Gott sei Dank - es ist Weihnachten! von Lost_Time ================================================================================ Kapitel 1: Gott sei Dank - es ist Weihnachten! ---------------------------------------------- In was hatte sie sich da nur wieder hinein navigiert? Wieso konnte sie nicht einfach mal, nein, sagen? Wieso musste ausgerechnet sie sich bereit erklären ein Lied zu komponieren? War sie komplett irre? Sie hörte gerne Musik, keine Frage, aber selbst eines komponieren und schreiben? Nie und nimmer. Dann sollte es auch noch zu Weihnachten passen. Dabei würde es allein die Musikrichtung, welche sie bevorzugte, schwierig machen. „Oh~ wieso bin ich so dumm?“, stöhnte die Halbchinesin genervt von sich selbst und vergrub ihr Gesicht unter ihren Kissen. „Du bist doch nicht dumm, Marinette.“ Tikki, das Marienkäferkwami, hob einen Zipfel des Kopfkissens an und ließ dadurch etwas Licht auf sie scheinen. „Du schaffst das. Du hast noch Zeit und brauchst sicherlich nur eine Inspiration.“ „Wie soll ich mir denn bitteschön eine Melodie zaubern? Das geht nicht durch Inspiration, dass muss man können!“ „Dann frag doch Rose, Juleka und Ivan. Sie haben doch die Band Kitty Section, sie wissen bestimmt, wie man so etwas macht. Und Hilfe holen ist nicht verboten.“ „Aber peinlich, Tikki. Guck mal ich gehe mit allen in eine Klasse und habe kundgetan, dass ich es mache.“ „Ach, Marinette. Hilfe annehmen ist gar nicht peinlich. Du machst es dir aber auch schwer.“ Oh, my love, we've had our share of tears Oh, my friends, we've had our hopes and fears Oh, my friends, it's been a long hard year Tikki seufzte leicht und ließ den Kissenzipfel fallen, sodass Marinette wieder abgeschirmt wurde von der Außenwelt. Seit dem Adrien und Plagg vor zwei Wochen Paris verlassen hatten, war die Blauhaarige in einem ewigen Auf und Ab. In einem Moment voller Tatendrang und übermütig. Im nächsten niedergeschlagen und ohne Selbstvertrauen. Der junge Argeste hatte ein Angebot für einen Film in den USA bekommen, welches sein Vater gern angenommen hatte. Nathalie, die Assistentin von Gabriel Argeste, war mit Adrian zusammen aufgebrochen. Adrien hatte sich seit her nicht mehr gemeldet. Zuerst hatten Tikki und Marinettes Freunde sie damit getröstet, dass Adrien einfach viel zu tun hätte dort und es nicht absichtlich vergessen hatte. Auf seinem Social-Media Account hatte er viele Bilder gepostet, welche erahnen ließen, dass er kaum Zeit zum verschnaufen hatte. Anscheinend hatte Nathalie seine Tage wieder voll gepackt mit Terminen. Kurz darauf waren jedoch Bilder aufgetaucht, in der Presse, die Adrien an der Seite eines jungen, schönen schwarzhaarigen Mädchens gezeigt hatten. Marinette war beinahe geplatzt vor Eifersucht und hatte dann versucht Adrien zu erreichen. Bisher ohne jeglichen Erfolg. Mittlerweile verstand aber auch Tikki nicht, wieso Adrien nicht zurück rief. Natürlich gab es die Zeitverschiebung, aber trotzdem würde es doch sicherlich einen Moment geben. Er musste doch sehen, wie oft Marinette ihn versuchte anzurufen. Ein Rückruf würde doch reichen, um die Sache aufzuklären und Marinette zu beruhigen. Langsam flog Tikki zum Fenster und blickte hinaus. Plötzlich fingen ihre Augen an zu funkeln. „MARINETTE! Komm schnell, guck mal!“ „Was? Was ist los Tikki? Ist wieder jemand akumatisiert worden?“ Blitzschnell tauchte Marinette auf und rannte zu Tikki zum Fenster. „Was? Nein, ich glaube nicht. Aber guck mal es hat angefangen zu schneien.“ But now it's Christmas Yes, it's Christmas Thank God it's Christmas Die kleine Kwami zeigte mit den Pfote auf die vom Himmel fallenden Schneeflocken. Ihre Besitzerin ließ sich erleichtert auf einen Stuhl sinken und moserte herum, dass die Kwami sie doch nicht so erschrecken sollte. „Lass uns rausgehen, Marinette. Das ist der erste Schnee in diesem Jahr, vielleicht inspiriert er dich ja zu einem Weihnachtslied.“ Nach einigen weiteren Bitte-bitte-Bettel-Minuten gab die junge Halbfranzösin schließlich nach und zog ihren warmen dunkelroten Mantel, sowie ihre schwarzen, gefütterten Stiefel an, welche ihr bis knapp unters Knie gingen. Eine beigefarbene Pudelmütze und gleichfarbige Handschuhe machten das Outfit komplett. Marinette ließ ihre kleine Handtasche einen Spalt offen, sodass Tikki besser sehen konnte, wie die Welt nun mit jeder weiteren Flocke in eine weiße Decke gehüllt wurde. Wirklich erfreuen konnte sich die Halbfranzösin nicht am Schnee. Unbewusst hatte sie ihr Handy aufgeklappt und starrte auf den Bildschirm. „Immer noch keine Antwort?“, hörte sie Tikki, welche zu ihr aufsah. Verneinend schüttelte Marinette den Kopf und ihre Augen begannen sich mit Tränenflüssigkeit zu füllen. Nur ein Anruf, ein verneinendes Wort und alles wäre wieder gut. Sie steckte das Handy wieder weg und schlang die Arme um ihren Oberkörper. Auch wenn es nicht wirklich kalt war, fror sie gerade entsetzlich. „Hey Marinette!“ Die Angesprochene blickte auf und sah ihre beste Freundin Alya, welche mit ihrem Freund Nino auf der anderen Straßenseite stand und ihr zu winkte. Es tat weh die beiden zu sehen, dennoch setzte sie ein freundliches Lächeln auf und winkte ihnen zurück. Ein kurzer Smalltalk, in welchem der Name Adrien nicht fiel, wurde gehalten, wofür sie dankbar war. Trotzdem erschienen ihr Alya und Nino angespannt. Als wüssten sie etwas, was sie noch nicht wusste oder was sie wissen sollte, es aber besser war es nicht anzusprechen. Marinettes Weg führte sie zusammen mit Tikki weiter durch die Stadt, ein wirkliches Ziel hatte sie nicht. Schließlich meinte Tikki, dass sie genug Schnee gesehen haben würde und sie nun gerne zurückkehren könnten. Zuhause angekommen, warf sie erneut einen Blick auf ihr Handy, jedoch ohne eine erhoffte Antwort. Hatte er sie schon vergessen? Sie schaltete den Fernseher an und blieb nach einigem umher drücken bei einem Magazin hängen, welches sich um Prominente drehte. “Und nun zu unseren Breaking News. Shooting Star Adrien Argeste, welcher sich aktuell für Dreharbeiten in Los Angeles in den USA befindet, hat sich offiziell von seiner Freundin Marinette Dupain-Cheng getrennt, welche in Paris lebt. Wie uns die Schauspielerin, seine Drehkollegin, Scarlett Morrison bestätigte sind diese beiden nun ein Paar. ...“ Dem Rest des Berichtes verfolgte Marinette nicht mehr. Es war als ob ihr jemand mit voller Wucht in die Magenkuhle schlagen würde. Tikkis Worte hörte sie nicht, als sich bereits Tränen über ihre Wangen ergossen. Instinktiv griff sie zu ihrem Handy und wählte erneut Adriens Nummer. Egal wie spät es in Amerika war, er musst jetzt einfach ran gehen. Er musste! Er musste diese Lüge auflösen! Ihr Anruf ging jedoch wie so oft ins Leere. Er nahm einfach nicht ab. „Marinette, ich weiß es ist nicht leicht, aber es sicherlich alles nur ein riesiges Missverständnis. Lass dich nicht zu einer leichten Beute für einen Akuma machen“, redete Tikki auf sie ein und tätschelte ihr mitfühlend die Schulter. „Ein Missverständnis? Ein Missverständnis, welches er nicht aufklären will? Er muss diese Nachrichten doch auch sehen. Wieso ruft er nicht sofort an, um es aufzuklären?“, klagte sie leidend. Sie atmete tief ein und versuchte ihre Wut, ihre Eifersucht und ihre Trauer zu verschließen. Tikki hatte recht, so war sie leichte Beute für einen Akuma. „Ich brauche frische Luft“, sagte sie, während sie ihre Tränen fort wischte, fügte dann noch hinzu, gerne allein sein zu wollen. Schweren Herzens ließ Tikki sie ziehen und bat sie nur darum gut auf sich aufzupassen. Monarch war die letzte Zeit verdächtig ruhig gewesen. Zu ruhig. Der Schmerz in der Brust war unerträglich, noch schmerzhafter war es all die negativen Gefühle zu unterdrücken. Mit Mühe versuchte sie sich auf andere Dinge zu konzentrieren. Positive. Sie dachte daran, wie sehr sich Ivan gefreut hatte, als sie ihm geholfen hatte ein schönes Weihnachtsgeschenk für Mylene zu finden. Oder wie sie Nathaniel geholfen hatte eine Inspiration für das Weihnachtsfestplakat zu finden. Das Schulweihnachtsfest für welches sie ein Lied noch schreiben und komponieren sollte. Was sie nicht hinbekommen würde. Worüber sich Chloé und alle anderen dann kaputt lachen würden. Sie rieb sich die Stirn, um auch diesen ins Negative abdriftenden Gedanken los zu werden, während sie auf einer Bank im Park saß. The moon and stars seem awful cold and bright Let's hope the snow will make this Christmas right My friends, the world will share this special night Because it's Christmas Yes, it's Christmas Thank God it's Christmas For one night Mittlerweile waren bereits die Straßenlaternen angegangen und die Kälte drang durch ihren Mantel durch. Im Park selbst war nichts mehr los und sie war vollkommen allein mit ihren Gefühlen, welche sich einen unerbittlichen Kampf lieferten, um auszubrechen. Ein Gitarrenakkord durchbrach die Stille im Park, durchdrang ihr Gedankenchaos, welches sich gebildet hatte. Ein Akkord, der so unbedeutend schien und doch ihr Innerstes gerade so treffend beschrieb. Es war sicherlich Zufall. Ein weiterer Akkord erklang, so treffend wie der Erste. War es wirklich Zufall noch? Es gab nur eine Person in ihrem Leben, welche mit Musik ihren Gefühlen eine Stimme gab. Doch diese Person war ebenfalls in die USA gereist, um sie zu schützen vor Monarch. Ein dritter Akkord erklang und sie hörte, wie sich jemand neben ihr auf die Bank setzte. Die drei Akkorde wurden nacheinander gespielt und wiederholten sich immer wieder bis sich ein weiterer und noch ein weiterer dazu gesellte. Die Stimmung, der gespielten Melodie begann sich zu verändern. Langsam drehte Marinette den Kopf zur Seite und blickte in türkisfarbene Augen. War er wirklich wieder hier? War es wirklich kein Traum? Mit einem sanften Lächeln lehnte die Person neben ihr die Gitarre an die Bank und breitete ihre Arme aus. Wie eine Ertrinkende rettete sie sich in diese. Es brachen alle Barrieren und heiße Tränen flossen ihre Wangen herab, während eine Hand über ihren Kopf strich. Er sagte einfach nichts und das war es, was ihr gerade so gut tat. Thank God it's Christmas, yeah Thank God it's Christmas Thank God it's Christmas Can it be Christmas? Let it be Christmas Every day „Seit wann bist du wieder hier?“ „Ehrlich gestanden, erst seit ein paar Stunden“, lachte er und nahm einen Schluck von der heißen Schokolade vor sich. Nachdem sich Marinette ausgeweint hatte, hatte er sie dazu überreden können in ein Café mitzukommen, wo es wesentlich wärmer war als Draußen. Bei einer gemeinsamen Tasse heißer Schokolade und einem ebenso heiß servierten Stück Schokoladenkuchen hatte Marinette ihm alles erzählt. Die Sache mit Adrien, welcher sich einfach nicht melden wollte, oder konnte, und eben auch die Sache mit dem Lied. Zumindest bei letzterer Sache konnte und wollte er ihr helfen. „Oh je, dann bist du sicherlich noch komplett müde von der Reise. Es tut mir so leid.“ „Schon gut Marinette. Ich habe im Flugzeug genug geschlafen, sei unbesorgt.“ „Wie kam es, dass du gleich in den Park gegangen bist?“ Die Blauhaarige kannte gefühlt tausend andere Orte in Paris, welche sie nach einer Rückkehr zu erst besuchen würde. Und der Park war definitiv keiner davon. „Es war so ein Gefühl. Ich kann es nicht erklären“, entgegnete Luka und lächelte wieder. Marinette entgegnete, dass er ein gutes Gespür hatte und sie sich auch so etwas wünschte, in Bezug auf Adrien. Es würde ein komisches Weihnachten sein, ohne ihn. Sie hatte sich auch vorgenommen nicht zur Party des Schulweihnachtsfestes zu gehen. All die Paare dort zu sehen, würde sie um den Verstand bringen. Sie würde zusammen mit Tikki an neuen Modedesigns sitzen. So hatte sie es sich zumindest bisher ausgemalt. „Also, um auf dein Problem mit dem Song zurück zu kommen. Mein Vater hat verschiedene Arten einen neuen Song zu schreiben. Manchmal braucht er nur einen Titel, der ihm gefällt und er baut alles andere drum herum. Oder ihm schwebt eine bestimmte Zeile im Kopf herum. Mit der Melodie fängt er selten an.“ „Vor dem Text fürchte ich mich nicht. Aber die Melodie. Ich kann einfach keine Weihnachtmusik schreiben. Ich bin nicht so in der fröhlichen Stimmung.“ „Ein Weihnachtslied muss nicht immer fröhlich sein. Es kann auch nachdenklich sein. Mach dir um die Melodie keine Gedanken. Ich kümmere mich darum.“ „Aber Luka!“ „Was? Madam Brustier hat dir sicherlich nicht verboten etwas Hilfe zu bekommen. Es geht doch hier nicht um Benotungen.“ „Du wirst dich nicht davon abhalten lassen mir zu helfen oder?“, fragte sie seufzend. „Du hast es erfasst.“ Sie lachte leise, er war einfach unverbesserlich. Eigentlich wie all ihre Freunde. Alya hätte sicherlich morgen ähnliches getan. Sie konnte froh sein solche Freunde zu haben. Luka bestand letztlich darauf sie noch nach Hause zu bringen. Ihr Vater ließ ihn nicht ohne eine Stärkung aus der Bäckerei gehen. Deutlich aufgeheitert kehrte sie nach dem Abendessen in ihr Zimmer zurück. Tikki blieb dies nicht verborgen und so erzählte sie ihr von Lukas Rückkehr. „Weißt du Tikki, auch wenn das Jahr, besonders in den letzten Wochen extrem herausfordernd war, freue ich mich auf Weihnachten. Vielleicht kommt Adrien auch zu Weihnachten zurück. Als Überraschung. Schließlich feiert man Weihnachten doch immer mit der Familie.“ „Ich wünsche es mir vom Herzen für dich, dass es so kommen wird.“ „Gott sei Dank, es ist bald Weihnachten.“ Erschöpft ließ sie sich in ihr Bett sinken und schlief direkt ein. Der Gedanke, dass in wenigen Tagen Weihnachten sein würde, hatte sie seit dem Abend nicht mehr los gelassen. Wie ein Geist spukte er in ihrem Kopf herum, zog immer wieder weitere Gedanken an sich heran und formte sie in Worte. Zwei Tage später hockte sie mit Luka, Alya, Nino, Ivan, Rose und Juleka auf einer Bank im Pausenhof. Von Adrien war noch immer keine Antwort gekommen. „So langsam finde ich es unverschämt von ihm“, polterte Alya los und blickte dann zu Nino. „Guck mich nicht so an. Bei mir meldet er sich ja auch nicht. Vielleicht hat er sein Handy verloren.“ „Blödsinn, er wird sich ja die Nummer von irgendwem von uns gemerkt haben. Und wenn er sein Handy verloren hat, hat es sicher jemand gefunden, so oft wie Marinette versucht hat ihn zu erreichen.“ „Er hat bestimmt sehr viel zu tun“, warf Rose ein, merkte aber an der Reaktion der anderen, dass dies nicht mehr als Argument zählte. Mittlerweile hatten sich die Nachrichten auf die angebliche Trennung von ihm und Marinette gestürzt. Mit Hilfe der anderen schaffte sie es bisher ganz gut Reportern aus dem Weg zu gehen. Auch ihre Eltern wimmelten jegliche Anfragen ab. Solange sie von Adrien keine Antwort bekommen würde, würde sie gar keine Auskunft erteilen. Selbst mit Antwort nicht. Man wusch keine private, schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit, hatte ihre Mutter gesagt und sie war der gleichen Meinung. „Ich hoffe, er meldet sich bald“, meinte die Betroffene und rieb sich die Stirn. „Immer noch Kopfschmerzen?“ „Ja, Alya. Wegen dieser Sätze in meinen Kopf. Ich werde sie einfach nicht los. Ich weiß gar nicht woher sie kommen.“ „Wie lauten sie denn?“, fragte Luka nach. „Ach, sie sind sehr wirr“, erklärte Marinette, begann sie jedoch aufzuzählen, nachdem Luka und die anderen sie auffordernd ansahen. „Gott sei dank, es ist Weihnachten, es war ein langes und hartes Jahr, wenigstens für einen Tag, und so weiter.“ Rose, Juleka und Luka sahen sich mit einem wissenden Grinsen an. „Genauso fangen bei mir immer Songtexte an. Ein Satz bleibt mir im Gedächtnis und sammelt um sich immer mehr Fragmente“, sagte Rose träumerisch. „Wie mir scheint entwickelst du gerade einen Song für das Weihnachtsfest.“ Luka zwinkerte ihr zu und Marinette merkte wie ihr warm wurde. Wurde sie gerade rot? Nein. Alya hätte es ihr mit einem Blick mitgeteilt. Aber wieso wurde ihr warm? Waren das noch alte Gefühle für Luka, welche aufflammten? Hoffentlich nicht. Sie liebte doch Adrien, und ob Luka noch Gefühle für sie hatte, bezweifelte sie. Nach all der Zeit? Marinette schüttelte leicht den Kopf, um die Gedanken los zu werden und sich auf das Wichtige zu konzentrieren. „Ehrlich? Dann werde ich mich heute Nachmittag hinsetzen und alle Gedanken in den Computer tippen.“ „Gute Idee, vielleicht ergibt sich nach ein bisschen hin und her schieben schon ein brauchbarer Text. Halt mich auf dem Laufenden, ja?“ „Geht klar, Rose.“ Nach der Schule setzte Marinette ihr Vorhaben sofort in die Tat um und vertiefte sich in ihr Schaffen. So sehr, dass sie nicht einmal mitbekam, wie sich die Dachlukentür zu ihrem Zimmer öffnete. „Das liest sich wirklich gut.“ „Wahh“, kreischte sie erschrocken auf, als sie eine männliche Stimme direkt hinter sich vernahm und fiel dabei vom Stuhl. „Verzeih, Marinette, ich wollte dich nicht erschrecken. Dein Vater meinte, es sei okay, hochzugehen. Ich habe auch zwei Mal geklopft, aber du hast mich wohl nicht gehört.“ Sie blickte in das vergnügte Gesicht von Luka, während sie sich langsam auf ihr Bett setzte. Mit einer Handbewegung bot sie Luka ihren Schreibtischstuhl an. „Ja, sie war wirklich ganz tief versunken in die Arbeit“, meldete sich Tikki. Dadurch, dass Luka Marinettes zweite Identität kannte und sie dies mittlerweile auch wusste, machte es für Tikki keinen Sinn sich vor ihm zu verstecken. „Na, wie geht es dir? Und wie geht es Sass?“ „Gut, gut. Sass weigert sich jemand anderes, als dich als seinen Meister zu akzeptieren“, berichtete die Kwami. „Sturkopf.“ „Hab ich ihm auch gesagt.“ „Hast du schon einen Titel dafür?“, fragte Luka und lenkte das Thema zurück auf Marinettes Lied. „Ja, ich denke, dieser hier ist am Aussagekräftigsten. „Gott sei Dank – es ist Weihnachten“.“ Luka nickte zustimmend und bot an noch zu bleiben, um zu helfen. Die Blauhaarige überlegte einen Moment, nahm die Hilfe dann endlich an. Das Argument von Luka, dass er sich nebenbei schon Gedanken um die Melodie machen konnte, war ziemlich überzeugend. Der Nachmittag verging wie im Fluge und es war bereits dunkel draußen, als sich Marinette zufrieden streckte. „Noch ein paar Feinheiten und es ist fertig“, stellte Luka fest. „Ja. Ich hätte nie gedacht, dass es plötzlich so schnell geht.“ „Manchmal reicht eben ein Gedanke, um eine Idee zu zünden.“ Beide lachten über diese Aussage, ehe das Piepen von Marinettes Handy die Szenerie unterbrach. Ein Blick auf ihr Display ließ Marinette verkrampfen. Luka entging dies nicht. Adrien. „Ruft er an?“ „Nein, eine Textnachricht.“ Hastig und unruhig tippte Marinette eine Antwort. Sie wollte keine Zeit verlieren, wenn er endlich Zeit für sie hatte. Ein Grund, weswegen sie in ihrer Antwort nicht lange um den heißen Brei redete. Für Smalltalk und alles andere war nachher noch Zeit. Das Displaylicht erlosch, doch noch bevor sie das Handy fortlegen konnte, piepte es erneut auf. Nachdem sie die Nachricht gelesen hatte, entwich jegliche Farbe aus ihrem Gesicht. „Was ist?“, fragten Tikki und Luka aus einem Mund. Marinette warf das Mobiltelefon achtlos auf ihr Bett, ballte die Hände zu Fäusten und atmete unruhig. Sie begann umher zu laufen und blieb schließlich in einer Zimmerecke stehen. Was es auch war, es war nicht die Antwort, die sie erwartet hatte, schaltete Luka schnell. Wortlos stand er auf, ging Marinette nach und zog sie in seine Arme. Ihren Widerstand, in Form von leichten Faustschlägen gegen seine Brust, ließ er unkommentiert. Es war schon komisch, wie Lukas Hemd ihre Tränen innerhalb von wenigen Tagen schon zweimal trocknen musste. Sie standen eine unbestimmte Zeit einfach so da. Marinettes Schluchzen wurde mit jeder Minute leiser und ihre Tränen versiegten langsam. „Was hat er denn geschrieben?“, fragte Tikki vorsichtig. Luka merkte an, dass sie das nicht preisgeben musste, wenn sie nicht wollte. Schon gar nicht vor ihm. Doch in Marinettes Blick war leichter Trotz zu erkennen. Die Gefühle waren ein unkontrollierbarer Sturm, welcher sich entladen wollte. Kurz darauf hielt sie beiden die Unterhaltung unter die Nase. `Hi Marinette, entschuldige, dass ich mich jetzt erst melde. Viel zu tun.´ `Hallo Adrien. Schon okay. Aber sag, stimmt es was in den Nachrichten steht. Bist du mit Scarlet zusammen?´ `Es tut mir leid, Marinette...´ Luka suchte nach Worten, doch selbst ihm fiel es schwer noch etwas darin zu finden, um ihr Hoffnungen zu machen. „Ich weiß, es ist einfacher gesagt als getan. Aber lass dich davon nicht zu sehr runter ziehen. Wir sind alle für dich da. Ich bin für dich da. Jederzeit.“ „Danke Luka, dass weiß ich.“ „Sehen wir uns morgen?“ Marinette nickte und begleitete Luka noch bis zur Haustür. „Jederzeit. Vergiss das nicht, Marinette“, sagte er noch einmal, bevor sich die Tür zwischen ihnen schloss. Oh, my love, we live in troubled days Oh, my friend, we have the strangest ways All my friends on this one day of days Thank God it's Christmas Yes, it's Christmas Thank God it's Christmas For one day In den nachfolgenden Tagen hatte Marinette immer wieder versucht Adrien telefonisch zu erreichen. Sie wollte sich mit ihm aussprechen. Doch wieder liefen ihre Anrufe ins Leere, solange bis eine weitere Textnachricht erschien, dass sie nicht klammern sollte. Ihre Freunde taten alles, um sie immer wieder aufzufangen. Selbst Chloé nahm sich zurück und zog sie kaum auf. Anscheinend hatte sie doch so etwas wie ein mitfühlendes Herz bekommen. Luka hatte Wort gehalten und eine Melodie ausgearbeitet für das Lied. Die Band Kitty Section, in welcher Luka mitspielte, erklärte sich sogar bereit, dass Lied auf der Party des Schulweihnachtsfestes zu spielen. Thank God it's Christmas Yes, it's Christmas Thank God it's Christmas Dieses Fest war heute. Es war ein Tag vor den Weihnachtsferien und die Turnhalle der Schule war festlich geschmückt. In wenigen Minuten würde die Party los gehen. Höchste Zeit für sie also zu verschwinden. „Willst du wirklich gehen?“, fragte Tikki sie leise.. „Ja. Ich möchte nicht die ganzen verliebten Paare sehen. Meine Freunde, die tolle Beziehungen haben. Ich will ihnen nicht das Fest verderben, weil sie sich mit ihren Liebesbekundungen mir zu liebe zurückhalten.“ Das wäre ihnen gegenüber einfach nicht fair gewesen, nachdem sie die ganze Zeit für sie da gewesen waren und ihr geholfen hatten mit dem Schmerz umzugehen. Sie rückte ihre Mütze zurecht und trat hinaus. Zum Glück war der Schnee dieses Jahr geblieben. Es machte Weihnachten einfach zu einem richtigen Weihnachten. Auch wenn es bedeutete, dass es sehr kalt war, dachte sie bei sich, während sie weiter ging. „Hey Marinette. Wohin willst du?“ Luka trat nur mit einem Hemd bekleidet aus der Tür und eilte ihr nach. „Nach Hause. Luka, geh schnell wieder rein. Du erkältest dich noch.“ „Aber du verpasst doch die Aufführung deines Liedes.“ „Ach, es wird sicher gefilmt. Ich schau es mir einfach später an. Amüsiert euch ruhig. Macht euch keine Gedanken. Ich hab noch ganz viel zu tun zu Hause. Ich kann froh sein, wenn ich das alles noch rechtzeitig schaffe“, sagte sie und versuchte dabei ein authentisches Lächeln hinzubekommen. „Und wie soll ich mich amüsieren, wenn du gehst?“ „Du wirst dich ganz bestimmt amüsieren...“ „Allein?“, unterbrach er sie, „Weihnachten sollte niemand allein verbringen.“ Dabei griff er nach ihrer Hand und zog sie sanft zu sich. Ihr Herz setzte kurz aus. Wie meinte er das? Freundschaftlich? Ihr Blick fiel zu Boden und ein komischer Schatten tanzte auf dem hellen Schnee. Sofort war sie in Alarmbereitschaft, entspannte sie sich jedoch schnell, als sie durch einen Blick nach oben merkte, dass es sich um einen harmlosen Mistelzweig handelte, welcher am Ast eines Baumes wuchs. Luka schien ihrem Blick gefolgt zu sein. Sie konnte es in seinen Augen lesen, als sie sich nun beide ansahen. „Du bist eine Person, die man nicht so schnell vergessen kann“, entgegnete er. „Nach all der Zeit? Nach allem was passiert ist?“ „Es gibt Dinge, die ändern sich nicht so schnell. Wenn du willst, lass es uns nochmal versuchen. Diesmal steht uns dein Geheimnis nicht im Wege.“ Langsam schmiegte sie sich in seine Arme, hob den Kopf und legte ihre Lippen auf die seinigen. Ooh, yeah Thank God it's Christmas Yes, yes, yes, yes it's Christmas Thank God it's Christmas For one day Wie lange sie so standen, wusste sie nicht. Nachdem sie ihren Kuss gelöst hatten, griff er ihre Hand und zog sie zurück in die Halle. Zurück zu den Pärchen, zurück zu ihren Freunden, zurück zur Fröhlichkeit. Denn es war Weihnachten. Gott sei Dank. A very merry Christmas to you all Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)