Vom Wolf und der Schlange von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 19: Dunkle Gedanken --------------------------- Kapitel 19 - Dunkle Gedanken Remus wusste nicht, ob er noch lebte. Er trug sich durch den Tag, ohne einen Gedanken daran. Es tat nicht mehr weh, da war nur einfach... gar nichts mehr. Kein Wundern über die Zukunft, und erst recht kein Gedanke an die Vergangenheit. Die Stimmen seiner Freunde, ihre Schatten, schwammen an ihm vorbei, ebenso wie es die kühlen Gestalten von Lucius Malfoy und Severus Snape taten. Keine Treffen mehr. Kein Wort. Nicht einmal ein Blick. Remus fühlte, wie die Dunkelheit ihn von innen her auffraß, das Tier in ihm nährte, und wie er sich keine Mühe gab, es zu unterdrücken. Die Feder lag unangetastet neben dem Stück Pergament. Ein paar Worte waren darauf gekritzelt und dann vergessen worden, der Arm des Schreibers hing reglos über der Sessellehne, sein Kopf lehnte sich gegen den dunkelroten Stoff. Das goldbraune Haar bildete einen fast schon zu perfekten Kontrast dazu, wie es leicht zerwühlt seinen Weg über die Schultern des zarten Jungen suchte. Der schlief. Weil er die Nächte davor nicht geschlafen hatte. Weil er nächtelang wach lag, bis er aufstand und den Mond betrachtete. Oder durch das Schloss wandelte. Sirius wusste das, weil er ihn beobachtet hatte. Und ihm gefolgt war. Jedes Mal, wenn er Remus ansah, seinen Remus, tat es ihm weh, was er aus ihm gemacht hatte. Er sah den Schemen, in den sich Remus verwandelt hatte, und er konnte nichts dagegen tun. Seine Einsicht kam zu spät. Kein Wort der Entschuldigung konnte irgendetwas wieder gut machen, und er hatte das Gefühl, Remus nicht einmal berühren zu können, ohne wieder etwas kaputt zu machen. Sanft, fast schon vorsichtig breitete er die Decke, die er auf den Armen getragen hatte, über Remus aus. Das dunkle, weiche Gewebe ließ sein Gesicht fast wächsern erscheinen, und betonte die dunklen Schatten unter seinen Augen unangenehm. Sirius wandte sich ab, nahm dann Remus' Feder zur Hand und begann, den angefangenen Aufsatz fortzusetzen. Wann immer Remus an ihm vorbeiging, lagen seine Blicke auf ihm, musste er den Drang unterdrücken, Remus zu folgen. Und doch bemerkte Severus, wie gleichgültig Remus wurde. Er bedachte ihn mit keinem Blick mehr, er lief nur noch den anderen hinterher, ohne auch nur den Hauch dessen zwischen ihnen, was da mal gewesen war. Severus schluckte trocken, während seine Feder kratzend über das Pergament glitt. Er wollte wieder bei Remus sein, aber sein Stolz war verletzt, und er würde nicht aufgeben und zu Remus rennen, nur um sich zum Gespött zu machen vor ihm und seinen Freunden. Sirius zeigte ihm deutlicher denn je, wo sein Platz war - weit weg von Remus. Und Remus schien sich nicht daran zu stören. Remus' Besteck lag unangetastet neben seinem Platz, als er sich erhob und einfach den Tisch verließ, ohne ein Wort oder auch nur einen Blick. Die vielen Worte, und die Nähe, sein Geruch, schienen ihm einfach die Luft zum Atmen abzuschnüren. Er konnte nicht da drin bleiben. Sirius warf James nur einen winzigen Blick zu, bevor er ebenfalls aufstand und Remus nachlief, eilig, fast schon hetzend. Remus warf sich in sein Bett, vergrub das Gesicht in den Händen und atmete die reinere Luft in seinem Zimmer ein, als sich auf einmal dieser seltsame Duft hinein mischte. Remus' Kopf schoss nach oben. Die dunkle Gestalt, die in der Tür stand, machte einige Schritte auf ihn zu. Blitzschnell war Remus aus dem Bett. Er taumelte nach hinten, bis die Wand seinen Körper abfing. Zitternd presste er sich dagegen und beobachtete Sirius, der sich ihm unaufhörlich näherte, mit aufgerissenen Augen. "Lass mich.." stammelte er atemlos. Sirius betrachtete jede von Remus' Bewegungen genau, die gehetzten, angsterfüllten Gesten, und es tat ihm weh. Remus presste sich gegen die Wand wie ein Tier, das von seinem Feind in die Enge getrieben worden war. Aber er war nicht Remus' Feind. Oder zumindest hatte er das nie sein wollen. Remus stammelte noch immer Worte vor sich her, Worte der Abwehr, die letzte Verteidigung die er noch hatte. Doch der Fluss dieser unsicheren Barriere verstummte, als Sirius plötzlich vor ihm in die Knie brach. Unendlich erstaunt sah Remus auf Sirius hinunter. Er fühlte entfernt, wie Sirius' Finger seine berührten, warm und entfernt bekannt, und Sirius verharrte so. Nach ein paar unendlich lang scheinenden Sekunden fühlte Remus die samtige Haut von Sirius Wange an seinem Handrücken und kalte, nasse Spuren darauf. Tropfen auf seinem Handrücken und ein sehr leises, nahezu unhörbar gewispertes: "Verzeih mir." "..ich weiß nicht, ob wir das können.." War einer der wenigen Einwände, die Severus wagte. Lucius umstrich ihn, ein weiteres Mal, und machte ihm Versprechungen. Lucius hatte ihm von diesem Mann erzählt, ein dunkler Zauberer, der an die Macht strebte. Macht war überhaupt ein Wort, das Lucius ziemlich oft gebrauchte, in letzter Zeit. Severus ging es nicht um Macht. Er sah nicht ein, was sie ihm bringen sollte, diese Macht. Aber gleichzeitig hatte er Lucius nicht viel entgegenzusetzen, keine Argumente, die gegen ihn sprachen - oder die er gelten lassen würde. Lucius fing in letzter Zeit öfter an, von Reinblütigkeit zu sprechen. Severus war die Ideologie geläufig, sie wurde unter der Hand schon lange von Eltern zum Kinde in den "alten" Familien weiter gegeben. Dass die Schlammblüter die magischen Kräfte schwächen würden. Die reinblütigen Zauberer schwächen würden. Aber das war doch Unsinn... oder? Remus war auch ein solcher "Schlammblüter". Severus fühlte dumpf den altbekannten Schmerz in sich, und versuchte, ihn beiseite zu schieben. ,...nutzt er die erstbeste Gelegenheit, die sich bietet, um Schwäche auszunutzen...' hörte er Lucius' Stimme in sich widerhallen und hielt inne. Remus hatte ihn geschwächt. Remus würde die Idee verabscheuen, diese Ideologie, die Idee, sich dem dunklen Lord anzuschließen. "...du hast Recht." erwiderte Severus leise, und ein kühles, süffisantes Lächeln stahl sich um seine Mundwinkel. Diese Idee gefiel ihm - weil Remus sie hassen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)