Säuselstimme, Silberblick und Liebreiz von Platan ================================================================================ Kapitel 3: Bist du deswegen ein Fan von mir geworden? ----------------------------------------------------- Etwas mehr als ein Monat war vergangen. Während dieser Zeit hatten Flordelis und Platan sich immer wieder verabredet, mindestens zwei Mal die Woche. Mit jedem einzelnen Treffen wuchs die Faszination für diesen Radiomoderator mehr und mehr, wodurch gleichzeitig auch die Märchenstunde am Abend noch magischer erschien. Inzwischen wurde Flordelis aber nicht mehr nur alleine von dessen Stimme in den Bann gezogen. Manchmal kam es ihm wie ein Traum vor, dass er dabei war diesen einzigartigen Mann besser kennenzulernen, genau wie er es sich gewünscht hatte. Es gab so vieles an Platan, was er anziehend fand – und Flordelis hoffte darauf, er konnte es gut genug verbergen. Zumindest bei den Gesprächen kam er nicht dazu sich zu verraten, da Platan derjenige war, der stets größtenteils die Initiative ergriff und gerne offen von sich erzählte. Für Flordelis war das vollkommen in Ordnung, denn auf diese Weise hatte er bereits vieles über ihn erfahren dürfen. Zum Beispiel, dass Platan neben seinem Job als Radiomoderator gelegentlich in einem Restaurant kellnerte, wo er, laut eigener Aussage, jede Menge Trinkgelder erhielt, was Flordelis ihm sofort glaubte. An einigen Tagen half er in der Pokémon-Pension auf der Riviére-Promenade aus. Außerdem aß er meistens nur wenig und trank dafür umso mehr Kaffee. Auf Rollerskates verlor er komplett seine Körperbeherrschung. Ihm wurde schnell kalt, schon bei einer frischen Brise. Als er jung war, reiste er durch einige Regionen wie Johto und Einall. Neben Parfi besaß er auch noch ein Mähikel und ein Hubelupf. All diese Details sowie Erzählungen hatte Flordelis aufmerksam und interessiert in sich aufgenommen, nun hütete er dieses Wissen wie einen Schatz. Neben diesen Informationen, die er von Platan selbst erfahren hatte, konnte er zudem anhand seiner eigenen Beobachtungen feststellen, was für ein gutmütiger Mensch dieser Mann war. Vielleicht sogar etwas zu naiv und mit zu viel Optimismus gesegnet, aber das mochte Flordelis an ihm. Jemand wie Platan würde sein hohes Ansehen in Kalos und sein Geld niemals gezielt ausnutzen. Bisher durfte Flordelis ihm nicht mal einen Kaffee ausgeben, weil er stets darauf bestand diesen selbst zu bezahlen und oft sogar einfach für sie beide zusammen die Rechnung übernahm. Anfangs fand Flordelis das merkwürdig und war etwas misstrauisch gewesen, doch es schien Platan wichtig zu sein, ihm auf die Art zusätzlich zu zeigen, dass er an ihm als Person interessiert war. Also wollte Flordelis ihn nicht vor den Kopf stoßen, zumal er sich auch darüber freute. Auf jeden Fall war Platan nun mehr als nur eine simple, flüchtige Bekanntschaft und das sah dieser mit Sicherheit genauso. Was waren sie aber dann? Freunde? Irgendwie … gefiel Flordelis diese Bezeichnung nicht. Sie wurde dem Gefühl nicht gerecht, das Platan in ihm auslöste. Als was wollte er Platan denn betrachten? Wie viel wäre angemessen für die Zeit, die sie sich kannten? Darüber dachte Flordelis etwas zu intensiv nach, als er sich an einem regnerischen Freitag spät nachmittags von seinem Fahrer mit dem Wagen nach Hause bringen ließ. Morgen war er wieder mit Platan verabredet. Ob er ihn einfach fragen sollte? Nein, besser nicht. Bestimmt würde er ihm sonst nur strahlend versichern, dass sie Freunde seien. Verständlicherweise. Wahrscheinlich war Flordelis der einzige von ihnen, in dem sich solche verwirrenderen Gefühl breitgemacht hatten. Möglicherweise ging seine Begeisterung als Fan allmählich etwas zu weit. Flordelis seufzte lautlos und warf durch das Fenster einen Blick nach draußen. Viel zu sehen gab es nicht. Schon seit dem Morgen wurde Kalos von einem nicht enden wollenden Regenschauer heimgesucht. Bei diesem Wetter war fast niemand zu Fuß unterwegs, bis auf einige wenige mutige Leute, die versuchten sich mit einem Regenschirm durchzukämpfen. Eine Person, an der sie vorbeifuhren, lief sogar nur mit einer dicken Winterjacke bekleidet draußen herum. Und erst auf den zweiten Blick erkannte er, um wen es sich bei dieser armen Seele handelte. Platan?! Augenblicklich bat Flordelis seinen Fahrer darum anzuhalten und nur einige Meter weiter parkten sie an der Seite. Rasch öffnete er die Tür und lehnte sich nach draußen, den Blick auf den völlig durchnässten Platan gerichtet, dessen Namen er rief. Verwundert hob der Angesprochene den Kopf und als sich ihre Blicke trafen, winkte Flordelis ihn fordernd zu sich. Glücklicherweise reagierte Platan sofort und eilte zu seinem Wagen. „Flordelis“, sagte er überrascht. „Was machst-“ „Steig ein“, bat Flordelis nachdrücklich, statt ihn ausreden zu lassen. „Was? Aber ich bin klitschnass. Ich werde deine Sitze-“ „Platan“, betonte er mit tiefer Stimme und befahl ihm nur mit einem ernsten Blick erneut einzusteigen. Etwas überfordert nickte Platan. „O-okay.“ Danach stieg er tatsächlich endlich in den Wagen und Flordelis schloss die Tür hinter ihm. Nun war er selbst etwas nass geworden, was nicht schlimm war. Vielmehr machte er sich Sorgen um Platan. Seine Winterjacke war eindeutig nicht für Regenwetter geeignet und hatte sich mit Wasser vollgesogen. Die sonst sorgsam frisierten Haare – wofür Platan morgens viel Zeit investierte, wie Flordelis dank seinen Erzählungen ebenfalls wusste – klebten platt an seinem Kopf und in seinem Gesicht. Erschöpft atmete Platan durch. „Danke. Dich muss Arceus geschickt haben.“ „Sieht ganz so aus ...“ Stirnrunzelnd sah Flordelis ihn an. „Warum bist du bei diesem Wetter draußen unterwegs? Noch dazu ohne Schirm?“ Während Platan vorsichtig die Jacke öffnete, unter der die Schultertasche zum Vorschein kam, lachte er ein wenig heiser. „Ich hatte einen dabei, aber den habe ich irgendwie … vergessen ...“ Irgendwie vergessen? „Und wohin wolltest du?“ „Nach Hause.“ Nicht zur Arbeit? Müsste er nicht in wenigen Stunden im Radio eine Geschichte erzählen? „Zu Fuß?“, hakte Flordelis irritiert nach. „Meintest du nicht mal, du lebst in einer Wohnung am äußersten Rand von Illumina City?“ „Nun“, erwiderte Platan leise, „das stimmt ja auch.“ Selbst mit einem Wagen würde es mehrere Minuten dauern, bis man dort ankäme. Deswegen traf Flordelis eine Entscheidung, ohne vorher Platan zu fragen, und wies seinen Fahrer an weiter sein eigenes Haus anzusteuern, mit etwas mehr Tempo. Kurz darauf setzte sich der Wagen wieder in Bewegung. Da Platan ihn verwundert ansah, lieferte er ihm sogleich eine Erklärung: „Bis zu mir ist es nicht mehr weit. Wenn wir dich nicht zügig trocknen und aufwärmen, holst du dir noch den Tod. Das würde ich gerne vermeiden. Und Parfi sicher auch.“ Aus der Schultertasche, die nun auf Platans Schoß lag, ertönte ein zustimmender Laut, was Flordelis sehr zufrieden stimmte. „Also … darf ich mit zu dir nach Hause kommen?“, hauchte Platan, mit einem seltsamen Unterton in der Stimme. Prüfend sah Flordelis ihn an. „Ist das ein Problem?“ „Nein, nein!“, versicherte Platan ihm hastig. „Das ist überhaupt kein Problem. Wirklich nicht. Vielen Dank, dass du dir diese Umstände für mich machst.“ Umstände? Sollte er anmerken, dass er so oder so nach Hause gefahren wäre? Oder ihm nur ein guter Grund gefehlt hatte, Platan mal zu sich einzuladen? Besser nicht. Im Moment wirkte Platan etwas durcheinander, also sollte er es nicht schlimmer machen. Ihn interessierte momentan nach wie vor etwas anderes. „Magst du mir unterwegs etwas genauer erklären, wie es dazu kam, dass du ohne Schirm im Regen unterwegs warst, obwohl dir so schnell kalt wird?“ Erfreut lächelte Platan ihn an. „Oh~, das hast du dir gemerkt? Nun, da du mich wie ein strahlender Held vor dem Regen gerettet hast, schulde ich dir wohl wirklich eine anständige Erklärung. Es war so, ich-“ Bevor er richtig anfangen konnte, musste er plötzlich niesen. Ein Laut, der so unbeschreiblich zart klang, dass man es nur als niedlich bezeichnen konnte. Und deshalb dauerte es einige Sekunden zu lange, bis Flordelis ein gefasstes „Gesundheit“ zustande brachte.   ***   Die heutige Sendung Sternschauer am Abend fiel aus. Aufgrund eines Sonderberichts über irgendein Event in Romantia City, zu dem man die Hintergrundgeschichte erläutern wollte. Angeblich hatte Platan das vergessen und war deswegen umsonst zu seinem Arbeitsplatz gekommen, wofür er sich so sehr schämte, dass er das Gebäude nach einigen kurzen Gesprächen eilig wieder verließ. Ohne seinen Regenschirm, an den er nicht mehr gedacht hatte, aber auch nicht zurückgehen wollte, um ihn zu holen. Flordelis glaubte ihm kein Wort. Einige Punkte an dieser Geschichte warfen neue Fragen auf. Wieso war dieser Sonderbericht kein einziges Mal angekündigt worden? Konnte Platan diese Sendung nicht trotzdem moderieren? Obendrein war sein geschätzter Radiomoderator offenbar ein schlechter Lügner – eine weitere Eigenart an ihm, die Flordelis sich merken würde. Sonst war Platan stets äußerst wortgewandt, diesmal verhaspelte er sich beim Erzählen jedoch mehrmals und redete allgemein viel zu langsam. Ihm war die Unsicherheit anzusehen. Es ärgerte Flordelis, dass Platan nicht ehrlich zu ihm sein konnte oder wollte. Bedeutete das, er vertraute ihm nicht? Eigentlich hätte Flordelis sich das denken sollen. Etwas mehr als ein Monat war bei Weitem nicht genug, um eine Vertrauensbasis zu schaffen. Das war ihm bewusst und doch … ärgerte es ihn. Natürlich zeigte er das aber nicht Platan, dessen Gesundheit ihm gerade mehr Sorgen bereitete. Somit rückte der Ärger schnell in den Hintergrund, erst recht als sie bei Flordelis ankamen und sie sich in eine warme Umgebung zurückziehen konnten. Dank Madame Perrine, seiner Haushälterin, war das Haus angenehm aufgeheizt. Drinnen führte Flordelis seinen Gast gezielt ins Bad, wo er ihm ein Handtuch gab und dem Drang widerstehen musste, einfach selbst behutsam Platans nasse Haare damit zu trocknen. Sicherlich bekäme er das problemlos alleine hin. Der Mann war erwachsen. Darum suchte er Platan stattdessen Wechselkleidung heraus, die er vorerst tragen könnte, bis seine eigenen Sachen über der Heizung getrocknet wären. Als Platan die Kleidungsstücke entgegen nahm, bedankte er sich leise murmelnd und wirkte beinahe unbeholfen. Sollte Flordelis ihm eventuell doch helfen? Nein. Nein, er musste vernünftig bleiben. Platan wollte ihm nicht mal verraten, was an diesem Tag wirklich vorgefallen war. Obendrein wäre es so oder so falsch, sich jemandem derart aufzudrängen. Im Grunde hatte Flordelis bereits eine Grenze überschritten, indem er Platan einfach in sein Haus entführt hatte. Auch wenn das laut ihm kein Problem war, sah ein respektvolles Verhalten anders aus. Wann war Flordelis so egoistisch geworden? Zur Ablenkung kochte er in der Küche eine Kanne Kaffee, während Platan sich im Bad trocknete und umzog. Für seinen Gast holte Flordelis das besonders hochwertige Geschirr aus der hintersten Ecke hervor, für Parfi einige Illumina-Galetten, und bemühte sich den Glastisch im Wohnzimmer perfekt zu decken. Möglichst ohne dabei mit seinen Gedanken abzudriften, sei es zu Platan, der sich gerade in seinem Bad befand, oder zu der Frage, ob sie sich jemals nahe genug stehen würden, um einander zu vertrauen. Schließlich nahm er auf einem der roten Sessel Platz und wartete geduldig. Wartete. Und wartete. Hätte er Platan doch nicht alleine lassen sollen? Bevor er irgendwelche besorgniserregenden Vermutungen aufstellen konnte, kam Platan nach fast einer Stunde endlich zu ihm ins Wohnzimmer. Wie erwartet war Flordelis' Kleidung ihm zu groß, erfüllte dennoch ihren Zweck und war vor allem trocken. Dank eines Gürtels blieb die Stoffhose dort, wo sie sein sollte, und die langen Ärmel von dem roten Hemd hatte Platan einfach etwas nach oben gerollt. Parfi wollte wohl vorerst in der Schultertasche bleiben, die er wie gewohnt bei sich trug. Normalerweise strahlte Platans äußeres Erscheinungsbild immer eine bescheidene Eleganz aus und nun … war er einfach irgendwie bezaubernd. Sein Haar war nur ordentlich durchgebürstet, was ein neuer Anblick war. Einige wellige Strähnen standen an ein paar Stellen etwas ab. Noch dazu diese geröteten Wangen, was noch von der Kälte her rühren musste. Wie sollte Flordelis das nicht bezaubernd finden? „Tut mir leid, dass du so lange warten musstest“, entschuldigte Platan sich aufrichtig. „Ich bin nur so begeistert von deinem Haus. Ich stand eben bestimmt mehrere Minuten einfach nur vor dieser einen Tapete neben dem Bad und habe sie bewundert, weil sie so perfekt zu dieser edlen Einrichtung passt.“ Erstaunt hob Flordelis eine Augenbraue. „Du hast so lange gebraucht, weil du dir die Tapete in meinem Haus angesehen hast?“ „Unter anderem“, bestätigte er und breitete mit glitzernden Augen die Arme aus. „Ich habe eine Schwäche für Eleganz~. Und dein Haus trifft eindeutig meinen Geschmack. Überall diese königlichen Rottöne! So viele antike Möbel und Dekorationen, die geschickt mit modernen Elementen kombiniert wurden! Hast du dir einige der filigranen Muster auf der Tapete oder auf den Teppichen mal genauer angesehen? Wahre Handwerkskunst~. Ich würde dich am liebsten bei vielen Stücken zu der Geschichte dahinter fragen und woher sie stammen. Das wäre sicherlich überaus interessant.“ Da war er wieder. Der Platan, der ihn voll und ganz in seinen Bann zog. Andere hätten Flordelis eher danach fragen wollen, wie teuer einige der Gegenstände in seinem Haus waren und wie viel Wert dieses an sich besaß. Aber Platan? Er interessierte sich nur für die Geschichten hinter den einzelnen Stücken. Wie herrlich erfrischend. Es erheiterte Flordelis so sehr, er konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Der Großteil von dem, was du hier siehst, sind Erbstücke, zu denen ich leider nichts zu erzählen weiß. Ich glaube, nicht mal meine Eltern kannten noch den Ursprung der Einrichtungsstücke, die sie übernommen haben. Wir finden bestimmt trotzdem etwas, zu dem ich dir mehr sagen kann. Magst du dich vorher mit einem Kaffee aufwärmen?“ Abwartend sah er Platan an, der den Blick schweigend erwiderte, nach wie vor mit diesem Glitzern in den Augen, welches an Intensität zunahm. „... Platan?“ „Hm?“ Blinzelnd schien der Angesprochene erst aus einer Art Trance erwachen zu müssen. „Ah, entschuldige. Ich habe dich eben nur das erste Mal richtig lachen hören.“ „... Was?“ Schmunzelnd zwinkerte Platan ihm zu. „Das hat mir sehr gefallen~. Ich hätte nichts dagegen, wenn du das mal wiederholst. Stand dir außerordentlich gut.“ Solcherlei Komplimente fielen zwischendurch immer wieder, wenn sie sich trafen. Mal mehr, mal weniger. Auch diesmal sorgte es dafür, dass Flordelis' Herz ungesund zu flattern anfing. Er fragte sich, ob Platan bei jedem so war oder nur bei ihm. Und ob er das nur tat, weil er glaubte irgendeinen Wettkampf gewinnen zu müssen, da Flordelis zuerst mit den Komplimenten angefangen hatte. Glücklicherweise erwartete Platan anscheinend keine Reaktion von ihm, sondern setzte sich zu ihm auf den anderen Sessel und bedankte sich für den Kaffee, an dem er sich sogleich bediente. Zufrieden stellte Flordelis fest, dass er Platan wohl schmeckte, da von ihm nach dem ersten Schluck ein seliges Seufzen folgte. Danach begutachtete er die Blumenmuster auf dem Geschirr genauer und betonte, wie wundervoll es aussah. Es war schön, wie sehr er auf solche Dinge achtete und sie zu schätzen wusste. Langsam ließ Platan die Tasse sinken. „Ich hoffe, du denkst jetzt nichts Falsches von mir.“ Da Flordelis darauf nur irritiert die Stirn runzelte, folgte direkt eine Erklärung: „Du denkst jetzt hoffentlich nicht, ich wollte dich nur kennenlernen, um mich hier einzuschleichen und irgendwelche Vorzüge zu genießen. Ich meine, ich habe wirklich eine Vorliebe für solcherlei Eleganz, nicht an dem Luxus an sich, auch wenn das wie eine Ausrede klingt.“ Platan sah ihm fest in die Augen und sprach eindringlich weiter. „Ich möchte dir trotzdem an dieser Stelle versichern, dass mein Interesse an dir nichts mit deiner königlichen Abstammung und dem damit verbundenen Lebensstil zu tun hat.“ Also wusste er von Flordelis' Vorfahren. Darüber sollte er sich nicht wundern, denn jeder konnte das leicht herausfinden, sofern man sich etwas intensiver mit seinem Hintergrund beschäftigte und einige ältere Artikel von Klatschmagazinen durchging. Er selbst prahlte niemals mit seiner Abstammung, sondern betrachtete das vielmehr als eine wichtige Rolle, mit der eine große Verantwortung für Kalos einher ging, obwohl in dieser Region schon lange kein König mehr regierte. „Ich weiß“, entgegnete Flordelis gefasst und schmunzelte ein wenig. „Meine mitreißenden Reden, richtig?“ Dem anderen entglitt ein schweres Seufzen, so angespannt schien er innerlich gewesen zu sein. „Ich meine das ernst. Das macht mir Sorgen.“ „Ich weiß“, wiederholte Flordelis sanft, um ihn zu beruhigen. Nachdem er kurz innegehalten hatte, wagte er es eine Fragen zu stellen: „Habe ich denn unrecht? Als wir uns zum ersten Mal miteinander unterhielten, meintest du, meine Reden seien mitreißend. Bist du deswegen ein Fan von mir geworden?“ So genau hatten sie bisher nie darüber gesprochen, weil sie einfach noch nicht dazu gekommen waren. Ihm war es wichtiger gewesen mehr über Platan zu erfahren, doch nun war er tatsächlich neugierig. Erst recht nachdem er nun deutlich darauf hingewiesen wurde, dass er es nicht seiner Abstammung zu verdanken hatte, Zeit mit Platan verbringen zu können. Dieser wandte ein wenig den Blick ab und wurde etwas verlegen. „Bei deinen Fernsehauftritten hast du diese besondere Ausstrahlung. Ein inneres Feuer, das hell anfängt zu lodern, wie die Hoffnung selbst, sobald du über deine Vorstellungen für die Zukunft, über deine Ansichten und Ideale sprichst. Das hat mich in den Bann gezogen. Ich wollte dich unbedingt treffen und besser kennenlernen. Ich dachte, jemand der mit so viel Leidenschaft versucht die Welt zu verbessern – ein Vorhaben, das viele belächeln – der versteht sicherlich auch, warum ich so viel Begeisterung für all die wundervollen Geschichten empfinde, die es gibt, weil sie mir vor Augen führen, von wie viel Schönheit wir umgeben sind. Warum ich sie gerne mit anderen teilen möchte. Mit diesem Gefühl kam ich mir immer etwas einsam vor. Darum spürte ich zu dir eine Art Verbundenheit.“ Das … überwältigte Flordelis ein bisschen. Ein bisschen zu sehr. Eine solch tiefgreifende Antwort hätte er kommen sehen müssen und doch war er überrascht. Um sich das nicht anmerken zu lassen und Platan nicht zu intensiv anzustarren, trank er rasch einen Schluck von dem Kaffee – den er sich in der Zwischenzeit in eine Tasse gefüllt und mit Milch vermischt hatte. „Außerdem“, fuhr Platan fort, so leise, dass man es leicht überhören konnte, „finde ich dich auch sehr attraktiv.“ In derselben Sekunde verschluckte Flordelis sich an seinem Kaffee und versuchte die Haltung zu wahren, trotz des schweren Hustens. Hatte er das eben richtig gehört? Oder war das Einbildung gewesen? Als er sich ein wenig gefangen hatte, sah er den anderen verwirrt an. Allerdings trank Platan nur unschuldig seinen eigenen Kaffee und erwiderte Flordelis' Blick somit schweigend. Hatte Platan gerade … Wollte er nur die Stimmung etwas lockern oder schlicht herumalbern? Sollte Flordelis fragen? „Aber du kannst mir nicht anvertrauen, was heute wirklich bei dir vorgefallen ist?“, entglitt es ihm stattdessen, bevor er darüber nachdenken konnte. Ein wenig erschrocken schüttelte Platan den Kopf. „Was?“ Sofort hob Flordelis entschuldigend eine Hand. „Verzeih. So weit hätte ich nicht gehen dürfen. Du musst darauf nicht antworten ...“ Nach diesen Worten setzte eine unangenehme Stille ein. Dabei war die Stimmung zuvor so gut gewesen. So … verwirrend, aber perfekt. Warum musste er diesen besonderen Moment ruinieren? Hätte der Ärger über das mangelnde Vertrauen nicht einfach weiterhin in einer dunklen Ecke verharren können? „Es ist nicht so, dass ich dir nicht vertraue“, sagte Platan nach einer Weile ruhig. „Falls ich dir dieses Gefühl gegeben habe, tut es mir leid. Ich habe dir nicht die Wahrheit gesagt, weil ich wenigstens in deiner Gegenwart nicht an meine Probleme denken will. Ehrlich gesagt, habe ich Ärger mit meinem Vorgesetzten vom Sender. Deshalb-“ „Schon gut“, unterbrach Flordelis ihn. „Das genügt mir bereits. Du musst nicht weiterreden, wenn du das nicht willst.“ Erleichtert atmete Platan ein wenig auf. „Danke. Wenn uns das Schicksal schon wieder zusammengeführt hat, will ich die Zeit mit dir genießen. Ohne dich wäre das ein düsterer Tag geworden. Ich hätte bei diesem Wetter nicht mal meinen Zufluchtsort besuchen können.“ „Darf ich erfahren, wo das ist?“, hakte Flordelis nach. „Oder ist es sonst kein Zufluchtsort mehr?“ Über die Frage freute Platan sich scheinbar, er lächelte herzlich. „Oh, schon in Ordnung, du bist der einzige, dem ich es verraten würde~. Also-“ Leider wurde er erneut unterbrochen, diesmal jedoch von Flordelis' Holo-Log, der sich meldete. Auf diesen Anruf sollte er reagieren, auch wenn es ihm nicht gefiel und er sich lieber nur auf Platan konzentrieren wollte, der ihm verständnisvoll zu verstehen gab, dass er geduldig warten würde. Dankbar stand Flordelis auf, zog den Holo-Log aus seiner Hosentasche und entfernte sich einige Schritte. An einer Anrufererkennung arbeitete er aktuell noch, daher wusste er nicht, was ihn erwartete. In der Regel meldeten sich über den Holo-Log oft nur seine Mitarbeiter, Geschäftsleute oder Pachira. Also Personen, die mit seiner Arbeit zu tun hatten. Aus dem Grund setzte er ein ernstes Gesicht auf und unterstrich somit seine autoritäre Ausstrahlung, ehe er den Anruf annahm. Es war Pachira, die wegen den Holo-Log-Nachrichten einige Fragen hatte – und scheinbar nett mit ihm plaudern wollte, weil sie an ihn gedacht habe, doch das konnte er aufgrund seiner Erfahrungen mit ihr zügig unterbinden. So konnte er kurze Zeit später zu Platan zurückkehren, der inzwischen Parfi mit Hilfe einer Illumina-Galette aus der Schultertasche locken konnte und sie nun auf seinem Schoß fütterte. Wieder ein überaus bezauberndes Bild. „Entschuldige die Unterbrechung.“ „Schon in Ordnung~“, versicherte Platan ihm. „Gibt es Probleme?“ „Nein, es war nicht wichtig.“ Diese Antwort kam selbst Flordelis etwas zu hart vor, in Bezug auf Pachira, weshalb er sich korrigierte: „Es hatte nichts mit der Arbeit zu tun.“ „Fein, fein~.“ Seufzend lehnte er sich in dem Sessel zurück. „Ich hätte auch gerne einen Holo-Log. Eine unglaublich praktische, geniale Erfindung übrigens. Das hast du sicher schon oft gehört, aber dafür sollte man dich ruhig immer wieder loben, finde ich. Jedenfalls gelingt es mir einfach nicht genug zu sparen, um mir einen leisten zu können. Ich gebe zu viel Geld in Cafés aus.“ Das Lachen im Anschluss sollte Flordelis wohl verdeutlichen, diese Worte nicht zu ernst zu nehmen. Dabei hätte er sich gerne erkundigt, ob der Holo-Log zu teuer sei. Immerhin sollte er allen Menschen zugänglich sein, auch jenen die weniger Geld zur Verfügung hatten. Darüber musste er sich dringend nochmal mit einigen Leuten auf der Arbeit unterhalten. „Ah“, gab Flordelis gespielt empört von sich und strich sich dabei über den Bart. „Aus dem Grund hast du dich also in Wahrheit mit mir angefreundet. Um günstig an einen Holo-Log heranzukommen.“ Zutiefst entsetzt starrte Platan ihn mit großen Augen an, weshalb er diesen Scherz auf der Stelle bereute und ihn direkt darüber aufklärte, dass er das natürlich nicht ernsthaft dachte. Am besten sollten sie beide zukünftig darauf verzichten lustig sein zu wollen. Dafür waren sie beide zu sensibel, wie es schien. „Wir sind also Freunde, hm?“, merkte Platan an. Erst da fiel Flordelis auf, dass er diese Bezeichnung verwendet hatte. Freunde. Genau das, was ihm nicht genug war. Nicht bei Platan. Sein herzliches Lächeln lenkte ihn von diesem Dilemma aber schnell ab. „Wie schön, mein Lieber~.“ Mein Lieber? Pachira neigte dazu, ihn ebenfalls auf diese Weise anzusprechen und ein wenig störte Flordelis sich daran. Bei Platan klang es aber anders. Angenehmer. Das tröstete ihn etwas über den Status Freund hinweg. Parfi zwitscherte zufrieden, als sie die Illumina-Galette vollständig verputzt hatte, und kuschelte sich in Platans Schoß hinein, der sich dafür bedankte, dass Flordelis so umsichtig gewesen war an die Kleine zu denken. Für ihn war das selbstverständlich, doch Platan betonte, wie liebevoll das von ihm sei. Also ließ Flordelis es einfach so stehen, weil er sich über diese Worte freute. Erwartungsvoll wanderte Platans Blick von Parfi zu ihm. „Wenn ich schon mal bei dir zu Hause bin, darf ich dann deine Pokémon kennenlernen?“ Flordelis hatte sich eben erst selbst wieder gesetzt und schmunzelte amüsiert. „Wolltest du mir nicht vorhin mehr über deinen Zufluchtsort verraten? Und noch Geschichten zu einigen Einrichtungsstücken in meinem Haus hören?“ „Das können wir doch alles machen~“, meinte Platan zuversichtlich. „Oder hast du nicht mehr so viel Zeit? Ich hätte nichts dagegen ein wenig länger zu bleiben.“ „So?“ Die Wärme, die sich in seiner Brust ausbreitete, spiegelte sich in dem Lächeln wider, mit dem Flordelis ihn ansah. „In dem Fall bist du herzlich dazu eingeladen so lange zu bleiben, wie du willst. Aber nur, wenn ich dafür auch Mähikel und Hubelupf kennenlernen darf.“ Platan erwiderte das Lächeln strahlend. „Liebend gerne~.“ In diesem Moment war Flordelis dankbar für den Regen, der dafür gesorgt hatte, dass Platan nun hier bei ihm saß und sie früher als geplant Zeit miteinander verbringen konnten. Vielleicht sollte er ihm anbieten in seinem Gästezimmer zu übernachten, da sie morgen ohnehin miteinander verabredet waren. Das entschied Flordelis am besten spontan, wenn er das Gefühl hatte, damit nicht zu aufdringlich zu sein. Vorerst wollte er Platans Anwesenheit einfach nur genießen. Und sich darüber freuen, ihm an diesem Tag noch näher gekommen zu sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)