Rosarote Gewitterwolken von Skadii ================================================================================ Kapitel 5: Der Mörder --------------------- Es ist Sonntag der fünfzehnte August mitten in der Nacht. Obwohl es Sommer ist, bläst ein frischer Wind durch die Öffnungen meines Haoris. Die Grillen singen, während eine Schiebetüre zur Seite geschoben wird. Kakashi sieht müde aus, so wie ich ihn aus einem versteckten Winkel im Anwesen beobachte. Normalerweise bekommen ihn zu dieser Stunde keine zehn Pferde aus seinem Bett, aber heute war kein normaler Tag. Es war der einzige Tag im Jahr, an dem er sich auf den Weg zu einer Grabstätte machte.   Ich fand es vor etwa fünf Jahren heraus. Im Sommer hatte ich manchmal die Gewohnheit im freien zu Schlafen, wenn die Nächte mal wieder nicht abkühlten. Er schlich wie ein Schatten durch die Dunkelheit. Als er mich auf den Engawa entdeckte, wie ich mich schlafend stellte, da nahm er sich einen Moment, um mich zurück auf mein Zimmer zu tragen. Seine Berührungen waren sanft und er setzte mich wie eine Feder zurück in mein Bett. Ich wartete einen Moment ab, dann folgte ich ihm unauffällig.   Zurück im jetzt, war sein Ritual auch zu meinem geworden. Mit Abstand folge ich ihm abseits der Wege an den Rand des Dorfes, wo sich die Grabstätte befindet. Auf dem Weg dorthin hält er wie immer nahe des Flusses um dort im Mondschein ein paar weiße und lilafarbene Cosmeen zu pflücken. Er beugt sich über das Blumenfeld und wählt präzise die Farbsattesten und größten Blüten aus. Sobald er einen vollen Blumenstrauß hat, macht er sich weiter auf den Weg zum Grab.   Am Anfang war es die reinste Neugier. Ich fragte mich, wohin sich dieser große Geheimnisvolle Mann wohl hinbegeben würde. Vielleicht ja in das Schlafzimmer einer unbekannten Schönheit? Ich erhoffte etwas aufzudecken, dass ich gegen ihn verwenden konnte, wenn wir uns gegenseitig mal wieder an die Gurgel gingen. Warum sonst sollte man mitten in der Nacht einen Strauß Blumen pflücken? Ich konnte ja nicht wissen, dass es sich hierbei um eine längst vergangene Schönheit handelte, deren Schlaf nun auf ewig andauerte. Als ich ihn während meiner Nächtlichen Verfolgung zum ersten mal in Konohas Ruhestätte einbiegen sah, da verflogen all meine lächerlichen Unterstellungen mit dem Wind. Übrig blieb nur der Anblick auf einen gebrochenen Mann, dessen Hände zu einem Gebet aufeinanderlagen. Obwohl es so ruhig war, dass man hätte eine Nadel fallen hören, war es sein Herz, dass nach einer längst vergangenen Seele schrie, die nicht mehr unter uns verweilte. Bis heute Frage ich mich wieso er sie betrauerte, wo er sie doch selbst umgebracht haben soll.   Ich habe ein wenig Abstand zwischen uns gebracht sodass ich Zeitversetzt ankomme. Mit Schwung klettere über die Mauern und suche mir einen Platz um ihn im Auge zu behalten, doch als ich hinüber zum Grab blicke ist er nicht da. Die Blumen liegen bereits dort, so als habe ich ihn verpasst. Den Kopf gestreckt suche ich die Gegend ab, doch es ist zu dunkel um wirklich in die Weite sehen zu können. Wo zur Hölle ist er hin? In dem Augenblick, als ich aus meiner Deckung trete zieht mir jemand die Kopfbedeckung herunter und schlingt seinen Arm um meinen Hals. Er drückt fest zu, während ich nach Luft ringe. Sofort kann ich den Duft der Person zuordnen. Ich klopfe gegen seinen Unterarm und krächze, „K...kakashi ich bin es!“. Er lässt augenblicklich locker, „Haruno?“. Ich huste, während ich mich an seinem Saum festkralle, „Wolltest du mich etwa umbringen?“. Seine Hände ziehen mich hoch, erst als er mir in die Augen sieht glaubt er meinen Worten. „Was in Kuramas Namen tust du hier?“, zischt er verärgert. Ich schubse ihn, „Na was wohl!“, brülle ich, jetzt wo ich meine Stimme wieder zurück habe. Er verzieht das Gesicht, „Erklärs mir!“ „Jetzt tu doch nicht so überrascht!“, „...ich folge dir seit Jahren hierher...“. Unsere Blicke treffen sich, „Das weißt du doch oder?“. Hatake fährt sich seufzend durch sein Haar, „Nein...“, er räuspert sich, „Ich meine ja, ich habe es vermutet …“. Es wird still um uns beide. Ich spüre deutlich wie unangenehm ihm diese Situation ist, die Tatsache das ich ihm seit Jahren nachlauere, während seiner ganz persönlichen Zeit, die er hier verbrachte. Ich fühle mich schlecht seine Privatsphäre missachtet zu haben, auch wenn ich keine schlechten Absichten habe.   „Ist sie es?“, flüstere ich und werfe einen Blick auf das Grab, „Deine Verlobte?“ „Sie war es...“, prescht er hervor und unterdrückt ein schmerzliches Gesicht. „Ihr Name war Rin Nohara, aber das weißt du sicher bereits...“, „Ganz Konoha weiß es...“ Ich berühre seinen kleinen Finger, „Aber ich wollte es von dir hören“, flüstere ich, „ Hast du sie...?“ Sein Blick durchbohrt mich wie ein Nagel, „Geliebt? Natürlich!“, Umgebracht?“, er zieht seine Hand zurück und lacht, „Was denkst du denn?“. Eine Eiseskälte durchfährt mich und Gänsehaut breitet sich auf mir aus. So kannte ich Hatake nicht, „...ich glaube nicht das du dazu in der Lage wärst.“   „Aber das bin ich!“, seine Augen sind Pechschwarz geworden, sodass ich nicht einmal die Pupille darin erkennen kann, „Ich habe sie umgebracht“. „Wieso?“, frage ich ihn und weiche unbewusst einen Schritt zurück. „Sie wurde schwer krank...“, flüstert er, „...am Anfang bekam sie nur schlecht Luft“, „Ihr Vater sagte der Grund dafür, dass sie überhaupt krank wurde war ich. Wir widersetzten uns der Tatsache, dass sie einem anderen versprochen war und verlobten uns heimlich“.   „Ich nahm sie zu mir, obwohl ihr Vater strikt dagegen war. Außerdem war die Ehe noch nicht vollzogen und die Leute redeten...“, „Während unserer gemeinsamen Zeit verschlechterte sich ihr Zustand. Sie bekam zunehmend keine Luft mehr und spuckte Blut. Sie wirkte Kraftlos und die meisten Zeit über kam sie nicht mehr aus dem Bett.“ „Sie so zu sehen... ich brachte es nicht übers Herz, außerdem wollte ich einem Vater den Kontakt zu seiner Tochter nicht verweigern und so ließ ich zu das er sie noch einmal sehen durfte.“ Kakashi legt den Kopf in den Nacken und wirft einen abwesenden Blick hinauf in den Nachthimmel, er atmet tief ein, so als koste ihn diese Geschichte eine Menge Kraft, dann erzählt er weiter.   „Irgendetwas muss er ihr an diesem Tag gesagt haben, denn Rin war völlig ausser sich. Sie erzählte mir, dass er plante sie von mir fort zu bringen um sie behandeln zu lassen, außerdem würde er nicht zulassen das sie jemanden wie mich Ehelichte. Der Familienname Hatake war bereits durch meinen Vater in Schande getränkt...“, „Sie sagte mir sie habe ohnehin nicht mehr viel Zeit und sie würde lieber mit mir an ihrer Seite sterben, als das man sie von mir fort brachte.“   Kakashi schließt die Augen, „Wir stritten deswegen...“, „Es kostete sie so viel Kraft und das obwohl sie ohnehin nicht mehr in der Lage war aufzustehen“, „Ich hätte von Anfang an kein Feigling sein dürfen und sie zur Frau nehmen müssen, als sie noch gesund war. All das wäre nicht passiert. Wir hätten in Frieden miteinander Leben können und sie hätte in Frieden von uns gehen können...“. „...Aber so war es nicht. Ich erkannte es zu spät. Insgeheim erhoffte ich mir Anerkennung von ihrem Vater, anstelle seiner Ablehnung, und das alles auf kosten ihres zunehmenden schlechter werdenden Zustands“.   Ich wage einen Schritt auf ihn zu und greife erneut nach seinem Saum, als ich spüre das er mich nicht ablehnt nehme ich seine Hand in meine und halte sie. Er lächelt flüchtig, obwohl etwas in ihm in diesem Augenblick stirbt, „Mein Vater war ein Feigling, als er sich seinen Problemen nicht stellte und sich selbst umbrachte. Das selbe gilt für mich...“, „Als Rin eines Nachts dem Tod ins Auge blickte, bat sie mich darum ihr ein letztes mal nahe zu sein“.   „Ich hielt ihre Hand, die nun kaum mehr als Haut und Knochen war. Ihre Lippen waren blau unterlaufen und ihre Augen so leer wie ein schwarzes Loch in das mal hinein blickte“. Kakashis Hand ballt sich in meiner zu einer Faust, „Sie flehte mich an sie zu erlösen. Immer und immer wieder“, „Ich wollte es nicht!“, brüllt er, „...aber alles war besser als sie so zu sehen.“ „Ich tat etwas unverzeihliches und schlug sie direkt an einen Punkt zwischen Brust und Bauch. Sie war sofort Tod!“, „Eine Weile hielt ich sie in meinen Armen, konnte selbst kaum fassen wozu ich fähig gewesen war, da stürmten sie mein Anwesen und entdeckten uns...“, „Sie, wie sie Tod in meinen Armen lag und mich der keine einzige Träne rührte, so als war auch etwas in mir in diesem Moment gestorben und zu Stein geworden.“   Ich berühre seine Wange, sie ist eiskalt. „Danach ging alles ganz schnell, sie nahmen mir die Sehkraft auf einem Auge, mit der Intension, ich würde nie wieder ein falsches Auge auf eine andere Frau werfen. Außerdem entliessen sie mich aus meinem Dienst bei den Anbu's und nahmen mir meine Besitztümer. Auf ein ewiges Leben in Reue und Schande...“   Anstelle ihm, fließen nun mir die Tränen über meine Wangen. Sie fühlen sich heiß und kalt zugleich an. Erst als er mir die Wangen trocken streift wird mir es mir richtig klar. „Wieso weinst du?“, haucht er, „...ist das nicht eigentlich meine Geschichte du Dussel?“ Ich nicke, „Doch, aber...“, ich schluchze flüchtig, „...ich weine weil du es nicht kannst...“ Er lächelt, „Das kannst du nicht wissen...“, „Ohdoch!“, bestreite ich, „Ich kenne dich!“, „Du bist kein kaltblütiger Mörder!“ „Aber ich habe sie umgebracht Haruno.“ Ich nicke, „Du hast dich dafür entschieden sie zu erlösen. Es war kein Racheakt, sondern weil du sie geliebt hast.“ „Ich wünschte ich könnte das genauso sehen...“, haucht er.   „Ich kann nicht fassen was sie dir angetan haben...“ Mein Zeigefinger berührt die Narbe an seinem linken Auge, zuerst zuckt er flüchtig. Erst als ich mir sicher bin, dass er meine Hand nicht wegschlägt fahre ich behutsam darüber. Er schließt die Augen und seufzt tief, „Hast du Angst vor mir, jetzt da du die Wahrheit kennst?“ „Wie könnte ich?“, „Hast du meinem Vater nicht versprochen auf mich aufzupassen?“ Ich lasse mich in seine Brust fallen und vergrabe mein Gesicht in seinem Gewand. Er spielt an einzelnen Haarsträhnen und lässt sie durch seine Finger gleiten, „Du weißt das werde ich nicht immer...“, „Solltest du verlieren werde ich dich verlassen müssen“. „Ich werde nicht verlieren!“, presche ich hervor und sehe zu ihm hinauf. „Ist dir nicht klar, dass es Konohas stärkste Familienclane sind? Sie alle sind ausgebildet wie keine anderen...“ „Aber ich habe dich!“, rufe ich, „Du wirst mich trainieren wie du es früher getan hast, als Papa noch am Leben war.“ „Und wenn ich sie alle geschlagen habe, werden wir genug Geld haben um das Anwesen frei zu kaufen“, „Und du...“, flüstere ich, „Du wist bei mir bleiben dürfen!“ Kakashi stupst mir in die Nase, „In einem Moment eine erwachsene Frau und im nächsten das kleine Mädchen...“, „Wie könnte ich dich nicht lieben“, haucht er.   Das Wort Liebe explodiert in mir wie ein Feuerwerk. Ich reisse mich von ihm los und sehe ihn mit großen Augen an. Etwas in mir möchte tanzen und ihn dazu auffordern es noch einmal zu wiederholen, doch dann schiebt er mich zur Seite und wirft seine Tasche mit der er gekommen war lässig über seine Schulter.   „Bilde dir bloß nichts darauf ein Pinkie... ich bin viel zu alt für dich und außerdem dazu verdammt des Rest meines Lebens allein zu verbringen.“ Er wirft den Kopf über die Schulter und zwinkert mir zu, „Ich hab keine Lust noch ein zweites Auge zu verlieren!“ Angekratzt stampfe ich an ihm vorbei um ihn aufzuholen, „Das zweite Auge werde ich dir wenn dann ganz persönlich auskratzen!“, „...und ich hatte eben noch Mitleid mit dir!“, bäffe ich und strecke ihm die Zunge aus. Er lacht. Sein lachen ist dabei so schwerelos wie es schon lange nicht mehr war, und ich schwöre mir in diesem Augenblick das ich dafür sorgen werde, dass es das für immer sein konnte.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)