Eren von tears-girl (Geheimnisse der Turanos) ================================================================================ Kapitel 14: Missionsende und -start ----------------------------------- Carmens Wunsch konnte nicht ganz erfüllt werden.   Während Eren und Carmen zusammen die Säcke mit den Eierschalen für den Transport vorbereitet haben, hat Igor diese Stückchenweise zur Basis gebracht. Es hat den ganzen Tag gedauert, weil der Mann nach jedem Teleport länger brauchte, um sich zu erholen.   Wie das Mädchen Eren vorgewarnt hat, war der Bienenmutant ziemlich angefressen als sie am Stützpunkt ankamen. Zuerst hat er geschmollt und Eren ignoriert. Als er gemerkt hat, dass es diesem egal ist ignoriert zu werden, hat es ihn aufgeregt, dass es dem Jungen egal war. Also hat er damit angefangen sich über alles zu beschweren und nur noch Quatsch zu reden. Nicht nur Igor, Carmen und Eren waren davon genervt, auch die anderen Menschen im Raum mit der Maschine. Die waren sichtlich erleichtert als die Gruppe endlich durch das Portal Flaurana verlassen haben.   Zurück in ihrer eigenen Welt wird die Gruppe bereits erwartet. Der „Missionsraum 1“ sieht genauso aus, wie sie ihn verlassen haben. Naja, abgesehen von den fehlenden Chipskrümeln. Jeder von ihnen trägt mindestens zwei der verpackten Eierschalensäcke zusammen mit dem übrigen Gebäck. Sobald Carmen, die als letztes durch das Portal gegangen ist, diese Welt betritt, schaltet die Ärztin die Maschine ab. Dr. Ryu steht wie bei ihrer Abreise beim Bedienpult der Teleportmaschine und lächelt die Vier grüßend an.   „Willkommen zurück. Wie ich sehe, war eure Mission erfolgreich“, bemerkt sie, klappt ihr Tablet auf und zählt die Säcke durch. Das Ergebnis notiert sie. „Irgendwelche besonderen Vorkommnisse?“   „Nein! Alles lief spiegelglatt!“, mault Viktor grummelig. Um seine miese Laune zu unterstreichen lässt er all seine Ladung einfach da fallen, wo er gerade steht. Teilweise auf die Füße seiner Teamkameraden.   „Hey! Pass doch auf“, beschwert sich Carmen sofort.   Igor schüttelt nur den Kopf. Er kennt seinen Schüler und weiß, dass es egal ist, was er jetzt sagen oder tun würde. Viktor hat sich in seiner miesen Laune festgefahren und die wird nicht so schnell verschwinden. Dafür ist er zu hitzköpfig.   Eren dreht sich zu Viktor herum, ein schelmisches Grinsen aufgesetzt. Auch ohne Dämoneneinfluss kann er sich nicht jeden Kommentar verkneifen. „Ja. Alles spiegelglatt. Besonders die Klettertour, nicht wahr, Viktor?“   Der junge Mann, der schon wieder im Partnerlook zu seinen Haaren unterwegs ist, öffnet den Mund, aber es ist nicht seine Stimme, die zu hören ist.   „Hallo, Eren.“   Nur diese zwei Worte reichen aus, um das Lächeln aus Erens Gesicht zu fegen. Sein ganzer Körper versteift und er richtet sich kerzengerade auf. Der Junge nimmt den Sack von der Schulter und wendet sich zur Tür um, durch die sein großer Bruder mit seinem typischen ausdruckslosen Gesicht getreten kommt. Diesmal trägt er lediglich eine einfache Jeans, ein T-Shirt und eine zur Hose passende Sportjacke. Und natürlich sein buntes Bandana, dass er sich um die Stirn gebunden hat. So wie er aussieht, kommt er direkt vom Training. Was seltsam ist. Eren hat Ajax noch nie ohne ihn trainieren sehen. Bisher waren sie aber auch noch nie getrennt auf Missionen unterwegs.   „Hallo, Ajax“, grüßt Eren zurück. „Ist deine Mission auch schon erledigt?“   Der ältere Turano kneift für einen kurzen Moment warnend die Augen zusammen. Eren senkt den Blick. Offensichtlich hätte er die Mission nicht erwähnen dürfen. Aber das hat ihm keiner gesagt, dass die so extrem geheim ist. Ajax lässt seine Augen über die restlichen Menschen im Raum schweifen, die verstummt sind und ernste Gesichter aufgesetzt haben. Sogar Viktor weiß, dass man in der Gegenwart von Ajax vorsichtig sein muss. Immerhin ist er der Stellvertreter der ganzen Organisation und noch dazu der stärkste Kämpfer von allen.   „Wie ich sehe, war die Mission erfolgreich.“ Der junge Mann kommt näher, bleibt einen Schritt vor Eren stehen und sieht diesen streng an. „Aber ihr habt zu lange gebraucht. Wieso?“   Eren wirft einen Blick auf die Uhr. „Zu lang? Wir hatten bis heute Abend Zeit und hier sind wird.“   „Es ist kurz vor Mitternacht. Für mich ist das nicht mehr Abend, Eren“, belehrt ihn Ajax ernst.   „Ja, Ajax. Tut mir leid.“ Beschämt senkt der Junge den Kopf. Seiner Meinung nach, sind sie zwar immer noch im Zeitrahmen, aber es ist auch nichts neues, dass Ajax die Dinge enger sieht.   „Hm.“ Forschend mustert Ajax seinen jüngeren Bruder. Nach ein paar Herzschlägen seufzt er stumm und entspannt sein Gesicht ein klein wenig als er fortfährt: „Über deine Bestrafung reden wir später. Vater will dich sehen.“   Eren hebt erstaunt den Kopf. „Jetzt sofort? Aber ich bin grade erst angekommen. Kann ich noch schnell duschen und mich umzie...“   Eine nicht gerade sanfte Ohrfeige lässt den Jungen verstummen. Sein Kopf wird zur Seite geschleudert und als er wieder zu seinem Bruder sieht, ziert ein roter Handabdruck seine rechte Wange. Nicht sonderlich überrascht, aber dennoch perplex, blinzelt der Zwölfjährige seinen Bruder an. Auch die anderen Menschen wirken erschrocken, halten aber lieber den Mund. Das ist Familiensache. Nur Dr. Ryu dreht den Kopf weg.   „Wenn Vater dich sehen will, dann heißt das sofort. Das weißt du, Eren. Vater wartet nicht gerne. Ihr seid eh schon zu spät“, erläutert Ajax ruhig.   Eren senkt den Kopf, damit sein Bruder nicht sieht wie sich sein Kiefer anspannt. Trotzdem schafft er es seine Stimme ruhig klingen zu lassen. „Ja, natürlich, Ajax. Tut mir leid.“   „Das besprechen wir auch später. Und jetzt komm.“ Ohne ein weiteres Wort dreht sich Ajax um und verlässt den Missionsraum.   Eren übergibt seine Eierschalen wortlos an Carmen, die sie annimmt und ihn mit einem mitleidigen Blick bedenkt, und beeilt sich dann seinem Bruder zu folgen, um ihn nicht noch mehr zu erzürnen.   ~~~   Den ganzen Weg über bis zur schweren Tür zum Büro von Benedikt Turano im Anwesen schweigen die Brüder. Eren ist das nur recht. So hat er Zeit darüber zu grübeln, weshalb ihn sein Vater so spät noch sprechen möchte. Er wird sehr selten in das Privatbüro gerufen. Was könnte so dringend sein, dass es nicht bis morgen warten kann? Bekommt er jetzt Ärger, weil er etwas zu spät dran war? Aber das ist nicht seine Schuld! Igor hat ewig gebraucht mit seinen Teleportationen, da kann er doch nichts dafür!   Ein unwohles Gefühl macht sich in seiner Magengrube breit, doch von außen lässt er sich nichts anmerken als Ajax an der Tür klopft und diese nach einem „Herein“ öffnet. Wie alles in diesem Anwesen wirkt das Büro pompös und teuer. Das Zimmer liegt in Dunkelheit gehüllt, lediglich eine kleine Tischlampe spendet etwas Licht und malt unheimliche Schatten auf die Bücherregale an den Wänden. Turano selbst sitzt am Schreibtisch. Er sieht auf als die beiden eintreten, lächelt, erhebt sich und geht um den Schreibtisch herum.   „Da seid ihr ja endlich. Wie lief die Mission, Eren? Ich nehme an, sie war erfolgreich?“ Die Fragen klingen zwar freundlich, aber Eren kennt den versteckten Unterton dahinter.   „Hallo, Vater." Der Junge bleibt in der Mitte des Raumes stehen. "Ja, wir haben gut zehn volle Säcke mitgebracht.“   „Hm. Nicht ganz so viele wie ich dachte“, gesteht Turano, trotzdem heben sich seine Mundwinkel zufrieden. „Vielleicht darfst du bald wieder ohne Ajax auf eine Mission.“   „Danke, Vater.“ Das höfliche Geplänkel kann unmöglich der Grund sein, weshalb er so spät noch herbestellt wurde. Es muss einen anderen Grund geben. Da es ihm mit der dicken Winterjacke zu warm wird, zieht er diese aus, um besser denken zu können. Dann stellt er doch die Frage laut, um das Gespräch ein wenig zu beschleunigen. Er will ins Bett. „Ähm, Vater? Warum bin ich hier?“   Eren spürt deutlich den missbilligenden Seitenblick seines Bruder, behält die Aufmerksamkeit jedoch auf seinen Vater gerichtet, der sich gegen den Schreibtisch lehnt und die Arme vor der Brust verschränkt. In seinem Gesicht kann der Junge keine Hinweise finden. Er sieht so verschlossen aus wie immer.   „Nun, ich hab eine neue Aufgabe für dich“, klärt ihn Turano ohne weitere Umschweife auf.   Der Zwölfjährige versucht sein Gesicht nicht genervt zu verziehen. Eine neue Mission? Nicht jetzt schon. Er durfte sich noch nicht einmal umziehen! „Was für eine Aufgabe?“   „Du wolltest doch wissen, was meine Mission war“, beginnt Ajax zu erklären. Er sieht nicht so aus, als wäre diese zu seiner Zufriedenheit verlaufen. „Ich sollte jemanden aus dem Weg räumen. Wen ist nicht wichtig, wichtig ist nur, dass mir die Polizei in die Quere gekommen ist.“   Ajax wirkt ziemlich zerknirscht. Eren ist deswegen umso überraschter. Er hat noch nie miterlebt, dass sein großer Bruder bei einer Mission scheitert. Mit erstauntem Gesicht sieht er den jungen Mann an, der die Fäuste ballt und dabei aus dem Fenster sieht.   „Die Zielperson wurde ins Krankenhaus von Haikla City gebracht und wird jetzt dort polizeilich überwacht“, fährt Turano fort, trommelt dabei mit dem Zeigefinger auf seinem Oberarm herum. Er ist genauso frustriert über das Scheitern seines älteren Sohnes. „Da wir unsere Kundin nicht enttäuschen wollen, werdet ihr die Mission dort zusammen beenden.“   „Moment“, unterbricht Eren seinen Vater, weshalb er mal wieder böse angefunkelt wird. Er ignoriert es. „Haikla City? Ich dachte, wir erledigen keine Missionen in der Stadt?“   „Das stimmt schon, aber Frau Russo ist eine langjährige Stammkundin. Deshalb machen wir eine Ausnahme. Und deshalb ist es noch wichtiger nicht aufzufallen oder irgendwelche Hinweise auf uns zu lenken. Verstanden?“, erklärt Benedikt eindringlich.   Eren nickt. „Verstanden.“ *Als würde ich den Bullen mit Absicht sagen, was wir alles schon verbrochen haben.*   Ajax hat sich mittlerweile wieder gefangen. „Ich hab schon einen Plan ausgearbeitet, wie wir die Sache durchziehen werden. Die Details erkläre ich dir morgen.“   Morgen. Der Junge unterdrückt ein erleichtertes Seufzen. Also hat er doch noch ein paar Stunden, um zu duschen, sich umzuziehen und vielleicht etwas zu schlafen. Außer natürlich Ajax hat die Zeit bis dahin auch verplant. Ganz ausgeschlossen ist das nicht.   Aber Turano zeigt etwas Verständnis. Sein Vater schickt ihn kurz darauf in sein Zimmer, um zu duschen, die Missionssachen an die Angestellten weiterzugeben und sich für den bevorstehenden Attentat im Krankenhaus ihrer Heimatstadt vorzubereiten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)