Megami Kouhosei Akte 02 von Autumn (TEIL II) ================================================================================ Kapitel 1: Curriculum 00: Beten ------------------------------- Konnichi wa, Leute! Hier ist die erste Episode des zweiten Teils! Viel Vergnügen! Curriculum 00: Beten Doktor Croford beugte sich über Rioroutes Verletzung. Es gab jetzt nur noch sie, den Operationssaal und ihren Patienten. Sie würde nicht aufgeben! Sein Leben hing von ihrem Handeln ab und sie würde ihn nie und nimmer sterben lassen! Einmal während eines Eingriffes war ihr ein Fehler unterlaufen, reine Flüchtigkeit, doch der Kranke hatte es büßen müssen. Anstatt ihn zu heilen, war er ihr unter den Händen verstorben. Nie wieder würde sie zulassen, dass so etwas geschah! Sie war Ärztin, weil sie sich dazu berufen fühlte und weil es ihr Wunsch war, Leben mit dem größtmöglichen Einsatz zu retten und nicht, sie zu verlieren. Sie würde nicht aufgeben, nicht hier und jetzt! Er musste leben! ER MUSSTE!! Phil Phleira hockte auf einem Stuhl in der Sitzreihe vor dem Operationssaal. Obwohl ihre Freundinnen schon des öfteren versucht hatten, sie ins Bett zu schicken, waren sie erfolglos gewesen. Kazuhi konnte sie sehr gut verstehen. An Rio hing ihre Existenz, ihr Glück. Für sie wäre es genauso schlimm, läge nun ihr Bruder dort drin und würde mit dem Tod ringen. Sie legte der jungen Frau tröstend einen Arm um die Schulter und sprach leise mit ihr. Yu trommelte mit den Fingerspitzen gegen die kühle Scheibe des Fensters, das einzige Zeichen von Besorgnis und Ungeduld, das er sich erlaubte. Galew lief wie ein aufgescheuchtes Huhn vor der Krankenstation auf und ab und Leena musste ihn zwingen, sich hinzusetzen, damit er seine Unruhe nicht auch noch auf die anderen übertrug, die ohnehin schon nervös genug waren. Tune hatte links neben Phil Phleira Platz genommen und streichelte ihr über den Rücken. Erts schwieg bedrückt, aber nicht nur, weil ihn die Sorge um seinen Freund aufwühlte, sondern auch wegen der geistigen Unterhaltung, die er vor wenigen Minuten mit Rei geführt hatte. Noch nie hatte jemand seine Gefühle für Rome bemerkt, nicht mal er selbst hatte sie bisher ausgesprochen. Woher wusste er....? Kizna stand auf der Aussichtsplattform. Ihr Partner schwebte immer noch im All, das merkwürdige Leuchten war nach wie vor um ihn herum. Hiead war zurückgeblieben. Er befand sich gegenüber von Ernn Laties und schien völlig regungslos. Plötzlich verblasste das Licht um die Weiße Göttin, bis es schließlich ganz verschwunden war. Reis Stimme wurde wieder normal. Es schien, als erwache er soeben aus einer seltsamen Betäubung. "Hie....Hiead? Was machst du denn noch hier?" "Was....ich hier....? Na ja, wegen dir! Du hast mich doch gerade....erkannt....oder nicht?" "Erkannt? Wovon redest du?" Eine lange Stille senkte sich auf die beiden hernieder. Der silberhaarige Anwärter dachte eine Weile nach. Der Kampf vorhin hatte zu einem kurzen Ausbruch seiner wahren Macht geführt.... aber es war noch nicht in sein Bewusstsein vorgedrungen. "Ich verstehe. Du bist nicht vollends erwacht. Das macht nichts. Ich habe Zeit. Ich kann warten." "Warten? Worauf?" "Auf den Tag, der da kommen muss. Ich werde mir Mühe geben, um so schnell wie möglich Pilot zu werden. Ich muss an deine Seite. Um dich zu schützen." Damit setzte er den Antrieb seines PRO-ING in Betrieb und flog in Richtung GOA, wo er von einem wutschnaubenden Azuma begrüßt wurde, der sich lauthals darüber ausließ, warum er so lange gebraucht habe, um seinen Hintern in die Schule zurückzubewegen. Endlich landete auch die Ernn Laties auf ihrem Stellplatz und Kizna kam dem Jungen entgegen, als er aus dem Cockpit stieg. Sein Gesicht war ein einziges Fragezeichen. "Wir haben gewonnen, nicht wahr?" Sie nickte. "Wie?" "Wie? Aber....aber das warst doch du. Als Rio-san verletzt wurde, bist du wütend geworden und hast den Victim besiegt wie nichts. Du warst von einem starken türkisen Licht umgeben und...." Als sie den verwirrten Ausdruck in seinen Augen wahrnahm, hielt sie erstaunt inne. "Erinnerst du dich nicht mehr daran?" "Nein....nein....es ist, als würde etwas fehlen....Ich....ich...." Angestrengt versucht er, sich das Geschehen, von dem sie erzählte, von dem, was er GETAN haben sollte, ins Gedächtnis zurückzurufen, doch es gelang ihm nicht. ER hatte den Feind vernichtet? Warum wusste er nichts davon?! Was ging hier bloß vor?! Er fasste sich an die Stirn. Verlor er den Verstand? War er nicht mehr Herr seiner Sinne? Da spürte er auf einmal zwei liebevolle Arme, die sich um ihn schlangen und er sah auf. Kizna musterte ihn besorgt. "Das kann doch vorkommen, dass man etwas vergisst...." "Mach keine Witze! Wie kann ich etwas vergessen, dass ich vor ein paar Minuten erst getan habe?! Da stimmt was nicht....da stimmt ganz eindeutig etwas nicht....und dann das, was Hiead gesagt hat....er muss Pilot werden, um mich zu schützen....? Was hat er denn plötzlich? Ich.... begreife das alles nicht! Was hat das mit mir zu tun?!" Er schlug mit der Faust gegen das Geländer und schluchzte verhalten auf. Er wollte es verstehen! Er wollte so gerne verstehen, was gespielt wurde und welche Rolle er einnahm! Irgendwo in seinem Unterbewusstsein brannte die Gewissheit, dass seine Rolle, dass ER wichtig war, aber er hatte es vergessen. Wenn es seine Bestimmung war, die Weiße Ingrid zu fliegen, wie Teela mehrmals behauptet hatte, welchen Grund hatte das? War er denn so etwas Besonderes? "Verstehen", flüsterte er, mehr zu sich selbst denn zu Kizna, "Ich will verstehen....!" Die Lotsin mit den Katzenohren betrachtete ihren Rei. Seit er Pilot geworden war, hatte sich etwas verändert. Immer öfter starrte er grübelnd in die Ferne und war mit seinen Gedanken weit fort. Wenn sie ihm doch nur hätte helfen können! Sie ertrug es einfach nicht, dass er sich so allein mit seinen Problemen herumärgerte, die er ihr offensichtlich nicht anvertrauen konnte. Unbeantwortete Fragen und eine seltsame Unsicherheit überschatteten bisweilen den strahlenden Glanz seiner saphirblauen Augen und sie fand meist keine Worte, um ihn aus seiner Abschottung herauszuholen. Dabei wäre sie sogar ohne Zögern bereit dazu, ihr Leben zu opfern, wenn es ihm nützen würde, denn sie....denn sie liebte ihn so sehr. Nie hätte sie vermutet, dass sie je einen Menschen so lieben könnte. "Rei?" wagte sie zaghaft einen Vorstoß. Er hob den Kopf und wandte sich ihr zu. "Wenn du nicht mehr weiter weißt, dann rede mit mir. Ich bin bestimmt nicht allwissend, aber ich möchte dir beistehen, ich will, dass du mir vertraust und mir alles sagst, was dich bewegt. Ich liebe dich doch! Wann geht das endlich in dein verbohrtes Hirn?!" "Kizna....oh Kizna....!" Er umarmte sie leidenschaftlich und vergrub sein Gesicht an ihrer Schulter. Ein wohliges Zittern durchlief sie, denn seine Lippen ruhten auf ihrer Haut. "Bleib immer bei mir....verlass mich niemals...." "Wo sollte ich denn auch hingehen? Außer zu dir?" fragte sie in einem schelmischen Tonfall. Sein Griff wurde fester. Ihre Stimme klang weicher als vorher. "Ich werde dich nie allein lassen. Versprochen...." Ihr Versprechen wurde mit einem impulsiven Kuss besiegelt. Die Lage auf der Krankenstation hatte sich immer noch nicht verändert. Eine stumme Gesellschaft sass vor der geschlossenen Tür und tat das einzige, was ihnen blieb: Beten. Yu schien es nicht mehr auszuhalten und er verließ die anderen. Gareas folgte ihm mit den Blicken und rannte ihm schließlich hinterher. Der Pilot der Tellia Kallisto starrte, wie bereits zuvor, teilnahms- und emotionslos in den schwarzen Weltraum. "Na Yu, Schwierigkeiten? Hältst es nicht mehr aus unter so viel Publikum, was?" "Warum?" ertönte die einfache Frage, auf die es meist keine richtige Antwort gab. Galew blinzelte verwirrt. "Was meinst du?" "Warum wollen die Victims Zion unbedingt zerstören? Wir Menschen haben ihnen doch nichts getan. Warum hassen sie uns so? Warum führen wir Krieg?" "Mann, da fragst du mich echt zu viel. Bin ich ein Hellseher? Aber vielleicht....ist das alles eine Strafe." "Eine Strafe?" "Ja." Seine grünen Augen verloren das übermütige Blitzen und es wich einem ernsten, reifen Ausdruck, den Yu selten an seinem Kamerad entdeckte. "Eine Strafe für das, was wir in der Vergangenheit falsch gemacht haben. Vor ungezählten Jahrtausenden lebten wir einmal auf einem wunderschönen Planeten namens Erde. Aber in den Geschichtsbüchern steht, dass die Menschheit viele Fehler beging, indem sie den Planeten ausbeutete, die Luft verpestete, Tiere ausrottete, Flüsse vergiftete, kurz, ihre Umwelt, ihre Lebensgrundlagen nach und nach zerstörte. Damals haben wir uns unsere eigene Welt kaputt gemacht. Vielleicht ist der Krieg der Preis, den wir dafür zahlen müssen. Uns ist die Hoffnung auf eine neue Heimat geblieben, aber möglicherweise ist es nur eine Illusion. Denn wenn wir wirklich eines Tages Zion besiedeln sollten, wer wird die Menschheit daran hindern, die selben Fehler zu wiederholen? Menschen sind Menschen, Yu. Wir sind lernfähig, aber es gibt viel zu viele, die nicht lernen wollen. Niemand weiß mehr genau, warum dieser Krieg begonnen hat, es ist einfach so. Zurück können wir nicht, uns bleibt nur der Weg nach vorn. Aber niemand kann sagen, wie dieser Weg enden wird." "Galew...." "Glaube an die Menschen, die dir wichtig sind und kämpfe für sie. Als Ernest starb, wollte ich die Victims alle ausrotten, aber die Trauer in mir wurde nur größer. Ich darf nicht aus Rache kämpfen, denn das trübt meinen Blick für das, worum ich wirklich kämpfe. Ich kämpfe für eine neue Chance, es diesmal, auf Zion, besser zu machen als in der Vergangenheit. Denn das könnte diesmal....unsere letzte Chance sein. Was Rio betrifft....du kannst nichts für ihn tun, sein Leben liegt einzig in den Händen Dr. Crofords. Bete für ihn. Sein Herz wird dich hören - und kämpfen. Hast du verstanden? Bete....und sein Herz wird dich hören." Dann war Yu wieder allein. "Bete für ihn. Sein Herz wird dich hören." Rill wischte sich den Schweiß von der Stirn. Rio regte sich unter der Narkose kaum. Er hatte viel Blut verloren und zudem noch innere Verletzungen davongetragen. Aber sie würde ihn auf keinen Fall sterben lassen! >> RÜCKBLENDE << "Skalpell." Der Assistenzarzt reichte ihr das verlangte Besteck. Vorsichtig setzte sie den Schnitt an. Wenn sie zu weit oben eindrang, würde sie die Hauptarterie treffen. Ihre Finger zittern. Blut rann über ihre klinisch gesäuberten, bazillenfreien Plastikhandschuhe. Draußen hörte sie das Weinen einer Mutter. Eine seltsame Beklommenheit stieg in ihr hoch. Reiß dich zusammen, Rill, diese Operation hast du doch schon zig Mal gemacht, kein Grund zur Panik! Kein Grund zur....Plötzlich gab es Probleme. Sie bekam kaum mit, was geschah. Offensichtlich war der Puls nicht in Ordnung, jedenfalls rutschte ihr die Hand aus.... Sie musste es der Mutter erklären. Jede Hilfe sei zu spät gekommen, man hätte ihrem Sohn nicht mehr helfen können.... Beschämt senkte Rill die Augenlider. Sie war ein Mörder! Was hatte sie getan?! Wie hatte sie sich nur so sehr ablenken lassen können?! Eine Katastrophe und sie würde weiterleben müssen mit diesem Schuldgefühl, in ihrer Arbeit versagt zu haben! Sie hätte sterben sollen, nicht das Kind! Warum hatte sie nicht besser aufgepasst, sich nicht besser konzentriert?! Die Götter in Weiß - das war ihre Überzeugung gewesen, sie wollte helfen, Leben retten, und nun.... Nein....nein....nein....! Lieber Gott, lass es nicht wahr sein! Ich will nie wieder, niemals wieder, einen Menschen verlieren! Nie wieder! Diese Schuld werde ich nie von meiner Seele tilgen, sie wird auf ewig an mir fressen und meine Vorwürfe werden nie enden....aber ich werde es nie wieder zulassen! Kein Mensch wird mehr sterben, nicht unter meinen Händen....! Ich werde es nicht zulassen....! Nie wieder....! "Doktor Croford?" Sie fuhr erschrocken zusammen. Ein Pfleger hatte sie angetippt. Sie wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln und fand zu ihrer brüsken Art zurück. "Ein Fall in der Vier. Schusswunde." "Ja. Ich kümmere mich sofort darum." Ich werde es nicht zulassen....! Nie wieder....! NIE WIEDER!!! >> ENDE DER RÜCKBLENDE << Die Zeit verstrich. Wie viele Gebete sie währendessen gen Himmel gesandt hatte, vermochte Phil Phleira gar nicht mehr festzustellen. Ihr Herz pochte nur unentwegt: "Lass ihn leben! Oh bitte, lass meinen Liebsten leben!" Nach einer endlosen Wartezeit trat endlich die Ärztin aus dem Operationssaal heraus. Beunruhigte Gesichter blickten ihr entgegen, und sowohl Gareas und Yu, als auch Rei und Kizna kehrten in diesem Moment ins Wartezimmer zurück. Die Luft war erfüllt von gespannter Erwartung, vermischt mit bangem Flehen und Hoffen. "Miss Deed", begann sie. Die Angesprochene legte ihre ganze Seele in ihre dunkelgrünen Augen und ihre Hände krampften sich ineinander. Kazuhi hielt den Atem an. Tune rutschte unbehaglich auf ihrem Sitz hin und her. Leena wandte der Situation den Rücken zu und versuchte, ihre Tränen der Furcht zu bremsen. Erts spielte nervös mit einem Knopf seines Pilotendresses. Galew verharrte erwartungsvoll. Yu verschränkte die Arme, doch seine Augen wirkten fiebrig. Kizna lehnte sich an ihren Partner und er legte die Hand auf ihre Hüfte. "Keine Sorge....es wird alles gut. Ich weiß es." "Woher willst du....?" "Ich....weiß es einfach." "....Miss Deed, ich freue mich, Ihnen sagen zu können, dass Mr. Vilgyna die Operation heil überstanden hat. Er wird wieder gesund werden, muss jedoch für einen gewissen Zeitraum vom Dienst ausgenommen werden. Er...." Weiter kam sie nicht. Phil Phleira umarmte sie stürmisch und eilte sofort zu ihrem Rio, um sich zu vergewissern, dass die Ärztin die Wahrheit sprach. "Miss Deed! Ich habe Ihnen nicht erlaubt....Miss Deed!!!" Inzwischen war ein grandioser Jubel ausgebrochen. Leena fiel ihrem Partner um den Hals, und Kazuhi kriegte ihren Bruder zu fassen, mit dem sie einen Freudentanz aufführte, an dem er sich eher gezwungenermaßen beteiligte. Aber er lächelte. Tune und Kizna klatschten in die Hände und Pilot 01 wechselte mit dem blonden Burschen einen vielsagenden Blick. Unbändige Freude und unendliche Erleichterung sprachen aus allen Gesichtern. Yu drehte, gezogen von seiner Schwester, gerade an Galew vorbei. Ihre Augen trafen sich für einen flüchtigen Moment. "Bete für ihn. Sein Herz wird dich hören." Phil Phleira hatte neben dem Operationstisch Aufstellung genommen und strich Rio zärtlich durch das wirre braune Haar. Seine Worte von diesem Morgen erklangen in ihr und sie dankte dem Schicksal, dass es den, den sie liebte, noch nicht dem Tod als Gefährten mitgegeben hatte. "Die Victims werden Zion nicht in ihre Gewalt bekommen! Der Planet ist die letzte Hoffnung der Menschheit! Solange ich Pilot bin, wird keine dieser schleimigen Kreaturen ihre Waffen auf Zion richten und angreifen! Ich werde es nicht zulassen! Sie sollen es nur versuchen, mich zu besiegen! Mich werden sie nicht kleinkriegen, solange ich lebe!" Solange ich lebe.... Wie sehr hatte sie dafür gebetet, dass er leben möge! Er war bei ihr geblieben. Und was immer die Zukunft bringen würde, er würde auch weiter bei ihr bleiben. Sie drückte ihm einen zärtlichen Kuss auf die weichen Lippen. "Ich liebe dich, Rioroute...." Wer träumt, dem wachsen Flügel. Die nächste Folge heißt: "Curriculum 01: Mut" Hosted by Animexx e.V. 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