Eren von tears-girl (Geheimnisse der Turanos) ================================================================================ Kapitel 23: Die erste Einladung ------------------------------- Dann klingelt es zur Pause. Eren zuckt noch immer zusammen bei dem plötzlichen, unerwarteten schrillen Ton. Wie die anderen Schüler auch verlässt er das Klassenzimmer, nimmt jedoch als einziger seinen Rucksack mit. Er hat vor sein Schließfach zu finden, um die schweren, unnötigen Schulbücher zu verstauen. Allerdings stellt sich heraus, dass der Schulplan auch nicht mehr der aktuellste ist. Auf dem sind die Hälfte der Beschriftungen falsch, weshalb sich Eren bald schon nicht mehr auskennt. Was ist das nur für eine unorganisierte Schule?! Frustriert knüllt er den nutzlosen Plan zusammen und stopft ihn in die Hosentasche. Vielleicht hat er ja Glück und findet den Spint 207 durch Zufall? Oder – was wahrscheinlicher ist – verläuft sich bei dem Versuch und kommt zu spät zur nächsten Stunde.   Von allen Seiten wird der Zwölfjährige von älteren und jüngeren Schülern angerempelt. Niemand hält es für nötig dem jungen Turano Platz zu machen. Das ist für diesen so ungewohnt, dass er bei fast jedem Schritt in jemanden hineinläuft. Ab und zu kann er es nicht vermeiden und bekommt dann entweder ein flüchtiges „Entschuldigung“ zu hören oder wird angemotzt, er hätte keine Augen im Schädel. Eines ist schnell klar: Schule hat er sich ganz anders vorgestellt. Das hier überfordert ihn. Gestern noch musste er nur einen Schritt in irgendeine Richtung machen und es wurde sofort eine Gasse gebildet. Und heute? Heute ist er froh über seine Heilkräfte, ohne die er sicher am ganzen Körper blaue Flecken haben würde.   Wie schon vermutet kann er nicht einmal anhand der Schließfachnummerierungen erahnen, wo sich seiner versteckt. Die Zehnerreihen sind auch durcheinander, so als ob neue Spinte immer dorthin platziert wurden, wo gerade Platz war. Ohne System. Ohne Plan. Ohne hilfreiche Ordnung.   „Na, super. Danke, Ajax“, grummelt er vor sich hin, während er die Nummern mustert in der Hoffnung, doch die 207 zu entdecken. Dabei hat er die Hände in die Jackentaschen vergraben, um seinen Ärger zu verstecken. „Wie soll man hier nur was finden?“   Zu allem Überfluss merkt er auch noch zu spät wie jemand aus den Toiletten tritt und läuft prompt in den Jemand hinein, sodass beide kurz ins Straucheln geraten.   „Tut mir leid“, entschuldigt sich Eren schnell bevor wieder ein bissiger Kommentar kommt.   „Schon okay, nichts passiert“, versichert der andere, dreht sich um und fängt an zu grinsen. „Oh, hi, Eren. Was machst du so?“   „Hi, Max.“ Natürlich musste es Max sein. Warum auch nicht? Der Tag ist ja nicht schon genug von merkwürdigen Zufällen durchzogen. „Ich such mein Schließfach, aber dieser Plan, den ich vom Direktor bekommen hab, ist ziemlich nutzlos. Da steht die Hälfte nicht drauf und das was drauf steht, stimmt zu 90% nicht.“   „Ich weiß, unsere Schule ist wie ein Irrgarten.“ Aus seinem Mund klingt es irgendwie so, als ob ihm das gefallen würde. „Ich helf dir. Welche Nummer hast du denn?“   „207 und danke.“ Das meint Eren sogar ehrlich. Sonst wäre er wohl noch ewig herumgeirrt und hätte dann nicht mal mehr zurück zum Klassenzimmer gefunden, wäre zu spät zum Unterricht gekommen und folglich würde ein Vortrag von Ajax folgen.   „207“, wiederholt Max und fasst sich dabei grübelnd ans Kinn. „Ich denke, ich weiß wo der sein könnte. Komm mit.“   Ohne auf eine Antwort zu warten, marschiert der Blonde einfach los. Sogar ohne bei jedem Schritt Beinahezusammenstöße zu verursachen. Eren beeilt sich zu ihm aufzuschließen, um ihn in dem Tumult nicht zu verlieren. Dabei mustert er noch einmal heimlich den Jungen. Von Außen hat er schon mal keinerlei Merkmale auf Fähigkeiten. Zumindest sieht man keine Hörner, Flügel oder Ähnliches. Auch die Aura ist Erens Meinung nach völlig normal. Er hat es heimlich mit der Fähigkeit geprüft. Aber wenn Ajax sagt, dass etwas an ihm auffällig ist, dann glaubt er ihm. Man muss ja nicht immer auf den ersten Blick sehen, dass jemand besonders ist, so wie bei Viktor mit seinen Flügeln oder er selbst mit den Armreifen. Es gibt viele, die normal wirken bis sie ihre Fähigkeiten nutzen oder sich verwan...   „Hörst du mir zu?“   „Hä?“ Eren blinzelt ein paar Mal irritiert bis seine Gedanken in der Realität angekommen sind. „Äh, nein, sorry. Was hast du gesagt?“   Max hat sich zurückfallen lassen, sodass sie jetzt nebeneinander gehen. „Ich hab nur gefragt, wie dein erster Tag bisher war? Bestimmt ziemlich anders als der Privatunterricht, oder?“   „Ja. Eigentlich ist alles anders wie Zuhause“, antwortet Eren vage.   „Wie ist es denn so Privatunterricht zu haben? Ich stell mir das irgendwie cool vor. Du kannst Zuhause bleiben, bist schneller mit dem Schulstoff durch und hast mehr Freizeit. Außerdem muss man sich nicht ewig in der Cafeteria anstellen für unidentifizierbaren Pansch.“ Max verzieht bei der Erwähnung des Schulessens das Gesicht und Eren macht geistig eine Notiz von Zuhause etwas mitzunehmen. Was eh der Plan gewesen wäre. Eren hat auch bei der Ernährung keine Entscheidungsfreiheit. „Aber dann ist es doch sicher auch einsam, oder?“   „Ja. Ich war bisher immer Einzelschüler“, bestätigt der junge Turano, weicht dabei einer Tomatenscheibe am Boden aus. „Die Lehrer sind zu uns nach Hause gekommen, sind die paar Stunden dageblieben und dann wieder abgehauen. Schriftliche Prüfungen hatte ich auch nicht. Ich musste einfach das wissen, was ich bisher gelernt habe und habe bestanden. Allerdings hatte ich keine Fächer wie Kunst oder Musik.“ Vor der Musikstunde graust ihn auch schon. Musik ist wie Kunst, man kann damit niemanden töten, also ist es Zeitverschwendung.   „Klingt einsam.“   Eren zuckt nur mit den Schultern. „Ist nicht so schlimm, wie es sich anhört. Man gewöhnt sich dran.“   „Ach, Quatsch. Mit Freunden zu lernen ist doch lustiger“, beharrt Max grinsend. „Gut, dass du auf die Schule wechseln durftest.“   „Ja“, sagt Eren gedehnt. „Das wird sich noch herausstellen. Mein Vater und Ajax ändern schnell ihre Meinung.“ Ist die Mission vorbei, kehrt der gewohnte Alltag mit den Privatlehrern und minutengenau geplanten Training zurück.   „Klingt so, als würden die beiden keinen Spaß verstehen“, bemerkt der Blonde und verzieht dabei leidend das Gesicht. Schon in der nächsten Sekunde heben sich seine Mundwinkel wieder an. Ohne Vorwarnung umklammert er den Unterarm von Eren, der angestrengt den Verteidigungsinstinkt unterdrückt. „Hey! Ich hab ´ne Idee!“   „Toll, aber kannst du mich loslassen? Bitte?“, unterbricht Eren ihn und befreit seinen Arm aus dem Klammergriff.   „Klar, sorry.“ So richtig ernst gemeint ist das nicht. Dafür ist seine Mimik zu fröhlich. „Du hast doch noch nie Halloween gefeiert, nicht?“   „Ja?“, bestätigt Eren gedehnt, eine Augenbraue misstrauisch erhoben. Er hat ein mieses Gefühl wo die Frage hinführen könnte.   „Am Freitag ist doch die Halloween-Feier...“   „Für die wir die Deko gebastelt haben?“, unterbricht der Braunhaarige den anderen.   „Ja, also nein. Die ist für die Halloween-Pause am Vormittag“, erklärt Max und bleibt unerwartet stehen. Automatisch tut es ihm Eren gleich. „Die Feier ist am Freitagabend in der Sporthalle. Musik, Tanzen, Punsch, Gruselbuffet und Kostüme. Davor bin ich noch auf Süßes oder Saures unterwegs. Hast du Lust mitzukommen? Normalerweise geht meine kleine Schwester immer mit, aber die hat leider Fieber und wird vermutlich bis Freitag nicht fit genug sein. Und allein macht Süßigkeiten sammeln nur halb so viel Spaß. Na, wie wär´s? Kommst du mit? Danach können wir auf der Schulfeier vorbeischauen.“   Eren muss erst einmal die Menge an Informationen verarbeiten, ehe er antworten kann. Er ist schon wieder überfordert. Oder immer noch. „Ist Süßes oder Saures nicht nur was für Kinder?“, fragt er, um etwas Zeit zu gewinnen.   Die grünen Augen werden überraschend ernst. So ernst hat Eren ihn noch nie gesehen. „Für Süßes ist man nie zu alt, klar?“ Dann verschwindet der Schatten wieder und das gewohnt fröhliche Gesicht ist zurück. „Also? Kommst du mit? Dann kann ich dir zeigen wie man Halloween richtig feiert.“   „Ich weiß nicht.“ Unschlüssig kratzt sich Eren am Hinterkopf. Klar klingt es in seinen Ohren so als könnte es lustig werden, aber dann schiebt sich Ajax dazwischen. Er wird ihm nie erlauben ohne ihn irgendwohin zugehen, was nichts mit der Schule zu tun hat. Vielleicht, mit viel Glück, auf die Schulfeier, aber die Tour durch die Stadt? Wohl kaum. Aber wäre es nicht im Sinne seiner Mission? „Da muss ich erst Zuhause nachfragen. Ich geb dir morgen Bescheid, ja?“   Max wirkt etwas enttäuscht. Die Antwort hat er wohl nicht erwartet. „Wird wirklich jede Minute deines Lebens von deinem Vater und Bruder verplant?“   „Tja, so ist das eben, wenn man einen superreichen Vater hat“, zitiert Eren Timos Worte von vorhin und wendet die Augen ab. „Aber sie planen nicht jede Minute“, lenkt er noch ein, um den Familienruf nicht noch mehr zu schaden. Bevor Max antworten kann, ergreift Eren erneut das Wort. „Also. Wo ist nun mein Spint?“   Es ist deutlich anzusehen, dass Max mit dem Themenwechsel nicht einverstanden ist, lässt es aber zu. „Wir sind schon da.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)