn. »Das bin ich – und meine Schwester.«[/LEFT] [LEFT]Jill dachte an ihr Gespräch während des Abendessens zurück. »Hast du nicht gesagt, du hättest keine Verwandten mehr?«[/LEFT] [LEFT]Sie suchte seinen Blick, um zu verhindern, dass er sie einfach anlog. Er wirkte tief verletzt, aber nicht von ihr, sondern von irgendeinem anderen Sachverhalt, den er ihr auch direkt erläuterte: »Ich habe dir vorhin auch erzählt, dass Kinder, die adoptiert wurden, sich nie mehr gemeldet haben. Alex wurde adoptiert, ich nicht. Ich kann sie nicht mehr zu meiner Familie zählen.«[/LEFT] [LEFT]Seine Stimme nahm einen derart traurigen Klang an, dass Jill sofort bereute, ihn danach gefragt zu haben. Wie oft wollte sie ihm eigentlich noch misstrauen, obwohl es keinen Grund dafür gab?[/LEFT] [LEFT]»Es tut mir leid, ich wollte das nicht wieder aufwühlen.«[/LEFT] [LEFT]Er schüttelte mit dem Kopf. »Schon okay. Es ist lange her – und vielleicht wurde sie ja auch nicht adoptiert, sondern als Experiment missbraucht. Es ist nicht ihre Schuld, dass sie sich nicht mehr gemeldet hat.«[/LEFT] [LEFT]Es wurde immer deutlicher, warum Albert sich so sehr von Chris' vermeintlichen Verrat und Jills Wahl für diesen verletzt gefühlt hatte. In seinem ganzen Leben kannte er nichts anderes, und dennoch war da immer Hoffnung, dass es doch besser werden könnte. Sie wollte ihn darin unterstützen, solange sie noch hier war – und die andere Jill übernahm dann hoffentlich für sie, sobald sie zurückkehrte.[/LEFT] [LEFT]Ihm wurde das Thema wohl zu müßig, plötzlich drückte er ihr etwas in den Arm. »Hier, ein älterer Pyjama von mir. Er ist bestimmt trotzdem noch zu groß, aber er sollte reichen.«[/LEFT] [LEFT]Sie bedankte sich und zog sich sofort ins Bad zurück, wo sie sich direkt umzog. Endlich aus den Sachen rauszukommen, war eine unfassbare Wohltat, auch wenn der Pyjama zu groß war. Aber für den restlichen Tag wollte sie ohnehin nur faulenzen und vielleicht bald schlafen gehen.[/LEFT] [LEFT]Nach dem Umziehen klatschte sie sich noch einmal Wasser ins Gesicht, dann lehnte sie sich vor, um zum wiederholten Mal nach Anzeichen einer Infektion zu suchen. Natürlich war da immer noch nichts.[/LEFT] [LEFT]Dabei dachte sie wieder an dieses kleine Mädchen von dem Bild, das möglicherweise als Versuchsobjekt für Umbrella geendet hatte. War ihr Opfer dafür benutzt worden, um das T-Virus zu vervollkommnen? Forschten sie noch an anderen Viren? Was auch immer es im Endeffekt nun gewesen war, Alex Wesker hatte ein unschönes Opfer erbringen müssen.[/LEFT] [LEFT]Jill erstarrte, ihre Augen weiteten sich. Alex Wesker … Alex W.![/LEFT] [LEFT]Krampfhaft versuchte sie sich in Erinnerung zu rufen, was Barry ihr erzählt hatte. In ihrer Welt waren er, seine Tochter Moira und Claire auf einer Insel auf Alex Wesker getroffen, wo sie, in Spencers Auftrag, Forschungen zur Unsterblichkeit durchgeführt hatte. Dabei war das T-Phobos-Virus entstanden – und ein unmenschliches Experiment, dem alle Bewohner dieser Insel zum Opfer gefallen waren.[/LEFT] [LEFT]War Alex W. wirklich Alex Wesker und arbeitete hier für Umbrella? Sollte sie Albert davon erzählen? Nein, bevor sie sich nicht sicher war, würde sie ihm gar nichts sagen. Sie wollte nicht schon wieder dafür verantwortlich sein, dass er sich Hoffnungen machte, nur um am Ende enttäuscht zu werden. Wenn es wichtig wurde, könnte er es von jemand anderem erfahren.[/LEFT] [LEFT]Mit diesem Entschluss atmete sie noch einmal durch, ehe sie das Bad verließ und ins Wohnzimmer zurückkehrte. Albert legte gerade das Mobilteil seines Telefons in die Station.[/LEFT] [LEFT]»Ich hab Enrico Bescheid gesagt, dass wir morgen in J's Bar feiern«, sagte er, noch ohne sich ihr zuzuwenden. »Sicherheitshalber hab ich ihm aber nichts von den Beweisen-«[/LEFT] [LEFT]Kaum musterte er sie genauer, verstummte er abrupt. Jill griff sich unwillkürlich an die Oberlippe, aber diesmal blutete sie nicht. »Stimmt was nicht?«[/LEFT] [LEFT]Er schüttelte rasch mit dem Kopf. »Nein, nein, ich war nur … ich hab dich noch nie in einem Pyjama gesehen, das ist doch schon etwas anders als deine übliche Kleidung.«[/LEFT] [LEFT]»Hoffe ich doch«, meinte sie schmunzelnd.[/LEFT] [LEFT]Dass ihr Anblick ihn derart durcheinanderbrachte, hätte die andere Jill vielleicht sogar gefreut. Ihr selbst tat es nur ein weiteres Mal leid, dass sie eben nicht die andere war.[/LEFT] [LEFT]»Dann treffen wir Enrico also morgen in der Bar?«, lenkte sie das Thema wieder auf etwas Unverfänglicheres.[/LEFT] [LEFT]»Ja, genau.« Er räusperte sich. »Sie wissen jetzt nichts von den Beweisen, weil ich sie erst einmal nicht in Gefahr bringen wollte.«[/LEFT] [LEFT]Vielleicht war es auch besser, wenn nicht zu viele Leute davon wussten. Kevin war fast schon genug, wenn sie bedachte, dass er normalerweise viel zu viel redete. In dieser wichtigen Sache konnte er hoffentlich auch mal still sein.[/LEFT] [LEFT]»Gute Entscheidung.« Jill betrachtete die Bücherregale genauer, in denen hauptsächlich Autoren standen, die ihr nichts sagten oder an die sich entfernt aus dem Highschool-Unterricht erinnern konnte. »Hast du die alle gelesen?«[/LEFT] [LEFT]»Nicht wirklich. Wie gesagt, ich verbringe hier nicht sehr viel Zeit. Aber die Leute haben immer das Bedürfnis, mir irgendwelche Klassiker zu schenken.«[/LEFT] [LEFT]Jill setzte sich auf das Sofa. »Dabei sieht doch jeder, dass du eigentlich einen Fernseher bräuchtest. Wie willst du denn sonst Saturday Night Live sehen?«[/LEFT] [LEFT]Albert nahm lächelnd neben ihr Platz. »Bislang habe ich da nichts vermisst.«[/LEFT] [LEFT]»Weil du es noch nie gesehen hast.« Sie zog ihre Beine an, um es ein bisschen bequemer zu haben und beugte sich zu ihm. »Okay, pass auf, ich erzähl dir ein paar Sketche.«[/LEFT] [LEFT]»Aus deiner Welt?«, fragte er belustigt.[/LEFT] [LEFT]»Oh, du musst eben damit leben, dass sie nicht zwingend die Zukunft vorhersagen. Also …«[/LEFT] [LEFT]Damit begann sie ihm ein paar der Sketche nachzuspielen, wenngleich nicht immer vollkommen korrekt. Aber er störte sich nicht daran, genauso wenig wie sie. So saßen sie einfach nur leise lachend zusammen, während sie weiterhin jeglichen Gedanken an Alex Wesker von sich schob, um diese Zeit einfach zu genießen.[/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)