Monogatari von Harulein (Eine Geschichte der Uchiha-Familie) ================================================================================ Kapitel 14: [Madara] Von der Rückseite des Mondes ... ----------------------------------------------------- 1989 – 1990 Das Anwerben neuer Familien für das neue Dorf, das jetzt den Namen Akatsuki-hikari trug, verlief nicht annähernd so flüssig, wie Madara es sich gewünscht hätte. Er hatte alle Briefe inzwischen verteilt, und zwei Mal waren auch Vertreter von Familien hier aufgetaucht, doch aus verschiedenen Gründen hatten sie sich alle dagegen entschieden, umzusiedeln. Der einen Familie war die Entfernung zu ihrer Heimat zu groß, die andere sah Akatsuki nicht als stark und sicher genug an. An der Entfernung konnte Madara nichts ändern, doch für die Stärke und Sicherheit konnte er etwas tun. Aus der Idee mit den Bijuu-Geistern war inzwischen ein Konzept mit mehreren Möglichkeiten geworden, hauptsächlich den Neunschwänzigen Fuchs betreffend. Dieser war erstens frei, zweitens der stärkste aller Bijuu und drittens wusste Madara durch die Schriften des Ersten Hokage am meisten über ihn. Wenn es ihm gelang, diesen Bijuu durch Überzeugung für sich zu gewinnen und an seiner Seite zu haben, dann hätte er genug Macht, Energie und Kraft, um sowohl Clans anzulocken, als auch mit einer sicheren Position in Verhandlungen zu den anderen Dörfern zu treten. Außerdem, sollte der Fuchs sich in Konoha blicken lassen und Madara könnte diesen Angriff stoppen, dann wäre dadurch ein starkes Band zwischen Akatsuki und Konoha gesichert. Um diese Pläne umzusetzen, brauchte Madara ein wirklich starkes Jutsu. Eines, mit dem man einem Bijuu, und dem Mächtigsten von ihnen, entgegentreten konnte … Er begann, die tieferen Schichten des Phantomdrachen-Jutsus zu erkunden, zuerst, indem er viel las und erkundete, wie dieses Jutsu in seinen Grundlagen aufgebaut war. Es baute auf der Idee auf, dass man durch extrem viel Chakra und genaues Wissen über die Eigenschaften des Bijuu einen künstlichen Drachen erschuf, der stark genug war, einen Bijuu in seiner Art grundlegend zu verändern und gewissermaßen zu zähmen. Madara wusste, dass es in anderen Welten, auf anderen Dimensionen, wirkliche Drachen gab, doch diese waren für ihn als Einzelperson unerreichbar. Um eine Tür zu einer solchen anderen Dimension zu öffnen, brauchte es von dieser Welt aus ein extrem starkes Tor, oder die andere Dimension musste die Shinobiwelt von sich aus kontaktieren. Ein solches Tor war zum Beispiel durch das Sharingan zwar möglich, doch man brauchte mindestens zehn Sharingan-Anwender, die zugleich dieses Tor öffneten. Wenn sich also kein echter Drache aus einer dieser anderen Welten von sich aus meldete, brauchte es eine möglichst nahe Imitation. Diese Imitation erforderte ebenso ein dimensionales Auge wie das Sharingan, aber dafür genügte die Kraft eines einzelnen Anwenders. Für seine täglichen Trainingseinheiten verließ Madara jetzt oft den Ort, ging weiter in die Berge und fand dort zwischen den Gipfeln ein Tal, das sich gut für das Trainieren eines solchen Jutsus eignete. Die hohen Felswände gaben ein gutes Echo ab, schützten jedoch auch die Geheimnisse dieses Trainings, und es waren genug Bäume dort, dass Madara sich fast ein bisschen wie zu Hause im Feuerreich fühlte. Er hatte früher einmal an einem ähnlichen Ort trainiert, einem Tal mit Bäumen, einem Fluss und einem großen Wasserfall, welches sich im Norden des Feuerreiches befand. Diesen Ort hatte er aus den Schriften des Ersten Hokage gekannt und dort zu trainieren hatte sich immer so angefühlt, als sei er wirklich der Hashirama Senjuu seiner eigenen Generation. Doch jetzt, wo er im Regenland lebte, wollte er einen ähnlichen Ort auch hier haben. Und so verbrachte er die Zeit in diesem Tal mit dem Training und dem Umbau dieses Ortes nach dem Vorbild jenes Tals im Feuerreich. Weil jenes Tal dort tatsächlich der Familie Senjuu gehört hatte, gab es dort verschiedene Zeichen, die Madara hier nachbildete. Das auffälligste dieser Zeichen war eine riesige Statue des Hashirama aus Fels, zwischen Erde und Wasser, die ja Komponenten des Holzverstecks waren. Mit verschiedenen Techniken baute er diese Statue hier ebenfalls nach und hatte nun den idealen Ort, um ein starkes, idealistisches Jutsu zu entwickeln und zu lernen, mit dem er Kurama gegenübertreten wollte. Wenn er nach diesem Training dann wieder zurück nach Akatsuki kam, wartete dort Konan auf ihn, die sich nun auf verschiedene Aufnahmeprüfungen an Ninja-Akademien vorbereitete. Sie hatten gemeinsam schon einen Brief an die Akademie von Kumo Gakure geschickt, doch die Antwort ließ auf sich warten und so lernte Konan jetzt schon mal alles, was sie bis dahin können wollte. Madara ging mit ihr das durch, was er über den Lehrplan der Akademie von Konoha wusste, und unterrichtete sie in allem, was nach den pädagogischen Idealen des Ersten Hokage wichtig war, um ein guter Shinobi zu werden. Die Ausbildung in Kumo war mehr oder weniger als Übergang gedacht, und weil Madara es auch für gesund und wichtig hielt, dass seine Ziehtochter mit anderen Kindern zusammen lernte. Hin und wieder gesellte sich auch Nagato zum Lernen dazu, und Madara fragte ihn auch, ob er ebenso nach Kumo Gakure gehen und dort lernen wollte. Doch Nagato lehnte das ab. Er sagte, ihm sei der Umgang mit den anderen Kindern auf einer Akademie zu viel, und er wollte lieber hier bleiben, im Regenland. Er hatte durch sein Training inzwischen seine ganze Kampfkraft dem Regen verschrieben, genau wie ein Ninja aus Ame Gakure, und wollte nirgendwo anders leben. Was Madara und Konan nicht wussten, war: Neben Kisame hatte nun auch Kakuzu begonnen, Nagato Dinge beizubringen. Und Kakuzus Techniken, die allesamt dunkle, verbotene Jutsus waren, hatten ihre Wirkung auf Nagato. Er begab sich da in etwas, das dunkel war, dunkel und süchtig nach Macht und Rache. Und Kakuzu achtete darauf, dass Madara nicht zu viel davon mitbekam. Kisame unterhielt daneben noch weitere Kontakte in den Untergrund. Er wusste, dass es in Konoha vor einer Weile Probleme mit einem Abtrünnigen gegeben hatte: Einer der legendären Sannin, Orochimaru, ein ehemaliger Schüler des Dritten Hokage, hatte im Dorf für große Probleme gesorgt und war dann verschwunden und abgetaucht. Kisame hatte ihn irgendwo kennen gelernt und ihn Kakuzu vorgestellt. Während Madara voll auf das neue Jutsu und Konans Unterricht konzentriert war, spannen Kakuzu, Kisame und Nagato ihr eigenes Netz. Zuerst versuchte Sasori noch, sich da herauszuhalten, doch dieses neue Netz reizte seine dunkle Seite. Er stieg nicht voll mit ein, dazu hatte er zu viel Respekt vor Madara und mochte auch Konan zu gern, doch hin und wieder beteiligte er sich daran. Dass Madara gerade an einem Jutsu arbeitete, mit dem sich ein Bijuu-Geist würde einfangen lassen, erfuhr zunächst niemand der anderen. Madara hielt es so geheim wie möglich, baute eine mentale Mauer aus Ausreden darum herum und drückte es, wenn er zum Training in jenes Tal verschwand, immer so aus, dass Kakuzu ihn ironisch belächelte und als „naiv“ bezeichnete. Er war an dieses Wort gewöhnt, schon in Konoha hatten manche Leute ihn so bezeichnet, weil er die idealistischen, positiven Ideale des Ersten Hokage so hoch hielt. Doch ähnlich wie dieser selbst nahm auch Madara die Aussage „Du bist so naiv“ als Kompliment. Und jetzt nutzte er das ganz gezielt aus, dass man ihn für „naiv“ hielt und ihm ein solches Jutsu und das Geheimnis darum nicht zutraute. Doch zu Beginn des Jahres 1990 fand Sasori dann heraus, was Madara im Geheimen trieb, und fragte ihn eines Tages danach: Madara und Konan saßen nach dem Abendessen zum Lernen zusammen, als Sasori hereinkam, die Tür hinter sich schloss und geradeheraus fragte: „Und? Bist du bald fertig mit dem Jutsu für den Bijuu, Madara?“ Madara sah ihn an, als hätte ihn eine Wespe gestochen. „Keine Angst, ich habs alleine rausgefunden. Kakuzu weiß von nichts“, sagte Sasori. „Wie …?“ „Du hast es nicht mehr erwähnt“, sagte Sasori. „Das passt nicht zu dir.“ Sasori hatte also daran, dass Madara über die Idee, einen Bijuu einzufangen, nicht mehr gesprochen hatte, erkannt, dass es da ein Geheimnis gab. Er kannte Madara gut genug, um dieses Fehlen eines Themas als Zeichen zu deuten, dass etwas im Busch war. Konan sah Madara fragend an. „Ein Bijuu? Was ist das?“ Madara seufzte. „Kann man hier denn gar nichts mehr für sich behalten?“ „Nein“, sagte Sasori ungerührt. „Vor mir nicht.“ „Was ist ein Bijuu, Dara?“, fragte Konan. „Ein Bijuu ist ein sehr mächtiges Tierwesen“, sagte Madara. „Es besteht aus sehr, sehr starkem, hochkonzentriertem Chakra und wenn man es einfängt oder für sich gewinnt, hat man eine sehr mächtige Kraft an seiner Seite. Es gibt insgesamt neun davon, und ich lerne gerade, wie man diese Kraft für sich gewinnen kann.“ „Wie macht man das?“, fragte Konan weiter. „Das ist geheim.“ „Aber du kannst das?“ „Ich lerne es gerade. Der Hokage der Ersten Generation konnte es, und ich versuche, etwas ähnliches zu lernen.“ „Du hast gesagt, du willst niemanden ermorden“, sagte Sasori. „Deshalb suche ich ja nach einem Bijuu, der noch frei ist.“ „Und hast du einen im Blick?“ Madara nickte. „Welchen?“ „Den, der sich als erstes zeigt“, sagte Madara. „Ich habe Informationen, dass sich demnächst einer bewegen und zeigen wird.“ „Welcher?“, wiederholte Sasori. „Sag ich nicht.“ „Madara, ich kenne dich“, sagte Sasori. „Ich dich auch.“ „Als wenn ich Kakuzu davon erzählen würde …“ Konan sah Sasori an, ihr Blick verriet, dass es ihr nicht gefiel, wie Sasori sich Kakuzu zuwandte. „Sasori, du weißt hoffentlich, dass Kakuzu dich ausnutzt, oder?“, sagte sie und klang tatsächlich wütend. Dass Sasori sich hin und wieder mit Kisame und Kakuzu abgab, tolerierte sie, doch sollte er deswegen Madara hintergehen, überschritt das eindeutig Konans moralische Grenze. „Jaa …“, sagte Sasori. Konan sah ihn sehr bestimmt an. „Von mir erfährt Kakuzu nichts“, sagt Sasori. „Aber … ihr erfahrt von mir.“ „Über Kakuzu?“, fragte Madara. Sasori nickte. „Du spionierst?“, fragte Konan. „Ja. Kakuzu hat weiter Kontakte in den Untergrund, und Kisame auch. Ich weiß noch nicht genau, um wen es geht, aber sie haben irgendwas vor.“ „Und Nagato?“, fragte Madara. „Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass Nagato mit Kisame trainiert und Kakuzu da mitmacht.“ „Ganz ehrlich: Verbotene Jutsus?“ Madara war alarmiert. „Ist kein Maßstab. Meine Jutsus sind auch verboten.“ „Bist du beim Training da dabei?“ „Nein.“ Sasori schüttelte den Kopf. „Ich weiß nur, was sie reden.“ „Kann ich mich auf dich verlassen, Sasori?“, fragte Madara und sah ihn direkt an. Sasori nickte wieder. „Ja.“ Er sah Konan an und sagte: „Konan zerreißt mich doch in der Luft, wenn ich euch verrate.“ „Darauf kannst du dich verlassen“, sagte Konan, und es war deutlich, dass sie das ernst meinte. „Welchen Bijuu hast du im Blick, Madara?“, wiederholte Sasori seine Frage. Madara sah sich kurz um, vom Fenster zur Tür und wieder zum anderen Fenster. Dann senkte er ein wenig den Kopf, dass sein Haar so fiel, dass es von beiden Seiten sein Gesicht verdeckte. „Den Neunschwänzigen Fuchs“, sagte er leise. „Wow.“ „Der wird sich als nächstes zeigen. Es wird noch eine Weile dauern, und ich hoffe, dass mein Jutsu bis dahin fertig ist.“ „Er ist der Stärkste aller Bijuu. Woher weißt du, was du für so einen Bijuu können musst?“, fragte Sasori. „Der Hokage der Ersten Generation hat dem Neunschwänzigen Fuchs einst das Land abgehandelt, auf dem heute Konoha steht. Und ich kenne alle seine Schriften, besser als sonst irgendwer. Er hat dieses Wissen, wie er das gemacht hat, aufgezeichnet, und eines Tages hat mir der Mond einen Blick auf diese Schrift gewährt.“ „Der Mond?“ Sasori zog die Augenbrauen hoch. Madara nickte. „Wenn sich der Vollmond rot färbt, passiert so etwas manchmal.“ „Deswegen lebst du nach den Mondphasen, stimmt’s?“ „Ja. Der Mond ist die Verbindung zwischen den Uchiha und den Senjuu. Der Hokage der Ersten Generation hat die Verbindung seines Clans zu meinem Clan nicht grundlos geschaffen. Und außerdem hat der Mond auch sehr starken Einfluss auf die Bijuu.“ „Du willst also diesen Fuchs einfangen und mitbringen?“, fragte Konan. „Um es kurz zu fassen, ja.“ „Und wo soll der dann wohnen?“ „Ich werde einen Raum für ihn schaffen. Mein Ziel ist nicht, ihn zu versiegeln. Ich will ihn überzeugen, sich uns anzuschließen. Er wird also ein eigenes Haus bekommen.“ „Und was machst du, wenn er nicht will?“, fragte Sasori. „Dann suchen wir nach einem anderen.“ „Er ist extrem stark.“ Madara lächelte. „Ich auch.“ Ein paar Tage später erschienen neue Leute im fertig gebauten Teil des Dorfes. Eine Zivilistenfamilie, zwei Elternpaare mit insgesamt vier Kindern. Sie sagten, sie kämen von weiter her und suchten nach einem Ort, wo sie eine Weile bleiben konnten. Unten im Bauerndorf hatte man ihnen erzählt, dass auf dem Hochplateau ein neues Dorf entstand, und nun waren sie gekommen, um sich das anzusehen. Madara empfing sie und führte sie über die Baustelle und durch die fertigen Gebäude. Eins der Kinder war ein kleines Mädchen, sechs oder sieben Jahre alt, und während Madara und Sasori den Erwachsenen das Dorf zeigten, warteten die Kinder am ersten Haus. Konan hatte den Vormittag an der Nähmaschine verbracht, sie arbeitete nun fast täglich daran, und als sie Kinderstimmen hörte, lief sie raus, um nachzusehen, wer die Kinder waren. Das andere Mädchen war ganz einfach gekleidet, hatte dunkles Haar und braune Augen und bewunderte gerade die blühenden Sträucher auf der Terrasse. „Hallo“, sagte Konan. „Wer seid denn ihr?“ „Wir haben gehört, hier gibt’s ein neues Dorf?“, fragte ein etwas älterer Junge. „Japp.“ Konan grinste. Das andere Mädchen sah von den Blumen auf und fragte: „Wie heißt du?“ „Ich bin Konan.“ „Mari“, stellte sich das Mädchen vor. Konan sah sie sich von oben bis unten an, lächelte und fragte dann: „Wo seid ihr her?“ „Aus dem Windreich. Aber wir wollen nicht mehr in der Wüste leben. Regnet es hier oft?“, antwortete Mari. „Manchmal“, sagte Konan. „Zum Glück nicht so viel. Ich mag keinen Regen.“ „Wieso nicht?“ „Ich bin aus Ame Gakure. Aber da kriegen mich keine zehn Pferde mehr wieder hin. Die Leute da sind nur so Regen hier, Regen da, und ich hasse das. Ich mag Sonne.“ „Und wo gehst du dann zur Schule?“ „Gar nicht. Dara bringt mir alles bei. Vielleich geh ich auch noch mal weg, woanders hin, wo es eine gute Schule gibt. Was für ne Schule hast du?“ „Ich geh auf die Schule unten im Dorf.“ „Dann willst du kein Ninja werden?“ „Nein“, sagte Mari. „Du?“ „Ich schon“ Konan grinste. „Ich bin auch schon ganz gut.“ „Was kannst du denn?“ „Kunai werfen, Shuriken auch, ich kann alles aus Papier machen, und mit Marionetten kann ich auch umgehen.“ „Wie die Ninjas aus Suna Gakure?“, fragte Mari. „Ja. Mein Freund Sasori ist aus Suna, der bringt mir das bei.“ Konan fühlte, wie sich in ihr etwas sehr freute, endlich ein Mädchen in ihrem Alter kennen zu lernen. Sie hatte gar nicht richtig gewusst, dass ihr eine Freundin so gefehlt hatte. Seit sie denken konnte, war sie nur von Jungen und Männern umgeben gewesen, und es überraschte sie ein wenig, dass ihr der Kontakt zu einem anderen kleinen Mädchen solche Gefühle machte. In dem Moment kamen die Eltern mit Madara zurück. Aus dem Gespräch ging dann hervor, dass die beiden Elternpaare doch einen Wohnort unten im Bauerndorf bevorzugten, und Konan befürchtete schon, dass sie ihre erste Freundin gleich wieder verloren hatte. Aber Mari schien tatsächlich Interesse an ihr zu haben, denn sie bat ihre Eltern, dass sie noch ein bisschen bleiben durfte, um mit Konan zu spielen. „Spielen kann ich nicht gut“, sagte Konan. „Aber ich kann dir zeigen, was ich mache.“ „Au ja!“ Mari lächelte strahlend. „Sie kann noch ein bisschen bleiben“, sagte Madara. „Ich bringe sie dann nachher wieder runter ins Dorf.“ Als die beiden Mädchen dann oben in Konans Zimmer saßen, fragte Mari: „Wieso kannst du nicht gut spielen?“ Konan zuckte mit den Schultern. „Ist nicht mein Ding. Ich mache lieber Kunst.“ „Zeig her!“ Konan öffnete ihren Werkschrank, nahm einen Stapel Papier und eine kleine Marionette heraus und legte beides vor sich hin. Und je mehr sie von dem zeigte, was sie konnte, umso größer wurden Maris Augen. „Das ist ja toll!“ „Das mit dem Falten hab ich alleine gelernt.“ „Ganz alleine?“ „Mit einem Buch. Ich konnte noch gar nicht lesen, aber es waren Bilder drin.“ Mari sah sich im Zimmer um und entdeckte die Nähmaschine. „Kannst du die auch benutzen?“ „Ja klar.“ „Wer bringt dir das denn alles bei?“ „Madara und Sasori. Und ich selber.“ „Wenn ich so was alles könnte, würde ich auch nicht mehr spielen“, sagte Mari. „Das ist ja viel spannender so.“ „Und man wird echt gut. Spielen ist ja nur so tun als ob, aber wenn du was lernst, dann kommst du richtig voran.“ „Du bist voll schlau, Konan“, sagte Mari. „Ich hab noch nen großen Bruder, der ist auch schlau, der kämpft auch schon richtig. Aber … er ist nicht so aufgeschlossen, ist lieber so für sich.“ „Wie heißt der denn?“ „Nagato. Ist auch nicht mein richtiger Bruder.“ „Wieso nicht?“ „Er hatte andere Eltern. Aber die sind weg. Meine auch, wir leben beide bei Madara.“ „Oh, dann hast du gar keine Mama und keinen Papa?“ „Madara ist mein Papa.“ „Aber man braucht doch eine Mama.“ „Wenn man nicht weiß, wie das ist, dann nicht. Madara kann Essen kochen und mit mir lernen und mir helfen, wenn ich irgendwas brauche.“ Mari sah einen Moment lang nachdenklich aus dem Fenster. Dann fragte sie: „Wohnst du schon lange hier?“ „Seit ich drei war.“ „Aber hier sind ja keine anderen Kinder. Nur dein Bruder und du?“ Konan nickte. „Ich hab noch nie so mit einem anderen Mädchen geredet.“ Mari machte große Augen. „Noch nie?“ „Nur mal so mit den Kindern aus dem Dorf unten. Aber hier oben noch nie.“ „Macht dir nichts aus?“ „Ich hab schon manchmal gedacht, ich hätte gern ‘ne Freundin. Deshalb geh ich auch irgendwann bald in ein anderes Dorf zum Studieren.“ „Damit du noch mehr lernst?“ „Ja. Hab ja schon gesagt, Lernen mag ich lieber als Spielen.“ Mari blieb noch zum Abendessen, dann begleitete Madara sie zurück ins Bauerndorf. Und Konan verbrachte den Abend dann damit, weiter für die Akademie in Kumo Gakure zu lernen. Das Gespräch mit Mari hatte sie motiviert und ihr viel Schwung gegeben. „Na, lernst du schön?“, fragte Madara, als er später zu ihr ins Zimmer kam. „Das hat dir gut gefallen, mal mit einem anderen Mädchen zu reden, oder?“ Konan nickte. „Ja. Das hat mir … schon irgendwie gefehlt. Aber nicht schlimm, nur ein bisschen.“ „Wenn du auf die Akademie kommst, wirst du ganz viele andere Mädchen um dich haben. Freust du dich darauf?“ „Ja. Aber noch mehr aufs Lernen.“ „Weiß du, Konanchen, wenn du das so sagst und hier sitzt und lernst, du erinnerst mich sehr an jemanden.“ „An wen?“ „Meinen Patensohn in Konoha, Itachi.“ „Lernt der auch so gern?“ „Ja. Er ist ein bisschen älter als du, aber als ich ihn zuletzt sah, war er fünf und hatte die Akademie schon fast durch. Er gilt im Dorf als Wunderkind, weil er sehr, sehr begabt ist. Du erinnerst mich oft an ihn, auch so wie du bist und wie du redest.“ „Dann bin ich auch ein … Wunderkind?“ „Wenn du in Konoha leben würdest, würde man dich vielleicht auch so bezeichnen. Immerhin hast du Origami gelernt, bevor du lesen konntest. Und auch, wie du schon weißt, wer du bist und wie du leben willst … Ihr würdet euch gut verstehen.“ In diesem Moment, wo Madara sich so an Itachi erinnerte, fühlte er Neugierde darauf, zu wissen, wie der Junge sich inzwischen entwickelt hatte. Sicher hatte er die Akademie längst abgeschlossen, vielleicht auch schon seine Sharingan erweckt … Madara beschloss, nach Informationen dazu zu suchen. Irgendwo gab es immer eine Stelle, wo solche Informationen aus Konoha durchsickerten. Am nächsten Morgen machte Madara sich auf den Weg. Er hatte auf vorherigen Streifzügen einen Mann kennen gelernt, der früher Mönch im Feuertempel gewesen war und jetzt im Regenland eine Art spiritueller Missionsstation betrieb, um den Menschen hier den buddhistischen Glauben näher zu bringen. Dieser Mann hatte noch Verbindungen ins Feuerreich und zum Tempel und war eine sichere Quelle für Fragen, die Konoha betrafen. Madara erreichte diese Missionsstation gegen Mittag und wurde von dem ehemaligen Mönch zum Essen eingeladen. „Ich habe ein paar Fragen, dazu, was gerade der Stand in Konoha Gakure ist“, sagte Madara. „Ich würde gerne wissen, was es Neues gibt.“ Der Mann stand auf, ging in einen anderen Raum und kam mit einigen Schriften zurück. „Es gibt einen neuen Hokage. Sarutobi lebt noch, ist aber im Ruhestand, und der neue Hokage heißt Minato Namikaze.“ Minato also. Madara fühlte ein wenig Wehmut. Minato wäre sein Konkurrent gewesen, wenn er im Dorf geblieben wäre, und nun war er wirklich Hokage geworden. Aber zugleich freute er sich auch darüber. Minato war wirklich gut und eine so warmherzige Persönlichkeit, er verdiente dieses Amt. Und er, Madara, war nun mal gegangen. Es war gut, so wie es war. „Wie geht es Yoneko Uchiha?“, fragte Madara weiter. „Sie führt den Clan immer noch.“ „Und Itachi Uchiha?“ Der ehemalige Mönch musste ein wenig länger in seinen Schriften suchen, um die Information zu finden, dann sagte er: „Er hat die Akademie im Alter von sieben Jahren abgeschlossen und studiert jetzt Medizin.“ „Steht da auch, ob er seine Sharingan schon erweckt hat?“ „Ja. Kurz nach seinem Abschluss.“ Ein Medizinstudium. Das passte zu Itachi. Er war Ikues Sohn, und dass er seinen Altruismus, den Pazifismus und seine Freude am Lernen zu einem solchen Studium verband, würde sicher einen hervorragenden Feldmediziner aus ihm machen. Madara sah es schon vor sich, wie der Junge sein Sharingan in ähnlicher Art und Weise verwendete, wie seine Mutter es tat. Als ein Werkzeug zum Helfen und Heilen. „Was gibt es sonst noch?“, fragte Madara weiter. „Ein paar unerfreuliche Dinge. Die legendären Sannin haben sich getrennt, Orochimaru hat das Dorf als Abtrünniger verlassen und die anderen beiden sind ebenfalls verschwunden. Jiraiya vermutlich, um Orochimaru zu suchen, Tsunade wahrscheinlich mehr aus Frustration. Niemand hat bisher wieder von einem von ihnen gehört.“ „Oh … Das klingt nicht gut.“ Madara erinnerte sich an Tsunade. Sie war in seiner Jugend immer das unerreichbare Mädchen gewesen, für das er sehr geschwärmt hatte. Nicht nur, weil sie schön war, sondern viel mehr, weil sie die Enkelin des Ersten Hokage war, sie trug dessen heilige Halskette und Madara hatte davon geträumt, dass sie ihm eines Tages mehr über ihren Großvater erzählen würde. Doch dazu war es nie gekommen. Tsunade war nicht der Typ Mädchen gewesen, die sich leicht auf ein Gespräch mit Jungs eingelassen hätte. Und irgendwann hatte sie dann einen festen Freund namens Dan gehabt. „Und noch eine Frage: Wird nach mir noch gesucht?“, fragte Madara. Der ehemalige Mönch sah in seinen Schriften nach, dann sagte er: „Nein. Mir ist jedenfalls nichts bekannt. Aber ich habe natürlich keine Informationen, was die geheimen Aufträge an die Anbu betrifft.“ „Verstehe“, sagte Madara. „Vielen Dank.“ Er blieb noch, aß zu Mittag und besuchte danach noch einen Buchladen in der Nähe. Mehr aus einer Lust am Stöbern heraus, fand er dort aber zufällig eine gebrauchte Ausgabe eines Schulbuches aus Konoha aus der Zeit des Ersten Hokage. Er kannte dieses Buch schon, doch er kaufte es trotzdem, als Geschenk für Konan. Es enthielt die pädagogischen Ideale des Ersten Hokage in einer für Kinder verständlich verfassten Form und war somit ideal, um Konan diese Ideen noch näher zu bringen. Auf dem Heimweg dachte er noch über die Sannin nach. Er erinnerte sich an Orochimaru als einen wirklich äußerst zielstrebigen Charakter, der immer schon nah an den Grenzen des Erlaubten gehandelt hatte, schon in der Ausbildungszeit. Die Sannin waren älter, einen Jahrgang über Madara gewesen, und er hatte Tsunade eben immer bewundert. Sie sah wirklich gut aus und war eben eine Senjuu. Jiraiya mit seinem offensichtlichen Interesse an hübschen Frauen hatte auf Madara einen eher unreifen Eindruck gemacht, in dem Sinne, dass er dazu immer den Gedanken gehabt hatte: „So findest du nie eine Freundin, Jiraiya!“ Zwar hatte Madara selbst auch keine feste Freundin gehabt, aber eben auch keine Ohrfeigen von Mädchen bekommen für Spannen, wie Jiraiya es betrieb. Madara war zudem in dem Gedankengut der Uchiha aufgewachsen, in den adels-ähnlichen Vorstellungen seiner Großmutter Yoneko, die pflegte ihren Enkeln die Ehen zu arrangieren. Und zudem waren ihm Weisheit und Idealismus immer wichtiger gewesen als eine Frau zu haben. Er dachte an seine Kinder, an Nagato und Konan, besonders an Konan. Sollte er mit den beiden doch nach Konoha zurückgehen oder wenigstens eine Beziehung zwischen Konoha und Akatsuki herstellen, würden sich Konan und Itachi begegnen und kennen lernen, und so, wie er beide kannte, würden sie sich gut verstehen. Als er am Abend wieder in Akatsuki ankam, waren die Kinder schon im Bett. Madara machte sich noch Abendessen, wollte danach auch schlafen gehen, doch dann tauchte Sasori auf und sagte, er müsse mit Madara sprechen. „Was gibt es?“ Sasori betrat das Haus, schloss die Tür hinter sich ab und setzte sich zu Madara ans Herdfeuer. „Ich hab dir ja gesagt, Kakuzu und Kisame haben noch Kontakte im Untergrund“, sagte Sasori leise. „Und?“ „Ich weiß jetzt, um wen es geht. Möglicherweise kennst du ihn.“ „Sag schon!“, flüsterte Madara scharf. „Er heißt Orochimaru. Kennst du den?“ Madara nickte. Dachte an das, was ihm der Mönch erzählt hatte. Dass Kakuzu Orochimaru kannte, wunderte ihn an sich nicht mal. Aber es stellte natürlich eine Gefahr dar. „Du musst was machen. Kakuzu spinnt seine Fäden, zu vielen Leuten. Ich weiß noch jemanden.“ „Wen?“ „Ein Typ namens Zetsu, sehr gruselig und gefährlich …“ „Und was denkst du, sollte ich tun, Sasori?“ „Wir brauchen etwas, womit du Kakuzu überlegen bist. Er nimmt dich nicht ernst genug.“ „Meinst du, wenn ich den Neunschwänzigen Fuchs an meine Seite bekomme, wird er mit unterlegen sein?“ Sasori lächelte leicht. „Dann ganz sicher.“ „Ich hab das Jutsu in Arbeit.“ „Gut. Aber wir müssen uns etwas beeilen. Ich kann gut den Doppelagenten spielen, das macht mir nichts aus. Aber … ich hab noch mehr zu tun.“ „Noch mehr?“ „Du bist nicht der Einzige hier, der ein starkes Jutsu entwickelt.“ Sasori lächelte wieder. An diesem Abend brauchte Madara lange, bis er einschlafen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)