Weihnachten unter einem Dach von Suga-chan (Ein Haikyuu-Adventskalender) ================================================================================ Kapitel 18: Verzweiflung ------------------------ Verzweiflung Kenjirou fragte sich, wie tief man in seinem Leben fallen konnte. Er wusste, dass er aktuell an einem Tiefpunkt in seinem Leben angekommen war. Er hatte doch tatsächlich mit Semi geschlafen. Mit Semi fucking Eita. So sehr Kenjirou die ganze Situation auch auf den Alkohol schieben wollte, so wusste er, dass er lediglich seine Zunge gelockert hatte. Und so einiges anderes. Er wollte Semi und das schon eine ganze Weile. Vielleicht sogar schon, seitdem er in das Haus eingezogen war und er ihn das erste Mal gesehen hatte. Dabei fand er, dass es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick nicht gab. Das war etwas, was in Märchen und Filmen vorkam, aber doch nicht im echten Leben. Dennoch hatte Semi seit ihrem ersten Aufeinandertreffen eine Wirkung, die sich der Medizinstudent einfach nicht erklären konnte. Sie passte nicht in seine Logik. Deshalb hatte er auch alles Erdenkliche getan, um ihn auf Abstand zu halten. Dabei hatte es ihm Semi auch ziemlich leicht gemacht, da er immer wieder auf seine Spitzen eingegangen war. Kenjirou war sich sicher gewesen, dass der sehr attraktive Musiker ihn nicht ausstehen konnte. Denn, wenn es eine Sache gab, mit der er überhaupt nicht umgehen konnte, dann waren das Gefühle, vor allem seine eigenen. Und jetzt das. Kenjirou hatte überhaupt keine Ahnung, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Er war sich sicher, dass er damit alles ruiniert hatte, was jemals zwischen ihnen zustande hätte kommen können. Und das war in Ordnung für ihn, redete er sich selbst ein, immerhin wollte er seinen Gefühle für Semi nicht nachgeben. Aber Semi, dieser Vollidiot, hatte beschlossen, dass er es Kenjirou nicht so leicht machen würde, wie der es gerne hätte. Neuerdings lauerte er ihm immer wieder auf und provozierte Aufeinandertreffen zwischen ihnen. Er sprach davon, dass er ja nur mit ihm reden wolle. Aber darauf fiel Kenjirou nicht herein. Er wollte sich nicht anhören, wie falsch diese Nacht zwischen ihnen gewesen war; das wusste er selbst zu gut. So ergriff er jedes Mal die Flucht, wenn er Semi schon vom Weiten sah. Dennoch trieb ihn die gesamte Situation der Verzweiflung nahe und er brauchte unbedingt jemanden, mit dem er darüber sprechen konnte. Und dafür gab es nur eine Person. „Und ich soll dir jetzt wobei genau helfen?“ Mit unschlüssigen Blick betrachtete Taichi Kenjirou. Natürlich hatte der Medizinstudent seinen besten Freund um Hilfe gebeten bei seinem ganzem Semi-Dilemma. „Wie ich am besten mit Semi umgehen sollte! Ich habe dir doch schon gesagt, dass er mir in letzter Zeit immer wieder auflauert und es für mich immer schwerer wird, ihm aus dem Weg zu gehen“, wiederholte Kenjirou das, womit er ihn bei ihrem Treffen begrüßt hatte. Taichi kratzte sich am Nacken und der Unschlüssigkeit wollte nicht aus seinem Blick weichen. „Ich weiß ehrlich nicht genau, was ich da groß zu dir sagen soll, Kenjirou. Vielleicht solltest du einfach mit ihm reden, das ist meinen Augen die beste Lösung“, schlug er schließlich vor und wurde mit einem vehementen Kopfschütteln belohnt. „Ausgeschlossen. Das würde nichts bringen. Sollte er jemals so etwas wie Respekt für mich besessen haben, wird es den jetzt nicht mehr geben. Er wird mir lediglich sagen, wie falsch das alles war und das weiß ich selbst zu gut“, behauptete er lautstark und verschränkte die Arme vor der Brust. Taichi seufzte tief. Wären sie nicht so lange miteinander befreundet, wäre er längst aufgestanden und gegangen. „Du tust wieder so, als würdest du sowieso den Ausgang von allem kennen, Kenjirou. Aber da ich weiß, dass du ihn magst, ja sogar in ihn verliebt bist, denke ich, dass du lediglich Angst vor eine Zurückweisung hast.“ Ein sanfter Zug umspielte Taichis Lippen. Kenjirou biss sich auf die Unterlippe. Er hasste es, dass sein bester Freund ihn so gut kannte. „Ich bin überhaupt nicht in ihn verliebt. Ich kann ihn nicht ausstehen.“ „Das habe ich sonst immer erst von dir gehört, nachdem du mit einem Typen geschlafen hast, aber das meintest du schon zu mir, als du Semi kennengelernt hast. Ich glaube, dass du dich gerade wieder einmal selbst verrätst.“ Belustigt sah sein Gegenüber ihn an. Kenjirous Augen verengten sich zu Schlitzen. Gott, wie gerne hätte er Taichi in diesem Augenblick verflucht. Aber dafür mochte er ihn zu gerne und er musste ihm hochanrechnen, dass er immer für ihn da war, egal, in welche Situation er sich wieder einmal gebracht hatte. „Und wenn es so wäre! Was sollte ich dann deiner Meinung nach tun?“, fragte er pampig, auch wenn er neugierig auf die Antwort war. Taichi unterdrückte einen Lachen und nahm erst einmal einen Schluck von seinem Kaffee, bevor er ihm antwortete. „Wie gesagt, reden wäre wohl am angebrachtesten. Und dann könntest du ihn nach einem Date fragen. Ich denke auch, dass das dir mal guttun würde, anstatt gleich mit dem Typen, von dem du etwas willst, ins Bett zu springen.“ Okay, damit hatte Taichi einen ganz tiefen Treffer gelandet. Kenjirou wusste selbst zu gut, dass er nicht der Beste war, wenn es darum ging, ein vernünftiges Liebesleben zu führen. „…Wie hast du das eigentlich mit Yachi hinbekommen? Ich meine, das zwischen euch läuft echt gut und alles“, fragte er nicht ohne Neid in der Stimme. Er wollte auch so etwas Unkompliziertes. Das amüsierte Ausdruck in Taichis Gesicht wich einem aufrichtigen Lächeln, wie jedes Mal, wenn sie über seine Freundin sprachen. „Na ja, wir haben uns zunächst ein wenig angefreundet und dann habe ich irgendwann all meinen Mut zusammengenommen, um sie nach einem Date zu fragen. Ich war überglücklich, als sie damals ja gesagt hat. Und seitdem läuft es echt gut. Wir überlegen sogar, im neuen Jahr zusammenzuziehen.“ Kenjirou merkte wieder einmal, wie verliebt sein bester Freund war. So sehr er sich auf für ihn freute, musste er automatisch an Semi denken. Und wieder einmal breitete sich dieses ekelhafte Kribbeln in seinem Bauch aus. Er wollte nicht verliebt sein. „…So toll das auch alles klingt und so sehr ich mich auch für dich freue, weiß ich nicht, ob das etwas für mich ist. Dates und dieses ganze Zeug.“ Er zuckte ratlos mit den Schultern. „Wer nichts wagt, der nichts gewinnt, Kenjirou. Das weißt du nur, wenn du ausprobiert.“ Taichis Worte hallten noch in dem Kopf des Medizinstudenten herum, als er ein paar Stunden später nach Hause kam. Im Prinzip wusste er, dass sein bester Freund recht hatte, aber sein Sturkopf wollte das nicht akzeptieren. Er war längst zu dem Schluss gekommen, dass das mit Semi und ihm sowieso keine Zukunft hatte. Warum sollte er sich also weiter den Kopf darüber zerbrechen? „Shirabu“, wurde er da aus seinen Gedanken gerissen und diese allzu vertraute Stimme versetze sofort seinen gesamten Körper in Alarmbereitschaft. Kenjirou hatte gerade die Treppe hinaufgehen wollen und hatte aufgrund seines Gedankenkarussells nicht mitbekommen, dass die Haustür hinter ihm noch einmal geöffnet worden war. „Semi-san…“ Er hasste sich selbst dafür, dass seine Stimme nur ein Hauchen war. Er wollte nicht verletzlich vor ihm wirken. „Bitte lauf dieses Mal nicht weg. Ich will wirklich nur mit dir reden“, sprach Semi sanft auf ihn ein, während er sich der Treppe und damit Kenjirou näherte. Der rationale Teil seines Kopfes sagte ihm, dass alles in Ordnung war, wenn sie nur miteinandersprachen. Der panische Teil sagte ihm, dass er flüchten sollte. Und diesem Impuls gab Kenjirou schließlich nach. Er nahm zwei Treppenstufen auf einmal und hatte seinen Wohnungsschlüssel schnell in der Hand, als er überhaupt realisierte. Die Wohnungstür fiel krachend ins Schloss und er ließ sich auf dem Boden dahinter sinken. Er gab einen Laut von sich, der einem verwundeten Tier ähnelte. Kenjirou fühlte sich in diesem Augenblick mehr als erbärmlich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)