Stille Herzen von HalcyTheWolf ================================================================================ Kapitel 3: Die Berührung ------------------------ -Khiai- Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, als ich die Unterlagen für die Nachhilfe auf den Tischen verteilte. Der Lehrer hatte zugestimmt, dass ich mithelfen konnte und heute sollte die erste Stunde stattfinden. Es gab zehn Schüler aus unserer Stufe, die daran teilnehmen würden. Doch der Grund für mein Herzklopfen waren nicht sie, sondern Santi, der an der Tafel stand und ein paar Willkommensgrüße aufschrieb. Ich hoffte, dass meine Strategie aufgehen würde, denn wenn Santis Noten gerettet werden sollten, musste es zumindest so aussehen, als hätte er Ahnung von Mathe. Ich konnte mich nur schwer von diesem Anblick losreißen, erst als er sich umdrehte, wanderte mein Blick zurück zum Tisch. Bloß nichts anmerken lassen, mahnte ich mich zur Vorsicht. Ich hatte alle Zettel verteilt, allerdings befanden sich noch Unterlagen in meiner Hand, die ich anstarrte. Gestern hatte ich mich drangesetzt, diese Erläuterungen für Santi zu schreiben, damit er die Aufgaben erklären konnte. Jetzt musste ich ihm die nur noch geben. Langsam bewegte ich mich auf ihn zu, den Blick auf die Zettel gerichtet. Damit könnte es klappen! Weil ich so konzentriert war, sah ich die Stufe vor der Tafel nicht, stolperte darüber und landete in seinen Armen. Wie ein Blitz durchfuhr es mich, als seine Hände auf meinen Armen lagen, um mich festzuhalten. Erschrocken sah ich ihn an und als sich unsere Blicke trafen, wurde mir heiß und kalt. Für eine Sekunde schien die Zeit stillzustehen. Ich musste schlucken, versuchte mich zu beruhigen, doch es funktionierte nicht. »Ich…ich«, begann ich, doch die Wörter wollten nicht herauskommen. Als der Lehrer mit den Schülern hereinkam, sah ich meine Chance, drückte Santi die Unterlagen gegen die Brust und floh in eine der hinteren Ecken des Klassenraums. Wieso musste ich so tollpatschig sein? Wieso hatte er so schöne Augen, wieso…Ich setzte mich nach ganzen hinten an den Tisch, lehnte meinen Kopf an die Wand und schloss die Augen. Ich wünschte mir, dieses unglaubliche Gefühl zurück, von ihm berührt zu werden, aber nicht als Ergebnis meiner dummen Aktion. Zum ersten Mal wusste ich, wie es sich anfühlte, wenn man im Boden versinken wollte, aber trotzdem glücklich war. -Santi- Als der Lehrer reinkam, versteckte ich meinen hochroten Kopf hinter Khiais Zetteln. Hoffentlich hatte ich ihn nicht zu lange angestarrt. Einerseits war ich froh, dass der Lehrer uns aus dieser Situation erlöst hatte, andererseits hätte es ruhig ein bisschen länger sein können. Ich lugte hinter den Unterlagen hervor, sah wie Khiai sich an das andere Ende des Klassenraums gesetzt hatte. Wie sollte ich mich denn jetzt trauen, ihn anzusprechen, wenn ich was erklären sollte? Resigniert setzte ich mich zu den anderen Schülern, da fiel mir die zweite Seite in seinen Unterlagen auf. Es war ein ziemlich langer Text, den man wie ein Skript lesen konnte. Ich überflog die Wörter und wenn ich dies vorlesen würde, klang es tatsächlich so, als hätte ich Ahnung von der ganzen Sache. Bei dem Gedanken, dass er sich für mich die ganze Arbeit gemacht hatte, wurde mir warm ums Herz. Der Lehrer saß vorne und bat mich anzufangen. Ich stand auf und begann Khiais Skript zu lesen. Alle sahen mich an und meine Hände begannen zu zittern. Doch sein Text half mir, nicht ganz so viel zu stottern. Nach der Erklärung setzte ich mich wieder und sie begannen, die Aufgaben zu machen. Ich klammerte mich an den Zettel, hoffte, dass niemand Fragen stellte. Die Stille und die kratzenden Stifte auf dem Papier machten mich nervös. Eine halbe Stunde verging ohne Zwischenfälle, jetzt musste ich es nur noch schaffen, den Rest hinter mich zu bringen. Doch dann hob eine Schülerin die Hand. Wenn ich nicht auffallen wollte, musste ich mir der Sache wohl stellen. Ich ging zu ihr, fragte sie, was los sei. »Ich verstehe die zweite Aufgabe nicht. Könntest du mir die nochmal erklären, Santi?« Sofort richtete sich mein Blick hilfesuchend in Khiais Richtung, doch zu meinem Entsetzen war er nicht an seinem Platz. Stattdessen hörte ich leise an meinem Ohr: »Du kannst X ausklammern, um die Gleichung aufzulösen.« Ich sprach es nach, rang dabei nach Luft, konnte mich in Khiais Nähe überhaupt nicht konzentrieren. »Oh, danke«, sagte sie und machte sich wieder an die Aufgabe. Ganz langsam drehte ich mich um, nur um Khiai direkt vor mir zu sehen. Ich senkte den Blick, brachte gerade so ein »Danke« hervor. -Khiai- Manchmal wünschte ich, es würde mehr Leute geben, die ihre Aufgaben nicht verstehen. Ich wusste nicht wirklich, wie ich es geschafft habe, mich ihm so anzunähern. Aber sein verzweifelter Blick ließ mir keine Wahl, meine Beine hatten sich von alleine bewegt. Doch ich hatte mein Glück heute schon viel zu sehr ausgereizt und wollte nicht auf komische Ideen kommen. Daher trat ich vorsichtig zwei Schritte zurück, als er plötzlich meinen Arm griff. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)