You are my Perfect World von Platan (Perfect World Shipping Ficlets) ================================================================================ Moment 10: Bitterkuss --------------------- Platan atmete schwer und stöhnte immer wieder vor Schmerzen. Sein weißer Kittel saugte sich mehr und mehr mit Blut voll. Würde er nicht bereits ein rotes Hemd tragen, hätte es sich sicherlich längst ebenfalls fast vollständig umgefärbt. Die Verletzung an seiner rechten Schulter zog sich nicht nur zum Teil über seine Brust, sondern war auch noch tief und brannte derart intensiv, als wäre die Drachenklaue, von der er getroffen worden war, in Wahrheit eine Feuer-Attacke gewesen. Seine Sicht war etwas verschwommen, trotzdem konnte Platan erkennen, dass er sich immer noch in der Geheimbasis von Team Flare unter Cromlexia befand. Flordelis trug ihn auf seinen Armen und rannte zielstrebig durch die Gänge, das Gesicht vor Sorge und Zorn verzerrt. Hin und wieder huschten andere Mitglieder an ihnen vorbei, in die Richtung, aus der sie kamen, sicher um sich dem Kampf gegen die Eindringlinge anzuschließen und sie zu vertreiben, damit die ultimative Waffe endlich gestartet werden konnte. Wie hatte das alles nur so furchtbar schiefgehen können? Eigentlich war Platan der Organisation nur beigetreten, damit er in Flordelis' Nähe bleiben und Plan Y verhindern könnte. Irgendwie. Allerdings hatte er bis zum Schluss keine Lösung gefunden und nach der Bekanntgabe von Flordelis über den Holo-Log, in der er sich von allen, die nicht zu Team Flare gehörten, verabschiedete, überschlugen sich die Ereignisse. Aufgrund von Platans Beitritt in die Organisation waren sämtliche Arenaleiter sowie die Top Vier und Diantha schon recht früh unruhig geworden. Zusammen mit den Kindern, denen er dieses Jahr jeweils ein Pokémon anvertraut hatte, waren sie nach den Abschiedsworten von Flordelis in die Geheimbasis gestürmt, weil sie seinen Freund aufhalten wollten. Die darauf folgenden Kämpfe waren unerbittlich sowie chaotisch, schon als Zuschauer war es kaum zu ertragen gewesen. In diesem Durcheinander hätte ein Angriff fast Flordelis getroffen … und deshalb war Platan instinktiv dazwischen gegangen, wodurch es stattdessen ihn erwischt hatte. Ich … wollte doch nur … Sofort kniff Platan die Augen zusammen, als sie einen Raum betraten, in dem die Lichter ihm besonders hell und grell vorkamen. Vorsichtig legte Flordelis ihn kurz darauf auf einer Art Untersuchungsliege ab und unterhielt sich angespannt mit einigen Leuten in der Nähe. Wie viele waren hier? Zwar konnte er mehrere Schritte wahrnehmen, doch ihm fehlte die Kraft nachzusehen oder sich darauf zu konzentrieren, was genau Flordelis mit ihnen besprach. Schließlich wandte dieser sich Platan zu und legte beruhigend eine Hand auf seine Stirn. „Sie kümmern sich jetzt um dich. Alles wird gut. Ich muss noch zu Ende bringen, was wir angefangen haben, aber danach komme ich sofort zu dir zurück, in Ordnung?“ Obwohl Flordelis versuchte ruhig zu klingen, konnte man deutlich den Hass aus seiner Stimme heraushören, den er den Eindringlingen gegenüber empfand. Das … war nicht gut. „W-warte ...“, keuchte Platan erschöpft und hob zitternd eine Hand. „Bitte … tu das nicht ...“ „Ich muss“, betonte Flordelis ernst und lenkte den Blick zu der schweren Verletzung an seiner rechten Schulter. „In unserer neuen Welt der Schönheit wird so etwas nicht noch einmal passieren.“ Mühevoll schüttelte Platan den Kopf, doch statt noch etwas zu sagen wandte Flordelis sich von ihm ab und schritt davon. … Nein. Tu das nicht! Tatsächlich gelang es Platan jeden letzten Funken Energie in seinem Körper zu sammeln und sich ruckartig aufzurichten, was dazu führte, dass noch mehr Blut aus der Wunde floss. Auch die Schmerzen erreichten ein noch höheres Level, ihm wurde kurz schwarz vor Augen. Um seine Liege herum standen einige Mitglieder der Forschungsabteilung. Erschrocken baten sie ihn darum sich wieder hinzulegen und sich nicht zu bewegen, sein Blick war jedoch einzig auf Flordelis fixiert, der fast schon bei der Tür angekommen war. „Flordelis!“, stieß Platan heiser hervor, seine Stimme war brüchig. „Bitte, geh nicht!“ Zu seiner Erleichterung hielt sein Freund tatsächlich inne und warf einen nachdenklichen Blick über die Schulter. Als er sich anschließend sogar umdrehte und zu ihm zurückkam, hoffte Platan fast, etwas erreicht zu haben. Deshalb sah er Flordelis sehr erwartungsvoll mit glasigen Augen an. Neben der Liege blieb er stehen und legte tröstend eine Hand auf seine Wange, bevor er sich zu ihm hinunter beugte … und ihn küsste. Damit … hatte er nicht gerechnet. Auch die Team Flare Mitglieder hielten allesamt überrascht den Atem an. Überfordert erwiderte er Flordelis' sanften Blick – in dem so viel Entschlossenheit brannte wie noch nie zuvor – mit Verwirrung und schloss kurz darauf die Augen. Eine angenehme Wärme durchflutete ihn und doch fühlte Platan sich schlecht. Etwas an diesem Kuss war süß und bitter zugleich. Deswegen konnte er ihn nicht richtig genießen, erwiderte ihn dennoch sehnsüchtig. Leider wich Sekunden später sämtliche Kraft aus seinem Körper und Flordelis musste ihn festhalten. Kaum lösten sich ihre Lippen voneinander, half er ihm dabei sich wieder richtig hinzulegen. „Lass dich behandeln“, bat Flordelis eindringlich, „und warte auf mich, Platan.“ Behutsam fuhr er ihm mit der Hand durch die Haare. Zu gerne hätte Platan noch etwas gesagt, allerdings war er nicht mehr dazu fähig. Er konnte nicht mal das Gesicht von Flordelis erkennen, so stark war sein Sichtfeld inzwischen verschwommen. Erneut besprach sein Freund etwas mit den anderen. Danach waren schwere Schritte zu hören und da Platan von einer Sekunde zur nächsten anfing zu frieren, wusste er, dass Flordelis fort war. Mit ihm war auch die Wärme verschwunden. Konzentriert, aber zügig, fingen die Mitglieder der Forschungsabteilung von Team Flare mit der Behandlung an. Davon bekam Platan aber nicht mehr viel mit. Ihm ging nur noch durch den Kopf, wie sehr er versagt hatte. Bei der Entschlossenheit, die Flordelis nun in sich trug, dürfte es ihm auf jeden Fall gelingen seinen Plan in die Tat umzusetzen. Egal, wie viele Eindringlinge er dafür vorher zurückdrängen oder gar ausschalten müsste. Niemand könnte ihn aufhalten. Es tut mir leid. Ihr alle … es tut mir so leid. Allmählich versank er in Dunkelheit, wahrscheinlich weil der Blutverlust zu hoch war. Sobald – oder wohl eher falls – er wieder aufwachte, hatte Flordelis es vermutlich schon geschafft und die ultimative Waffe abgefeuert. Die Welt wäre nicht mehr so, wie sie jetzt war. Alles … wäre anders. Warum war Platan trotzdem so unheimlich ruhig? So sollte er sich nicht fühlen. Aber er konnte nicht anders. Trotz des Wissens, dass Plan Y erfolgreich sein und viele unschuldige Menschen sowie Pokémon in den Tod reißen würde, war er froh darüber, wenigstens bei Flordelis bleiben zu dürfen. Zumindest jetzt noch, in diesem Moment. Ein letztes Mal murmelte er müde den Namen seines Freundes und gab sich schließlich der Dunkelheit hin, die ihn direkt gnadenlos mit sich riss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)