Winter Wolves von Varlet ================================================================================ Kapitel 1: Gin -------------- Gin hatte gute Laune, obwohl bereits am Abend der Schnee einsetzte und die Straßen von Tokyo in ein Chaos stürzen würde. Während andere ihren Wagen von den weißen Massen befreien mussten, wähnte sich sein Porsche in Sicherheit. Eine Garage konnte Wunder wirken. Der Mann in Schwarz entriegelte die Tür und stieg ein. Augenblicklich startete er den Motor und legte den Sicherheitsgurt an. Wegen einer Unachtsamkeit wollte er der Polizei nicht ins Netz gehen, auch wenn ihm klar war, dass er nicht lange im Revier verweilen würde. Er kam immer raus. Doch sein Glück musste er nicht auf die Probe stellen. Kapitel 2: Wodka ---------------- Wodka betrachtete sein Spiegelbild und übte verschiedene Gesten. Für seine Arbeit war es wichtig, dass er gefährlich auftrat. Je gefährlicher, desto besser. Er hatte ein gutes Gefühl, was den heutigen Tag anging – vor allem, da er wieder mit Gin arbeiten durfte. Doch auch ein Auftrag allein stellte kein Hindernis dar, allerdings durfte er auf keine List seines Gegenüber hereinfallen. Er war ein loyales Mitglied der Organisation, denn dort konnte er seine Vorlieben ausleben, ohne Konsequenzen zu fürchten. Trotzdem war es wichtig, seinen Wert zu zeigen. Wodka zog seine Waffe heraus, überprüfte das Magazin und übte die nächste Pose im Spiegel. Kapitel 3: Vermouth ------------------- Mit einem Glas Wein stellte sich Chris an ihren großen Kleiderschrank und wählte ein Outfit für ihre neuste Mission aus. Eigentlich bevorzugte sie warme Temperaturen, denn dann konnte sie selbst aber auch in nahezu jeder Rolle ein buntes Farbenspiel vorführen. In der kalten Jahreszeit hingegen neigten die meisten Menschen zu tristen Farben. Chris nahm einen Schluck aus dem Weinglas, wählte eine graue Hose sowie eine weiße Bluse aus und legte sie auf das Bett. Dann betrachtete sie sie ausgiebig. Dieses Mal musste sie sich als langweilige Geschäftsfrau ausgeben und Informationen beschaffen. Danach konnte sie tun und lassen, was sie wollte. Kapitel 4: Chianti ------------------ Chianti stand in der Schießanlage und reinigte ihr Scharfschützengewehr. Für sie war es wie ein Kind, welches man hegen und pflegen musste. Sie hatte hohe Ansprüche an sich selbst, aber auch an Korn, der von ihrer Truppe als einziger noch übrig blieb und dem sie vertrauen konnte. In den letzten Jahren hatten zu viele Verräter die Organisation besudelt und sie hatten sie alle kalt gemacht – bis auf eine Person. Chianti grinste. „Wäre es nicht großartig, wenn wir wieder eine Ratte abknallen könnten?“ Das Gefühl war einfach unbeschreiblich. „Ich knall ihn ab, ich knall Akai ab.“ Korn stimmte lediglich stillschweigend zu. Kapitel 5: Korn --------------- Korn spähte zu Chianti. Es passierte häufiger, wenn sie gerade beim Training waren, hin und wieder aber auch im Auto. Er wusste, dass er ein verdammt guter Schütze war, doch er war nicht der Beste von ihnen. Es gab bessere. Auch wenn er ruhig und bodenständig war – und damit das perfekte Pendant zu Chianti darstellte – nagte es an ihm. Korn baute sein Gewehr zusammen und betrachtete es mit einem Lächeln auf den Lippen. Anschließend ging er zu dem Kontrollpanel in der Schießanlage und änderte die Einstellungen. „Ich werde Akai abknallen.“ Zum ersten Mal hatte er es geschafft, Chianti zu überraschen. Kapitel 6: Rum -------------- Rum saß auf dem Rücksitz und überprüfte die Nachrichten auf seinem Handy. Es tat gut, wenn er seine Maskerade nicht aufrechterhalten musste und unter seines Gleichen war. Obwohl Vermouth unter den Schauspielern und innerhalb der Organisation als Koryphäe der Verkleidungskunst galt, hatte auch er so einige Spielereien und Tricks drauf. Immerhin war er die Nummer zwei in ihrer Gruppierung. Er musste immer einen kühlen Kopf bewahren und sich in Acht nehmen – besonders vor Vermouth. Dass sie ihre eigenen Interessen verfolgte, war ihm schon lange klar, aber nicht alle Mitglieder waren darauf gekommen. Er tippte eine Nachricht ein. „Time is money.“ Kapitel 7: Kir -------------- Kirs Schulter schmerzte. Das die Organisation nicht zimperlich war, hatte sie schon früh gelernt. Aber dass sie auch auf Mitglieder in höherer Position keine Rücksicht nahmen, war neu. Oder es lag daran, dass man ihr noch nicht wieder vertraute. Dabei hatte sie sich immer und immer wieder der Organisation bewiesen. Wie lange sollte es noch weitergehen? Wie lange konnte sie noch weitermachen? Mit jedem Tag wurde es schwerer. Seufzend begann sie den Verband zu wechseln und ihre Wunde zu versorgen. Es blutete nicht mehr, aber wenn sie nicht aufpasste, fiel sie für eine Weile aus. Und das musste sie verhindern. Kapitel 8: Bourbon ------------------ Während er auf dem Weg nach Hause war, überkam ihn eine Gänsehaut. Bourbon fühlte sich nicht nur beobachtet, sondern auch verfolgt. Wer auch immer hinter ihm her war, testete möglicherweise seine Loyalität oder wollte ihn als Spitzel überführen. Seinem Verfolger würde er es nicht leicht machen, sollte sich dieser auf ihn stürzen oder etwas anderes versuchen. Allerdings musste er aufpassen, seine Mitmenschen nicht in Gefahr zu bringen. Er blieb stehen und drehte sich um. Eine ältere Dame kam zu ihm. „Das haben Sie im Supermarkt vergessen“, krächzte sie und reichte ihm die Packung Dashi. „Danke. Bitte verzeihen Sie die Umstände.“ Kapitel 9: Gin -------------- Gin saß im Wagen und fuhr durch die Straßen. Obwohl ihm Bourbon vor einigen Wochen von Sherrys Tod im Bell Tree Express erzählt hatte, war er nicht davon überzeugt. Es klang zu einfach. Auch wenn Sherry lediglich eine Wissenschaftlerin war, war sie ihnen die ganze Zeit entkommen. Außerdem wollte er derjenige sein, der sie zu ihrem Schöpfer brach. Er wollte sie quälen, sie schreien hören und sie dann erlösen – wenn ihm danach war. Der Mann lächelte bösartig, als er sich all das vorstellte, was er mit einer Verräterin wie Sherry anstellen würde. Allein deswegen musste sie noch am Leben sein. Kapitel 10: Wodka ----------------- Wodka beendete seine kurze Joggingrunde am frühen Morgen. Kurz war sie allemal, doch er brauchte diese kleinen Sportübungen, um seinen Kollegen kein Klotz am Bein zu sein, denn schließlich wollte er die flüchtigen Opfer nicht so einfach entkommen lassen. Und das Gute danach war, dass er sich immer eine Kleinigkeit gönnte. Vielleicht würde er heute das Café besuchen, in dem sich Bourbon seit einiger Zeit herumtrieb. Kurz ließ er sich von einem anderen Jogger ablenken. Wodka hatte das Gefühl, dass er ihn kannte. Er schüttelte den Kopf und machte sich auf den Weg, während sich Camel in einem Geschäft versteckte. Kapitel 11: Vermouth -------------------- Vermouth schaute aus dem Fenster und beobachtete die Menschen auf der Straße. Manchmal beneidete sie sie. Sie lebten in den Tag hinein, machten sich wenig Sorgen oder Gedanken und erfreuten sich an Kleinigkeiten. Ihr hingegen ging es anders. Sie musste immer vorbereitet sein, einen Plan in der Hinterhand haben und auf der Hut sein. Der Organisation entkam man nicht, versuchte man es, wurde man bestraft. Je nach Stellung wollte man aber auch nicht auf seine Privilegien verzichten. „Fahr mich zum Einkaufszentrum“, sagte sie zu ihrem Fahrer. Heute würde sie sich wieder ordentlich was gönnen und ihren Kleiderschrank zum Explodieren bringen. Kapitel 12: Chianti ------------------- Chianti mochte es am liebsten laut. Sie war kein Fan von Ruhe, musste immer irgendwas machen, um sich zu beschäftigen. Außer wenn sie schlafen wollte, dann durfte es ruhig sein. Es war lange her, dass Chianti einen Auftrag ganz für sich allein hatte und nicht mit Korn zusammenarbeiten musste. Sie leckte sich über die Lippen. Sogar eine Reise ins Ausland war dieses Mal drin gewesen. Selbst wenn sie Probleme mit einer Sprache hatte, es gab immer Wege und Möglichkeiten, um sich zu verständigen. Die schwarz gekleidete Frau lag in ihrer Position und blickte durch das Zielfernrohr. Bald durfte sie abdrücken. Kapitel 13: Korn ---------------- Als Scharfschütze musste Korn beobachten, sich stundenlang auf die Lauer legen und warten. Manchmal passierte eine ganze Weile nichts, manchmal ging es aber auch sehr schnell. Es war weder etwas Neues noch etwas Besonderes für ihn, beinahe schon Routine. Und dennoch reizte ihn weiterhin die Tätigkeit als Scharfschütze. Sie führte ihn sogar an verschiedene Orte in Japan und der Welt. Er hatte so vieles gesehen, allerdings wenig davon richtig erlebt. Für alles andere gab es nie Zeit. Und selbst jetzt dachte er noch an jenen Tag zurück und an die Achterbahn. Wie gerne wäre er damals auch mit ihr gefahren Kapitel 14: Rum --------------- Rum stand am Tresen im Restaurant und bereitete eine Platte mit verschiedenen Sushi Sorten vor. Er mochte die Arbeit, manchmal war sie sogar meditativ. Doch von allen Verkleidungen, die er je gewählt hatte, war dies eine, die er am wenigsten mochte. Allerdings verschleierte sie sehr gut sein wahres Aussehen und er konnte mit Kogoro Mori interagieren. Der Detektiv hatte für viel Aufsehen gesorgt und Rum wollte sich ein eigenes Bild von diesem Mann machen. Sogar Bourbon konnte er beobachten, ohne dass dieser eine Ahnung hatte, mit wem er es zu tun hatte. Besser konnte es eigentlich nicht laufen. Rum schmunzelte. Kapitel 15: Kir --------------- Kir saß in dem Wohnzimmer ihrer verwanzten Wohnung. Natürlich hatte sie die Abhörgeräte bemerkt, immerhin war klar, dass die Organisation nicht untätig bleiben würde. Hätte sie die kleinen Geräte entfernt, wäre es aufgefallen und sie war sich sicher, dass sie bei Weitem nicht alle entdeckt hatte. Denn darin war die Organisation besonders gut. Sie wussten, wie man im Verborgenen agierte und aus dem Hinterhalt angriff. Zudem waren sie dem aktuellen Stand der Technik überlegen und entwickelten eigenständig neue Alltagshelfer. Die junge Frau seufzte. Unter diesen Umständen würde sie es schwer haben, Kontakt zu anderen zu haben. Besonders zu ihrem Bruder. Kapitel 16: Bourbon ------------------- Bourbon zog sich seine schwarze Mütze tief ins Gesicht und richtete es auf den Boden. Gerade kundschaftete er das nächste Ziel der Organisation aus. Ihr nächstes Verbrechen. Deswegen war es von Vorteil, nicht von den Kameras erfasst zu werden. Für seine Arbeit war es wichtig, auch schlimme Dinge zu tun. Er hasste es, aber er musste all das in Kauf nehmen, um das Allgemeinwohl und Japan zu schützen. Es war besser, wenn es wenig Opfer gab, als das ganze Land. Schaden zu reduzieren war eine seiner Prioritäten. Aber noch zweifelte er, ob es richtig war, mit dem FBI zu kooperieren. Kapitel 17: Gin --------------- Gin grinste. In der Vorweihnachtszeit waren die Menschen nicht nur beeinflussbar, sie achteten auch nicht allzu sehr auf ihre Umgebung und die Menschen in ihrer Nähe. Die Organisation hatte leichtes Spiel, besonders bei den Geschäftsmänner, denn diese wurden unvorsichtig. Er betrat das Bürogebäude und sah sich um. Die meisten Mitarbeiter waren bereits im Feierabend. Gin konnte es nicht besser treffen. Er ging zum Büro des Geschäftsführers und betrat dieses, ohne sich vorher anzukündigen. Er blickte den Mann am Schreibtisch an. Dieser schaute augenblicklich auf. Sofort spiegelte sich blankes Entsetzen in seinem Gesicht wider. Perfekte Voraussetzungen für Gin. „Es ist Zahltag.“ Kapitel 18: Wodka ----------------- Wodka langweilte sich im Auto, während er nebenbei mit den Händen auf dem Lenkrad trommelte. „Jetzt mach schon“, sagte er ungeduldig. Warten war nicht seine Stärke, außer er war nicht allein. Der Mann in Schwarz lehnte sich nach hinten und schloss kurz die Augen. „Hör auf zu schlafen.“ „Aniki“, sprach er erschrocken und richtete sich wieder auf. Er blickte sich um. Nun hatte er sich Gins Stimme eingebildet und sofort reagiert. Auch wenn er von Gin gerügt worden wäre, war er enttäuscht, dass sein Partner nicht vor Ort war. „Oh man…“, murmelte er und konzentrierte sich wieder auf die Observation. Kapitel 19: Vermouth -------------------- Vermouth zupfte an dem roten Kleid, bis es perfekte saß. Der Schneider hatte gute Arbeit geleistet, denn es fühlte sich so an, als wäre es eine zweite Haut. Es lag eng an, hatte aber noch genug Platz, sollte sie unerwartet in kurzer Zeit zunehmen. Die Schauspielerin betrachtete sich erneut im Spiegel. Zu Werbezwecken sollte sie die jugendliche Frau von Santa Claus spielen. Sie würde auf Plakaten und Aufstellern in den Einkaufszentren erscheinen und mit ihrem Aussehen dafür sorgen, dass das Kleid gekauft wurde. Und als Bonus durfte sie dieses nach dem Fotoshooting in ihren Kleiderschrank hängen und ihr Eigen nennen. Kapitel 20: Chianti ------------------- Chianti tobte. Wo auch immer sie einkaufen ging, sie sah das Gesicht des Teufels. Vermouth. Chianti hasste die Schauspieler und am liebsten hätte sie ihr ins Gesicht geschlagen und noch viel mehr mit ihr angestellt. „Dieses verdammte Miststück“, keifte sie „Diese…“ Die Passanten starrten sie an. „Was guckt ihr denn so dämlich?“ Die Scharfschützin schnaubte und verließ das Geschäft. Hielt sie sich noch länger dort auf, konnte sie nicht garantieren, nicht auf das Plakat mit Vermouth zu schlagen. Die Organisation durfte nicht wegen ihr in die Öffentlichkeit geraten. Nachdem Chianti in ihren Wagen stieg, verriegelte sie die Tür und schrie. Kapitel 21: Korn ---------------- Als Korn auf den Schießplatz kam, war Chianti bereits in Fahrt. Seine Kollegin schrie bei jedem Schuss und wenn sie das Gewehr neu lud. Er erkannte sofort, dass sie schlechte Laune hatte. Schweigend gesellte sich der Mann zu ihr und veränderte die Einstellungen für seine Schießübungen. „Korn“, zischte Chianti. „Welche Laus ist dir über den Weg gelaufen?“ „Vermouth“, spie sie aus. „Dieses verdammte Miststück ist überall.“ Korn blickte sie nur fragend an, entschied, dass er nicht mehr wissen wollte. „Wir schießen gegeneinander. Der Gewinner hat das Recht einen Auftrag des anderen zu übernehmen.“ Ihre übliche Wette. Chianti begann zu grinsen. Kapitel 22: Rum --------------- Rum brachte eine Platte mit verschiedenen Sushi Sorten nach oben in die Detektei Mori. „Ihr habt es hier ja gar nicht weihnachtlich dekoriert“, stellte er fest. Ran seufzte. „Paps wollte das nicht. Dabei hätte ich hier so gerne etwas aufgestellt. Denken Sie nicht auch, dass sich die Klienten damit hier viel wohler fühlen würden?“ „Ich möchte mich da nicht einmischen“, begann Rum. „Dein Vater wird sich dabei schon etwas gedacht haben.“ Ran dachte nach. „Ja, da haben Sie bestimmt Recht.“ „Dein Vater ist gar nicht da. Hat er wieder einen neuen Fall?“ „Nein“, antwortete Ran. „Er ist oben und schläft.“ Kapitel 23: Kir --------------- Kir lief mit gesenktem Haupt durch die Straßen von Beika und betrat eine freie Telefonzelle. Mit zittrigen Fingern wählte sie eine Nummer und hoffte, dass er den Anruf entgegen nahm. Er musste. „Ja, hallo?“ Ihr Herz machte einen Hüpfer. „Ei-chan“, sprach sie leise. „Hidemi!“ „Ich kann nicht lange sprechen“, begann die Agentin. „Es ist früh, aber ich weiß nicht, wann ich die Gelegenheit bekomme, deswegen: frohe Weihnachten, Ei-chan.“ „Frohe Weihnachten, Hidemi“, antwortete der Oberschüler. „Wie geht es…“ Er hörte nur noch das Tuten am anderen Ende der Leitung. Sie hatte aufgelegt. „Es tut mir leid, Eisuke“, wisperte sie und weinte. Kapitel 24: Bourbon ------------------- Bourbon saß in seiner Wohnung und nahm sein Abendessen zu sich. Im Café war zur Weihnachtszeit die Hölle los, parallel musste er sich um seine Aufgaben innerhalb der Organisation, aber auch der Sicherheitspolizei kümmern. Ihm machte der Stress nichts aus, aber dennoch gab es Momente, in denen er die Ruhe genoss. So wie jetzt auch. Nach dem Essen kümmerte er sich um den Abwasch und setzte sich auf das Sofa. Als er die Gitarre sah, lächelte er. Sofort durchströmten ihn die Erinnerungen an seinen besten Freund, Hiromitsu Morofushi. Rei nahm die Gitarre, spielte ein langsames Lied und schloss die Augen. Kapitel 25: Gin --------------- Gin knurrte. Obwohl Weihnachten in Japan viele Vorteile hatte, wie geöffnete Geschäfte und Firmen, gab es auch Nachteile. Die Anzahl der Touristen stieg in die Höhe und dadurch auch die Möglichkeit potentieller Zeugen. Er agierte lieber im Verborgenen und hielt die Anzahl seiner Opfer gering, damit die Organisation möglichst wenig auffiel. Als eine junge Frau an ihm vorbeilief, drehte er sich grinsend um. „Sherry.“ Er folgte ihr, allerdings stellte sich heraus, dass es sich um eine Touristin handelte, die nichts mit seiner Sherry gemein hatte. Da sie ihn aber gesehen hatte, musste er sich ihrer entledigen. Es war sein Weihnachtsgeschenk. Kapitel 26: Wodka ----------------- Wodka verbrachte die Weihnachtstage allein, denn die Wahrheit war: er gehörte zu den Bösen. Er machte sich keine Gedanken über Freunde und Familie. Er hatte die Organisation und seinen Aniki. Das reichte und schließlich gab es genug Arbeit zu. Leise summend streifte Wodka durch die Straßen Tokyos. Er war auf dem Weg zu der neuen Zielperson und ging in seinem Kopf alles durch, was er sagen musste. Er durfte sich keinen Fehler erlauben, denn Fehler wurden bestraft. Er hatte es bereits am eigenen Leib erlebt, allerdings bekam er eine zweite Chance. Er hoffte, dass er dies Gin zu verdanken hatte. Kapitel 27: Vermouth -------------------- Sie hatte es geschafft! Es war nicht einfach, aber Chris hatte sämtliche Einladungen für die Weihnachtstage unter einen Hut bekommen. Obwohl in Japan kein Weihnachten gefeiert wurde, gab es zahlreichende Kollegen, die ebenfalls aus Amerika waren oder ihr nur eine Freude bereiten wollten. Die Schauspielerin war froh, die nächsten Tage allein zu Hause verbringen zu können, keinen Auftrag der Organisation zu haben und sich erholen zu können. Erholen und die Pfunde der letzten Tage los werden. Nur weil ihr Stoffwechsel gut war, hieß das nicht, dass sie träge werden durfte. Chris stieg auf den Stepper und begann mit dem Training. Kapitel 28: Chianti ------------------- Chianti knurrte, zischte und war wütend. Eigentlich war sie immer so drauf, aber heute war es besonders schlimm. Obwohl sie gerade eine Zielperson im Blick hatte und jederzeit abdrücken konnte, hatte sie schlechte Laune. Sehr schlechte Laune. „Chianti!“, hörte sie die Stimme von Korn über den Kopfhörer in ihrem Ohr. „Bleib fokussiert.“ „Sag mir nicht, was ich tun soll“, sagte sie gehässig. „Ich weiß, was ich mache und ich schieße nicht daneben, Korn.“ „Verstanden“, antwortete er. „Was ist los mit dir?“ „Du nervst.“ Sie verdrehte die Augen. „Das ist das letzte Mal in diesem Jahr, dass ich einen abknallen kann.“ Kapitel 29: Korn ---------------- Korn verdrehte die Augen. Andererseits mochte er Chiantis Leidenschaft für ihre Arbeit. Auch er hatte sie, war aber bei weitem rationaler. „Sieh es positiv.“ „Was daran ist bitte positiv?“, zischte sie. „Du wirst im nächsten Jahr wieder genug Möglichkeiten haben“, sprach Korn. „Genauso wie ich. Wir werden neue Aufträge von der Organisation bekommen und zeigen, was wir können.“ Chianti begann zu grinsen. „Wir sollten wetten.“ Er wurde hellhörig. „Wer im nächsten Jahr die meisten Leute abknallt, hat gewonnen.“ „Wir nehmen aber nicht den üblichen Gewinn“, gab er von sich. „Was schwebt dir vor?“ „Das überlege ich mir noch.“ Korn schmunzelte. Kapitel 30: Rum --------------- Rum saß in seinem Wagen und tippte auf dem Handy herum. Als Nummer 2 innerhalb der Organisation war es seine Aufgabe, alle Mitglieder im Auge zu behalten und für einen geregelten Ablauf zu sorgen. Auch wenn er schon lange nichts mehr von jener Person gehört hatte, achtete er auf die Prioritäten und ließ sich nichts anmerken. Er hatte viele Spitzel entlarvt und weitere befanden sich in seinem Blick. Keiner würde entkommen. Solange aber nichts bewiesen war, würde auch er die Füße still halten und sie wie Marionetten benutzen. So lange wie es ging. Rum schmunzelte. „Fahr mich ins Café Poirot.“ Kapitel 31: Kir --------------- Mit angewinkelten Beinen saß Kir in ihrer Wohnung und ließ das letzte Jahr Revue passieren. Es war vieles passiert, aber sie war kaum einen Schritt weitergekommen. Stattdessen geriet sie selbst in den Fokus der Organisation und kämpfte um ihr Leben. Niemand durfte ihre wahre Identität herausfinden, niemand. Kir seufzte. Sie war schon lange nicht mehr mit ihrem richtigen Namen angesprochen worden: Hidemi. Sie war Hidemi, die Tochter von Ethan Hondo und CIA Agentin. Das durfte sie nie vergessen. „Ich bin…“, begann sie und wurde sich der Wanzen in der Wohnung wieder bewusst. „Ich bin stark und ich kann alles schaffen.“ Kapitel 32: Bourbon ------------------- Bourbon saß an seinem Schreibtisch zu Hause und ging ein paar Unterlagen durch. Leider hatte er sein Ziel für das letzte Jahr nicht erreicht, aber er würde nicht aufgeben. So war er nicht gestrickt. Dieses Jahr würde er die Organisation zur Strecke bringen. Egal wie. Bourbon nahm sein Zweithandy heraus und betrachtete alte Bilder. Hiromitsu Morofushi. Jinpei Matsuda. Kenji Hagiwara. Wataru Date. Seine Freunde waren tot, doch er schuldete es ihnen, weiterzumachen. Besonders Hiro. Sein Opfer durfte nicht vergebens sein. Bourbon ballte die Faust. Er wechselte regelmäßig zwischen zwei Identitäten, aber irgendwann würde er wieder er selbst sein: Rei Furuya. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)