Love Letter - still you von Tasha88 ================================================================================ Kapitel 7: 7 ------------ “Danke dir, Elsa.” “Gerne doch, Brüderchen. Aber das nächste Mal denkst du einfach daran, ja?” “Immer doch, Schwesterherz.” Kaum dass sich Elsa von Gregor verabschiedet hat, macht sie sich mit einem Schmunzeln auf den Lippen auf den Weg aus dessen Wohnheim. Wie als ob er das nächste Mal an die Dinge denken würde, die er eigentlich bei ihren Eltern mitnehmen will. Diese wurden nun ihr in die Hände gedrückt, mit der Bitte, dass sie diese ihrem Bruder doch bitte bringen sollte, immerhin wohnen sie inzwischen wieder nahe beieinander. Aber was würde sie nicht alles für ihre Familie machen? Und das war nun wirklich eine Kleinigkeit. Sie öffnet die große Eingangstüre des Wohnheimes und tritt hinaus. Sie befindet sich in dem noch überdachten Teil des Gebäudes, in dem sich auch die ganzen Briefkästen befinden. Ein paar Meter vor sich, bereits im Freien, kann sie Mario erkennen. Und er ist nicht allein. Wie angewachsen, bleibt Elsa stehen. Das ist also seine Freundin. Wie hieß diese noch gleich? Doch Mario beantwortet ihr die Frage unbewusst sogleich. Das Paar ist nah genug, dass sie die Stimmen gut vernehmen kann. Noch haben die beiden sie nicht wahrgenommen. “Namiko, bitte.” “Was heißt hier bitte? Was soll das?” “Es ist doch nur ein alter Brief.” “Wenn es nur ein alter Brief ist, warum hast du ihn nicht weggeworfen?” “Weil …” Mario stockt, das kann Elsa von ihrem Platz aus erkennen. Ein Brief? Meint seine Freundin etwa … “Es ist ein Brief, Namiko. Es sind ein paar Worte auf einem Zettel.” “Es ist nicht nur ein Brief! Verdammt noch mal, es ist ein Liebesbrief! Ein Liebesbrief! Jemand hat dir damals ihre Gefühle gestanden! Und du bist mit mir zusammen! Es kann wirklich nicht zu viel verlangt sein, dass du die Liebesbriefe von Ex-Freundinnen wegwirfst!” “Sie war nie meine Freundin. Wir waren nicht zusammen.” “Dann kannst du ihn ja erst recht wegwerfen!” Namiko wirft beleidigt die Hände in die Luft, während sich Mario unwohl über den Hinterkopf streicht. Da er nicht reagiert, stemmt seine Gegenüber ihre Hände in die Hüften. “Oder empfindest du etwa doch etwas für diese Elsa?” Die gerade Genannte ist wie erstarrt. Die beiden reden wirklich über ihren Liebesbrief an Mario? Den, den er immer noch besitzt? Den er nicht weggeworfen hat? Aber … warum hat er das nicht? “Namiko. Der Brief ist schon über zweieinhalb Jahre alt. Wir sind bereits seit einem Jahr zusammen. Sollte das nicht mehr bedeuten?” “Dann wirf das Teil weg! Dann können wir uns gerne noch einmal darüber unterhalten.” “Namiko, ich bitte dich. Es ist eine Erinnerung für mich.” “Gut.” Die blonde junge Frau macht einen Schritt nach hinten und verschränkt die Arme vor dem Oberkörper. “Dann haben wir alles besprochen. Melde dich bei mir, wenn du wieder bei klarem Verstand bist!” Und damit dreht sie sich herum und marschiert davon. Mario wirkt ungläubig, während er ihr hinterhersieht. Schließlich lässt er seinen Kopf mit einem lauten Aufstöhnen in den Nacken sinken. Als er ihn wieder aufrichtet, entkommt ihm ein Seufzen. Kurz scheint er unschlüssig zu sein, ob er seiner Freundin folgen soll oder nicht. Er blickt ihr noch hinterher, ehe er in Richtung der Eingangstüre des Wohnheimes sieht – und erstarrt. Sein Blick ist fassungslos auf Elsa gerichtet, die immer noch dort steht. Mit einer Hand hat sie den Oberarm der anderen umfasst und erwidert seinen Blick unsicher. “Elsa”, entkommt ihm. “Mario.” Sie sehen einen Moment nur an, ehe Mario erneut eine Hand an den Hinterkopf führt. “Hast du gehört, was wir … was Namiko und ich …” Noch ehe er aussprechen kann, nickt Elsa. Schon laufen seine Wangen rot an. “Dann … dann hast du vermutlich mitbekommen, dass ich … deinen Brief damals … dass ich diesen immer noch habe und …” “Ich weiß.” “Was meinst du damit, dass du weißt?” Nun sind es auch Elsas Wangen, die Farbe bekommen. Schüchtern schiebt sie eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. “Ich wusste, dass du den Brief noch hast.” “Was? Wie das? Woher weißt du …?” “Als Gregor umgezogen ist, da habe ich doch aus Versehen den Stapel mit Büchern auf deinem Schreibtisch umgeworfen. Und da ist er aus einem der Bücher gefallen.” Sie hebt ihre Hände erschrocken vor sich, als ihr klar wird, wie sich das anhört. “Ich wollte nicht herumschnüffeln, wirklich nicht! Es war unbeabsichtigt.” Ein kurzes Schmunzeln huscht über Marios Züge, ist sogleich aber wieder verschwunden. “Alles gut, Elsa. Das habe ich auch nicht angenommen.” “Ich verstehe nur eines nicht …” “Was meinst du?” Elsa hebt ihren Kopf wieder, sieht ihm direkt in die Augen. “Warum hast du den Brief noch? Immerhin bist du es, der mir damals einen Korb gegeben hat. Warum also bewahrst du ihn immer noch auf?” Mario blinzelt überrascht, ehe er einen Schritt auf sie zu macht und seine Hände abwehrend vor sich hält. “Das ist ein absolutes Missverständnis, Elsa!” “Was meinst du damit? Was für ein Missverständnis?” Sie runzelt ihre Stirn verwirrt und legt dabei den Kopf etwas schräg. Mario scheint wieder unsicher zu werden. “Nun ja, dein Brief … der kam nicht bei mir an.” Der Brief kam nicht bei ihm an? Elsas Verwirrung steigt sekündlich. “Also doch, er kam schon noch bei mir an, aber erst fast neun Monate später.” “Wie? Das … kann doch nicht … Wie soll …?” Elsa schüttelt ihren Kopf, als sie die Gedanken sich in ihrem Kopf drehen. “Ich habe Gregor den Brief mitgegeben. Er sollte ihn dir doch einfach nur geben. Und auf meine Frage bezüglich des Dates hast du dich doch entschuldigt und bist verschwunden.” Sie schüttelt ihren Kopf stärker als zuvor. Es wird ihr einfach nicht klar, was er damit sagen will. “Elsa, ich hätte dir keinen Korb gegeben. Als ich den Brief bekommen habe, da bin ich gleich zu dir gerannt und …” Mario stockt, bricht seinen Satz ab. Er spürt das gleiche Gefühl wieder in sich, das damals über ihn gekommen ist, als Elsa ihm ihren Freund vorgestellt hat. “Ich war zu spät”, flüstert er leise. “Mario …” Elsa ist immer noch fassungslos, weiß nicht, was sie sagen soll. Der Mann, der vor ihr steht, derjenige, in den sie so lange verliebt war, der wollte ihr nie einen Korb geben? Das alles war ein Missverständnis? Ihr Herz schlägt unglaublich schnell und aufgeregt in ihrer Brust. Aber … Ihr Gesicht verschließt sich und sie presst ihre Lippen aufeinander. Der Herzschlag verlangsamt sich wieder. Mario hat mit seiner Aussage recht. Es ist zu spät. Sie hat Mamoru, er Namiko. Es hat eben nicht sein sollen. Ihr Gegenüber scheint ihre Gedanken erkennen zu können. Auch sein Gesichtsausdruck verändert sich. Er schiebt erneut beide Hände tief in die Hosentaschen. “Wenn es dir lieber ist, dann vernichte ich den Brief. Vielleicht wäre es angebracht.” Nicht nur bezüglich Elsa, die immerhin einen Freund hat und der er tief in seinem Inneren unangebrachte Gefühle entgegenbringt – nach all der Zeit noch. Es wäre auch Namiko gegenüber fair, oder? Den Brief vernichten? Elsa beißt auf ihre Unterlippe, ehe sie ihren Kopf schüttelt. “Mario, es ist allein deine Entscheidung, was du tun willst. Wenn du den Brief vernichten willst, dann ist es in Ordnung. Falls du ihn behalten möchtest, dann tue das. Wenn du sagst, er kann weg, dann vernichte ihn. Du entscheidest das. Nicht ich, nicht deine Freundin. Allein du.” Er sieht sie mit einem Ausdruck an, den sie nicht deuten kann. Sie macht einen Schritt nach hinten. “Nun gut, ich muss gehen. Wir sehen uns sicher wieder. Auf Wiedersehen, Mario.” Schon dreht sie sich herum und geht schnell los. Doch dann ertönt ein Satz, der sie innehalten lässt. “Es tut mir leid, Elsa. Ich wünschte mir, ich hätte damals anders reagiert, als ich einfach weggelaufen bin und dir dadurch vermittelt habe, dir einen Korb gegeben zu haben. Das habe ich nicht gewollt. Ich würde mir wirklich wünschen, es wäre anders verlaufen.” Elsas Herz schlägt unglaublich schnell. Sie steht immer noch mit dem Rücken zu ihm. Langsam dreht sie ihren Kopf zur Seite, blickt jedoch nicht über ihre Schulter nach hinten. Sie hat das Bedürfnis, ihm zu antworten. “Ich wünschte mir auch, dass es anders gelaufen wäre … denn ich habe jedes Wort ernst gemeint.” Sie bleibt noch einen Moment stillstehen, wartet, ob von ihm etwas kommt – und tatsächlich: “Und heute? Bedeuten dir deine Worte von damals heute noch etwas? Denn wenn nicht, dann bedeutet auch der Brief nichts mehr. Dann habe ich keinen Grund dafür, weiter an ihm festzuhalten.” Es herrscht Stille zwischen ihnen. Was soll sie auch sagen? “Es bist du, der den Brief festhält. Die Frage ist doch viel mehr, hältst du ihn fest, weil er nur eine Erinnerung ist? Oder … hast du einen anderen Grund dafür? Nur du kennst deine Gefühle. Die damals, die heute. Und ich … der Brief …” Elsa zieht ihre Schultern hoch. “Jedes dieser Worte war ernst gemeint. Ich kann dir nicht sagen, dass er nichts mehr zu bedeuten hat, denn das wäre gelogen.” Die letzten Worte sind geflüstert. Und dann nimmt sie ihre Schritte wieder auf und macht, dass sie wegkommt. Weg von ihm und diesen Gefühlen, die sie überkommen und die nicht gut sein können. Nicht, solange sie beide in Beziehungen sind. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)