Grace and Disaster von Hypsilon (Haikyuu!! on Ice!!!) ================================================================================ Kapitel 1: Together ------------------- ❄️ Mit einem scharfen Schleifen beendete Kenma im Training die letzte Figur seines Kurzprogrammes für den Vorentscheid der japanischen Meisterschaft. Die Ausdrehung war perfekt in jeder Hinsicht. Der Stand zugleich fest und sanft, wie Kenma in der Verneigung den Arm streckte und die Hand über seinen Kopf hinweg bewegte und sich schließlich wieder aufrichtete um an die Bande zu fahren, wo Kuroo klatschte, aber einen Blick auf dem Gesicht hatte, den er so nicht kannte. Fordernd sah er ihn an, weil er wollte, dass er sagte, was ihn störte. Er selbst war sich keines Fehlers bewusst. Das Kurzprogramm war perfekt. Die Sprünge waren hervorragend wie immer, die Landungen saßen und Kenmas Körperspannung ließ erst nach, als er es sich zum Ausfahren erlaubt hatte. „Kenma… für wen fährst du?“, fragte Kuroo beim Reichen der Wasserflasche. Kenmas Antwort kam knapp und prompt: „Für dich.“ Kuroo seufzte. „Warum?“, fragte er weiter. Kenma zuckte mit den Schultern. „Weil du es gesagt hast“ war die unzufriedenstellende Antwort. Kuroo seufzte wiederholt. Er erinnerte sich an damals. Als er mit seinem Vater in die Nachbarschaft gezogen war. ❄️ Es war Winter. Bitterkalt und am Stadtplatz gab es einen Eislaufplatz, wo seine neuen Mitschüler tollten, aber Kuroo hat sich nicht getraut, mit ihnen zu gehen. Stattdessen stand er hinter seinem Vater an der Türschwelle der Nachbarn und kreuzte nur für einen kurzen Moment den Blick mit dem Jungen, der hinter dessen Mutter versteckt lehnte. Die Erwachsenen sprachen, stellten einander vor und Kuroos Vater hob hervor, wie schüchtern sein Sohn war. Unangenehm. Aber es war zu erkennen, dass es dem anderen Jungen genauso ging. Ein Lächeln zierte seine Lippen, als Kenmas Kopf weiter ins Bild rückte. Kenmas Mutter legte ihre Hand auf seinen Kopf. Irgendwann saß Kuroo neben Kenma auf dessen Bett, mit einem Kontroller für die am Fernseher angeschlossene Spielekonsole und war in eine Welt abgetaucht, in der Kenma einsame Spitze war, er selbst aber auch auf gewisse Weise versinken konnte. Solange, bis sich Kuroo wieder an seine Mitschüler erinnerte, die über das Eis glitten. „Kannst du Eislaufen?“, fragte er Kenma, der schüttelte umgehend den Kopf. Auf die Frage, ob er es gerne probieren mochte, zögerte er und Kuroo hat die Chance am Schopfe gepackt. Seit diesem Tag waren sie immer mal wieder am Stadtplatz, später in der städtischen Eishalle und zwischendurch wieder in Kenmas Zimmer an den Kontrollern. ❄️ Kuroo hat damals schon erkannt, dass Kenma ein Talent dafür hatte. Er hat ihm Kombinationen aus dem Internet gezeigt, Schrittfolgen, Sprünge und Figuren und Kenma hat jede einzelne perfekt gemeistert, während er selbst sich damit quälte, bis er annähernd so gut war wie der Jüngere. Aber Kenma… er war wunderschön anzusehen. Immer. Aber damals wie heute fehlte ihm etwas. Als Kindkonnte Kuroo es nicht nennen, er war selbst zu jung und unerfahren. Aber heute, wo Kenma vor ihm stand und seine Abfolgen ohne jegliche Emotionen fuhr, perfekt zwar, aber kälter als das Eis unter ihm, war ihm bewusst, dass die Leidenschaft fehlte. „Wie wär’s, wenn du für dich fährst?“, schlug er vor. „Wie wär’s, wenn ihr euch beide nicht mit dem Training überfordert?“, kam es plötzlich lauter hinter ihnen. Kuroo zuckte zusammen. „Ich bin fertig für heute“, sagte Kenma und glitt dabei von der Eisfläche. Co-Trainer Naoi trat an die beiden heran. „Schade“, sagte er zu Kenma. „Ich hätt‘s gerne gesehen.“ Doch Kenma bestand darauf, dass es so war wie immer. Kuroo zuckte mit den Schultern aber nickte. Der Ältere wurde auf die Eisfläche geschickt und so, wie es immer war, hafteten Kenmas Augen fasziniert an Kuroos ungeahnter Grazie. Er wusste nicht, was es war, aber Kuroo hat sich über die Jahre zu einem frechen selbstbewussten Teenager entwickelt, der sich für keinen Spruch zu schade war und der mit Leichtigkeit auf Andere zugehen konnte. Von dem schüchternen Jungen, der sich im Schatten seines Vaters versteckt hatte, war nichts mehr übrig. Aber wenn er am Eis war, da war auch von seinem frechen Wesen nichts mehr zu sehen. Als würde Kenma eine ganz andere Seite seines besten Freundes sehen. „Sieh auf sein Gesicht“, sagte Coach Nekomata, der auch bereits die Halle betreten hatte und nun neben Kenma stand. Kenma kniff die Augen zusammen. Nur spärlich erkannte er, was sein Coach meinte. Kuroo hatte die Augen teilweise geschlossen und schaffte es, sie genau dann zu öffnen, wenn allein schon die Musik für Gänsehaut sorgte. Da war auch das freche Wesen wieder. Der Blick, der nicht nur Kenma in den Bann zog, sondern auch dieses Grinsen, das Kuroo aufsetzte, wenn er sich einer Sache ganz sicher war. Kenma wich einen Schritt zurück. Es war einschüchternd wie einnehmend. Coach Nekomata neben ihm ließ ein leises Lachen tönen. „Wenn du das kannst, steht deinem Platz 1 nichts mehr im Weg“ Aber Kenma konnte es nicht, obwohl ihm sein Trainer versichert hatte, dass sein Gesichtsausdruck manchmal Bände sprechen konnte. Das waren Reaktionen. Nichts, was er aufsetzen konnte, weil er von Leidenschaft getrieben war oder wie hat sein Jahrgangskamerad Yamamoto einmal gesagt? Kenma hatte die Willenskraft dafür einfach nicht. ❄️ Und Kenma hatte die Willenskraft auch am Tag des Vorentscheids nicht. Brauchte er auch nicht. Es reichte auch so. Mit seiner Kür zur Serenade des Wassers aus einem seiner Lieblingsspiele (Zelda, Ocarina of Time) bannte er sowohl das Publikum als auch die Juroren ganz in seine Performance. Er setzte seine Sprungkombinationen ideal und landete den dreifachen Lutz hervorragend wie eh und je, gefolgt vom vierfachen Rittberger, der den Höhepunkt des Laufes allerdings auch schon beendete. Jede noch so kleine Bewegung saß perfekt, aber zum Ende hin ließ die Schwierigkeit nach, wie es bei Kenma immer war. Er wurde müde. Sein Körper schmerzte und er riskierte es nicht, einen Fehler zu machen und spielte das Ende sicher aus. Mit seiner Sicherheit hat er neben dem aufbrausenden Bokuto der Fukurodani, der eine, wie man es von ihm gewohnt war, eher unübliche Darbietung zu Klaus Badelts He’s a Pirate lieferte auch seinen besten Freund Kuroo ausgestochen, aber für Platz 1 reichte es nicht. Den holte der elegante Iizuna der Itachyama mit seiner zarten Kür zu Hania Ranis Eden. „Gut, dass die besten drei zum Halbfinale antreten dürfen“, sagte Kuroo lachend zu Kenma, als dieser mit einem müden Blick auf die silberne Medaille vom Eis glitt. „Schade, dass du nur vierter wurdest“, seufzte Kenma und ließ sich von seinem besten Freund die Schoner auf die Kufen legen. „Danke“ Kuroo richtete sich auf und winkte ab. „Ach, ich hols mir nächstes Jahr. Stich du für Kanto die anderen aus und fahr zum Finale“, sagte er. Dennoch mit bitterem Beiton, denn er hat nicht einfach nur den vierten Platz gemacht, er hat ihn hinter Bokuto belegt und dessen breites stolzes Grinsen hätte er ihm am liebsten aus dem Gesicht geschnitten. „Bro, ich hätte echt auf ein Match in der Olympiahalle gehofft“, sagte der schräge Vogel. „Gegen dich fahr ich gleich hier und jetzt nochmal ganz persönlich“, erwiderte Kuroo mit geprellter Brust. Kenma verdrehte die Augen über dieses Verhalten. „Gut“, sagte Bokuto. „Gut“, sagte auch Kuroo nochmal etwas bestimmter und als die Halle geräumt und die Eisfläche leer war, ging der Eiskunstlauf Dance off der beiden Jungs los, die eigentlich ziemlich gute Freunde waren. Aber wenn es um den Sport und die Leidenschaft ging, da schenkten sie einander nichts. Kuroo begann bei On The Floor von Jennifer Lopez und Pitbull auch gleich mit einem herausfordernden Blick zurück zu fahren und deutete Bokuto mit ziehenden Handgesten, ihm zu folgen. Auch sein Gesichtsausdruck war von Anfang an wieder voll im Moment. Kuroo ließ sich von Bokuto sogar bereitwillig in J Los Part drängen. Pitpull passte auch viel besser zu Bokuto, der hatte diese zarten Figuren nicht drauf. Zu ihm passten die aggressiven Töne und Schrittfolgen, die Kuroo umkreisten und in die Knie zwangen. Aber durchaus auf eine Art und Weise, die bei einem Wettkampf einer Altersfreigabe bedurft hätte. Kenma fühlte sich unwohl, ihnen bei ihrem kleinen Dance-Off zuzusehen. Dennoch wusste er, dass sie ihn danach fragen würde, wer das Ding gewonnen hatte. „Kann ich nicht sagen“, war Kenmas Antwort, die sie beide nicht akzeptieren wollte. „Aber ich hab das viel cooler und riskanter gemacht“, prahlte Bokuto. „Dafür war ich der pure Sex zu deinen Füßen“, lachte Kuroo. „Ihr solltet in Erwägung ziehen, auch mal Paarlauf zu machen.“ Zwei weitere Jungs kamen von der Tribüne herunter. Die diesjährigen Favoriten Akinori Konoha und sein Partner Keiji Akaashi. Bokuto und Kuroo verfielen beide in Gelächter. „Ernsthaft, ihr hab ne Spannung, gegen die wir gerne antreten würden“, sagte Akaashi nachdem Konoha den Vorschlag gemacht hatte. Kenma verstand sofort, was der Junge aus seinem Jahrgang meinte. Es blieb auch ihm nicht verborgen, dass der geplante Versus eigentlich ein Featuring geworden ist. „Zuerst hol ich mir die Goldmedaille im Einzel. Danach kann ich neue Herausforderungen annehmen“, sagte Bokuto und schlug Kuroo so stark auf die Schulter, dass dieser einen Schritt nach vorne machte. „Bei aller Ehre, Bro, aber mit dir teil ich mir das Rampenlicht nicht“, wusste Kuroo, dass es mit Bokutos zeitweisen Launen als Paar für das Doppel alles andere als lustig werden würden. Für den Paarlauf konnte auch Kenma sich nicht besonders erwärmen. Er sah das als zu intim an und das Vertrauen, das er dafür einem anderen Menschen aufbringen müsste, hatte er maximal für Kuroo und der war wohl genauso abgeneigt. „Was für ein Verlust“, sagte Konoha. Er zog sich die Schoner von den Schlittschuhe und legte sie gemeinsam mit denen von Akaashi auf die Bank bevor sie beide die Eisfläche betraten. Auf Bokutos Vorschlag hin, sahen die drei sich schließlich noch das Training des Paares an und bekamen eine ganz neue Definition von Teamgeist vorgesetzt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)