Black Thunder von Autumn ================================================================================ Kapitel 5: Die Entführung ------------------------- Dieses Kapitel habe ich an einem Abend geschrieben! Ich hoffe, es gefällt Euch! Viel Spaß beim Lesen! ^^ 5. Die Entführung Port Zion war dem Verderben preisgegeben worden, kaum dass die Sonne am Horizont verschwunden war. Die "Black Pearl", das mit Abstand gefährlichste Piratenschiff mitsamt seiner teuflischen Crew, schwamm im Hafenbecken und ein Hagel von Kanonenschüssen erschütterte die abendliche Stille. Wilde Schreie, heiseres Weinen und die Gegenattacken der Marine erfüllten die kühle Luft, vermischt mit dem derben Lachen der Seeräuber, die in Schaluppen rüber ans Land setzten. Wie ein Heuschreckenschwarm kamen sie über die Stadt, verfolgten Frauen, zertrümmerten Fenster, stiegen in Stuben ein und holten sich, was nicht niet und nagelfest war. Gouverneur Towryk, die Kammerzofe Saki und Miss Croford, die Erzieherin, hatten sich in den Schutz des Marinewehrturms begeben, als Rill etwas auffiel. "Wo ist Lady Kizna? Ich dachte, sie hätte vielleicht den Commodore besucht, aber da sie auch hier nicht zu finden ist....Mein Gott, sie wird doch nicht in Gefahr sein?!" "Sorgt Euch nicht", unterbrach Saki die andere, "Ich denke, dass sie bei Miss Ikhny ist. Dort wird ihr nichts geschehen, ihre Freundin ist eine famose Fechterin!" "Narretei! Miss Allecto entspricht in keiner Weise den Erwartungen, die man an eine Frau stellt und die Mylady lässt sich davon beeinflussen! Das ist nicht gut!" "Ich verstehe Euch nicht! Seid Ihr selbst ehrlich der Meinung, dass eine Frau nur als Gemahlin und Mutter wichtig ist?" "Das habe ich nicht gesagt! Aber in unserer Zeit ist das das einzige, wodurch eine Frau in der Gesellschaft akzeptiert wird! Sieh mich an, Saki! Ich bin 32 Jahre alt und immer noch nicht verheiratet! Meine Mutter hat mir in ihrem letzten Brief geschrieben, sie habe das Gefühl, in meiner Erziehung versagt zu haben, weil ich nach wie vor eine ,Miss' bin! Lady Kizna ist mein Schützling und ich möchte, dass sie einen guten Ehemann bekommt!" "Das ehrt Euch, natürlich, aber glaubt Ihr wirklich, dass Commodore Walsh der Richtige für sie ist?" Rill schwieg sich darüber aus. Sie war eine kluge Frau und sich durchaus im Klaren darüber, dass ihre junge Herrin eine gewisse Zuneigung für ihren Verehrer hegte, aber nicht bereit war, den Bund fürs Leben mit ihm zu schließen. Sie wünschte sich die wahre Liebe, leidenschaftlich, verzehrend, frei, ohne Ketten oder steife Umgangsformen, Kizna wollte einen Mann, der offen zu seinen Gefühlen stand und sie als Frau, als ebenbürtige Partnerin betrachtete, und nicht als Haushälterin und Gebärende, die kein Mitspracherecht besass und nicht für sich selbst entscheiden durfte. Verflixt, und bloß, weil ihr dieser dahergelaufene Pirat, dieser Schurke von vor zehn Jahren, der auch noch so dreist gewesen war, sie zu bedrohen, einmal zu tief in die Augen geblickt hatte, konnte sie an nichts anderes mehr denken! Es war doch zum Haareraufen! Zu Rills Unmut kam aber doch wieder die Besorgnis, denn wer wusste schon, was mit Kizna passierte, wenn sie tatsächlich in der Schmiede war? In der Schmiede ging es hoch her. Zwei hässliche Korsaren waren hineingestürmt und hatten die beiden Frauen bedroht. Ikhny packte den nächstbesten Degen und wehrte sich mit aller Kraft und allem Geschick. Die Männer waren sichtlich verblüfft über ihr kämpferisches Können und wichen zuerst zurück, bis sie die Waffenschmiedin umzingelten. Mit einem wütenden Schrei stieß Ikhny ihre Waffe tief in die Eingeweide eines Gegners und zog die Klinge fein säuberlich wieder heraus, um in einem fließenden Übergang den Schlag des verbliebenen Feindes zu blocken. Umso größer war das Erstaunen und auch das Entsetzen der Freundinnen, als sie erkennen mussten, dass die schwere Verwundung völlig ohne Wirkung zu sein schien. "Das ist doch nicht möglich!" stieß Kizna hervor und starrte entgeistert auf die blanke Schneide, an der kein Blut klebte. Sie wechselten einen Blick und flohen in derselben Sekunde. Ikhny stürzte nach draußen und unterdrückte einen Aufschrei angesichts des Terrors, der sich wie eine Krankheit auf den Straßen von Port Zion ausgebreitet hatte. Da Kizna auf sich warten ließ, drehte sie sich noch einmal um und erschrak. Die schmutzigen Kerle hatten die Gouverneurstochter ergriffen und trugen sie davon. Die Brünette spürte eine helle Flamme des Zorns in sich auflodern, schnappte sich einen Dolch und schleuderte ihn auf einen der Entführer, der sogleich zusammenbrach. Dann sauste ihr Degen hernieder und trennte dem anderen das linke Ohr ab. Er kreischte und Kizna landete auf dem schlammigen Boden. Sie raffte ihr hinderliches Kleid zusammen und gemeinsam liefen sie davon, in die entgegengesetzte Richtung. "Was sind das nur für seltsame Piraten? Das können doch keine Menschen sein! Er hat nicht einmal geblutet, als du ihn aufgespießt hast! Ob die Geschichten wahr sind, die man sich über die ,Black Pearl' erzählt?" "Was hat das schwarze Schiff damit zu tun?" "Überleg doch mal! Es heißt, die Mannschaft der Pearl wäre verflucht! Man behauptet, sie seien Untote!" "Grauenhafte Vorstellung, wenn die Geschichte stimmt!" "Immerhin konntest du den Bastard nicht töten, oder? Wer weiß, vielleicht ist an den unheimlichen Gerüchten doch etwas dran!" Plötzlich trat den Frauen ein dunkelhäutiger Hüne in den Weg, mit Narben im Gesicht und einem höchst boshaften und hinterhältigen Grinsen. Ikhny griff an, aber er entriss ihr den Degen und warf sich Kizna über die Schulter, die verzweifelt strampelte, mit den Fäusten den Rücken ihres Kidnappers bearbeitete und aus Leibeskräften schrie, doch niemand achtete in dem Wirrwarr und der heillosen Panik auf sie, außer ihre Freundin. Die junge Schmiedin nahm die Verfolgung auf, immer die Hilferufe der Gouverneurstochter in den Ohren, doch die angsterfüllten Bürger versperrten ihr wiederholt die Sicht, warfen sie zurück oder sie musste sich einen der Piraten vom Leib halten. Ihr Herz pochte hart gegen ihre Brust und die Furcht schnürte ihr die Kehle zu. Was sollte sie tun? Wie konnte sie diese Monster stoppen? Sicher brachten sie Kizna auf ihr Schiff, mit einer Adeligen, die einen so einflussreichen Vater hatte, würde sich eine beträchtliche Summe Lösegeld verdienen lassen! Die Amazone schauerte bei dem Gedanken, was Kizna möglicherweise alles bei diesen ruchlosen Verbrechern erdulden musste! Zwar vernahm sie immer noch die Schreie, aber sie entfernten sich und Ikhny verlor den riesenhaften Schwarzen aus den Augen. Als ein stumpfer Gegenstand sie traf, wurde es dunkel um sie. Nur langsam erwachte die Schmiedin aus ihrem Dämmerzustand. Der Überfall der "Black Pearl" war vorüber und Kizna....genau! Die Freibeuter hatten Kizna entführt!! Was war geschehen? Im Getümmel musste ein Fliehender sie mit einem Teil seines Hausrates erwischt haben....aber wie es sich auch zugetragen haben mochte, dass sie hier im Straßenstaub lag und ihrer Freundin nicht hatte helfen können, spielte keine Rolle mehr, jetzt mussten der Gouverneur und vor allem Commodore Walsh verständigt werden! Als Ikhny erschöpft und nervlich angespannt beim Wehrturm angelangt war, entdeckte sie bald den blau uniformierten Soldaten. Sie lief auf ihn zu und rief atemlos: "Commodore! Kizna ist von den Piraten entführt worden! Ich konnte sie nicht retten! Oh bitte, Mylord, wir müssen sie befreien!" "Sparen Sie sich den Atem, Miss Allecto! Wir wissen bereits, was passiert ist, ein Wachposten hat verfolgt, wie der Entführer in ein Boot stieg und zur Pearl ruderte. Wir werden alles Nötige veranlassen, um diese Bande von Gesetzlosen ihrer gerechten Strafe zuzuführen, seien Sie dessen versichert!" "Was ist mit den beiden gefangenen Seeräubern?" "Was soll mit ihnen sein? Sie werden gehängt, in genau einer Stunde." "Aber sie haben die Meere befahren, sie kennen gewiss die ,Black Pearl'! Eventuell wissen sie, welchen Kurs das schwarze Schiff genommen hat oder wo sein Ankerplatz liegt! Ihr solltet sie fragen, ihre Informationen könnten von Bedeutung sein!" "Miss Allecto, ich habe vollstes Verständnis für Ihre Angst und Ihre Sorge und glauben Sie mir, auch mir liegt ein schneller Abschluss dieses beklagenswerten Ereignisses sehr am Herzen, aber die Gefangenen sind keinen Deut besser als die Entführer und es wäre ein fataler Fehler, von ihnen Unterstützung zu erwarten. Lassen Sie die Marine tun, wofür die Marine ins Leben gerufen wurde und gehen Sie!" Ikhny wollte widersprechen, aber sie fühlte, dass es keinen Sinn hatte, den Commodore weiter zu bedrängen. Die Untoten hatten wahrscheinlich schon einen annehmbaren Vorsprung und bis dahin wären sie der Marine längst entwischt. Wenn jemand einen anderen Piraten finden konnte, dann war das ein zweiter Pirat! Sie verabschiedete sich also gehorsam, trat aber nicht den Nachhauseweg an sondern steuerte in Richtung Gefängnis. Dort hatte des nachts auch nicht wenig Unruhe geherrscht, denn die einzigen, die in ihren Zellen verblieben waren, waren Zero und Hiead. Die Tagediebe waren von zwei Verfluchten, die die Waffenkammer gesucht hatten, freigelassen worden und der junge Kapitän und sein Erster Maat hatten eine unliebsame Begegnung mit ihren verwesenden Kameraden. Einer von ihnen hatte Zero verächtlich gemustert und gefragt: "Wo ist das letzte Goldstück?" "Ich habe es nicht bei mir. Meinst du, ich lasse mich mitsamt dem Erbe meines Vaters einbuchten? Stiefelriemen Enna hat seinem Sohn genug beigebracht, um dreckigem Gesindel wie euch nicht alles in die Hände zu spielen!" Der wütende Korsar hatte den Kapitän der "Black Thunder" bei diesen Worten am Hals gepackt und zugedrückt, als das fahle Mondlicht durch die Gitterstäbe fiel und den ausgestreckten Arm in einen Knochen ohne die winzigste Spur von Fleisch verwandelte. "Es gibt also wirklich einen Fluch", erklärte Hiead, grinste verschlagen und rammte ihrem Widersacher die Faust in die Rippen, sodass er Zero losließ. "Wir haben uns nicht das letzte Mal gesehen, Enna!" Damit verschwanden die beiden verwünschten Männer und ließen die Freunde zurück. Und jetzt, eine Stunde vor der geplanten Hinrichtung, hockte Zero am Boden und versuchte, den Hund, der die Zellenschlüssel bewachte, mit einem Knochen herzulocken. "Sag mir, dass du einen Witz machst, ja?" "Nein, nichts dergleichen, Hiead! Wir werden tot sein, wenn wir nicht bald hier herauskommen und das ist nicht der Zeitpunkt, um sich über die Methoden zu streiten oder darüber erhaben zu dünken! Hilf mir lieber!" "Den Teufel werd ich! Das ist doch lächerlich, der Hund wird sich kein Stück bewegen!" "Abwarten!" "Ich denke, wir können nicht mehr warten?" "Halt endlich die Klappe, es sei denn, du hast etwas Konstruktives zu unserer offengestanden hoffnungslosen Lage zu sagen!" "Wir könnten Azuma verständigen." "Ach, und wie? Per Gedankenübertragung, oder was? Wir sind zurückgeblieben, verdammt! Benutz zur Abwechslung mal deinen Kopf! Du weißt genau, was das heißt!" "Du meinst, Azuma hält sich an den Codex?" "Bingo!" "Scheiße!" "Siehst du? DAS war jetzt etwas Konstruktives zu unserer hoffnungslosen Lage!" "Umwerfend komisch! Eigentlich hättest du nichts gegen einen Fluchtplan, oder?" "Das wäre am Aller-Konstruktivsten!" "Ich habe nicht die geringste Idee! Weißt du was? Gib mir mal den Knochen, du machst das falsch! Lass da einen Profi ran!" "Oder Ihr lasst eine helfende Hand von außen ran!" erklang eine weibliche, sanfte Stimme und Hiead hob erstaunt den Kopf, nur, um seinen Blick in einem Paar haselnussbrauner, warmer Augen versinken zu sehen, die ihn nur zu deutlich an den Kuss erinnerten, den er auf diese zarten Lippen gedrückt hatte. "Wer bist du?" erkundigte sich Zero misstrauisch, verwirrt ob der ungewöhnlichen Erscheinung der jungen Frau, die doch wahrhaftig Hosen trug und mit einem Degen bewaffnet war. Er folgerte, dass es sich bei ihr um die vielgerühmte "Amazone von Zion" handeln musste, mit der sein Freund bereits Bekanntschaft gemacht hatte. "Mein Name ist Ikhny Allecto und ich bin die beste Freundin von Kizna Towryk, der Tochter des Gouverneurs. Sie ist gestern von den Piraten der ,Black Pearl' entführt worden!" "WAS?!?!" "Ja! Deswegen bin ich hier! Der Commodore traut Euch nicht, aber ich glaube, dass Ihr das schwarze Schiff gut kennt und wisst, wohin es unterwegs ist! Wenn es irgendwie in Eurer Macht steht, Euch mit diesen Seeräubern zu messen und Kizna zu retten, dann bitte ich Euch, tut es!" "Und was bekämen wir als Gegenleistung?" erwiderte Hiead in geschäftsmäßigem Ton. Um Ikhnys Mundwinkel zuckte es leicht. "Was Euer Kapitän erhalten will, soll er selbst auswählen. Was Euch betrifft, Ihr bekommt eine schallende Ohrfeige!!" "Dafür krümme ich aber keinen Finger!" "Du vielleicht nicht, aber ich! Kizna in den Fängen von Barbossa! Nein, niemals! Ich werde sie retten und diesem vor sich hin faulenden Mistkerl endlich in seinen sicheren Tod schicken, für das, was er meinem Vater angetan hat! Also in Ordnung, Ikhny - dann hol uns hier raus!" "Moment mal!! Ich bin nicht damit einverstanden! Du willst allen Ernstes diese Ekelpakete verfolgen, bloß um diese Frau zu befreien?!" "....Und um meinen Vater zu rächen!" "....und trotzdem wegen einer Frau!! Du spinnst doch!!" Während Hiead sich redlichst bemühte, seinem Kapitän diesen Unsinn wieder auszureden, hatte die Waffenschmiedin sich dem Hund genähert, ihn gestreichelt und im Nacken gekrault und ihm langsam den Schlüsselbund aus dem Maul gezogen. Sie öffnete die Zelle und Zero sprang zufrieden ins Freie, was man von seinem Ersten Maat nicht gerade behaupten konnte. "Das ist bescheuert! Das mit der Rache verstehe ich ja, aber auf eine angemessene Belohnung zu verzichten, nur wegen dieser Lady, welcher anständige Pirat macht denn sowas?!" "Wenn Ihr es unbedingt vorzieht", lächelte Ikhny, ließ den Degen aus der Scheide schnellen und hielt ihn dem Silberhaarigen an die Kehle, "....kann ich Euch auch hier im Kerker schmoren lassen, bis Ihr gehängt werdet! Was ist Euch lieber? Strick oder Verfolgungsjagd?" "Hm, wenn Ihr mich schon so fragt...." "Ich wusste, Ihr würdet Eure Meinung ändern!" "Ich gebe, wie ich zu meiner Schande gestehen muss, klein bei, aber meine Meinung geändert habe ich deshalb noch lange nicht! Wer sagt das?" "Ich sage das!" Hiead blickte sie überrascht an und es fiel ihm schwer, seine Bewunderung für ihre Schlagfertigkeit zu verhehlen. Er schlug den Degen zur Seite und trat hinter Zero in den hellen Sonnenschein hinaus. Es war an der Zeit für die "Black Thunder", auszulaufen.... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)