Seasons of life. von robin-chan (If it's meant to happen, it will.) ================================================================================ Kapitel 5: Drowning. -------------------- summer Zoro hatte sie gewarnt – an dem Abend seiner Hochzeit. Die Richtige änderte alles. Seine Worte hatte sie damals als Nichtigkeit von sich geschoben. Doch es war diese eine, ungeplante Übernachtung gewesen, die alles ins Rollen gebracht hatte. Die Nacht, die so nie erwartet war, hatte ein Gefühl in Nami ausgelöst, dass sie kaum zu bändigen vermochte. Ihn gegenüber konnte sie dagegenreden, aber mit sich selbst war sie weniger nachsichtig. Die Wahrheit war simpel. Nami war sich nur allzu bewusst, was zwischen Robin und ihr ablief. Mit jedem Tag, der verstrich, und ausgerechnet sie ließ sich darauf ein. Mittlerweile ignorierte sie geschickt die Flirtversuche von anderen und verlor sich vermehrt in Gedanken um Robin, sobald sie die Tage oder Nächte getrennt voneinander verbrachten. Sobald sie Zeit fanden, verbrachten sie diese miteinander. Die Freundschaft Plus Geschichte war längst in Vergessenheit geraten, aber beide sprachen nie offen aus, was sie füreinander empfanden oder was zwischen ihnen war. Sie nahmen es einfach hin, als bräuchten sie keine genaue Definition oder, und das war genauso möglich, wollten sie die magische Blase, die sie umgab, nicht zerstören. Beide hatten damals ihre Standpunkte deutlich gemacht. Und morgen würde Nami ihre geplante Schottlandreise antreten. Ein perfektes Beispiel dafür, wie sehr sie ihr Herz an Robin verloren hatte. Ein Teil von ihr war alles andere als erfreut darüber, dass sie Robin fast zwei Wochen nicht sehen würde. Erst am Ende ihrer Reise, wenn sie in Glasgow ankommen würde, sollte Robin nachkommen. Die letzten drei Tage verbrachten sie zusammen. Mehr Zeit hatte ihr vollgestopfter Kalender nicht zugelassen. Doch es war besser als nichts, und Nami freute sich schon darauf, fast mehr als auf die eigentliche Reise. Die Erkenntnis allein fühlte sich seltsam an, passte überhaupt nicht zu ihr. War es das, was ihre Freunde immer versucht hatten, ihr zu vermitteln? Dass dieser eine Mensch alles, was sie bisher für selbstverständlich hielt, verändern konnte? Seufzend lehnte sie den Kopf gegen das kühle Fenster des Autos und blickte in die vorbeirauschenden Lichter der Stadt. Manchmal verteufelte sie Zoro. Seit jenem Essen drehten sich ihre Gedanken öfter als erwartet um das, was zwischen ihnen lief. Sich über Gefühle bewusst zu sein, war eine Sache, aber ihnen Raum geben und erkennen, dass sie sich selbst in eine Art Beziehung manövriert hatte, das war etwas ganz anderes. Umso mehr versuchte sie die Ernsthaftigkeit der Situation zu ignorieren. So schnell sie kamen, so schnell verdrängte sie Nami und versuchte sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Einfach die Zeit genießen. Jedes Beisammensein, selbst wenn sie in belanglose Gespräche verfielen. Verdammt, sie hatte sich gegen jede Vernunft in Robin verliebt. »Was ist los?«, fragte Robin direkt, als sie die Wohnung betraten. Die Fahrt hatten sie fast durchgehend schweigend verbracht, und es war klar, dass Namis geistige Abwesenheit Robin nicht entgangen war. »Vielleicht muss ich die Gänge verdauen«, entgegnete sie halb im Scherz. Ihre gute Laune war nicht verflogen, aber manchmal, wenn sie eben mit Robin zusammen war, realisierte sie einfach die Veränderung in ihrem Leben. Und ein Abendessen wie dieses, das in einem schicken, romantischen Restaurant stattgefunden hatte, lud förmlich ein. Im Flur stand der Koffer schon bereit. Sie übernachtete bei Robin, die sie am Morgen dann zum Flughafen brachte. Bevor Nami weitergehen konnte, trat Robin hinter sie, schlang die Arme um ihre Taille und bettete das Kinn auf ihrer Schulter. »Als ob«, lachte sie leise ins Ohr. »Du hast dir über irgendetwas den Kopf zerbrochen.« »Alles gut, okay?« Nami atmete tief durch, während sie die Hände auf Robins Arme legte und sich an ihren Körper lehnte. »Das Essen war schön.« Sanft lächelnd sah sie zur Seite, abermals verlor sie sich in diesen Augen. »Beim Reisverschluss bräuchte ich deine Hilfe«, raunte sie gegen die Lippen der anderen. Inmitten der geschäftigen Flughafen-Terminale standen sie da. Zwischen ihnen herrschte in erster Linie eine entspannte Atmosphäre, dennoch war unverkennbar, wie sehr Nami sich wünschte, dass Robin die gesamte Reisedauer an ihrer Seite sein konnte. Trotz des sommerlichen Julis hatte sich Nami in warme, bequeme Kleidung gehüllt, die perfekt auf die schottische Wetterkapriolen abgestimmt war. Robin stand neben ihr, die Hände tief in die Hosentaschen vergraben, und ihre Augen sahen sie ermutigend an. Das Bild, das die beiden gaben, erinnerte sie an das Kennenlernen. Sobald sie ging, wartete auf Robin das Büro. Es war eine eigenartige Situation, denn seit Nami ihren Koffer eingecheckt hatte, hatten sie mehr Belangloses geredet, als wüssten sie beide nicht so recht. Doch der Augenblick war gekommen, sie musste los und sie legte zärtlich ihre Hand auf Robins Arm, gefolgt von einem leisen Seufzer. »Schade, dass du jetzt nicht mitkommen kannst«, gestand sie. »Deine Reisepläne klingen verlockend, aber in eineinhalb Wochen kann ich mich selbst überzeugen.« Nami rollte die Augen über. »Ach, ist das der einzige Grund?« Tief in ihrem Inneren spürte sie deutlich eine heranwachsende Melancholie, die wohl überschwappte. Denn für einen Moment standen sie schweigend beieinander und Nami versuchte die Nähe zu genießen. Vielleicht wussten sie beide nicht so recht, wie sie sich am besten verabschiedeten; es war Neuland. Schließlich schnappte sich Nami ihren Rucksack und zog Robin zu sich, um sie in einen liebevollen Kuss zu verwickeln. »Ich werde deine trockene Art fast schon vermissen«, flüsterte sie. Mit einem Lachen legte Robin ihre Stirn sanft an Namis. »Halt mich auf dem Laufenden, ja?« Würde sie. Lächelnd löste sich Nami und drehte sich um, um zur Sicherheitskontrolle zu gehen. Ihr Herz fühlte sich plötzlich schwer an, doch sie ermutigte sich selbst, ihre Gedanken auf das kommende Abenteuer und Entdeckungen in Schottland zu richten. Am Ende hing ihr Rucksack leicht auf ihrer Schulter und war gefüllt mit der Vorfreude auf das Kommende. ∞ Der Himmel am Neist Point leuchtete in den warmen Farben des bevorstehenden Sonnenuntergangs. Nami hatte sich an diesem Abend entschieden, den atemberaubenden Ausblick über dem weiten Ozean zu genießen. Die Klippen boten die perfekte Kulisse. Sie saß auf einem Felsen, der sich über den Rand des Kliffs erstreckte, und blickte hinaus auf das sich sanft im Wind wiegende Meer. Die Sonne begann langsam zu sinken, und die orange- und rosafarbenen Strahlen spiegelten sich auf der Wasseroberfläche wider. Ein Moment der Ruhe und Schönheit. Und doch kam ihr der Moment unwirklich vor. Sie saß hier und starrte Richtung Horizont. Wenn das Glück mit ihr war, könnte sie irgendwann den Ausblick von der anderen Seite des Atlantiks beobachten. Gerade fühlte sie die Erkenntnis realer als jemals zuvor. Nach Zoro hatte sie natürlich auch Vivi eingeweiht. Wenn die Katze aus dem Sack war, dann richtig. Wobei das nicht der ganzen Wahrheit entsprach. Robin wusste von all dem nichts. Schottland war nur ein weiterer Urlaub und für die Zukunft hatte Nami keine großen Pläne. Das Thema vermied sie unter allen Umständen. Nicht, weil es noch platzen könnte, nein. Sie schwieg, weil es das, was zwischen ihnen lief, vielleicht früher als gewollt, veränderte. Dabei sollte das Namis oberstes Ziel sein. Robin auf Abstand halten und dem geplanten Weg folgen. Stattdessen steuerte sie geradewegs auf Robin zu. Mit allem das sie tat. »Bleib offen. Für alles. Wenn die Richtige kommt, wirst du sehen, dass alles unbegründet ist.« Sollte er tatsächlich recht behalten? War Robin der eine Mensch? Vermutlich. Anders konnte sie diese Entwicklung nicht erklären. Niemanden war das gelungen, was Robin in dieser kurzen Zeit schaffte. Die hervorgerufenen Gefühle sprachen für sich. Keine andere hatte Nami von Anfang an in den Bann gezogen. Hätte sie damals die Visitenkarte einfach in den nächsten Mülleimer geworfen, dann wären ihr diese Gedanken und allen voran diese Gefühle erspart geblieben. Letzteres machte sie wütend. Wütend auf sich selbst. Sie hatte in ganzer Linie versagt. Das Schicksal sowieso. Dachte sie an das Café oder an die ersten Gespräche ... alles hörte sich einfach an. Beide waren sich einig gewesen. Beide suchten niemanden für eine ernsthafte Beziehung und doch … zusammen hatten sie sich in diese Situation manövriert. Dass Robin die Gefühle teilte, war offensichtlich. Sie beide suchten sich und eben nicht länger nur für Sex. Was passierte, wenn die Zusage kam? Ihre Hand ergriff den Anhänger ihrer Halskette. Robin hatte von ihrem Geburtstag Wind bekommen und natürlich hatte sie ihr, obwohl sie ihn hier in Schottland verbrachte, mit der Kette ein Geschenk gemacht. Sie hatte sie in ihrem Rucksack gefunden. Was machte sie? Es war das erste Mal, dass sie sich auf der Reise ernsthafte Gedanken machte. Der Moment der Entscheidung kam näher und so ein Anblick bot Spielraum. Selbst auf Wanderungen hatte sie die Gedanken von sich rücken können. Sie schloss die Augen und atmete tief die Meeresluft ein. Vielleicht löste sich das Problem von allein. Die letzten Strahlen der Sonne verschwanden und die Dunkelheit brach ein, während die Wellen weiterhin an die Klippen schlugen. Der Moment war vorbei. Der Sonnenuntergang und auch der ernsten Gedanken. Ein Grund mehr, warum sie auf dem Weg zurück zum Auto ihre Schwester anrief. ∞ Der Flughafen pulsierte vor aufgeregtem Treiben, während sie nervös auf Robins Ankunft wartete. Vorfreude und Anspannung hatten sich zu einer knisternden Mischung vereint. Ein Grund mehr die Wartezeit zu überbrücken. Dafür holte sie ihr Smartphone hervor und blätterte durch die Fotos, die sie während ihrer Reise aufgenommen hatte. Besonders musste sie bei dem Bild von Loch Ness lächeln. Sie hatte Zoro ein Selfie geschickt, nachdem er nachgefragt hatte, wo sie gerade unterwegs war. Seine Antwort war für ihn typisch ausgefallen, er hatte gemeint, dass das berüchtigte Monster also doch existierte. Auf eine Retourkutsche durfte er sich einstellen. Sobald sie zurück war, würden sie ohnehin zusammenkommen. Bisher war die Reise ein voller Erfolg gewesen und Nami war froh, die Entscheidung getroffen zu haben. Nicht nur der Sehenswürdigkeiten wegen. Neben der Folklore und den lokalen Spezialitäten hatten sie neue Bekanntschaften gemacht, ob eben mit Einheimischen oder Touristen. Ein Grund, weshalb sie das Reisen liebte. Es gab viel zu entdecken und jedes Abenteuer hinterließ seinen eigenen Zauber. Jetzt noch die letzten Tage genießen und das eben nicht allein. Ob es funktionierte? Nami hatte den heutigen und morgigen Tag durchaus verplant. Noch war eben nicht alles von der Liste abgehakt und wie es war, mit Robin umherzureisen, konnte sie schwer einschätzen. Zuhause, in der gewohnten Umgebung, das war ein Punkt. Woanders ein gewaltiger Unterschied. Und dieses Mal ging es nicht nur um einen Museumsbesuch und einen Kaffee. Vielleicht wehte daher ihre Nervosität, gepaart mit dem Wissen, dass sie dann doch nicht nur mit einer für sie guten Freundin unterwegs war. Zwischendurch verfluchte sie ihre Frage. Aus einem einfachen Gespräch und dem damit verbundenen Impuls heraus, hatte sie Robin gefragt. Einfach so. Erst als die Worte draußen waren, hatte ihr Verstand eingesetzt. Was, wenn es ein Fehler war? Oder schlimmer, wenn es am Ende genau richtig war? Reichlich spät für das Kopfzerbrechen. Denn als sie den Blick hob, erkannte sie Robin. Eilig steckte sie das Handy weg, während ihr Herzschlag schneller wurde. Dass strahlendende Lächeln reichte, und für den Moment kapitulierte Nami. Was-wäre-wenn-Szenarien stieß sie zur Seite. Was die Zukunft bereithielt, konnte sie nicht länger beeinflussen, dafür aber die Gegenwart und die sprach klar und deutlich, was sie wollte. Kaum war Robin in Reichweite, öffnete diese ihre Arme und Nami fand sich in einer sanften Umarmung wieder. Sofort umfing sie die Wärme des Körpers, wie eine behagliche Decke an einem kalten Wintertag. Zeitgleich atmete sie den mittlerweile allzu vertrauten Duft ein. Warum machte sie es sich selbst so schwer, wenn sie förmlich in Robins Armen versank, als wäre es alles, das sie brauchte? Da ihr Kopf sich gegen die Kuhle an Robins Schulter drückte, konnte sie sogar deren Herzschlag hören. Ihre Atmung passte sich der von Robin an, und für einen Moment schien die Welt um sie herum irrelevant. Für eine paar Schläge standen sie einfach da. Dann zogen sie sich ein Stück voneinander zurück, um sich in die Augen zu sehen, und Namis Zweifel erhielten den nächsten Dämpfer. Sanft strich sie eine Strähne von Robins Haar aus dem Gesicht und lächelte verschmitzt. »Du hast mich vermisst.« »Bei den Rehaugen kann ich mir keine andere Begrüßung leisten«, konterte sie und Nami wollte schon zur Antwort ansetzen, als sie Robins Lippen auf ihren spürte. Nachdem sie Robin Gepäck aufs Hotelzimmer gebracht hatten, ließen sie sich zuerst in der Lobby nieder, wo sie bei einem Kaffee über Namis ominöser Liste brüteten. »Du bist streng«, kommentierte Robin tadelnd und nahm einen Schluck. An ihrem Blick hatte Nami durchaus gesehen, dass sie erst mal lieber die Zeit im Zimmer verbracht hätte. Etwas, dem sie selbst gerne nachgekommen wäre, aber irgendwie sagte ihr Gefühl, dass sie den restlichen Tag hätte vergessen können. Und später hatten sie reichlich Zeit. »Was denn? Ich plane meine Reisen gerne durch und es stehen einige Punkte auf dem Programm. Da muss ich strenger sein. Außerdem … es sind drei Tage – schau mich nicht so an!« Nami fuhr sich durchs Gesicht, ehe sie den Kopf senkte und auf ihre Tasse schaute. Irgendwie schaffte es diese Frau immer wieder, dass sie schneller rot wurde, als ihr lieb war und Robin nutzte das schamlos aus. »Okay, keine anstößigen Gedanken mehr. Besser?« »Fürs Erste.« Robin lachte und beugte sich vor. »Ich hoffe, du hast die Kathedrale auf deiner Liste.« »Als ob ich darauf vergesse.« »Mit Glück taucht der Schatten auf.« Nami zuckte unter der Bemerkung und sah auf. Etwas, das Robin mit einem süßlichen Lächeln quittierte. »Es wird über eine mysteriöse, schattenhafte Figur gemunkelt und sie soll in der Nähe des St. Mungo’s Altar auftreten. Sie bewegt sich ohne erkennbaren Ursprung, bis sie genauso plötzlich verschwindet.« Robin stützte das Kinn an ihrer rechten Hand ab und Nami hatte das Gefühl, das sie noch breiter lächelte. Natürlich. Natürlich interessierte sie sich für irgendwelche Gruselgeschichten. Im Gegensatz zu ihr, konnte Nami gut und gerne auf solche Erscheinungen verzichten. »Schön … hört sich toll an«, murmelte sie zur Antwort und lehnte zurück, wobei sie demonstrativ die Arme verschränkte. »Schieß los. Was hast du noch in petto?« Als ob Robin nur eine Geschichte hervorholte. »Necropolis. Der Friedhof sollte bei Nacht besucht werden. Es soll einen Wächter geben, der darauf achtet, dass die Ruhestätten ungestört bleiben.« »Dann lassen wir ihn seine Arbeit machen … und stören nicht!«, gab sie gepresst von sich. »Sei ehrlich, du sitzt zu Hause und suchst extra nach diesen Überlieferungen! Genieße lieber die Architektur und sonst etwas.« Unschuldig zuckten Robins Schultern. »Ist ein Reflex? Das eine schließt das andere nicht aus. Alles hat seine Geschichte und alles sollte berücksichtigt werden. Denkst du die Schlösser oder Orte, die du besuchst hast, habe keine?« Nami legte den Kopf zurück, schnaufte laut. Nachdem sie der anderen Bilder geschickt hatte, hatte sie sehr wohl die eine oder andere Erzählung bekommen, aber im Nachhinein war ihr das lieber. Dann, wenn sie den Ort hinter sich gelassen hatte und nicht im Vorfeld und währenddessen, wenn auch die Atmosphäre passte. Ab einem Punkt stieg Nami freiwillig aus. Gruselgeschichten waren nicht ihr Ding. Robin bildete das Gegenstück. Sie liebte es förmlich und hatte ihren Spaß. »Glasgow hat ein paar verlassene Anstalten«, fügte sie wissend, dass es Nami nicht mochte, an. Robin wusste, wie man sie aufzog. »Du bist unmöglich«, murmelte Nami vor sich hin. »Weißt du was? Ich gehe allein, in dem großen Bett schlafen und du schlägst dir die Nächte um die Ohren, in der Hoffnung auf irgendeinen, nicht nachvollziehbaren Nervenkitzel. Abgemacht?« Natürlich war in der St. Mungo’s Cathedral kein Schatten aufgetaucht und den Friedhof hatten sie nur bei Tag einen kurzen Besuch abgestattet. Wenn Robins Anwesenheit eines änderte, dann ihr Wissen. Obwohl es nicht Robins Fachgebiet war, hatte sie genug Informationen bereit. Als wäre sie in der Hinsicht tatsächlich ein wandelndes Lexikon. Und Nami würde lügen, wenn sie die Variante des Sightseeings nicht doch irgendwie bevorzugte. Es war wie im Museum. Robins Erzählungen ließen die Geschichte lebhaft werden. Für heute war alles abgehakt und als sie ins Hotelzimmer zurückkehrten, wurde ihr Rucksack achtlos auf den Boden geworfen. Gerade noch so schlüpfte sie aus ihren Schuhen und der Jacke, ehe Nami rücklings aufs Bett fiel. Einen Augenblick die Augen schließen und entspannen. Das Wetter schlug um, der Himmel verdüsterte sich. Beim Zurückgehen hatte der Wind deutlich an Fahrt aufgenommen. Eigentlich eine Jahreszeit in der man ausschließlich in der Sonne liegen sollte. »Hast du dich entschieden?«, hörte sie Robin gedämpft. Für den morgigen Abend hatte Nami bereits in einem Restaurant einen Tisch reserviert. Wohin sie heute wollte, darüber war sie noch unschlüssig. Abends nahm sie meist alles, wie es kam. Leicht stützte sich Nami an den Armen auf. Dann, als ihr Blick auf dem Tisch hängen blieb, stand sie schwungvoll auf. Robin war auf das Hotel gekommen. Besonders das Essen hatte einen guten Ruf. Nur kurz blätterte sie durch die Speisekarte. Wasser. Das Prasseln der Dusche drang an ihre Ohren und sie warf einen Blick über ihre Schulter, während sie die Karte in ihren Händen wog. Ein langer Tag auf den Beinen. Draußen das ungemütlich werdende Wetter. Für das hauseigene Restaurant umziehen oder … warum überhaupt nachdenken? Die Karte wurde zurückgelegt und noch im Gehen zog sich Nami ihr langärmliges Shirt aus. »Wie wäre es mit Zimmerservice?« »Rechnen wir lieber mit einer Stunde Fahrt.« Die Nacht war bereits fortgeschritten, als Nami auf der Seite lag und über die Karte scrollte. »Wir könnten eine Bootsfahrt machen.« »Könnten? Was ist aus deinem peniblen Plan geworden?«, neckte Robin, die neben ihr auf dem Rücken lag. Das Display diente als einzige Lichtquelle, aber wusste Nami auch so, dass Robin ein Grinsen auf den Lippen trug. »Soll ich uns jede Minute planen?«, gab sie zurück, ohne dabei aufzusehen. Loch Lomond war das Ziel. Noch ein bisschen das Umland durchforsten. »Versuch’s.« Daraufhin sah sie Robin an. Nicht direkt der Aussage wegen. Vielmehr der Normalität, die zwischen ihnen herrschte. So ungezwungen, als wäre es schon immer gewesen. Miteinander ein Bett teilen, reden, zusammen einschlafen und aufwachen (sofern Robin nicht weitaus früher aufwachte) und anstatt flüchten zu wollen, genoss sie jede Minute und das verbarg sie nicht wirklich. Schon gar nicht, in diesem Moment, denn Robin wusste, dass sie angestarrt wurde. Schließlich ließ sie die Augen wieder auf das Display wandern. »Erzähl, Gertrude. Welche gruseligen Fakten hast du parat?«, scherzte sie. Wenn Robin ihr Wissen preisgab, zog sie diese heute noch mit ihrem falsch genannten Namen auf. »Der See soll, wie Loch Ness, ein Monster beherbergen. Ein riesiges, schlangenähnliches Wesen, das sein Unwesen treibt.« Nami lachte, wieder fiel ihr Zoros Bemerkung ein. Ob er das gleiche sagen würde? »Was noch?« »Die Legende von Inchtavannach. Eine von einem Fluch versunkene Stadt. An klaren Tagen sollen die Umrisse erkennbar sein.« »Ein Monster und eine verfluchte Stadt. Langweilig. Irgendwie Standard«, witzelte Nami dann. »Schätze, ich muss dich nicht nach der Ballade fragen?« Da spürte sie auch schon Robins Blick auf sich, der sie zum Grinsen brachte. »’O ye’ll tak’ the high road, and I’ll tak’ the low road, and I’ll be in Scotland afore ye – meinst du das?« »Wer kann dir mit dem Akzent widerstehen?« Aber warum hatte sie überhaupt gefragt? Von der Geschichte hatte Nami selbst gehört. »Du bestimmt nicht«, konterte Robin selbstbewusst. Treffer. Die Aussage war als Scherz angedacht, aber die Worte entsprachen der Wahrheit. Doch zeigte es Nami nicht, sondern sah Robin nur herausfordernd an. »Wartet nicht der Friedhof auf dich? Oder eine Anstalt?« ∞ Einen Tag. Einen gottverdammten Tag hatte der Traum nachwirken dürfen. Die gemeinsame Zeit war schneller vergangen als ihr lieb war und am Sonntag hatte sich ihre Laune, obwohl sie eher mit dem Ankommen beschäftigt war, nicht trüben lassen. Natürlich sollte es nicht anhalten. Das einfache Miteinander. Natürlich bekam sie für ihr frevelhaftes Tun die Quittung. Zuerst brach ein lauter Schrei der Begeisterung aus ihr heraus. Freude durchströmte sie. Das Ziel war erreicht. Endlich sollte sich die Mühe lohnen. Dann, schneller als erwartet, hatte die anfängliche Euphorie nachgelassen. Anstatt sich zu freuen, sackte die Realität. Es war kein Wunschvorhaben mehr. Es war nun ihre Realität. Ein neues Leben. Ohne ihre Familie, ihre Freunde und ohne Robin. Letzteres schmerzte auf eine Weise, die sie nie erwartet hätte. Ausgerechnet im Endspurt und als sie allein auf ihrem Sofa saß, wusste Nami nicht, was sie gerade tun sollte. Lachen oder weinen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)