Säuselstimme, Silberblick und Liebreiz von Platan ================================================================================ Kapitel 1: Darf ich Sie etwas fragen? ------------------------------------- Es war eine dieser Wochen, die Flordelis viel zu viele Nerven kostete. Ein Problem nach dem anderen türmte sich gnadenlos zu einem scheinbar unüberwindbaren Relaxo auf und ohne Pokéflöte war es nur schwer aus dem Weg zu räumen, wodurch mehrere Projekte ins Stocken oder gar in Stillstand gerieten. Obendrein die dunklen Abgründe der gierigen Menschen, die sich an Stellen zeigten, wo er es überhaupt nicht erwartet hatte … Neue, wichtige Einzelteile für das Labor wurden einfach nicht geliefert, ohne jegliche Erklärung, deshalb konnte Flordelis nicht weiter an den Zusatzfunktionen für den Holo-Log arbeiten. Eine wohltätige Organisation, an der er eine großzügige Summe gespendet hatte, klagte nun darüber, es sei zu wenig, und bat hoffnungsvoll um mehr. Das Geld für eine Firma, mit der er bisher eigentlich nur gute Erfahrungen gemacht hatte, wurde, ohne seine Zustimmung, für etwas vollkommen anderes verwendet. Außerdem versuchten einige Geschäftspartner sein Interesse für die eine oder andere fragwürdige Erfindung zu gewinnen. Und das war nur ein Teil von den Problemen, mit denen er sich leider in den letzten Tagen vermehrt herumplagen musste. Seine Nerven glichen inzwischen der Zündschnur eines Lektroballs. Jede weitere Kleinigkeit könnte eine heftige Explosion verursachen. Aus dem Grund hatte Flordelis beschlossen, sich mittags eine lange Pause von dem ganzen Stress zu gönnen, bevor am Ende seine eigenen Mitarbeiter unter seiner schlechten Stimmung leiden müssten. Das wäre nicht förderlich und führte schlimmstenfalls nur zu weiteren Schwierigkeiten. Also war es wichtig, sich zwischendurch etwas zu entspannen – obwohl es eigentlich noch eine Menge zu tun gäbe und seine Anwesenheit in den meisten Fällen nötig wäre. Dennoch ließ er sich von seinem persönlichen Fahrer mit dem Wagen zu einem seiner bevorzugten Cafés bringen. Natürlich hätte er sich auch bei seinem eigenen Bistro absetzen lassen können, doch die Gefahr war ihm zu groß, dort auch irgendeine Unstimmigkeit zu entdecken oder zu aufmerksam seine Angestellten bei der Arbeit zu beobachten, statt zur Ruhe zu kommen. Das Café Fleur prismatique bot ebenfalls besonders guten Kaffee an, einen der besten in ganz Illumina City. Genau das, was er jetzt dringend benötigte. Einen Seelenschmeichler. Am Ziel angekommen bedankte Flordelis sich bei seinem Fahrer und stieg aus. Mit großen Schritten betrat er anschließend das Café, bei dessen Logo es sich um einen diamantförmigen Kristall handelte, aus dem Blütenblätter wuchsen. Dieser Laden glänzte mit bodenständiger Eleganz und einem natürlichen Charme, der zum Träumen einladen sollte. Eine Vielzahl an Blumen und Pflanzen begrüßten jeden Gast sofort mit ihren lebendigen Farben. Sie waren geschickt und gleichmäßig als dekorative Elemente verteilt, so dass man sich nicht davon erdrückt, aber angenehm inspiriert fühlte. Neben Flordelis schätzten auch einige andere Leute aus gehobenen Kreisen dieses Café sehr, deswegen waren die Preise ein wenig höher als der Durchschnitt, aber durchaus noch gerecht. Jedenfalls hatte er das gehört, denn er musste sich in der Regel keine Gedanken um seine Finanzen machen und auch nicht zwingend darauf achten, wie viel er wo ausgab. Oft war es ihm nur aus persönlichen Gründen wichtig, nicht verschwenderisch mit dem Geld zu sein. Zielstrebig schritt er an einen freien Tisch in einer Ecke des Cafés, weil er nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte. Kurz darauf eilte eine Bedienung herbei und nahm seine Bestellung auf, ehe sie zum nächsten Gast huschte. Nun hieß es nur noch warten. Angespannt atmete Flordelis durch und rieb sich über die Stirn. Schnell ertappte er sich dabei, wie er schon darüber nachdachte, was er als nächstes erledigen sollte, sobald er zurück in seinem Büro war. Darum war er froh, als er wenige Minuten später seinen Kaffee bekam. Nachdem er etwas Milch hinzugefügt hatte, fing er an zu trinken. Wie gewohnt schmeckte er ausgezeichnet. Trotzdem gelang es Flordelis nicht seinen Kopf auszuschalten. Von jeglicher Form namens Entspannung fühlte er sich weit entfernt. Nicht mal ein gutes Buch könnte er nun genießen. Ihm fiel es einfach schwer, nicht an die ganzen Probleme bei der Arbeit zu denken und seinen Ärger vorerst wegzuschließen. Besonders wenn er an die Menschen dachte, die immerzu nur nahmen und noch mehr nahmen. Eigentlich gäbe es nur eine einzige Sache, die Flordelis unter Garantie helfen würde abzuschalten und die Seele baumeln zu lassen. Allerdings bezweifelte er, dass, nur weil er es sich wünschte, zufällig die wohltuende Stimme von Platan aus der Radiosendung Sternschauer am Abend im Café ertönte. Eine alberne Vorstellung. Solchen Fantasien sollte er sich gar nicht erst hingeben, auch wenn Platan diesbezüglich sicher eine andere Meinung hätte. Immerhin handelten viele Märchen, die er erzählte, von schicksalhaften Begegnungen. Vielleicht war der Mann in Wahrheit aber nicht derart verträumt, wie er sich gab, sondern ganz anders ... „Ich finde, du solltest weiter daran glauben“, betonte jemand zuversichtlich. „Es ist doch viel schöner und motivierender, an etwas zu glauben, statt alles in Frage zu stellen. Findest du nicht?“ Flordelis hatte die Kaffeetasse gehoben, um noch einen Schluck zu trinken, war jedoch mitten in der Bewegung eingefroren. Diese Stimme … Sie klang ein wenig anders, viel klarer und reiner, doch es war eindeutig die von Platan. Seine einzigartige Stimme musste man wiedererkennen. Zumindest war das für Flordelis selbstverständlich. Erneut war sie deutlich zu hören, im selben Raum, nicht weit weg: „Wir sind von so vielen Wundern umgeben, jeden Tag! Es kann schon helfen manchmal innezuhalten und das, was wir als selbstverständlich wahrnehmen, einfach zu genießen. Denk beispielsweise nur mal daran, welche Pokémon du heute schon gesehen hast. Menschen und Pokémon haben nicht immer so friedlich zusammengelebt. Daher ist schon das eines von vielen Wundern. Ein wahr gewordenes Märchen~.“ Langsam ließ Flordelis seine Tasse zurück auf den Tisch sinken und sein Herz schlug ein wenig schneller, während er unauffällig den Blick durch das Café schweifen ließ. Falls er sich diese Stimme nicht nur einbildete – er war gestresst genug, dass er diese Möglichkeit nicht für abwegig hielt – und jener Mensch, zu der sie gehörte, in diesem Moment wirklich hier war … Schließlich entdeckte Flordelis einen Mann, nur drei Tische entfernt, der so sehr strahlte, dass er sofort absolut sicher war. Platan. Dabei konnte es sich nur um Platan handeln. In dieser Sekunde schwieg er zwar und nickte lächelnd der anderen Person an seinem Tisch zu, aber er musste es sein. Der Moderator aus der Radiosendung war tatsächlich hier, im Café Fleur prismatique. Spätestens als Platan ein weiteres Mal zu sprechen anfing, gab es keine Zweifel mehr. Und doch blinzelte Flordelis ein paar Mal, weil er es nicht so recht glauben konnte. Von Platan ging eine prismatische, warme Aura aus, deren Glitzern und Funkeln der Umgebung noch mehr Glanz verlieh. Er war ein schlanker Mann, größer als der gewöhnliche Durchschnitt, soweit Flordelis das auf den ersten Blick beurteilen konnte. Schwarzes, welliges Haar, bei dem jede einzelne Strähne perfekt saß. Helle, graue und leuchtende Augen. Blasse Haut. Mehr und mehr verlor Flordelis sich in dem Anblick. Da er Platan, den man nur als gutaussehend bezeichnen konnte, regelrecht anstarrte, musste er sich dazu zwingen zwischendurch woanders hinzusehen, und wenn er nur abwesend den restlichen Kaffee in seiner Tasse betrachtete. Dafür lauschte er dem Gespräch, obwohl sich solch ein Verhalten nicht gehörte, aber es geschah wie von selbst. Anscheinend versuchte Platan momentan jemanden aufzubauen, dem es nicht gut ging. Wer mochte diese Person sein? Familie? Ein Freund? Jemand vom Sender? Jedes Mal, wenn Flordelis wieder einen Blick zu Platan riskierte, überschlug sein Herz einige Takte. Sicherlich lag es an der Aufregung, immerhin hörte er diesem Mann bereits so lange jeden Abend zu und hatte sich schon oft gefragt, wie er wohl aussehen mochte. Wie es wäre, ihn zu treffen. Und nun saßen sie im selben Café. Einfach so. Zufällig. Darauf war er wahrlich nicht vorbereitet. Flordelis hatte die Arbeit mit all ihren Problemen schon längst vergessen und genoss Platans Stimme, deren Klang ihn wie immer vollkommen in den Bann zog. So sehr, sie schien von den Wänden widerzuhallen und dadurch noch tiefer in ihn einzudringen. Das gesamte Café war erfüllt von einem Zauber, der dafür sorgte, dass man die Augen schließen und sich davon umarmen lassen wollte. So saß Flordelis einfach nur eine ganze Weile da, lauschte dem Gespräch und sah mehrmals zu Platan hinüber. Inzwischen mussten sein Kaffee schon kalt geworden sein. Irgendwann kam schließlich der Moment, in dem Platan und sein Gegenüber allmählich deutlich machten, bald aufzubrechen. Schlagartig wurde Flordelis von Nervosität gepackt, deren Krallen schärfer waren als die eines Sniebels, und doch ließ er sich äußerlich nichts davon anmerken. Was sollte er nun tun? Auf keinen Fall wollte er die Gelegenheit verpassen Platan endlich kennenzulernen, nur wusste er nicht, wie er am besten vorgehen sollte. Im Grunde blieb ihm nur eines und das wusste er insgeheim ganz genau: Flordelis musste ihn ansprechen, denn sonst würde Platan wahrscheinlich nicht von selbst auf ihn aufmerksam werden. Nicht solange er sich nur auf seine Begleitung konzentrierte. Kaum erhob Platan sich, stand auch Flordelis nur wenige Sekunden später auf und kramte rasch etwas Geld hervor, das er für den Kaffee auf den Tisch legte. Bestimmt war es zu viel, denn er achtete nicht wirklich darauf. Großzügige Trinkgelder für eine gute Arbeit waren allerdings keine Verschwendung. Also passte das schon. Außerdem wollte er lieber Platan folgen, hielt aber noch genug Abstand zu ihm, um nicht bemerkt zu werden. Erst wollte er einen geeigneten Zeitpunkt abwarten und sich ihm nicht in einer unpassenden Situation aufdrängen. Vor dem Café verabschiedeten sich Platan und sein Bekannter voneinander, mit einer Umarmung, bevor sie in unterschiedliche Richtungen davon gingen. Darüber war Flordelis seltsam erleichtert, da dieser ihm gänzlich Unbekannte für etwas Unruhe in ihm gesorgt hatte, was ihn selbst ziemlich verwunderte. Normalerweise hatte er keine Schwierigkeiten Fremde anzusprechen, auch wenn es mehrere Personen waren, weshalb er sich nicht erklären konnte, warum er sich nun so unsicher fühlte. Diesmal müsste er sich vor allem nicht einem neuen Geschäftspartner stellen, demnach sollte es ihm eigentlich noch leichter fallen. Eilig verließ auch Flordelis das Café und folgte Platan. Weiterhin hielt er einige Meter Abstand. Nun wäre durchaus ein guter Moment, ihn kurz aufzuhalten und in ein Gespräch zu verwickeln. Wohin Platan auch als nächstes wollte, es konnte sich nicht um einen dringenden Termin handeln, so gemütlich wie er unterwegs war. Mit federnden Schritten. Fast als würde er über den Boden schweben. Ein wenig zögerte Flordelis noch und betrachtete Platan, dessen Anblick auch von hinten überraschend fesselnd war. Über dem dunkelblauen Hemd trug er eine graue Schultertasche, in der sich manchmal etwas bewegte. Vermutlich ein kleines Pokémon. Viele Leute in Illumina City trugen sie gerne auf diese Weise bei sich und verzichteten auf Pokébälle. Oft galten die Pokémon in diesen Fällen aber eher nur als modisches Accessoire, was Flordelis verwerflich fand. Bei Platan musste es einen anderen Grund geben, sonst könnte man seinen Schmuck oder seine Trophäe andauernd aus der Tasche hervorlugen sehen. Nachdem Flordelis ihm – viel zu lange – schweigend gefolgt war, beschloss er die Nervosität niederzukämpfen und es endlich zu wagen ihn anzusprechen, sonst verpasste er die Gelegenheit dazu doch noch. Oder schlimmer, Platan hielt ihn am Ende möglicherweise für einen verrückten Stalker, so kam er sich jedenfalls inzwischen ein wenig vor. Außerdem gab es keinen nachvollziehbaren Grund für ihn sich Sorgen zu machen. Schlimmstenfalls wies Platan ihn darauf hin, keine Zeit zu haben, also hatte er nichts zu verlieren. Und wenn es zu einer längeren Unterhaltung käme, müsste er mit ihm nur über Märchen sprechen, womit es ein Thema gäbe, dank dem sie sich reichlich austauschen könnten. Gerade hielt Platan an einer roten Ampel und Flordelis konnte zu ihm aufschließen. Neben ihm blieb er stehen, räusperte sich vernehmlich und sprach ihn direkt an: „Verzeihung? Darf ich Sie etwas fragen?“ „Hm?“ Lächelnd wandte Platan sich ihm zu … und es war ein unbeschreibliches Gefühl, dieses Gesicht nun aus der Nähe sehen zu dürfen. Im Sonnenlicht wirkten Platans grauen Augen fast silbern, weshalb es Flordelis glatt die Sprache verschlug. Dafür war sein Herz umso lauter. Einige Sekunden sahen sie sich nur an, bis Platan eine Art Erkenntnis zu haben schien, denn seine Augen wurden plötzlich ein wenig größer und fingen auch noch an zu glitzern, wodurch sie noch schöner aussahen. Alles an diesem Mann war so blendend. Es war Flordelis fast peinlich, wie sehr er sich davon gefangennehmen ließ. Sicherlich machte er momentan keinen allzu würdevollen Eindruck, dabei hatte er viele Jahre gelehrt bekommen wie man in jeder erdenklichen Situation die Fassung bewahrte. Schließlich vollführte Platan eine einladende Handbewegung und zwinkerte ihm dabei zu. „Nur zu~. Was wollen Sie mich fragen?“ Abermals räusperte Flordelis sich und es gelang ihm zu seiner gewohnt gefestigten Haltung zurückzufinden. „Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, meine Neugier verlangt dennoch nach Gewissheit. Irre ich mich oder sind Sie tatsächlich der Moderator aus der Radiosendung Sternschauer am Abend?“ Sofort strahlte Platans Gesicht noch heller – wie auch immer das möglich sein konnte. „In der Tat, der bin ich~.“ „Platan, richtig?“ „Goldrichtig!“ Interessiert lehnte er sich näher zu ihm. „Wie haben Sie mich erkannt?“ Instinktiv wollte Flordelis sich zurücklehnen und wieder etwas Distanz schaffen, ließ die Nähe stattdessen aber einfach zu. Auch weil er sich darauf konzentrieren musste weiterhin gefasst zu wirken: „Ihre Stimme. Sie hat etwas Besonderes an sich und ist daher überaus einprägsam.“ „So?“ Schmunzelnd lehnte Platan sich zurück und wirkte äußerst zufrieden. „Vielen Dank, das schmeichelt mir sehr~. Eigentlich war die Frage überflüssig, denn woran sollten Sie mich sonst erkannt haben? Mein Gesicht kennen meine Zuhörer immerhin nicht. Und doch sind Sie die erste Person, die mich nur an meiner Stimme erkannt hat.“ Ein Hauch von Fassungslosigkeit schlich sich in Flordelis' Gesicht. „Das ist ein Scherz, oder?“ Lächelnd schüttelte Platan den Kopf. „Scherze liegen mir nicht wirklich.“ Hatte seine Stimme auf andere Menschen etwa nicht die gleiche anziehende Wirkung wie auf Flordelis? Während er das noch zu verarbeiten versuchte, griff Platan nach seinem Arm. Für gewöhnlich mochte Flordelis es nicht, wenn andere ihn berührten, erst recht nicht ohne vorher zu fragen, bei Platan fühlte es sich aber irgendwie so natürlich an, dass er es einfach zuließ. Vorsichtig zog er Flordelis zur Seite, um Platz an der Ampel zu machen, wo inzwischen eine Grünphase und somit viel Bewegung herrschte. „Darf ich nun Ihnen eine Frage stellen?“, begann Platan und legte die Hand, mit der er Flordelis am Arm berührt hatte, nun an sein Kinn. „Sie sind Flordelis, richtig?“ Flordelis. Seinen eigenen Namen zu hören, ausgesprochen von Platan, überwältigte ihn für einige Sekunden derart intensiv, dass er nur knapp darauf nicken konnte. Schwungvoll breitete Platan die Arme aus. „Natürlich! Wie könnte man eines der bekanntesten Gesichter von ganz Kalos nicht wiedererkennen? Ich habe Ihren letzten Fernsehauftritt gesehen. Wahrlich inspirierend. Sie haben ein Talent dafür mitreißende Reden zu halten.“ Etwas leiser sprach er weiter, als wolle er ihm ein Geheimnis mitteilen, und ließ die Arme wieder sinken. „Ehrlich gesagt bin ich ein großer Fan von Ihnen~.“ Solche Worte hörte Flordelis nicht zum ersten Mal. Schon oft hatten allerlei Menschen betont, wie inspirierend und großartig er sei, gefolgt davon, dass man ihn für seine Taten bewunderte. Leider handelte es sich in der Regel um Komplimente, die von außen zwar nett erscheinen mochten, in Wahrheit jedoch vor Hässlichkeit trieften, weil sie nur dazu gedacht waren sich an ihn heranzupirschen und seine Berühmtheit sowie sein Geld für sich zu nutzen. Noch nie hatten diese Worte so ehrlich und aufrichtig geklungen, wie es bei Platan der Fall war. Möglicherweise war Flordelis' Urteilsvermögen aktuell nur stark getrübt, immerhin war er selbst gerade auch nur ein Fan, der sich geehrt fühlte mit Platan sprechen zu dürfen. Natürlich konnte er sich daher nur über dessen Worte freuen und ein leichtes Lächeln huschte über seine Lippen. „Das kann ich nur zurückgeben. Ich höre mir jeden Abend Ihre Sendung an.“ Gerührt legte Platan eine Hand auf seine Brust. „Wie schön~. Ich kann gar nicht in Worte fassen, was für eine Freude Sie mir damit machen.“ Eigentlich wollte Flordelis einwerfen, wie viel Freude vielmehr Platan ihm mit seinen Geschichten schenkte, doch da sprach der andere schon erwartungsvoll weiter: „Uns muss das Schicksal zusammengeführt haben~. Das sollten wir entsprechend würdigen. Darf ich Sie zu einem Kaffee einladen?“ Schicksal. Bisher hatte Flordelis sich zuvor einzig durch die Radiosendungen ein Bild von Platan machen können und das, was er sich ausgemalt hatte, passte offensichtlich zu ihm. Wie erwartet konnte für diesen Mann ihr zufälliges Treffen nur eine Fügung des Schicksals sein. Kam diese Einladung nicht trotzdem etwas zu früh? Sie sprachen erst seit wenigen Minuten miteinander. Nun, er sollte das nicht in Frage stellen, sondern dankbar für diese Offenheit sein. „Zu einem Kaffee sage ich niemals Nein“, antwortete Flordelis – erst recht nicht mit der Aussicht auf eine derart besondere Gesellschaft. „Gute Antwort~.“ Wieder lehnte Platan sich näher zu ihm. „Jetzt sofort oder wollen wir uns für einen anderen Tag verabreden?“ Am liebsten wäre Flordelis direkt mit ihm ins nächste Café gegangen, bedauerlicherweise musste er auf seine Vernunft hören und die sagte ihm, dass er heute, trotz langer Pause, unbedingt nochmal ins Büro zurückkehren sollte. Für Platan würde er sich aber gerne so viel Zeit wie möglich nehmen, ohne ihr Gespräch irgendwann unterbrechen zu müssen, weil er dringend gehen müsste. Zu seiner Erleichterung bot Platan bereits von sich aus an, zum Kaffee trinken einen anderen Tag zu wählen, was zur Folge hatte, dass sie ihre Nummern austauschten. Flordelis konnte sich nicht daran erinnern über einen neuen Kontakt in seinem Adressbuch jemals so aufgeregt gewesen zu sein – er fühlte sich schlagartig einige Jahrzehnte jünger. Äußerlich blieb er dennoch gefasst und professionell. Als schließlich alle Einzelheiten geklärt waren, schenkte Platan ihm ein herzliches Lächeln. „Fein, fein~. Monsieur Flordelis, ich kann es kaum erwarten Sie wiederzusehen. Wir treffen uns in drei Tagen. Passen Sie bis dahin gut auf sich auf. Au revoir~.“ Flordelis gelang es noch, ein höfliches „Adieu“ zu erwidern, bevor Platan sich abwandte und seinen Weg fortsetzte. Dieses Lächeln. Dieses herzliche Lächeln hatte ihn zum Schluss nochmal aus der Bahn geworfen. Deshalb benötigte Flordelis einen Moment, bis er sich fangen und ebenfalls in Bewegung setzen konnte, um in seinen eigenen Alltag zurückzukehren. Platan. Nun wusste er, wer hinter dieser Stimme steckte, die Flordelis in seinen Bann gezogen hatte. Anscheinend besaß auch alles andere an Platan bisher eine unerwartet hohe Anziehungskraft auf ihn. Hoffentlich gelang es Flordelis beim nächsten Mal ein normales Gespräch mit ihm zu führen und sich nicht von Platans Charme ablenken zu lassen, den dieser zweifelsohne besaß. Wenn Platan ein Fan von ihm war, wollte Flordelis sich nämlich von seiner besten Seite zeigen – und darauf bauen, dadurch noch mehr Treffen mit ihm herausholen zu können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)