Unmei no Akai Ito von Amalia-chan ================================================================================ Kapitel 5: Das Ritual der Macht 2/3: Im Angesicht des Feindes ------------------------------------------------------------- [align]Diejenigen, die wir lieben, können uns am meisten verletzen. (Paulo Coelho)[/align] Die Sonne war lange schon aus ihrem höchsten Punkt gewandert. In gemächlichem Rhythmus schob sich die Landschaft bereits den gesamten Tag über an ihr vorbei. Manches Mal musste sie sich am Sattel festhalten, wenn Ah-Uhns Schritte gar zu wuchtig die Unebenheiten des Bodens wiedergaben. Sie verbat sich dann jedes noch so leise Aufseufzen, konnte jedoch den Blick, den sie ab und an sehnsuchtsvoll hinter sich hin zu Yoko warf, welche tatsächlich auf einem Pferd saß, nicht verhindern. Zu ihrem Leidwesen war das auch ihm nicht verborgen geblieben. Es hatte sie überrascht zu erfahren, dass Pferde, welche seit ihrer Geburt an Dämonen gewöhnt wurden, dadurch ihre Angst vor dem Unnatürlichen zu beherrschen lernten. Ai hechelte zu ihrer Seite, in einem leichten Trabschritt, der der Wölfin ein angenehmes Tempo erlaubte, welches sie ohne große Kraftanstrengung bequem durchzuhalten vermochte. Sie waren im Morgengrauen aufgebrochen. Eisern hatte sich ihr Körper diesmal merklich gegen die frühe Morgenstunde gewehrt. Es war seltsam gewesen, fand sie doch für gewöhnlich mit den ersten Sonnenstrahlen leicht in den Tag. Sie nahm an, dass die Aufregung und Sesshômarus kleiner nächtlicher Ausflug das Ihrige dazu beigetragen hatten, hatte doch alles in ihr nach Schlaf geschrieen. Er war davon unberührt geblieben, wenig überraschend. Seit dem Morgengrauen trieb er sie stetig voran gen Osten. In seinem Rücken wanderte sie seine schlanke Gestalt ab, wie so häufig am heutigen Tag bereits. Er wirkte hünenhafter denn je auf sie, ein jedes Mal, wenn sie ihn sich besah. Es machte ihm natürlich nichts aus, weder den ganzen Tag zu marschieren, denn gehen konnte sie das bei Weitem nicht nennen, zu kraftvoll war sein Gang, wenn er auch keinerlei Anstrengung erahnen ließ; noch, dass er dies schweigend und allein ihnen voran tat. Dennoch keimte in ihr seit einer geraumen Weile der Eindruck, er könnte in Gedanken vertieft sein. Sie wusste nicht, ob ihre letzte Verbindung Spuren hinterlassen hatte oder ob dies überhaupt möglich war oder gar, woher sie glaubte, die Sicherheit zu nehmen. Dennoch tat sie es und wagte daher den Schritt in sein Bewusstsein. Du denkst an Takesumi; dass er uns gehört hat. Er zeigte mit keiner Regung oder gar Unregelmäßigkeit in seinen Schritten, dass sie ihn erreicht hatte. Hatten wir das nicht schon geklärt, Megami? Wie soll ich das denn ansprechen, wenn Yoko uns begleitet! Der Gehörsinn deiner Menschen ist so verachtenswert gering ausgeprägt, Megami, dass sie kein Wort verstünde. Woher auch immer er glaubte, sich ein Urteil über die Sinnesleistungen ihrer Schützlinge bilden zu können; das ignorierte sie jetzt besser, vermochte sie die leise Kritik doch durchaus herauszuhören. Beruhigt nahm sie stattdessen zur Kenntnis, dass er sie nicht, wie sonst, wenn sie in seinen Kopf eindrang, barsch hinausbefahl. Sie hatte also recht gehabt. Und sie erinnerte sich an das letzte Mal, als die Schuld auf seinen Schultern gelastet hatte. Ist es nicht üblich, dass ein Lehrmeister höheren Respekt genießt als seine Schülerin? Der Gedanke war ihm auch bereits gekommen, wenn er ihm auch so ganz und gar nicht schmecken wollte. Es untergrub ihren Schutz, den ihr das göttliche Suffix verlieh; mochte auch seine Anwesenheit und nicht zuletzt die Hand seines Vaters schützend über ihr verweilen. Sein eigenes Versäumnis ärgerte ihn. War er zu abgelenkt gewesen oder war der pensionierte Späher noch zu fit auf seine alten Tage hin? Es war wie es war, sie mussten auf der Hut sein. Das Turnier, Chiyos Reaktion, die Unachtsamkeiten häuften sich, mochten sie auch noch zu unbedeutend sein, um das Interesse seines Vaters zu wecken. Auch Takesumi wusste, dass die Vertrautheit noch kein Indiz war, also zu nichtig war, um sie an seinen Herrn weiterzutragen. Dennoch, sie konnten sich die Unsicherheit nicht leisten. Den Patzer in der Bibliothek konnte es nicht „wettmachen“, aber vielleicht doch plausibilisieren, sollte sein Vater trotz der „Belanglosigkeit“ davon erfahren. Bis jetzt hatte der Ältere ihm keine Vorgaben über das Inhaltliche hinaus gemacht und sich lediglich über ihre Fortschritte berichten lassen. Zumal sein Vater um ihre Mühen mit gerade dieser Befremdlichkeit ihrer Kultur wusste. So wenig es ihm passte, Ishizu konnte recht haben. Es würde deinen Schutz ... Ist er nicht ein Vertrauter und letztlich Untergebener deines Vaters, dieser Haruki? So einfach ist das nicht, Ishizu. Habe ich dafür nicht Euch, Sensei? Sie sah die gezückte Augenbraue nicht, dennoch vermeinte sie sie erspüren zu können. Er musste sich geschlagen geben, gegen seine eigene „Schülerin“, wie es schien, war er ein passabler Lehrmeister. Es passte ihm dennoch nicht. Erliege nicht der Illusion, die Vertrautheit zu meinem Vater böte Schutz, sah er sich zu einer Warnung gezwungen. Welcher Art von Magie entspringt der Austausch in Gedanken?, kam überraschend und veranlasste sie dazu, irritiert ihr Näschen zu kräuseln. Woher sollte sie das denn wissen? Es hatte nie einen Anlass dazu gegeben, darüber auch nur nachzudenken. Kijo, Harukis Gefährtin, sagt man magische Fähigkeiten nach, bemühte er eine Erklärung auf ihr Schweigen hin. Auch wenn er über deren Ausmaß nicht im Bilde war. Es sorgte nicht nur in Ishizu für Unbehagen, hatte sie doch gehofft, ihn zumindest mental erreichen zu können. Dann sollte ich bestmöglich darauf verzichten. Es gibt Wesen, die erspüren können, wenn Gedanken sich berühren – auch unter Euresgleichen. Auch wenn sie von keinem bis jetzt erfahren hatte, das es vermocht hatte, die Gedanken der Götter zu lesen - gegen deren Willen. Ihre Fähigkeiten waren minimiert. Wer wusste da schon, wie gut ihr Schutz war. Und auf einmal fühlte sie sich einsamer denn je. Mit einem Mal erschien ihr der Wind eisig, der das Blätterdach zur ihren Seiten raschelnd bog, sodass sie kurz merklich ihren Überwurf enger um sich schlang. Für den Moment war sie in ihren Gefühlen gefangen, sodass ihr beinahe entging, dass er stehen geblieben war. Rasch hatte da Ah-Uhn zu seinem Herrn aufgeschlossen und war bereits zum Stehen gekommen, noch ehe sie die Zügel fester ergreifen hatte können. Ihm war es dennoch nicht entgangen und so traf sie der Blick aus Raubtiergold über seine Schulter. Warum halten wir an? Dein Atem geht merklich, dein Herzschlag ist erhöht. Wir rasten, war entwaffnend. Ab und an vergaß er darauf, dass sie die wohl erbärmlichste Schwäche ihrer Schützlinge teilte; das Bedürfnis regelmäßig zu schlafen. Sie dagegen hatte nicht bedacht, dass er sie so ins Detail beobachtete und es war ihr, all ihrer Vertrautheit zum Trotz, unangenehm. Eine Hakama hätte dir eine weniger anstrengende Sitzposition erlaubt, Ishizu, bewies nur allzu deutlich, dass er sehr wohl registriert hatte, dass sie reichlich steif vom Rücken des Reitdrachens geglitten war und dabei ein Aufseufzen unterdrückt hatte. Ich trage keine Hakamas, wiegelte sie stolz ab. Er beließ es unkommentiert, wie sie nur zu genau wusste, wohlweislich. War sie ehrlich, hatte sie einfach darauf vergessen und im engen Kimono gab es nur die Möglichkeit seitlich sittsam zu sitzen. Ihr war es so oder so schon maßlos peinlich, war ihm ihre Müdigkeit doch nicht entgangen. Die Müdigkeit, die eindeutig der Schwäche entstammte, die er so sehr verabscheute an ihren Menschenkindern. Ob auch sie ihn anekelte in diesem Moment? Yoko hatte sich sogleich angeschickt, alles vorzubereiten; dennoch erwachte Ishizu gegen den warmen Bauch des Reitdrachens gelehnt. Der regelmäßige Atem hob und senkte den Rumpf des magischen Wesens in einem besänftigenden Rhythmus. Die Wärme, die er abstrahlte, steigerte das Wohlbefinden zusätzlich. Und so blinzelte die menschengleiche Göttin ein-, zweimal irritiert, ehe sich ihr erschloss, dass sie wohl eingeschlafen war und sich auf Reisen befand. Es war bereits Nacht. Kurz glitt ihr Meeresblau ihre nähere Umgebung ab, wanderte vom sie umgebenden Grün hin zu dem prasselnden Feuer, welches ihre alabasterfarbene Haut in ihr rötlich-oranges Licht tauchte. Yoko wuselte emsig umher. Sie bereitete etwas zu essen zu, zumindest roch es angenehm nach gebratenem Fisch. Nicht weit entfernt konnte sie leise das Plätschern von Wasser ausmachen. Sesshômaru sah sie nicht, als sie auf ihrer Suche nach ihm über das hundeartige Augenpaar ihrer Nefrilin stolperte. Ai hatte sich direkt neben dem Feuer positioniert und „bewachte“ den Stecken, an welchem die Fische brieten. Ihr entwich ein hauchzartes Lächeln. In dieser Gestalt zeigte sie tatsächlich sehr starke Ähnlichkeit mit ihrer Tiergestalt. „Ishizu-sama“, erreichte sie Yoko überrascht, als sie sich erhob. Mit einem leisen Kopfschütteln verneinte Ishizu die ungestellte Frage. Sie hatte keinen Hunger, stattdessen sehnten sich ihre Sinne längst nach seiner Präsenz. Sie machte ihn alsbald in der Nähe des Wassers aus und so schob sie vor, etwas davon holen zu wollen. Automatisch nahm sie die Schale mit sich, in dem Schuldbewusstsein, von den schwach ausgeprägten Sinnen ihrer menschlichen Zofe unlauteren Gebrauch zu machen, weil die ihn unmöglich erspüren konnten. Mit einem Handzeichen gebot sie Ai vor Ort zu bleiben, wie Yoko annahm aus Rücksicht auf den augenscheinlichen Hunger ihrer Wölfin. Silbern ergoss sich das Mondlicht über sein langes Haar, welches so fein war, wie sie es nie gewagt hatte sich auszumalen, ehe es ihre nackte Haut das erste Mal berührt hatte. Regungslos stand er an dem natürlichen Bachlauf, der sich über die Waldlichtung schlängelte. Sie war sich sicher, dass er sie längst ausgemacht hatte, während sie sich, für sein ausgeprägtes Dämonengehör, tosend laut durch das Dickicht „geschlagen“ hatte. Dennoch ließ er sie kommentarlos an seine Seite kommen, ehe sein Tadel sie ereilte: „Wo ist Ai?“ Sein Blick verblieb eisern auf einem nur ihm bekannten Punkt am dunklen Firmament gerichtet. Natürlich wusste er, wo sie sie zurückgelassen hatte. „In unseren Rücken, außerdem hat sie Hunger und du warst nicht weit entfernt“, beorderte seine alleinige Aufmerksamkeit auf sie. Das Mondlicht tauchte ihre alabasterfarbene Haut in einen unnatürlich-reinen Teint. Heller als der einer jeden Dämonin, die er je gekannt hatte. Ihre Pupillen waren weit in den Hintergrund gedrängt, sodass ihre rundliche Form fast gänzlich mit dem göttlichen Blau verschwamm. Ihre Augen wirkten so unergründlicher denn je, als ihr Meeresblau sein Raubtiergold gefangennahm. Mehr denn je erschien sie ihm, wie nicht von dieser Welt. Sein Dämonengold funkelte im Licht seines Himmelskörpers fremdartig als er ihre Züge maß. Abermals stellte sie bei sich fest, welch atemberaubend anziehende Wirkung es auf sie hatte. Instinktiv stockte ihr der Atem, als sein Blick ihr durch und durch ging. Erneut überkam sie leichter Schwindel, als das Kribbeln in ihrem Bauch sich von Neuem regte. Automatisch überwand sie die wenige Distanz vor ihn und war doch nicht darauf vorbereitet, als sich seine federleichte Berührung an ihrer Wange einem Feuerschweif gleich in ihre Sinne brannte. Ihr Keuchen guotierte er mit seinem schmalen Lächeln, sodass sie geneigt war, den Blick beschämt abzuwenden. Da hatte er ihr Kinn bereits hauchzart umfasst und seine Lippen auf die Ihren gesenkt. Umgehend bahnte sich die Sehnsucht ihren elektrisierenden Weg durch ihren zierlichen Körper. Haltsuchend schlang sie ihre Arme um seinen Nacken und schmiegte sich eng an ihn. In den Tiefen ihres Bewusstseins ereilte sie noch die Überraschung über die Heftigkeit, welche sie da überkam. Sie schlug sie aus und ergab sich seinen neckischen Liebkosungen, als er sie in seine Umarmung schloss. Es war fast schmerzhaft für sie, als er nach als viel zu kurz empfundener Zeit von ihr abließ und so war sie dankbar, dass er sie nicht ausließ, als seine Stirn gegen ihre sank und sein Atem heiß gegen ihr Gesicht prallte. Ihre Hände ruhten auf seiner geschulten Brust, erspürten dieselbe Intensität, mit der sie sich gegen seinen Panzer drückte, wie die ihre gegen die Lagen an Dämonenseide. „Wie lange gedenkst du, Wasser zu holen?“, erschloss sich ihr erst nicht, bis sein Blick den Ihren gen Boden dirigierte, wo die Schale unbenutzt zu ihren Füßen ruhte. Ihr entglitt ein amüsiertes Schmunzeln. Er musste sie aufschlagen gehört haben; sie dagegen hatte nicht einmal bemerkt, dass sie sie fallen gelassen hatte. „Ishizu“, war ungewohnt sanft – fast zärtlich. Sie nickte ihre Stirn leicht gegen seine reibend. Es war sonnenklar, was er meinte. Die Heftigkeit, die Sehnsucht, es würde dort keinen Raum dafür geben. Er verbat es ihnen beiden damit. Und doch verging sie allein jetzt in seinen Armen und gierte nach seiner Nähe. Die Distanz trotz der Nähe den gesamten Tag über übermannte sie schmerzlich und diesmal gestand sie sich die Erkenntnis zu, dass sie nicht allein damit war. Worauf hatten sie sich da nur eingelassen? Mit einem Kuss auf ihre Stirn wich er letztlich von ihr, sodass sie die Kälte der Nacht bitter umfing. Sie zwang ihren Blick auf das Wasser, welches kristallklar im Mondschein über die Unebenheiten dahinfloss. Ihr Atem hatte sich beruhigt, als sich die nächtlichen Laute der Natur begannen angenehm zwischen sie zu legen. „Findet das Ritual in eurer wahren Form statt?“, trennte sie dann die Stille. Sie sah nicht, dass es ihn überraschte, als er sie kurz von der Seite betrachtete. Sie wagte es nicht, seinem Blick erneut zu begegnen. Es war ihr heute im Laufe des Tages gekommen. Sein Vater hatte einmal erwähnt, dass sie in dieser Form am Leichtesten auf ihre gesamte Macht zugreifen konnten. Es erschloss sich ihr daher nicht, warum sie in dieser nicht kämpften – zumindest nicht regelmäßig. „Möglich“, erhob ihr Meeresblau erneut auf seine Züge. Er erkannte ihre Entschlossenheit darin sofort. „Ich möchte es sehen“, war daher keine Überraschung mehr. Trotzdem flackerte sein Dämonengold kurz unruhig – es war zu schnell vorbei, als dass sie wagte, es identifizieren zu wollen. Doch, konnte es sein, und er hatte ihr instinktives Zurückschrecken beim Turnier bemerkt? Fürchtete er gar ihre Reaktion? Nahezu zärtlich erhob er da seine Klaue abermals an ihre Wange und strich die eine Strähne von Neuem aus ihren Zügen, ehe er nickend sein Einverständnis gab. „Sobald Yoko schläft“, war fast nur ein Wispern im Wind, ehe seine Lippen sich abschließend auf ihre legten. So hatte sie reichlich lange gebraucht, um ihr Wasser zu holen. Natürlich hatte Yoko es in keinster Weise auch nur angesprochen; dennoch hatte sie den sorgenvollen Blick, mit dem die Zofe sie betrachtet hatte, kaum ignorieren können. Umso dankbarer war sie gewesen, dass er sie begleitet hatte. So war zumindest ein Grund für ihre etwas zu lange Fehlzeit erahnbar gewesen. Zumal sie nicht annahm, dass Yoko von einem so intensiven Kontakt zwischen ihnen ausging. Es hatte endlos lange gedauert, Ishizus Empfinden nach, ehe sie sich unter ihrem überdimensionierten Tuch zur Ruhe begeben hatte. Sie hatte es über einen tiefhängenden Ast gebreitet, wie Ishizu wusste, eine Eigenart ihrer Schützlinge. Sie nahm an, es wog sie in trügerischer Sicherheit, ein Dach über ihren Köpfen zu wissen, mochte es auch noch so provisorisch sein. Yokos Angebot, ihr ein ebensolches Nachtlager zu bereiten, hatte die Göttin dankend ausgeschlagen- und seine abfällige Musterung tapfer ignoriert. Sie fürchtete die Sterne am Firmament nicht, ebenso wenig die Natur um sie herum, mochte auch so manches Wesen der Nacht einem ganz anderen Herrn dienen. Die Angst ihrer Schützlinge vor den Stunden, die nur dem dunklen Herrscher dienten, konnte sie durchaus verstehen; ganz anders als sein Geschöpf. Umso anziehender hatte sein Raubtiergold im Schein des flackerndes Feuers wenig später auf sie gewirkt, als er sich, kaum waren Yokos Atemzüge der Gleichmäßigkeit anheimgefallen, geräuschlos erhoben hatte und ins Dickicht des Waldes vorangeschritten war. Ihr Herz pochte aufgeregt in ihrer Brust, als sie ihm folgte. Sie war sich sicher, dass er es hören konnte, ihren unruhigen Atem verfolgte. Wieder kam sie sich vor wie ein Trampeltier, brachen sich doch ihre Schritte durch das Unterholz, während seine federleicht jeglicher Tonerzeugung entsagten. Dennoch lag keinerlei Verachtung in seinem Blick, mit dem er sie maß, kaum dass sie zu ihm aufgeschlossen hatte. Stumm stand sie vor ihm und beobachtete fasziniert, wie sein Dämonengold ihre Züge abwanderte. Die Seinen verrieten keinerlei Regung und doch vermeinte sie, das Funkeln in seinem raubtierhaften Gold nähme noch einmal an Intensität zu, ehe es auf ihrem flackernden Meeresblau verharrte. Abermals warf er sie in ein Wechselbad der Gefühle. Ihr wurde heiß und kalt. Dennoch widerstand sie dem Drang, ihn jetzt zu berühren. Sie musste es einfach sehen. „Mein Speichel...“ Sie nickte, hatte sie doch nicht vergessen können, was mit dem Holz der Veranda geschehen war. „Halte Abstand“, ließ ihr Meeresblau kurz unruhig aufflackern - einem Instinkt folgend, dennoch nickte sie tapfer. Heiß umfing sie da seine dämonische Energie und pikste alsbald auf ihrer Haut, während sie vorsichtig zurückwich, ihm Platz einräumte, sodass er sich entfalten konnte. Sie konnte spüren, dass die gegensätzliche Aura nach ihrer langte, sie berührte und doch nicht schmerzlich auf sie herniederging. Es wirkte fast, als lud sie die Ihre zu einem neckischen Spiel ein. Nicht viel hatte man ihr über die Geistform beigebracht und doch war ihr die Furcht ihrer Art vor seiner wahren Gestalt vermittelt worden. Grausam, unbeugsam, ja sogar unbezähmbar in ihrer Wildheit waren nur einige der neutralen Beschreibungen, welche ihre Verwandten für die dämonischen Gestalten fanden. Und doch bemerkte sie bei sich, dass sie neugierig jedwede Veränderung verfolgte. Das Ausfransen seiner Streifen, die roten Augen, welche alsbald an Ausmaß zunahmen, ebenso wie sein Körper. Die Zähne und Klauen, welche zu denen der Bestie heranwuchsen. Erstaunt beobachtete sie den Farbumschwung der Pupillen ins Türkisene. Es war ihr beim Turnier entgangen. Sie wagte nicht den Blick abzuwenden, als seine Yôki sie heiß, wie die Hitze an einem Sommertag, umfing - zu gebannt sah sie ihm dabei zu, wie er an Breite und Länge zunahm. Viel zu rasch, ging es nach ihr, war er den ersten Baumwipfeln entwachsen. Sein Fell peitschte wild um seine massigen Schultern, als sich das Grollen erneut seiner Kehle entrang. Für den ersten Augenblick regte sich die angeborene Furcht in ihr vor dem feindlichen Abbild, das ihr nur in den Geschichten aus ihrer Kindheit begegnet war. Und doch obsiegte die Neugierde, als sie sich den übergroßen Hund besah, der fordernd mit seiner Vorderpfote über den Boden schabte. Seine Krallen waren länger als ihre Beine und rissen wahre Rinnsale in die Erde. Ihre Gestalt erreichte nur knapp seine Fußwurzeln. Er war dafür geschaffen, den Auftrag seines dunklen Herrn umzusetzen: Zu vernichten. Es war auf seine eigene Art beeindruckend. Beiläufig bemerkte sie, dass sein Speichel die Erde zu versenken vermochte. Das Gift brannte selbst in ihren Schleimhäuten. Sie wusste nur von einem der dunklen Söhne, welchem die Gabe, Giften zugetan zu sein, nachgesagt worden war. Ob er wusste, zu welch einzigartiger Waffe der Vernichtung ihn das machte? Sein Winseln riss sie aus ihrer Faszination. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass sie ihn angestarrt hatte. Und so war ihr Lächeln beinahe entschuldigend, mit dem sie ihn nun maß. All seine Warnungen schoss sie daraufhin in den Wind und tat die wenigen Schritte auf ihn zu, bedachtsam und dennoch mit unerklärbarer Sicherheit. Er hatte den Kopf gesenkt, die Zunge leicht gebleckt; es erweckte nahezu einen friedvollen Eindruck, wären da nicht die messerscharfen Krallen und Zähne, welche er so fletschte. Sie konnte nicht einmal sicher sagen, ob er dies bewusst tat. Generell machte es auf sie ganz den Anschein, als zeigte er seine Empfindungen so viel deutlicher. Erst recht, als er sich wenig später der Hand, welche sie instinktiv erhoben hatte, entgegenschmiegte, ganz so, wie Ai das in ihrer Wolfsgestalt zu tun pflegte. Konnte es sein, und am Ende waren Dämonen in dieser Form einfach nur weniger beherrscht? Automatisch begann sie damit, ihn zu streicheln. Sein Fell war unbeschreiblich weich; weicher als sie es je für möglich gehalten hatte, umschmeichelte es ihre Haut. Es war nur ein Abklatsch seines Schulterfells. Sein Vater und er selbst hatten erwähnt, dass ihre Beherrschtheit die Schwachen von den Starken ihrer Art trennte. War es so einfach? Hatte er diese Offenlegung gar gefürchtet? Interessiert begegnete sie seinem feuerroten Auge, seiner türkisenen Pupille, welche einzig auf sie gerichtet schien. Ihr Oberkörper war knapp so lang, wie sein Auge an Höhe maß. Keine Scheu lag in ihrem Blick als sie sich dem natürlichen Feindbild ihrer Art gegenübersah. So seltsam unerklärlich es für sie war, vermeinte sie doch ihn darin wiedererkennen zu können, mochte ihm auch jegliche Individualität durch das Erbe seines Schöpfers genommen sein. Liebevoll glitt ihre Hand alsbald an seiner Lefze den Streifen entlang, welcher nun zusammengewachsen war; sehr wohl darauf bedacht, den Speichel zu meiden. Es schien ihm dennoch zu nahe, als er ihr aufwinselnd seinen Kopf plötzlich entzog und sich aufrichtete, um wenig später in seinem Energiewirbel zurück auf seine vorherige Größe zu schrumpfen. Ihr Blick hatte jegliche Furcht verloren, als er unverhältnismäßig sanft seinem Raubtiergold begegnete. „Wage es ja nicht, das auszuformulieren, Megami“, grollte er warnend. Er war kein Schoßhund. An ihrem verzückten Lächeln erkannte er, dass es seine Wirkung komplett verfehlte. Sie biss sich auf ihre Unterlippe, suchte zwar so, den verräterischen Ausdruck zu kaschieren; und konzentrierte damit doch einzig all seine Aufmerksamkeit allein auf ihre zartrosanen Lippen. Gröber als beabsichtigt zog er sie da zu sich und hatte ihren Mund besitzergreifend mit dem Seinen verschlossen, noch ehe sie zu irgendeiner Erwiderung auch nur hätte ansetzen können. Sie ließ ihn gewähren, ergab sich regelrecht seiner fordernden Zärtlichkeit und erlaubte dem Dämon die Führung. „Wann findet das Ritual statt?“, durchbrach sie die Ruhe, welche sich abermals angenehm über sie gebreitet hatte. Der Mond tauchte die Lichtung in sein milchiges Zwielicht, während das Wasser kontinuierlich im Hintergrund plätscherte. Sie lagen seit einer geraumen Weile schweigsam im weichen Gras und genossen die Gegenwart des jeweils anderen. Sesshômaru hatte den Brustpanzer noch nicht wieder angelegt und den Rücken gegen einen Baum gestemmt, seine warme Brust schirmte sie dabei sowohl gegen die harte Rinde, als auch die Kälte ab. Sein Atem hob und senkte sich leicht gegen ihre Kehrseite und beruhigte sie in unbeschreiblicher Art und Weise. Ihre Schläfe lehnte gegen sein Kinn, sodass sie die Regung erfasste, sobald er eine Antwort - knapp wie stets - bemühte: „Nachts.“ Sie hatte den Blick zu seinem Himmelskörper gerichtet, während sie fast nebensächlich eine seiner Haarsträhnen zwischen ihren filigranen Fingern zu drehen begann. Fasziniert beobachtete sie die Reflexionen des Mondlichts darin, ehe sie laut sinnierte: „Zu eurer Stunde.“ So eng gegen seine Brust geschmiegt konnte sie sein Schmunzeln spüren, ehe er zu einer nachsichtigen Korrektur ansetzte; nachsichtig, weil sie mehr erläuterte denn tadelte: „Wer es vermag, sich dem Ritual zu stellen, ist längst losgelöst von der Tageszeit, Megami.“ Ihre Lippen spannte ihr hauchfeines Lächeln, als er daraufhin einen Kuss in ihr Haar tupfte. Unendliche Wärme durchströmte sie, als er seine Nase dabei in ihr Pechschwarz vergrub. Instinktiv schloss sie die Augen, während der Hundedämon kaum hörbar dabei tief die Luft einsog. Er war sich lange schon im Klaren darüber, dass er ihrem Geruch hoffnungslos verfallen war; und, dass er den Seinen an ihr viel zu sehr genoß; mochte er sie auch zum Morgengrauen wieder verlassen haben, als wäre sie nie bei ihm gelegen. Er hatte ihre oder Ais Magie schwer im Verdacht, vermochte es ein einziges Bad doch niemals allein, den Seinen derart radikal auszulöschen. „In eurer wahren Form seid ihr angreifbarer“, war mehr eine Frage denn echte Erkenntnis. Es beendete seine hauchzarten Liebkosungen ihren Hals hinab, ehe sein Grollen an ihrem Ohr heißkalte Schauer durch ihren Körper jagte: „Eine kühne These in den Armen eines Dämons, Megami.“ Andeutungsvoll durchbrachen seine Reißzähne da die dünne Haut an ihrem Hals. Ihr entwich ein verräterischer Laut, während ihr Kopf automatisch zur Seite glitt. Er war sich sicher, dass es ihr nicht einmal bewusst war, dass sie sich ihm so instinktiv darbot. Sie sah das gefährliche Lächeln nicht, das seine Züge darüber zierte. Sein Knurren ließ sie in seinen Armen erzittern. Sie erkannte, dass er eine Erläuterung forderte. „Ihr sagt, es lässt euch auf eure gesamte Macht zugreifen und doch zieht ihr es vor, in eurer menschlichen Form zu kämpfen, vermeidet es sogar, eure Macht im Kampf zu offenbaren. Es ergibt nur Sinn, wenn es euch zum Vorteil gereicht.“ Wenn man ihr die rechten Anreize bot, zeigte sich ihr Scharfsinn. Es glich fast einer Belohnung als er über die blutroten Einstiche leckte, welche seine Reißzähne auf ihrer makellosen Haut hinterlassen hatten. „Dir ist klar, dass ich dir das unmöglich bestätigen kann, Ishizu“, war reine Freude am Spiel und entlockte ihr ihr verzücktes Auflachen. Ihr Blick suchte den Seinen, doch als ihre Hand nach seiner Wange langte, fing er sie mit seiner Klaue ab. Fasziniert beobachtete sie, wie seine Klaue hauchzart ihre Handinnenfläche abwanderte und seine langen Finger sich über ihre filigranen legten, ohne dabei ihre Haut auch nur zu reizen. Der Blick mit welchem er ihre Finger maß, vibrierte elektrisierend durch ihren Körper. Es war nicht das erste Mal, dass er registrierte, wie weich ihre Haut war, wie dünn sie sie ummantelte oder wie lang und schmal ihre Finger waren. Die Erkenntnis war neu. Wenn sie ihre Fingernägel wachsen ließe, sähe es fast aus wie Klauen. „Warum nimmst du dir nicht eine deiner Yôkaidamen im Schloss, wenn du deren Gesellschaft wünscht“, beendete sein Hochgefühl abrupt. Sie gab ihm nicht einmal die Chance, seinen Missmut darüber irgendwie zum Ausdruck zu bringen, als sie sich in seiner Umarmung zu regen begann. Was war sie auch so neugierig. Bestimmt umfassten seine Arme ihre Hüfte fester. Den Blick aus zornig verengtem Götterblau ignorierte er geflissentlich, als seine Umarmung sie eisern bei sich behielt. Dass sie damit immer noch haderte, erschloss sich ihm nicht. Dennoch konnte er nicht widerstehen und so war es ihm entkommen, noch ehe er es auch nur hätte aufhalten können. „Das hatte ich bereits, wenn du dich erinnerst“, ließ ihre Gegenwehr augenblicklich ersterben. „Ach was du nicht sagst, bei Haruki etwa auch?“, war giftig. Er genoss ihre erbost verzerrten Züge eindeutig zu sehr. Wofür hielt sie ihn nur? „Ich bin bei dir, jede Nacht. Ist dir das nicht Antwort genug, Megami?“, kam nahe an ein Seufzen heran. Sie erkannte den Wert dahinter, weil es erfolgt war. Es war also nicht üblich, das Nachtlager fortan zu teilen. Er zückte seine Braue. Zu mehr war keine Zeit als das Grummeln ihres Magens die Zweisamkeit brach. Beschämt senkte sie den Blick und wich seinem Forschenden aus. Glaubte sie etwa, er verglich ihre momentane Schwäche? „Du solltest etwas essen“, lenkte ihren verengten Blick erneut auf ihn. Noch während er den Griff um ihre Hüfte lockerte, wusste er, wie rasch sie sich von ihm lösen würde. Und er ließ sie. Seither war er weder gedanklich noch auf irgendeine andere Art und Weise gestört worden. Eine teuer erkaufte Ruhe, wie er sehr wohl bereits erahnen konnte. Sie schmollte – für ihre Begleiter durchaus wahrnehmbar. Den gesamten Weg hatte sie sich stumm von dem Reitdrachen über die immer hügeligere Landschaft tragen lassen. Somit war er gegen Mittag weitaus beruhigter als noch die Nacht zuvor durch die vertrauten Holzpalisaden in den sandigen Hof getreten, um den der gesammelte Haushalt penibelst arrangiert zur Begrüßung angetreten war. Selbst er war froh darum gewesen, dass Haruki und Kijo ihnen sogleich jemanden zugewiesen hatten, um sie in Ihre Gemächer zu geleiten. Ein Mensch; er hatte die väterliche Order sofort erkannt. Der gesamte Westflügel war jeglicher dämonischer Energie beraubt und allein ihnen beiden vorbehalten. Auch sein Vater vermied jedwedes Risiko. Sie ging schweigsam hinter ihm, zeigte sich lediglich distanziert an seiner Seite. Dem Gastgeberpaar war sie höflich gegenübergetreten, als man einander vorgestellt worden war. Tadellos hatte sie sich gezeigt; er hatte es nicht anders erwartet. Umso überraschter hielt er inne, als seine Sinne auf ganz und gar unliebsame Weise gereizt wurden und seinen Blick über seine Schulter hinter sich beorderten. Ishizu hatte gut in ihre Fassade gefunden, einzig er durfte sie nicht allzu oft ansehen, dann war alles gut. Natürlich hatte sie längst erkannt, dass ihre Reaktion den Rahmen eindeutig gesprengt hatte. Sie schämte sich, ihrem ersten Impuls nachgegeben zu haben ob seines Gedankenganges. Zumal sie in seinen Gedanken nichts zu suchen hatte. Dennoch, wieso traf er so einen Vergleich? Warum hatte er sie auch noch mit ihrer Schwäche aufziehen müssen? Es machte sie wütend. Alles daran erzürnte sie, ihre Unsicherheit, ihre Neugierde, die ihr nicht zustand und der sie –seinetwegen – erneut nachgegeben hatte; sein Stolz, dem ihre Schwäche negativ aufstieß bis hin zu seiner elenden Vergangenheit, mit der er, feige wie er war, nicht aufgeräumt hatte. War sie ehrlich, hatte sie auch keine gesteigerte Lust, sich momentan auch nur in seiner Nähe aufhalten zu müssen. Und so war sie beinahe froh gewesen, als sich das Anwesen vor ihnen aufgetan hatte – eine befestigte Grenzanlage auf einem Hügel. Kijo und Haruki hatte sie als willkommene Abwechslung zum eintönigen Schweigen des Weges empfunden. Ihre Neugierde bezüglich der Gastgeberin und deren magischer Fähigkeiten hatte sie allerdings noch nicht ausreichend zu stillen vermocht. Entweder waren die Gerüchte nur gut gestreutes Gerede oder sie verbarg ihre Magie meisterhaft – zu gekonnt selbst für eine Schülerin des magischsten Wesens, das ihre Welt kannte. Sie würde auf der Hut bleiben, sah sie auch im Moment keinen Bedarf, ihn auch nur anzusehen. Selbst seine Rückenansicht mied sie, wann immer sie konnte. Und so war ihr die getigerte Katze auch sofort ins Auge gesprungen, noch ehe sie sich aus dem abzweigenden Gang zielstrebig auf sie zubewegt hatte, um sich sogleich schnurrend an ihren Beinen zu reiben. Ishizu war maßlos überrascht an einem Hof voller Inuyôkai einer Katze zu begegnen. Sie trug keinerlei nennenswerte magische Energie. Und so hatte sie sich zu der Samtpfote hinuntergebeut und ihre Hand gereicht, noch ehe sein Blick eisern auf ihr zum Liegen kam. „Na, wer bist denn du?“, erhob den Ihren provokant zu ihm hinauf. Mittlerweile hatte auch der Mensch bemerkt, dass sie angehalten hatten. Sie sah, dass sie ihn reizte, allein weil sie das verhasste Tier streichelte. Er registrierte die Bewusstheit ihrer Handlungen. Die Katze störte sich nicht daran, nicht einmal an Ai, welche sich unter einem leisen Aufjaulen gähnend hinsetzte. Offenkundig gedachte ihre Herrin hier zu verweilen. Sesshômaru zückte seine Augenbraue. Eine deutliche Aufforderung, welche sie geflissentlich ignorierte, als sich aus dem Gang eine weitere Gestalt löste. Ein kleiner Junge, der vorsichtig herankam. Ishizu folgte dem angstvollen Blick zu dem Tier, welches sich eng an ihre Hand schmiegte und kurz miaute. Das angewiderte Zucken seiner Augenbraue ließ sie unkommentiert, als sie sich stattdessen freundlich lächelnd an den Menschenjungen wandte: „Ist das deine Katze?“ Er schüttelte reichlich verschreckt den Kopf. Offensichtlich hatte er hier nichts zu suchen, genauso wenig wie sein Haustier. Sie schätzte ihn auf unter zehn Jahren, so schlaksig wie er war. „Hiro!“, erfolgte nach Ishizus Geschmack viel zu harsch, als der Erwachsene ihn erblickte. Das erkannte Sesshômaru daran, dass sie missmutig ihr Näschen kräuselte, ehe sie ihrem Begleiter mit erhobener Hand das Wort abschnitt. „Ist schon gut. Du hast nichts verbrochen“, erlaubte sie sich mit einem abschätzenden Blick zu ihrem Sensei, der ihr warnend begegnete. Das Eis war empfindlich dünn. Abermals wies er sie nur zu deutlich auf den wohl gravierendsten Unterschied zwischen ihnen hin. Er verabscheute ihre Schützlinge. Es war nicht sein Belang, wie sie hier behandelt wurden, egal ob Kind oder Erwachsener. In seinen Augen hatte der Junge hier nichts zu suchen. Der Grund für sein Fehlverhalten war ihm dabei gleich. Kurz huschte ein Anflug von Trauer über ihre makellosen Züge, dann hatte sie von der Katze abgelassen und sich erhoben. Ihr Lächeln, das sie dem Menschenkind schenkte, war von solcher Sanftmut und Güte getragen, dass selbst Sesshômaru sie abschätzend musterte. „Es ist schön, dich kennenzulernen, Hiro. Mein Name ist Ishizu. Du hast wirklich eine sehr freundliche Katze. Sie wird von nun an ein wenig besser auf dich aufpassen.“ Und wie aufs Wort gehorchte das schnurrende Fellknäuel der Göttin und tapste unter den Argusaugen des Hundedämons an diesem mit erhobenem Schwanz vorbei auf den Jungen zu. Der schloss sie sofort in seine Arme und deutete mit reichlich großen Augen vor Ishizu eine Verbeugung an. Er wollte sich gerade auf ihr Nicken hin zum Gehen wenden, da brach sich der aufkommende Tumult hinter ihr durch den schmalen Gang. Ishizu fühlte sich umgehend von seinem Arm in seinen Rücken geschoben, als das aufgebrachte Gebrüll des Mannes auch ihr Gehör erreichte. Noch hatte sie ihn nicht verstanden, aber das Licht, welches seine über den Kopf erhobene Klinge reflektierte, huschte über ihr lupenreines Gewand und langte nach ihrem Hals. Es ging zu schnell, als dass sie die Regung, welche seinen Arm durchfuhr, hätte mitverfolgen können. Sie spürte die Luft charakteristisch vibrieren auf ihrer Haut, hörte wie sich das unverkennbare Surren über das Knurren ihrer Wölfin erhob. Da hatte ihn die grüne Lichtpeitsche bereits erfasst. Sie hatte es nicht einmal verfolgen können und konnte nur mehr die Augen schließen ob des unangenehmen Geräuschs. Sein Blut spürte sie mehr auf sich auftreffen, als dass sie sah, wie seine Tat ihren Kimono befleckte. Er hatte die Klaue längst wieder gesenkt, der Aufruhr sie erreicht, als ihr Blick ihn in seinem Rücken ereilte. Geistesgegenwärtig umfasste er sie da an ihrem Handgelenk. Es war fester als sie es gewohnt war. Er war an dem eiligst zu Boden sinkenden Menschen vorbei, noch ehe dessen Knie das Holz berührten. Es war nicht mehr weit, ein, zwei weitere Gänge, welche abzweigten, dann um die Ecke und sie fand sich in die Gemächer gezogen, kaum dass er die Schiebetüren geöffnet hatte. Unsanft kollidierte sie mit der hölzernen Wand und wagte es doch nicht, ihre Stimme zum Protest zu erheben, während er die Türen neben ihr geräuschvoll zuschob. Erst danach nahm sein Raubtiergold sie in seinen verengten Fokus. Seine Klaue pinnte ihren Arm über ihren Kopf, sein Körper alsbald den Ihren gegen die Wand. Ganz nahe kam er ihr. Es erinnerte an wesentlich intimere Momente und entbehrte doch jeglicher Zärtlichkeit, als er sie anknurrte: „Jetzt, Megami, sag, was du zu sagen wünscht!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)