How To Save A Life von Hypsilon (Haikyuu Krankenhaus AU RairPairs on the Run) ================================================================================ Kapitel 3: Smile ---------------- Lächeln ist eine dem Lachen ähnliche Gesichtsregung, die Freude, Glückseligkeit, Liebe und Ähnliches ausdrücken kann. Ein Lächeln kann aber auch ein freches Grinsen sein und das Gegenüber aus der Reserve locken oder mit dem richtigen Ausdruck in den Augen für Spott und Argwohn sorgen. Es kann aber auch Ängstlichkeit kommunizieren oder Überraschung weitertragen. Ein paar mehr oder weniger medizinische Dinge über das Lächeln und seinen großen Bruder das Lachen wissen wir aber auch: Ein Lächeln mag glücklich machen, Lachen dafür gesund, denn Lachen steigert das Immunsystem. Humor ist wie gute Medizin. Zu Lächeln beansprucht weniger Muskeln im Gesicht, als böse dreinzuschauen. Lachen ist ansteckend, aber während ein Kind bis zu 400 Mal am Tag lacht, schafft es ein Erwachsener nicht einmal mehr auf 20 Mal. Lachen ist ehrlich und gewährt uns einen Blick in die Seele eines Menschen. Wir verlieben uns leichter in ein Lächeln als in einen starren Blick. Ein Lächeln muss das ganze Gesicht einnehmen, dann ist es ehrlich und echt. Es kann unser Herz dazu bringen, schneller zu schlagen. Und es ist das, was wir uns von einem geliebten Menschen am meisten wünschen, weil wir Glück damit verbinden. Lachen ist die Sprache der Freundschaft und der Liebe. *** Der Schutzkittel, den Akaashi bei der ersten Operation, der er beiwohnen durfte, getragen hat wurde vor der Entsorgung bewahrt und nach einer entsprechenden Desinfektion zusammengelegt und im Spind des Assistenzarztes verstaut. „Ich bin nicht abergläubisch, aber ich kann mich auch nicht davon trennen“, antwortete er mit ruhiger Stimme auf Kenmas Blick. Kenma saß auf der Bank im Umkleideraum und zog auf seinem Smartphone Linien und Formen zusammen. Für Terushima hat es wie ein IQ-Test gewirkt, dass er sich schnell mit einer unbedeutenden Ausrede verabschiedet hat. Es war nicht so, als wäre Kenma traurig darum. Der Tag hat sich bereits dem Ende geneigt und der bis eben noch gut gefüllte Raum wurde immer leerer, bis Akaashi und Kenma alleine waren. „Ich glaube, es ist nicht verwerflich“, sagte Kenma und stand auf um mit Akaashi nach draußen zu gehen. Sie hatten beide noch ihre Kittel und die arzttypischen Kasacks an und starteten ihre erste Nachtschickt. Nach dem Ende des üblichen Tagdienstes sah das Krankenhaus umgehend anders aus. Wie in einem Film, der Potenzial zu einem Horrorstreifen oder einer fantasiereichen Post-Apokalypse hatte. Kenma schmunzelte bei dem Gedanken im Ansatz und sah wieder auf seine Linien und Formen am Handydisplay. „Hast du nicht Sorge, dass du etwas verpasst oder übersiehst?“, fragte Akaashi, weil Kenma nicht nur mit dem Blick an den Bildschirm gefesselt wirkte, sondern auch, weil ihm das kinnlange Haar das periphere Blickfeld verdeckte. „Mh Mh“, machte Kenma und schüttelte knapp den Kopf. „Mein Pager ist geladen, ich verpasse also nichts Wichtiges und ich sehe auch so genug. Ich mag es nicht, wenn ich alles um mich herum sehen kann“, erklärte er, dass sich Akaashi durch sein kurzes strubbeliges Haar ging. Er war eigentlich sehr dankbar dafür, dass er seiner Meinung nach einen ganz passablen Anblick damit lieferte. Immerhin sah er gerne alles, was um ihn herum passierte. Nicht auszudenken, er würde eine Stufe übersehen oder einen Frisbee der rasant angeflogen kam. Moment! Frisbee? Akaashi duckte sich schnell unter dem quietsch-orangenen Geschoss davon, Kenma war stehen geblieben und neigte elegant den Kopf zur Seite. Keiner von beiden wurde getroffen, aber Kenma senkte mit einem lauten Seufzen sein Smartphone. „Hast du nicht Dienstschluss?“, fragte er, als Kuroo angelaufen kam. Den Frisbee hat jemand anderes gefangen, dem Kenma gerade keine Beachtung schenkte. Akaashi fühlte sich mit der Gesamtsituation gerade etwas überfordert. „Jep, hab ich, aber was wäre ich für ein Room-Mate, wenn ich dir zu deiner ersten Nachtdienst nicht viel Glück wünschen würde?“, fragte er mit einem Grinsen, das dem eines stolzen Bruders glich. Kuroo klopfte Kenma auf die Schulter und drückte mit der anderen Hand das Handy weiter hinunter. Kenma ließ ihn gewähren. Wie immer. Kuroo war aber auch der Einzige, der so mit ihm umgehen durfte. „Wozu brauch‘ ich Glück? Es wird nichts passieren und wenn, dann wird es nicht schlimmer wie am Tag, nur dass ich in der Nacht fokussierter bin, somit ist es besser“, erklärte Kenma und mühte sich, seine Hände wieder höher zu ziehen, doch Kuroo drückte weiter und hinderte ihn daran. „Gibt’s noch was?“, fragte Kenma und sah zu ihm hoch. Sein Gesichtsausdruck wurde sanfter, wie er immer war, wenn er Kuroo ansah. Und der Ausdruck schwand auch genauso schnell wie er es sonst tat, wenn Kuroo weiterredete und eines ihrer kleinen Wortgefechte losging. „Glaub mir, in der Nacht ist es hier immer anders, die gruseligsten Gestalten treiben sich hier rum“ – „andere würden mich als gruselig bezeichnen“ – „es ist dunkel“ – „es gibt Licht“ – „es sind weniger Leute hier, die dir helfen können“ – „Es sind weniger Leute hier, die mich nerven können, also geh endlich“ Kuroo ergab sich seufzend und wandte sich an Akaashi. „Bitte schau, dass er genug trinkt, n Snack wäre nicht schlecht, er mag gerne Apfelkuchen, in der Cafeteria gibt es meistens immer einen, aber im Automaten im dritten Stock hinter dem Schwesternzimmer gibt es Apfel-Müsliriegel oh und… tolle Sache mit Bokuto, danke, dass du sein Leben gerettet hast, er ist n klasse Kerl, wäre wirklich schade gewesen“, sagte er und klopfte nun Akaashi auf den Rücken. Kenma schnaubte genervt, war aber dankbar, dass Kuroo so von seinem Handy abgelassen hat und er nun wieder abdriften konnte. „Ignorier ihn einfach“, sagte er zu Akaashi, doch der nickte die Situation nur weg. „Okay und jetzt raus, alle die hier nichts mehr zu suchen haben, die Patienten müssen schlafen und wir wachsam sein“, sagte Akaashi und stamperte Kuroo damit in die Richtung des großen Haupteinganges, wo er auch schon erwartet wurde. „Bis später, Dr. KenKen“, rief er Kenma zu. Dieser seufzte und machte kehrt, nur um wahr zu machen, was er Akaashi eigentlich bestätigt hatte, dass nicht passieren würde. Er übersah etwas. Jemanden! „Sorry“, sagte er knapp und hätte es fast nicht getan, hob aber der Höflichkeit wegen doch den Kopf und sah in das Antlitz des Neurospezialisten, Kiyoomi Sakusa, dem diese Interaktion nicht unangenehmer hätte sein können. Sakusa hob beide Hände und ging einen großen Schritt zurück. Sie waren einander um Haaresbreite, Kenmas Haaresbreite, einem Zusammenprall entronnen, dass der Oberarzt erst wieder atmete, als genügend Abstand zwischen ihm und dem Assistenzarzt war. Er trug zwar bereits Freizeitkleidung, aber die sah nicht besonders nach Freizeit aus, stattdessen ähnelte er mit der schwarzen Stoffhose und dem schwarzen Hemd mehr einem Banker, der am Casual Friday seine Krawatte weglassen durfte. Er hatte aber auch wie sonst seine Atemschutzmaske auf und den ernsten Blick, als wäre er, wie immer, fokussiert. Bemerkenswert. „Gute Nacht, Dr. Sakusa-sama“, unterbrach Akaashi höflich den angespannten Moment, in dem wohl überlegt wurde, wie man Kenma am einfachsten aus dem Weg räumen konnte – wortwörtlich natürlich nur, einfach nur… bei Seite schieben ohne zu nah ran oder ihn gar berühren zu müssen. „Gute Nacht“, sagte auch Kenma und wich den Schritt zur Seite, der Sakusa passieren ließ. „Angenehme Nacht“, wünschte dieser mit einem letzten Blick zurück direkt in Kenmas katzenartige Augen und verließ rasch, nachdem er sich beim Desinfektionsspender noch etwas von dem Mittel nahm, das Krankenhaus. Kenma sah etwas eingeschüchtert zu Akaashi. „Er ist unheimlich“, sagte Akaashi gleich als wollte er ihn bestätigen. „Faszinierend“, ergänzte Kenma, dass er den Blick anders gemeint hat und ging mit Akaashi die ersten Punkte ihrer To-Do-Liste an. Zuerst überprüften sie zwei Patienten, die am nächsten Morgen als erste in die Operationssäle gebracht werden sollten. Sie durften nun nichts mehr trinken, gerade einmal um den Mund zu befeuchten, aber nicht mehr. Kenma ließ sich um die Ohren schmeißen, dass man Hunger hatte, er versicherte dem Patienten, dass er, sobald er schlief, nichts mehr davon merken würde. Akaashi versuchte dafür die aufgebrachte junge Dame zu beruhigen, die ihn davon überzeugen wollte, dass sie gar keine Schmerzen mehr im Unterleib hatte und ihren Blinddarm behalten konnte, sie würde auch gleich gehen können. „Dann mache ich keine Umstände“. „Michimiya-san, bitte bleiben Sie hier, Dr. Sawamura ist ein wirklich fähiger Arzt, Sie sind in guten Händen, glauben Sie mir und es ist unser Job, also machen Sie keine Umstände, sie sichern unsere Daseinsberechtigung“, versuchte Akaashi sie zu besänftigen und navigierte die Patientin mit sanften tappsenden Berührungen an den Armen zurück ins Zimmer und wieder ins Bett, in dem sie sich unter Schmerzen krümmte. „Sehen Sie? So gut geht es Ihnen nicht“, hob er gleich hervor. „Dr. Sawamura, das ist der gutaussehende Arzt, der heute Morgen hier war oder?“, fragte Michimiya und legte sich auf Anweisung ein Stück weiter zurück. In Gedanken an den Oberarzt schien sie sich zu beruhigen. „Er war heute Morgen hier, ja“, antwortete Akaashi. Er würde nicht darüber urteilen, ob jemand gut aussah oder nicht, schon gar nicht, wenn es ein Vorgesetzter war. Das war unangebracht. „Er hat so sanfte Augen, ihm würde ich mein Leben anvertrauen“, sagte Michimiya und Akaashi nickte darauf. „Dann tun Sie das, machen Sie die Augen zu und morgen früh wird er Ihre Lebensqualität verbessern indem er Sie von Ihren Schmerzen befreit“, sprach er ihr gut zu. Er erkundigte sich noch, ob sie bequem lag und wünschte ihr eine gute Nacht. Dann ging er mit Kenma weiter. Die meisten Patienten, denen sie einen Kontrollbesuch abstatteten schliefen oder sahen noch auf einem Multimediagerät fern. Einem Patienten rettete Kenma das Handy vor dem sicheren Absturz als dieser einschlief, die Hand beiseite rutschte und das Smartphone gen Boden eilte. „Gute Reflexe, wie eine Katze“, merkte Akaashi beeindruck an und verließ mit Kenma das Zimmer. Nun stand nur noch einer auf der Liste. Die beiden Jungärzte betraten den Post-OP-Aufwachraum. Das Licht war gedimmt, die Maschinengeräusche zur Überwachung produzierten weißes Rauschen und die zwei Patienten, die hier lagen schliefen in aller Ruhe. Auf der einen Seite lag jemand, der Dr. Iwaizumi zugeteilt war und nach Übertragung der Werte in das Chart außer Acht gelassen werden konnte. „Er sieht so friedlich aus“, sagte Akaashi und stellte sich direkt neben das zweite Bett. Bokutos Bett. Seine Hand zuckte einen Moment hoch, aber dann legte er die Finger rasch an den Matratzenrand und tippte dort etwas unruhig herum. „Tat er während der OP auch schon“, murmelte Kenma und betrachtete Bokuto, der in seinen Augen nicht anders aussah, wie eben dann. Akaashi schnaubte amüsiert. „Du hast wohl recht, aber da hat er mich aufgeregt“, sagte er wieder in aller Ruhe und Trockenheit. Er lehnte sich über Bokuto und zog den Krankenkittel weg, Kenma griff in der Zwischenzeit nach der Wunddesinfektion und den Wattestäbchen. Eines tränkte er in der Flüssigkeit und reichte es Akaashi, der umgehend begann, die lange Naht abzutupfen, die sich längs über Bokutos Brust erstreckte. Das andere tauchte Kenma auch darin ein und tat es nun Akaashi gleich. „Es ist unglaublich… vor ein paar Stunden waren meine Finger da drinnen und ich hab sein Herz gesehen und… berührt“, murmelte Akaashi vor sich hin. Er klemmte das Stäbchen zwischen Index- und Ringfinger ein und strich mit den Finger ein gutes Stück neben der Naht. „Ich glaub, du hast sein Herz schon vorher berührt, anders halt“, sagte Kenma und überraschte Akaashi damit. Der blonde Assistenzarzt war so abgebrüht und sagte Dinge, die eigentlich ziemlich romantisch waren, als wären sie die Beschreibung der Beilage zum Abendessen. Sie sprachen aber nicht mehr weiter darüber. Akaashi war die Richtung des Gespräches unangenehm und Kenma genoss die Stille. Sie mussten nicht reden. Bokutos Wunde wurde versorgt, der Kittel wieder über den muskulösen Oberkörper gelegt und der Raum verlassen. „Träum schön, Kotaro“, flüsterte Akaashi, dass Kenma es kaum hören konnte. „Achtung! Achtung! Fox on the run!“, rief jemand direkt zu ihrer Linken, dass beide sofort stehen blieben, den Kopf umwandten und den Anästhesisten erkannten, der auch zu Bokutos Operation anwesend war. „Ne Spaß, ist nur Sauerstoff, wäre doch zu komisch, wenn hier n Fuchs rumlaufen würde“, lachte der Arzt mit dem Rollwagen auf dem die Gasflasche thronte. „Oh, Konoha-san“, sagte Akaashi und wich einen Schritt zurück um ihn vorbei zu lassen, doch dieser blieb direkt vor ihm stehen. Für einen Moment sahen sich die beiden an. Konoha fragte sich, ob Akaashi seinen Witz lustig fand, Akaashi überlegte, ob er jetzt noch darauf reagieren sollte, denn er mochte Sweet und den Song sehr. Konoha nahm ihm aber die Entscheidung ab. „Wie geht’s unserem Herzchen?“, fragte er und sah zu Bokuto ins Zimmer. „Unserem?“, frage Akaashi, dass ihn Kenma seitlich einen kleinen Rempler gab und in die richtige Richtung deutete ihm, seine Aufmerksamkeit wurde direkt wieder auf sein Mobilegame gelenkt, da er ein Gespräch der beiden anderen erahnte. „Oh, Bokuto-san“, erkannte Akaashi schließlich und sah zuerst nach hinten und dann wieder zurück zu Konoha, der ihn mit einem amüsierten Lächeln musterte. „Du gehörst zu den richtig Klugen, sonst hätte Dr. Suna dich nicht ausgewählt, aber etwas an dir ist erfrischend naiv. Hast du schon ne Pause gemacht? Ich schließe meine Schicht ab, sowie das hier an Ort und Stelle ist und würde mir noch nen Tee gönnen“, fragte Konoha, deutete auf seine Gasflasche und schob sie auch schon weiter um Akaashi deutlicher zu zeigen, was er vorhatte. „Oh ich, wir haben gerade… ich sollte Kozume…“, unsicher sah er zu Kenma, doch der winkte ab. „Ich hol mir meinen Apfelkuchen selbst, geh nur“, sagte er und machte ganz schnell Kehrt auf den weichen Sohlen seiner medizinischen Hausschuhe. „Ich kann dir gerne helfen“, hörte er Akaashi sagen, war aber erleichtert, dass er seine Hilfe Konoha anbot und dass er selbst sich eine Auszeit gönnen konnte. Dachte er zumindest, denn als er an der Schwesternkoje am Weg zur Kantine vorbeikam, hörte er bereits die Stimme, die ihn an diesem Morgen und eigentlich seit seinem ersten Tag hier, so unsäglich nervte. „Schwester Azumane!“, sagte Terushima der ID-Karte entsprechend und lehnte sich über die Theke um besser in das angesprochene Gesicht zu sehen. Das lange brünette Haar wurde hinter ein Ohr geschoben, der Kopf gedreht und Terushima erkannte nicht nur recht dunkle Augenringe sondern auch einen Bart. „Pfleger! Pfleger Azumane! Bitte Hilfe? Ich kann nicht lesen, was das heißen soll… Dr. Komoris Handschrift ist schrecklich…“, sagte er unter Seufzen und hielt Asahi den Zettel mit dem notierten Medikament hin, das er holen sollte. „Seh ich etwa aus, wie eine Frau?“, japste Asahi entgegen seinem eigentlich recht einschüchternden Erscheinen ganz kleinlaut. Terushima sah ihn etwas verdutzt an. „Oh nein, gar nicht, du siehst nicht aus, wie ne Frau, eigentlich siehst du wie n Drogendealer aus, sicher, dass du genug geschlafen hast?“, „Ich bin Pfleger… natürlich hab ich nicht genug geschlafen“, erwiderte Asahi mit einem Ausdruck in den Augen, der den Anflug einer Panikattacke verkündete. Kenma trat heran, nahm den Zettel und las Terushima das Medikament vor. „Ist das so schwer, Terushima?“, fragte er ihn und verließ die eher unangenehme Situation wieder um in der Kantine das letzte Stück Apfelkuchen und einen leeren einsamen Tisch zu ergattern. Geheiligte Stille. Während der Nachtschicht war es den anwesenden Ärzten selbst ein Anliegen, leise zu sein, dass Kenma sofort für sich erkannte: Diese Schicht würde seine liebste sein. Er würde mit allen tauschen, so oft wie nur möglich. Vielleicht hatte er Glück und könnte sie oft mit Akaashi machen oder mit Yamaguchi, der mit Tsukishima und Kageyama für die nächste Nacht eingeteilt war. Kageyama konnte wohl von Glück reden, dass Yamaguchi als Tsukishimas Besänftigung dabei war, sonst würde die anschließende Nacht wohl im Chaos versinken. Irgendwie hoffte Kenma, dass er nicht bald mit Tsukishima eingeteilt werden würde, der blonde Brillenträger war ihm noch unangenehm. Vielleicht, weil er ihn noch nicht kannte, vielleicht, weil er mit seiner sarkastischen und stichelnden Art noch nicht ganz klar kam. Vielleicht war es auch nur Unsympathie, wie bei Terushima, nur anders. Terushima war dafür bestimmt jemand, der lieber tagsüber arbeitete. Ein wenig überrascht war Kenma schon darüber, dass der Skaterboy von einem Arzt noch so fit war, aber er wirkte zumindest wie jemand mit viel Energie. Zu viel Energie… Denn nach seiner kurzen Pause und der Unterstützung, die er einer Schwester bei einem unruhigen Patienten gab, stand Terushima wieder neben Kenma, diesmal war er aufgeregt, unangenehm aufgeregt, als würde er ihm gleich die, für Terushima, tollste Geschichte erzählen, die ihm, Kenma, nicht egaler hätte sein können. Aber er konnte sich nicht wehren. „Hab heut‘ schon wen von nem Herzstillstand bewahrt“, prahlte Terushima. Gut, vielleicht nicht ganz so egal. „Wie kams dazu?“, wollte Kenma ruhig wissen und lehnte sich langsam an die Wand. Die Arme verschränkte er vor der Brust und dann wartete er. „Tja, richtige Zeit, richtiger Ort… Hab den Piep genau gehört, bin sofort reingestürmt und hab das Ding gerockt, bevor Bokuto auch nur anfangen konnte abzunippeln“, versetzte Terushima Kenma in Schock. „Bokuto? Wir waren doch gerade noch bei ihm, da war alles gut“, sagte er mit großen Augen. Sofort analysierte sein Kopf, ob sie etwas übersehen hatten, ob er etwas übersehen hat. „Was hast du gemacht?!“, beschuldigte er Terushima sofort, der umgehend die Arme hochhob. „Nichts! Außer ihm vermutlich das Leben gerettet!“ – „Akaashi hat ihm das Leben gerettet“ – „Tatsache, ich habs nur behalten“, sagte Terushima, zwinkerte Kenma zu und lief weiter um dem nächsten Arzt von seiner Heldentat zu erzählen. Kenma stieß sich von der Wand ab und traf kurz darauf auf Akaashi. Er sparte es sich, von Terushimas Rettung zu erzählen und behielt es bei einer sachlichen Nachfrage, wie der Tee im Krankenhaus war. Ungeahnt der Tatsache, dass dieser je nach Gesellschaft einen süßen oder auch bitteren Beigeschmack haben konnte. Akaashi schien den Tee süß genossen zu haben. „Dr. Konoha hat mir von einer Operation erzählt, die ähnlich war, wie die von Bokuto-san, aber die ging nicht so wie seine aus, der Patient ist gestorben“, ging Akaashi auf seine Zeit mit dem Anästhesisten ein. Kenma nickte knapp. „Ärzte wie er sehen sicher viel, aber sie machen immer dasselbe“, gab Kenma klein bei. Zwar mochte er gerne eine Aufgabe, wo er sich nicht überanstrengen musste, aber er wollte nicht, dass ihm das Gehirn einschlief und die Ärzte, die dafür zuständig waren, dass die Patienten nicht aufwachten oder zu überdosiert schliefen, taten in seinen Augen einen langweiligen Job, wenn natürlich auch sehr wichtigen, das war dem Jungarzt bewusst, dennoch würde er nicht tauschen wollen. „Dafür ist er ein absoluter Spezialist“, verteidigte Akaashi ganz unbewusst die Tätigkeit des anderen. Kenma hatte nichts darauf einzuwenden. Er hatte die restliche Nacht nicht mehr viel einzuwenden und verabschiedete sich zum Schichtwechsel sowohl von Akaashi als auch von Terushima, der mit seinem Motorradhelm an ihnen beiden vorbeilief und kurz darauf mit qualmenden Reifen vom Parkplatz fuhr. „Er wird früher Patient sein, als ihm lieb ist“, murmelte Kenma, hob die Hand zum Gruß und ging zur Busstation während Akaashi zu seinem Auto ging, nicht ganz sicher ob er amüsiert oder beunruhigt sein sollte. Nach der seiner ersten Nachtschicht wurde Kenma von Kuroo sogar vom Bus abgeholt und sofort ausgefragt. „Was ist passiert? Wie geht es Bokuto? Was war das Komischste, das du gesehen hast?“, fragte der Ältere und Kenma antwortete nur mit einem Wort, einem Namen sogar: „Terushima“ „Wenn du dich zu ganzen Sätzen bemühst, spiel ich daheim ne Runde Dash-Mania mit dir“, schlug Kuroo vor, weil er mehr von Kenmas erster Nachtschicht erfahren wollte, doch dieser lehnte dankend ab. Kuroo schnaubte. „Okay, letztes Angebot: Wenn du mir mehr erzählst, lass ich dich den restlichen Tag in Ruhe!“ Kenma hob den Kopf und sah Kuroo ganz überrascht an. „Das würdest du schaffen?“, wollte er wissen und Kuroo nickte schnell. „Ich kann alles schaffen, wenn ich nur will“, erklärte er. „Mhm… und willst du es?“ – „Ich will wissen, wie es war!“ Kenma überkam der Anflug eines Lachens. Er kannte Kuroo schon so lange, dass er meinen könnte, er kannte ihn in und auswendig und dennoch überraschte ihn sein Mitbewohner gerade. „Gut“, sagte er und erzählte ihm von seinen Erlebnissen. „Eher langweilig, ich weiß“, sagte er noch, aber Kuroo zuckte mit den Schultern. „Du hast für dich erkannt, dass es deine Schicht ist, was mich nicht wundert, hätte ich dir gleich sagen können, aber ich wollte dir natürlich selbst diese Erfahrung und Erkenntnis gönnen, du sollst ja selbst lernen“, sagte Kuroo und ging Kenma amüsiert durchs Haar. „Ich dachte, du lässt mich danach in Ruhe“, knurrte dieser, dass Kuroo die Hand sofort zurück zog. „Menno… gleich so streng, du hättest Lehrer werden sollen und nicht Arzt“, gab Kuroo kleinlaut bei. „Aber du hast Glück, ich treff mich mit ein paar Leuten vor der Uni, Studenten anquatschen, dass sie nächstes Jahr auch in unser Programm kommen“, sagte Kuroo. Kenma konnte ihn nicht schnell genug loszuwerden um vor seiner am nachmittag startenden Spätschicht noch ein paar Stunden Schlaf und ein paar mehr davon zum Spielen eines Online-Rollenspieles aufzuwenden. „Essen ist im Kühlschrank, machs dir in der Mikro warm, wir sehen uns dann im Krankenhaus“, sagte Kuroo und verabschiedete sich. Die Aufbewahrungsbox mit einer nicht unbedeutsamen Menge Curry wurde gerade mal bei Kenmas späterem Aufbruch kurz betrachtet, aber blieb unangerührt im Kühlschrank zurück. Seines Planes nach würde er sich wohl einen kleinen, vermutlich ungesunden, Snack im Krankenhaus holen. *** „Dr. Kenken“, wurde Kenma bereits im Eingangsbereich von einer Stimme aufgehalten, die diese Benennung eigentlich nicht wählte. Die Stimme hatte ihm gegenüber aber auch sonst noch nie eine Betitelung gegeben. Trocken aber mit leicht erhobenen Augenbrauen sah er in das Gesicht des Arztes, der auf ihn zuging. Dr. Sakusa hatte seinen Blick wie Kenma ihn bereits gut kannte auf einem Klemmbrett fixiert, die Maske saß tadellos in seinem Gesicht über Nase und Mund und ließ nicht erahnen, ob der Arzt lächelte, eine Schnute zog oder sich vor Unbehagen auf die Lippen biss. Oder eben – wie Kenma vermutete – einfach keinerlei Mimik über seine Lippen kommen ließ, wenn die Maske nicht da gewesen wäre, so wie es seine Augenpartie tat, die erst reagierte, als Kenma ihn korrigierte. „Eigentlich ist es Kozume, Dr Sakusa-sama“, wurde der Oberarzt aufgeklärt, dass dieser seinen Blick von seinen Unterlagen aufhob, ihn auf Kenmas ID-Tag richtete und zu Kenmas rechten Seite sah, wo Kuroo meistens stand, wenn man sie beide gemeinsam antraf, was nicht selten war. „Aber Dr. Kuroo hat Sie gestern Nacht so adressiert“, hob Sakusa hervor. „Kuro und ich sind Freunde“, stellte Kenma klar. Sakusa zog die Augenbrauen angespannt zusammen. „Sowas Unprofessionelles hat hier nichts verloren, Dr. Kozume, ich hoffe, Sie nehmen das hier ernst“, war die erste Lektion, die Kenma von seinem Idol erhielt. „Natürlich nehme ich das ernst“, versicherte er ihm und steckte auch sogleich sein Mobiltelefon weg um es ihm ganz deutlich zu machen. Sakusa musterte ihn von oben bis unten. Er überlegte. „Dr. Komori hat Sie empfohlen, ich hoffe, er erlaubt sich keinen Schalk mit mir, sehe ihm ähnlich… Aber seien wir nicht so. Ihre Noten und Auszeichnungen passen zu dem, was er sagt. Ich würde Sie für eine Gefäßoperation in meinen Operationssaal einladen, mir zu assistieren und zu lernen“, brachte Sakusa sein Anliegen heran ohne etwas von seiner familiären Verbindung zu Dr. Komori zu erwähnen. Wozu auch. Es tat ja nichts zur Sache. Kenma zögerte mit seiner Reaktion, nickte aber kurz darauf. „Natürlich, Dr. Sakusa-sama, ich wundere mich nur, liegt Ihr Fach nicht in Neurochirurgie?“, fragte er ihn. Sakusa schnaubte, stand ihm aber zu, dass er gut aufgepasst hat. „Meine Spezialität liegt in den kleinen sensiblen und komplizierten Dingen, Gefäße können sehr fragil sein, was schnell heikel werden kann, vor allem, wenn es sich um die Karotisgabelung handelt“, gab er bereits einen Hinweis auf die bevorstehende Operation. „Wir operieren jemanden an der Halsschlagader?“, fragte Kenma. Dr. Sakusa nickte, gab Kenma die Patientenakte und schickte diesen sogleich zu Komori. Komori begrüßte ihn und auch Terushima und Akaashi, die rechtzeitig zur Spätschicht ankamen für die Patientenrunde am Nachmittag. *** „Und das ist Tsukasa Iizuna, ein Patient von Dr. Sakusa, Dr. Kozume?“, sagte Komori und wies Kenma an, den Patienten zu präsentieren. Kenma zückte die Akte, die er von Dr. Sakusa bereits bekommen hat und trug vor. „Iizuna Tsukasa, 27 Jahre alt, Gefäßpatient, wiederkehrender Glomustumor, wurde vor drei Jahren das erste Mal von Dr. Sakusa im St. Itachiyama operiert, restlos entfernt, hier weil der Tumor rückkehrt, liegt in der Norm des Gewächses, entdeckt an der linken Halsschlagader beim… Liebesspiel“, las Kenma die Fakten zusammenfassend vor, bei der Ortung fasste er sich selbst neugierig an die Stelle, wo der Tumor von Iizuna sitzen sollte, aber brach in seiner Patientenpräsentation ab, als das Wort Liebesspiel über seine Lippen kam. Da hob er auch seinen Kopf und sah Iizuna das erste Mal ins Gesicht. Mit stolperndem Herzen musste er feststellen, dass dieser junge Mann das wohl schönste Lächeln hatte, dass er je gesehen hat. Iizuna sah trotz seiner rötlichen Augen wie ein Engel aus und strahlte Kenma mit seinen hübschen geschwungenen Lippen direkt an. „Hey“, sagte er, sein Lächeln formte sich dabei zu einem schelmischen Grinsen um, dass sich Kenma ertappt fühlte und nicht einmal wusste, warum. Er rang sich aber auch zu einem schwachen „Hey“ durch. Seine Augen wandten sich nur kurz ab um die Stelle zu erblicken, wo der Tumor entdeckt wurde und tatsächlich waren da noch die zarten rosaroten Spuren eines vermutlich ziemlich heftigen Liebesbisses zu sehen. „Und was wird gemacht, Dr. Kozume?“, wurde Kenma zum Weitersprechen gebeten, aber mehr als ein weiteres schwaches „Hey“, kam nicht über seine Lippen. „Hey“, sagte auch Iizuna noch einmal und schenkte Kenma sein süßestes Lächeln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)