Vom Wolf und der Schlange von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Bestrafung --------------------- Kapitel 1 - Bestrafung "Misterrr Lupin!" Remus schrak auf, als er die unheimlich schnarrende Stimme von Professor Calamite vernahm - und nachdem ihn Sirius ziemlich unsanft in die Seite gestupst hatte. Er sah den Zaubertranklehrer mit riesigen, unschuldigen Augen an, bevor ihm ein praktisch rot überströmtes Blatt Pergament auf den Tisch geknallt wurde. Er starrte auf die - selbst für seine Verhältnisse - ungewöhnlich schlechte Note und schluckte trocken, während die Worte des Lehrers auf ihn hinunterprasseln und er immer kleiner wurde. Alles, was er noch wahrnahm, war die dürre Gestalt des Lehrers vor ihm. Calamite war wie sein Name - zutiefst bösartig. Schon der Blick aus seinen stechenden, gelbgrünen Augen ließ jeden normalen Schüler schaudern (Slytherins, dachte Remus, waren wahrscheinlich eher angetan - aber gegen die hatte Calamite ja auch nichts.). Aus seinem Gesicht ragte eine gekrümmte Nase wie der Schnabel eines Geiers, und die hellgrauen Haare waren streng über die beginnende Halbglatze gekämmt. Alles in allem war Calamite alles andere als eine angenehme Erscheinung, und Remus war heilfroh, als der Professor schließlich von ihm abließ und sich dem Rest der Klasse zuwandte. Er nahm Sirius kaum wahr, der neben ihm beleidigende Worte über den Lehrer in sein Ohr brabbelte. Langsam wurde es wirklich knapp. Das siebte Jahr hatte zwar gerade erst angefangen, doch er geriet langsam in Zugzwang, was Zaubertränke betraf. Seine Noten wurden immer miserabler, und Sirius konnte ihm auch nicht recht helfen. James vielleicht; aber er war zu stur, um sich von seinen Freunden Nachhilfe geben zu lassen - die hatten selbst genug zu tun. Nachdem Calamite die Schüler aus der Klasse entlassen hatte, packt er langsam und lustlos seine Sachen zusammen. Als Calamite ihn jedoch zu seinem Lehrertisch bestellte, verging ihm die Lust noch mehr. Dort wartete schon ein anderer Schüler auf ihn - und Remus wäre bei dessen Anblick allein schon am liebsten davon gelaufen. Groß und hager, die halblangen, schwarzen Haare zwar sorgfältig gekämmt, und dennoch irgendwie zerwühlt, das erstaunlich helle Gesicht todernst und unfreundlich wie immer. Severus Snape, ewiger Schatten von Lucius Malfoy, wie er leibte und lebte. Und wie ihm Remus am liebsten aus dem Weg ging. Vor allem deshalb, weil er kein besonders reines Gewissen gegenüber dem Jungen hatte, dem James und Sirius am liebsten fiese Streiche spielten. Und Severus selbst schien auch nicht besonders erfreut - eher im Gegenteil. Er sah noch übellauniger aus als sonst. Calamite wandte sich schließlich Remus zu und meinte: "Was ich Mr. Snape gerade erklärt habe, ist, dass ich wünsche - nein, verlange - dass er Ihnen Nachhilfeunterricht gibt. Ich habe leider nicht die Zeit, ihre miserablen Noten in meinem Unterricht aufzubessern, und deswegen wird Mr. Snape das wohl für mich übernehmen. Ich werde die Ergebnisse natürlich überwachen... ich würde den nächsten Dienstagabend als Termin vorschlagen. Der passt Ihnen doch, oder?" Remus konnte gar nichts sagen - so biss er die Zähne zusammen und nickt einfach nur, während er es nach Möglichkeit vermied, Snape anzusehen. Aber dieser musste wohl auch genickt haben, denn Calamite schickte sie mit einer entnervten, knappen Handbewegung nach draußen. Unter eisiger Stille gingen die beiden nebeneinander aus dem Klassenraum, nur um dann, auf dem Gang, so schnell wie möglich entgegen gesetzte Wege einzuschlagen. Sirius streckte seine unheimlich langen Beine, die ständig jemandem in den Weg zu ragen schienen, vor dem Kamin im Gryffindor-Gemeinschaftsraum aus und seufzte genüsslich. "Armer Moony," grinste er und ließ seine ungewöhnlich große Hand ein paar mal durch Remus' Haar fahren, welches sich dadurch allerdings kaum in Unordnung bringen ließ. "Heißt das, die Zauberschach-Runde am Dienstagabend fällt aus?" fragte James, auf dessen Knien ein aufgeschlagenes Buch lag, wahrscheinlich als Tarnung für den Liebesbrief, welchen er gerade an Lily schrieb. Er sah kurz durch den dichten Vorhang an schwarzen Haaren vor seinen Augen und wandte sich dann wieder seiner Arbeit zu. Remus zuckte mit den Schultern und sah ins Feuer. "Calamite hat es sicher nur gut gemeint..." Sirius schnaubte. "Calamite wollte dir einfach nur mehr Arbeit aufs Auge drücken! Und dann auch noch mit Schniefelus, dem alten Schleimer... du bist echt zu bemitleiden.." Er zog die Leidensmiene, die Remus seiner Meinung nach eigentlich ziehen sollte. "Es sind ja nur ein paar Stunden." Tröstete Remus sowohl sich selbst als auch Sirius halbherzig. "Hey!" Severus klopfte mit dem Stift auf das Buch, welches aufgeschlagen vor Remus lag. "Also, der Vielsaft-Trank hat welche Inhaltsstoffe? Und nicht mogeln!" Remus seufzte aus tiefstem Herzen und während er James und Sirius im Hintergrund lautstark rumoren hörte, gab er sich alle Mühe, die Zutaten herunter zu rasseln. Severus seufzte und unterbrach ihn dann: "Fünf Fledermauskrallen, nicht vier." Remus warf seinen Stift vor sich auf den Tisch: "Ob vier oder Fünf, die Fledermäuse müssen auch so sterben.." Severus sah ihn verständnislos an. "Hör mal zu - ich hab auch keine Lust, dir diesen blöden Unterricht zu geben..! Wenn du dich jetzt nicht zusammen reißt, sitzen wir noch heut Abend hier.." er lehnte sich weit zurück und atmete tief ein und aus. Remus brummelte nur etwas und las noch einmal die Textstelle über Zaubertränke. Und für den Rest des Abends legte sich ein eisiges Schweigen über den Tisch der beiden, das nur unterbrochen wurde für ein gelegentliches Abfragen. Es war schon ungefähr 11, als Remus endlich in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors zurückkehrte. Lustlos stieg er durch das Porträtloch und sah erstaunt auf, als sich Sirius auf einmal aus dem Sessel am Kamin erhob und sich gähnend streckte. "Hey Moony.. ich dachte schon, ihr hört heute Abend gar nicht mehr zu lernen auf.." Remus sah ihn erstaunt an - Sirius war schon im Schlafanzug. Auf Remus' erstaunten Blick erwiderte Sirius nur: "James und Peter wollten nicht mehr so lange auf dich warten.." meint er mit einem leise entrüsteten Unterton in der Stimme. Remus lächelte verlegen. "Danke, du." Sirius winkte nonchalant grinsend ab. Dann ging er mit raumgreifenden Schritten zum Schlafsaal vor, und Remus tapste hinter ihm her - wie immer, also. Kapitel 2: Rivalen ------------------ "Na, Potter?!" James sah kaum vom Schachbrett auf, welches er und Remus auf der Wiese inmitten des Schlosshofes aufgebaut hatten. Er erkannte schon an der eisigen, schnarrenden Stimme und dem leicht nasalen Unterton, wer ihn da wieder belästigen wollte. Er hob eine Hand und machte eine wedelnde Handbewegung. "Malfoy, du wirfst einen Schatten auf meine Dame." Remus sah für einen Augenblick auf und ihm bot sich das gewohnte Bild - Lucius Malfoy, Slytherins langhaariger Widerling, und in seinem Schlepptau Snape, wie ein zweites, schwarzhaariges, dünnes Ich. Sein Blick traf kurz Snapes, und schnell wandte er seine Augen wieder auf das Schachbrett. Malfoy sah mit kaum verborgenem Abscheu auf Remus und James herab. "Wo habt ihr denn euren Weiberhelden gelassen?" fragte er und spielte damit ohne Zweifel auf Sirius an. Sirius und Lucius Malfoy hegten eine abgrundtiefe Feindschaft, welche sie mit Hingabe pflegten und immer wieder erneuerten. "Warum schickst du nicht deine Laufburschen, um ihn zu suchen?" erwiderte James lässig. "Halt die Klappe, Potter." zischte Malfoy. Remus blickte währenddessen auf seine Armbanduhr und begann unauffällig, das Schachbrett zusammen zu räumen. "Ach, verkrümelt ihr euch jetzt feige?!" setzte Malfoy noch hinterher, während Remus und James sich erhoben, sich das Gras von den Umhängen strichen und würdevoll über den Rasen von Malfoy weggingen. Als diese offenbar Anstalten machte, hinter ihnen herzugehen, gab es plötzlich ein unüberhörbares Klatschen. In genau diesem Moment fingen Remus und James an zu rennen. Sie spurteten von der lauthals wütenden Stimme Malfoys weg, bis sie im zweiten Stock schließlich Sirius und Peter trafen und vollkommen außer Atem stehen blieben. James japste lachend, während Sirius Remus lauthals lachend auf die Schultern klopfte. "Euer Sprint war echt nicht schlecht.." lachte er, während Remus, der selbst ein wenig keuchte, ihn dankbar lächelnd ansah. Plötzlich hörten sie eine Stimme, und wie auf einen stummen Befehl hin, begannen sie in Richtung ihres Gemeinschaftsraumes zu rennen. Keuchend erreichten sie diesen und ließen sich vorm Kamin auf die Sessel fallen, einander anlachend. "Das war perfekt!" lachte Sirius, vollkommen zufrieden mit sich selbst. "Zu schade, dass ihr Malfoys Gesicht nicht sehen konntet! Er hat gekocht!" Sirius kicherte bei dem Gedanken daran leise in sich hinein. James richtete seine Brille und schmunzelte ebenfalls. "Schade, dass das Wasser dann nicht verdampft ist.. ein paar Spritzer hab ich übrigens auch abgekriegt.." - "Was habt ihr denn schon wieder angestellt?!" ertönte es auf einmal hinter den vier und James erstarrte in Lachen. Remus drehte sich herum und sah hinter sich Lily Evans - mehr oder weniger heimlicher Schwarm von James - welche streng auf sie hinunterblickte. Sirius sah sie aus großen, treuen Hundeaugen an. "Wir? Gar nichts..." beteuerte er und Remus setzte sein aufrichtigstes Lächeln auf. Nur James leichte Röte unter seinen Brillengläsern verriet ihn natürlich. "Ich habe Malfoy vorhin vollkommen aufgebracht durch die Gänge stürmen sehen - und er sah ziemlich nass aus.." meinte Lily und stemmte die Hände in die Seiten. Der Stolz auf Sirius' Gesicht war kaum noch zu übersehen. Der Erfolg ,seines' Streiches schmeichelte seinem nicht zu kleinen Ego unheimlich. Lily jedoch schien das ganz anders zu sehen. "Ihr benehmt euch wie Dreijährige, nicht wie Jungen von sechzehn Jahren!" zeterte sie, und Sirius begann schon wieder, sie zu ignorieren. Er mochte sie wirklich gerne, aber ihre ewigen Tiraden gingen ihm langsam auf die Nerven. Er war ja nicht James - er konnte ihr nicht ewig zuhören. "Lily, komm schon, Malfoy hat es verdient, der alte Widerling..." erwiderte er nur lahm und Remus sah wieder ins Feuer. Lily drehte sich auf dem Absatz herum. "Irgendwann..." grummelte sie vor sich hin, "..werde ich eine wissenschaftliche Arbeit darüber schreiben, dass Männer Frauen drei Jahre in der Entwicklung hinterherhinken.." Sirius fasste Remus' Ärmel, als dieser an ihm vorbeilief. "Hey, Moony?!" Remus drehte sich abwesend herum - er war mit den Gedanken ganz woanders gewesen - konzentrierte sich dann aber auf Sirius. "Tatze?" Er lächelte Sirius ein wenig an. Es war vor kurzem Vollmond gewesen - Remus sah noch recht blass und geschafft aus, aber er trug sich wie immer recht tapfer durch den Schulalltag. "Hey, weißt du noch... unser monatliches Treffen auf dem Astrologieturm? Wirst du da sein?" Sirius liebte es, aus irgendeinem Grund, den Remus nicht verstand, in die Sterne zu sehen und Sternbilder zu erforschen. Aber Remus hatte ihn von jeher auf den nächtlichen Reisen gen Astrologieturm begleitet. Doch diesmal musste er leider den Kopf schütteln. "Tut mir leid, Tatze.." er verzog leicht den Mundwinkel nach oben, "...aber ich habe heute Abend wieder Nachhilfe bei Snape.." Und so ging er weiter in Richtung des Muggelkunde-Klassenraums und ließ Sirius auf dem Gang stehen. Dieser ballte seine rechte Hand zur Faust und sah Remus hinterher, als James' Hand ihm auf die Schulter fiel. "Hey, Tatze, altes Haus? Was starrst du so?" Sirius knurrte fast wie der Hund, in den er sich zu Vollmond verwandelte, für Remus. "Dieser Snape... ich bring ihn um.." "Siri, reiß dich mal zusammen, du kannst doch nicht immer noch auf Snape sauer sein!" meinte James, als er abends zusammen mit Sirius im Gemeinschaftsraum saß. Sirius starrte ins Feuer - er war nicht wie sonst immer auf den Astrologieturm gestiegen, denn ohne Remus würde es keinen Spaß machen. Er genoss es hauptsächlich deswegen, weil man Remus sonst ja nie allein erwischte. Nicht dass Remus so ein großer Publikumsmagnet war, aber er hatte immer jemanden neben sich. Entweder einen der Marauders, oder aber eines dieser verflucht gut aussehenden Mädchen, weil man sich mit ihm "so gut unterhalten" konnte. Und diese Abende hatten sie all die Jahre für sich gehabt. Sirius grummelt wieder leise vor sich hin. Er wusste selbst nicht genau, warum er so sauer war, aber er wusste, wer dafür bezahlen müssen würde: Snape, denn der war daran schuld, dass Remus keine Zeit mehr für ihn hatte. Sirius' Blick verfinsterte sich. Kapitel 3: Fußvolk ------------------ Remus schmunzelte etwas, als er in die Bibliothek kam und Severus schon da sitzen sah, vor aufgeschlagenen Büchern, zurückgelehnt in seinem Stuhl. Remus packte seine Mappe auf den Tisch. "Hallo," grüßte er. Die Gespräche zwischen ihnen beschränkten sich immer noch auf das nötigste, aber immerhin schwiegen sie sich nicht mehr eisig an. Severus lächelte grimmig. "Wir lernen heute nur eine halbe Stunde," meinte er dann, "Calamite hat mir den Kerkerschlüssel überlassen.." Mit diesen Worten hob er die Hand, und an seinem langen, weißen Zeigefinger baumelte ein großer, schwarzer Schlüssel. Seine Augen funkelten fast freudig, und auch Remus grinste, als er sich auf einen Stuhl fallen ließ. Dann öffnete er seine Mappe und holte zwei Flaschen Butterbier heraus. Snape sah ihn groß an: "Was... was soll das denn?" Remus lehnte sich ebenfalls zurück. "Wir treffen uns heute zum zehnten Mal zum Lernen.. ich dachte, dann könnten wir das auch mal etwas entspannter angehen..." Snape sah ihn verwirrt an. "Entspannter? Indem wir uns betrinken?!" Remus öffnete grinsend die beiden Flaschen. "Komm schon, Severus, mit einem Butterbier betrinkt man sich noch nicht..." Er schob Snape eine von beiden hinüber, und der griff zögerlich nach der Flasche. Er hatte nie daran gedacht, dass Remus in irgendeiner Form fröhlich sein könnte. Er sah ihn zwar oft mit seinen... Freunden... lachen, aber trotzdem schien ihm Remus immer eher zurückgezogen und still. Das konnte aber auch daran liegen, dass Remus genau das war, wenn er mit Severus zusammen war. Und Severus hatte nie daran gedacht, dass sich das ändern könnte. Remus seinerseits war ziemlich verzagt, als er Severus' grimmiges Gesicht sah. Einerseits wollte er nur die furchtbar schlechte Stimmung, die während des Lernens herrschte, etwas aufbessern, zweites hoffte er, so um sein Lernpensum herumzukommen und drittens hoffte er vielleicht tief im Inneren immer noch, dass Severus vielleicht kein so schlechter Mensch war. Nun ja, er war ein Slytherin und er hing dauernd an Lucius Malfoy's Fersen, aber vielleicht... Sirius hätte ihn ausgelacht für diesen Gedanken, aber Sirius war nicht hier und Remus hoffte einfach nur, dass Severus das nicht in den falschen Hals bekam. Immerhin, so wie er das sah, würden sie noch eine Weile miteinander arbeiten müssen. Severus betrachtete sich die Flasche noch einmal genau. Er hatte noch nie vorher Butterbier getrunken, Lucius hielt es für ,ordinär' und außerdem trieben sich seiner Meinung nach in Hogsmeade sowieso zu viele Gryffindors herum. Aber Lucius war nicht hier.... Er war einen schnellen Blick zur Seite und sah dann wieder Remus an und dieser war überrascht, einen Funken Neugier in Severus' Augen blitzen zu sehen. "...Schmeckt es?" Remus nickte überzeugt. "Es soll das Beste überhaupt sein." Erwiderte er, lächelte vorsichtig, und sah dann zu, wie Severus nach der Flasche griff und vorsichtig einen Schluck daraus nahm. Er schien sich den Geschmack regelrecht auf der Zunge zergehen zu lassen, bevor nur der Hauch eines Lächelns seine Mundwinkel umspielte und er die Flasche wieder absetzte. Er räusperte sich. "Aber wenn du denkst, Lupin, dass du so um die Arbeit rumkommst, hast du dich getäuscht... der Absatz über Veritaserum, bitte." Er drehte das Buch zu Remus herum und tippte auf den betreffenden Absatz. Remus beugte sich sofort darüber, kam aber nicht umhin, still vor sich hin zu lächeln. "Hey, Schniefelus!" Sirius' Stoss traf Severus ziemlich hart an der Schulter, und trotzdem er nicht fiel, verlor er dennoch einige Bücher, welche er auf dem Arm getragen hatte. Zuerst wollte er gar nichts sagen, wie immer, und seine Bücher still wieder aufsammeln. Aber es war nicht zum ersten Mal gewesen in dieser Woche, und sicherlich nicht das erste Mal in diesem Jahr. Seit ungefähr drei Wochen, also seit er angefangen hatte, Remus Nachhilfeunterricht zu geben, ließ Sirius ihn nicht mehr in Frieden. Er war nicht zu dumm, um sich darauf einen Reim zu machen, aber bis jetzt hatte er es einfach nur grimmig ignoriert. Aber eigentlich war es wirklich nicht fair - er konnte ja nichts dafür, dass Calamite ihn zu dem Unterricht verdonnert hatte. "Was soll das, Black?" grummelte er also zurück und drehte sich um. Sirius war ein wenig größer als er, und wohl auch um einiges stärker (zumindest tat er so). Aber es schien, als hätte er nur auf Widerspruch gewartet. "Oh, sieh an, sieh an, der große Snape lässt sich herab, mit Fußvolk zu sprechen!" spöttelte er und seine dunklen Augen blitzten Severus herausfordernd an. "Wenigstens lasse ich es stehen." erwiderte er kühl. "Du würdest dich ja gar nicht wagen, Hand an irgendwen zu legen." Sirius vergrub demonstrativ die Hände in den Hosentaschen und legte den Kopf etwas zurück. "Und warum nicht?" knurrte Severus zurück. "Weil du ein elender Feigling bist, Schniefelus, sieh es ein." Severus packte die in seiner Hand verbleibenden Bücher so fest, dass seine Fingerknöchel hell heraustraten. "Bin ich nicht." erwiderte er gepresst. "Wetten?!" meinte Sirius daraufhin nur lässig, was Severus nur noch mehr erzürnte. "Wetten, dass du dich nicht mal bis zur Peitschenden Weide traust?" Severus zuckte leicht zusammen. "Die Peitschende Weide, Black, das ist.." - "Wir sind zu jedem Vollmond da, Snapie." zischte Sirius leise, indem er sich ein wenig nach vorne lehnte. "Aber wenn es nach mir geht, verlier du gern dein Gesicht." Severus sah ihn mit grimmiger Entschlossenheit an. "Wann, Black?" Sirius grinste. "Dienstagabend, so gegen 9." Und dann ging er an Severus vorbei. Einem seiner Bücher verpasste er einen kurzen Tritt, so dass es gegen Severus' Füße schlitterte. Wütend vor sich hin grummelnd ging Severus in die Knie, um seine restlichen Bücher zusammen zu packen. Kapitel 4: Der "Unfall" ----------------------- Als Remus die Bibliothek betrat, stutzte er. Dann warf er einen Blick auf seine Armbanduhr. Dann drehte er sich auf dem Absatz herum und rannte zum Gemeinschaftsraum. Es war 8, Severus müsste schon lange da sein. Und Remus glaubte, den Grund für sein Ausbleiben zu kennen. Wie konnte er nur so dämlich sein? Er murmelte hastig das Passwort und stieg durch das Porträtloch. James saß mit Peter vor dem Kamin und versuchte, bei Remus' Auftauchen, so unbeteiligt wie möglich zu wirken. "Wo ist Siri?" fauchte Remus völlig außer Atem und James murmelte ein: "..weiß nicht..", sah Remus dabei aber nicht an. "Jamie, sag schon!" Remus ging ein paar Schritte auf ihn zu. "Oder willst du, dass irgendwer verletzt wird? Willst du schon wieder an so was Schuld sein?! Ihr baut auch nur Scheiße!" fluchte Remus, außer sich vor Wut. Und es kam selten vor, dass Remus fluchte. James sah ihn groß an. "James Potter, du sagst mir jetzt sofort, wo Sirius hin ist..." quetschte Remus zwischen den Zähnen hervor und musste stark an sich halten. Seine linke Hand zitterte, und James wusste, dass das kein gutes Zeichen war. Wütende Werwölfe waren überhaupt nicht gut. "Peitschende Weide." Kaum hatte er das gesagt, flitzte Remus schon wieder, vor sich hin fluchend, aus dem Gemeinschaftsraum. Langsam drehte James seinen Kopf zu Peter, der ihn nur irgendwie seltsam ansah. So seltsam, wie James die ganze Sache langsam vorkam. Peter hob nur ganz kurz die Schultern und James starrte wieder ins Feuer. Remus spurtete so schnell er konnte die Gänge entlang, durch die Eingangshalle und raus aus dem Schloss. Es war schon fast dunkel, und so zückte er seinen Zauberstab, murmelte ein "Lumos" und rannte geradewegs auf die Peitschende Weide zu. Den Weg dahin kannte er ja zur Genüge. Früh konnte er zwei Gestalten ausmachen, und als er näher dran war, fing die Peitschende Weide gerade ab, ihre Äste ächzend durch die Luft zu schwingen. Er lief noch etwas schneller und erreichte Sirius, der etwas abseits stand, als erstes. "Sirius!" keuchte er und Sirius fuhr herum, ihn fast schockiert ansehend. "Was machst du hier?" Sirius warf einen Blick zur Seite und dieser erst lenkte Remus' Aufmerksamkeit auf die Figur, welche sich zwischen den peitschenden Zweigen der Weide durchzuschlängeln versuchte. Sirius starrte ihn entgeistert an, während Remus fassungslos Snape beobachtete, der versuchte, den Hieben zu entkommen. Einen Moment verweilte Remus so, bevor er losstürzte, auf Severus zu. Blitzschnell hatte Sirius sein Handgelenk ergriffen. "Remus - was soll das?!" zischte er und Remus drehte sich wieder herum und hielt an. Er betrachtete Sirius für einen Moment, bevor er sein Handgelenk dessen Griff entwand. Sirius trat einen Schritt an Remus heran und hob die Hände. Noch bevor er Remus aber berühren konnte, stieß dieser ihn von sich und rannte in die entgegen gesetzte Richtung davon. Sirius stolperte und fiel nach hinten. Fluchend richtete er sich auf und sah Remus nach, der auf Snape zu rannte. Remus keuchte und konzentrierte sich ganz darauf, den verdammten Zweigen auszuweichen, was keine besonders leichte Arbeit war. Snape kam auch nur sehr langsam voran. Remus holte langsam auf. "Severus!" rief er, und als er seinen Namen hörte, drehte Snape sich herum. Sein Gesicht nahm einen erstaunten, ungläubigen Ausdruck an. Das nächste, was Remus sah, war ein ziemlich großer Ast, der seitlich auf Snape zugeschleudert kam. Er wusste selbst nicht recht warum, aber er drückte sich vom Gras ab und hechtete auf Snape zu, der ihn immer größer ansah. Er erinnerte sich an einen harten Schlag und dass ihm praktisch alles wehtat. Und an eine angenehme Schwärze hinter seinen Lidern und ein paar entfernte Stimmen... "...sollten sich schämen, Mr. Black. Und dabei war er erst vor kurzem hier..." Remus hörte die Stimme wie durch einen Vorhang aus Watte hindurch, und es fiel ihm schwer, sie zuzuordnen. Er dachte nicht im Geringsten daran, sich zu bewegen. Aber seine Lider zuckten kurz und schließlich entschloss er sich doch, die Augen zu öffnen. Furchtbare Helligkeit strömte auf ihn ein und ein verschwommener, schwarz-weißer Fleck in seinem Gesichtsfeld sagte ihm, dass da wohl jemand stehen müsste. Er blinzelte noch ein-, zweimal, bevor sich sein Blick schärfte und er Severus Snape über sich gebeugt sah. Seine schwarzen Haare rahmten sein Gesicht ein, das noch blasser war als sonst (wobei sich Remus fragte, woher er das wusste). Seine Augen, dunkle, fragende Seen, trafen kurz Remus', bevor er aufsah. "Professor McGonagall." rief er, aber vorsichtig, um Remus nicht zu stören. "Er ist aufgewacht." Kurz darauf erschien das strenge, aber gutmütige Gesicht von Professor McGonagall über ihm. "Mr. Lupin," sagte sie leise und vorsichtig, "Wie geht es Ihnen?" Remus öffnete den Mund, um zu antworten, aber alles, was heraus kam, war ein heiseres Krächzen. Dann beschränkte er sich auf ein ganz sachtes Nicken und fand heraus, dass es nicht wehtat, wenn er seinen Kopf bewegte. Er drehte seinen Kopf ein wenig und sah hinter McGonagall Sirius stehen. Dieser sah seltsam elend und trotzdem trotzig aus, und Remus fragte sich, warum er sich nicht recht freute, Sirius da stehen zu sehen. Als Professor McGonagall bemerkte, dass er offenbar in der Lage war, sich zu orientieren und umzusehen, erhob sie sich zufrieden. "Mr. Lupin, ich werde später noch einmal nach Ihnen sehen." Dann erhob sie sich und winkte Sirius, der noch einen Blick auf Remus warf und sich dann herumdrehte. Er sah unzufrieden aus, bevor er den Krankenflügel verließ, doch Remus wusste nicht, warum. Allerdings fragte er sich, warum Severus nicht auch ging. Langsam drehte er sich wieder herum, und da fiel sein Blick auf Severus' Arm, der verbunden war. Er fragte sich, wie das wohl passiert war und warum, und als Severus seinen Blick bemerkte, hob er kurz den Arm und räusperte sich. "Ist nicht schlimm...... Remus." Er schien sich überwinden zu müssen, um Remus bei seinem Namen zu nennen. Remus hob den Kopf etwas, um Severus ins Gesicht zu sehen und dieser versuchte sich an einem kleinen Lächeln. Remus beschloss, dass er sich setzen wollte. Er konnte seine Hände bewegen, stellte er nach einer kurzen Probe fest, dann zog er die Arme an und stützte sich nach oben... und ließ sich mit einem lauten, schmerzhaften Stöhnen wieder zurückfallen, bevor er wieder vollkommen ruhig liegen blieb, nur, damit der Schmerz in seinem Rücken und seinen Rippen aufhörte. "Willst du dich setzen? Hättest du doch was gesagt...!" Severus' Gesicht war sofort wieder über ihm und Remus nickte nur leicht. Severus zögerte dennoch eine ganze Weile, bevor er Remus vorsichtig so umfasste, dass es ihm am wenigsten weh tat und versuchte, ihn ein wenig nach oben zu hieven. Remus verbiss sich ein weiteres Stöhnen und packt schließlich mit einer Hand Severus' Schulter, um ihm das Ganze ein wenig zu erleichtern. Als er schließlich in einer halbwegs aufgerichteten Position zum Ruhen kam, rutschte die Decke, unter der er bis jetzt lag, herunter. Und Remus stellte entsetzt fest, dass zumindest sein Oberkörper nackt war. Kapitel 5: Allein mit dem Wolf ------------------------------ Severus wandte den Blick ab, als er bemerkte, dass Remus verlegen war (was die deutliche Röte auf seinen Wangen und das hastige zurückzerren der Decke bewies). Er war die ganze Zeit da gewesen. Er hatte gesehen, wie Madam Pomfrey dem ohnmächtigen Remus den Umhang und das T-Shirt ausgezogen hatte. Und er war nicht umhin gekommen, wenigstens einen kurzen Blick auf Remus' nackten Oberkörper zu werfen. Und dann musste er sich selbst eingestehen, dass der Blick kein ganz so kurzer gewesen war. Aber, verteidigte er sich selbst stumm, der Anblick war auch ein außergewöhnlicher. Remus' helle Haut war überstreut von einzelnen kleinen oder größeren Narben, und auch einigen frischen Schürfwunden, und ein paar frisch aussehenden Kratzern. Er war zwar recht muskulös, sah aber durch die vielen Verletzungen trotzdem so zerbrechlich aus. An Remus' Schulter waren ein paar kleinere Narben zu sehen, welche fast wie Bissspuren aussahen. Und Snape wusste nicht, was es war, aber irgendetwas an diesen störte ihn abgrundtief. Remus ärgerte sich über sich selbst - was sollte Severus denn von ihm denken, als er errötete wie ein kleines Mädchen. Er wusste ja selbst nicht, warum er so verlegen war. Es lag wohl nur daran, dass Severus ihm ja eigentlich nicht besonders nah stand, und... Es war ja auch kein besonders schöner Anblick, und seine Narben gingen niemanden etwas an. Er zog sich die Decke bis zum Kinn, auch wenn es schmerzte. Eine unangenehme Stille entstand zwischen den beiden. "Remus, ich.." Remus sah auf, und Severus an, welcher nun seinerseits wegsah. "Danke." presste er dann nur ganz schnell hervor. "Sonst würd' ich jetzt da liegen." Remus hielt kurz die Luft an - hatte Severus Snape sich gerade bei ihm bedankt? Aber noch bevor er diesen Gedanken einsinken lassen konnte, passierte etwas noch viel seltsameres: Ohne dass er es beeinflussen konnte, hörte er sich sagen: "Kein Problem... gern geschehen." Und dann saßen sie da, schwiegen sich an, und Remus kämpfte gegen das völlige abwegige Verlangen, sich bei Severus anzulehnen. Ausgerechnet Severus... Es dauerte nur ein paar Tage, bis Remus wieder aus dem Krankenflügel entlassen werden konnte. Das Lernen ging weiter - Severus kam jeden Abend vorbei, um ihn über diesen und jenen Trank abzufragen. Severus wirkte entspannter, ihm gegenüber, ab und zu ließ er sich sogar zu einem Witz hinreißen. Severus war ja immerhin nicht dumm, und so hielt er Remus über das Geschehen an der Schule auf dem Laufenden. Er hatte eine sarkastische Art, über die Remus mit der Zeit zu lachen lernte. Und es war nicht leicht, Remus zum Lachen zu bringen. Remus ertappte sich dabei, wie er auf die Uhr sah, während der letzten halben Stunde, bevor Severus jeden Abend den Krankenflügel betrat. Und Remus ertappte sich dabei, wie er für Zaubertränke lernte. Aber, sagte er sich, er hatte ja auch nichts anderes zu tun. Das war besser als die ganze Zeit an die Decke zu starren. Es gab Momente, an die er dann denken musste. Wenn Severus ihn über einen Zaubertrank abfragte - dann hatte er das Buch auf den Knien und verinnerlichte sich die Rezeptur für einen Moment, bevor er den Kopf hob. Seine sehr dunklen Augen, die sich irgendwie sehr seltsam vom Rest seines Gesichtes abhoben, funkelten Remus neugierig und irgendwie erwartend an. Manchmal schmunzelte er ein wenig, aber meistens sah er ernst drein. Es behagte Remus nicht besonders, dass er sich so detailliert erinnern konnte. Er wusste nicht warum, aber in solchen Moment schien sich die Zeit irgendwie herunterzufahren, und er prägte sich das alles genau ein. Er kannte auch den Rhythmus von Severus' Schritten. Severus ging eigentlich sehr bestimmt, als wüsste er genau, wohin er wollte. Er kannte diesen Rhythmus von einem Abend, als er ein bisschen vor sich hingedöst hatte und Severus hereingekommen war. Diese Schritte hatten sich ihm eingeprägt. Er hätte nie gedacht, dass man sich so unbedeutende Dinge einprägte. James, Peter und Sirius verbrachten die Nachmittage mit Remus, sooft sie konnten. Aber zwischen Remus und Sirius musste wohl irgendetwas passiert sein - Remus fand, er hatte Sirius nicht mehr so viel zu sagen und Sirius schien sich irgendwie unwohl zu fühlen in Remus' Gegenwart. James gab sich redliche Mühe, zu verhindern, dass eine eisige Stille zwischen den beiden entstand. Er wirkte immer etwas verzweifelter, während Remus sich damit abgefunden hatte, dass Sirius ihn wohl nicht mehr mochte. Er war nicht nachtragend wegen der Sache mit Severus. Er kannte Sirius und auch wenn er den genauen Anlass nicht wusste, kannte er doch den Grund: Sirius hatte Snape noch nie gemocht. Und das war für Sirius Grund genug für etliche Gemeinheiten. Sirius war ein hitziger Junge, zwar rührend fürsorglich, aber irgendwie wohl auch eifersüchtig. Sogar auf seine Freunde. Remus fing an diesem Punkt der Überlegungen meist an, sich die Stirn zu reiben. Er wusste doch nicht, warum das alles passiert war. Schlimm genug, dass sein Rücken und sein Brustkorb nun noch unansehnlicher waren als ohnehin schon. Er mochte es nicht, sich umzuziehen oder zu duschen, besonders in letzter Zeit nicht. Er war nicht besonders muskulös - wie Sirius zum Beispiel - und die Narben machten seinen Oberkörper noch zierlicher und irgendwie furchtbar hässlich. Und jetzt diese Schwellungen und blaue Flecke. Die machten es nicht besser. Als würde es nicht reichen, dass seine Freunde die ganze Zeit so unausstehlich viel Rücksicht auf ihn nahmen, weil er doch ein Werwolf war und genügend Probleme hatten und ständig vergaßen, dass er eigentlich gar nicht so schwächlich war, wie sie gerne behaupteten, waren sie jetzt noch viel rücksichtsvoller und vorsichtiger. Er hasste das. Er kam sich so nutzlos vor. Aber Remus hatte ein viel elementareres Problem: Er konnte nicht mehr mit Severus lernen. Das ging einfach nicht. Severus war Slytherin. Severus war der Schatten von Lucius Malfoy. Er konnte sich nicht mit Severus Snape anfreunden. Und er konnte erst recht nicht... Remus fluchte leise vor sich hin und zog sich seine Decke übers Gesicht. Ein Werwolf. Ein schwuler Werwolf. Schlimmer ging's ja gar nicht mehr. Kapitel 6: Rückzug ------------------ Remus hätte nie gedacht, dass er noch einsamer werden könnte. Er war kein Gesellschaftsmensch, eher das Gegenteil. Er hatte Sirius und James und Peter, aber es war schon etwas besonderes, sich mit diesen Leuten zu umgeben. Severus hätte nie gedacht, dass Remus noch zurückgezogener werden könnte. Nun ja, er war ja selbst nicht die ultimative Stimmungskanone. Aber er hatte gehofft.. na ja, eher gedacht, dass nach dieser ganzen Rettungskiste und so, Remus vielleicht ein wenig aufgetaut sei. Er hatte persönlich ja nichts gegen Remus. Sirius war ein Arsch, und James eigentlich auch, und Peter war ein feiger Mitläufer, aber Remus... schien ja auch nicht so schlecht zu sein. Naja, er hatte sich für Severus vor die Peitschende Weide geworfen. Severus deutete das einfach mal als Freundschaftsangebot. Er hatte ja nicht besonders viele Freunde. Seine unheimlich große Auswahl beschränkte sich eigentlich auf Lucius Malfoy. Und der war - das musste selbst Severus eingestehen - ein recht einseitiger Gesprächspartner. Es war also eher, als hätten sie die Rollen vertauscht - Severus übernahm die größten Redeanteile, und Remus schwieg vor sich hin. Aber er lächelte. Das war ein Fortschritt. Und langsam begannen ihre Gespräche über das leidige Thema Zaubertränke hinauszugehen. Sie fingen damit an, über den letzten Aufsatz in Verteidigung gegen die dunklen Künste zu debattieren. Dann tauschten sie sich über die Lehrer allgemein aus und schließlich weiteten sie ihre Gespräche auf Gott und die Welt aus. "Sag mal, Remy," meinte James beiläufig, während er seine Sachen beiseite räumte. "Lernt ihr den Stoff für die Prüfungen schon vor? Ihr lernt jetzt schon so lange zusammen und das immer noch bis in die Nacht. Ihr müsste ja Berge von Arbeit haben." Sirius sah ein wenig auf bei James' Worten und musterte Remus aus den Augenwinkeln. Er konnte sehen, dass Remus nicht die Wahrheit sagte. Er konnte sehen, dass Remus überhaupt nichts mehr über sich sagte, erst recht nicht zu ihm. "Wir sind halt langsam." erwiderte Remus, zuckte die Schultern und wandte sich zum Schlafraum. "Ich geh' schlafen." meinte er nur leise und verschwand die Treppen hinauf. Es war kurz still, keiner sagte etwas, bevor Sirius sich stumm erhob und Remus hinterher ging. Sirius zog die Tür hinter sich zu und lehnte sich gegen den Türrahmen. "Was ist jetzt aus unseren Nächten auf dem Astronomieturm geworden?" Remus drehte sich nicht herum auf seinem Bett, sondern murmelte nur etwas. "Ich bin ein Idiot, Remy, oder?" er löste sich vom Türrahmen und ging langsam auf Remus' Bett zu. "...bist du böse auf mich?" fragte Remus dann leise, als er spürte, dass sich das Bett unter Sirius' Gewicht leicht nach unten wölbte. "Ich? Nein..." meinte Sirius erstaunt. "Ich dachte, du wärst vielleicht böse auf mich..." Remus drehte sich jetzt herum und sah Sirius nachdenklich an. "Was ist aus unseren Nächten geworden, Rem?" fragte Sirius stattdessen noch mal nach und strich Remus eine Strähne seines braunen Haares aus der Stirn. "Ich bin müde, Siri..." Sirius ließ sich auf die Matratze sinken und legte seinen Arm locker um Remus' Hüfte. Er vergrub seine Nase in Remus' Nacken wie schon oft zuvor und Remus schloss die Augen. Es fühlte sich seltsam tröstend an und es ließ ihn irgendwie besser schlafen, nicht mehr allein zu sein. "Morgen, ja?" fragte Sirius leise und Remus bewegte sich kein Stück. "Morgen gehen wir wieder auf den Astronomieturm." Remus hatte nie verstanden, was ihm so wichtig war, daran. Aber er war schläfrig und verwirrt und allein, und deshalb nickte er leicht. "Ja." raunte er leise, bevor er langsam in eine seltsame Traumwelt abglitt. Severus hatte den Eindruck, Remus hatte genug davon, mit ihm zu lernen. Er musste zwangsläufig dieses Gefühl haben, denn die Abende, die er mit Remus verbrachte, wurden deutlich weniger. Er hatte so mehr Zeit, die er mit Lucius verbringen konnte und dessen Runde von Slytherins, äußerst unsympathischen Gesichter wie McNair, der nie ein Wort sagte, aber dafür umso kräftiger zuschlug. Oder aber Crabbe und Goyle, diese dummen Schränke, die nichts Besseres zu tun hatten als Lucius' Haut zu retten. Er fragte sich, seit wann er so abwertend über die beiden dachte. Wahrscheinlich war er durch Remus' Anwesenheit zu sehr verwöhnt. Remus konnte lesen und sich intelligent unterhalten und Fremdwörter benutzen, bei deren Aussprache sich Crabbe und Goyle wahrscheinlich die Zunge verknoten würden. Er las im Tagespropheten mehr als das Horoskop und den Wetterbericht. Er schrieb kleine, altkluge Bemerkungen (meistens über Calamite) an den Rand seiner Aufsätze, die Severus immer zum schmunzeln brachten. Er konnte sich über andere Themen unterhalten als die Weltherrschaft. Severus stellte mit einem schwer unterdrückbaren Seufzen fest, dass er jetzt lieber bei Remus gewesen wäre. Das war natürlich ein unmöglicher Gedanke, und Severus stahl einen Seitenblick zu Lucius. Dieser sah ihn in genau diesem Augenblick ein und Severus erstarrte. Es war ein bisschen, als hätte Lucius seine Gedanken gelesen. Der Blick aus den graublauen Augen war vernichtend kalt und ein eindeutige Warnung: Es gab Zauberer, mit denen man sich lieber nicht einließ. Severus schluckte und wandte den Blick ab. Er konnte diesem Blick nicht standhalten. Das hatte er nie gekonnt. Deswegen lief er ja dauernd hinter Lucius her, deshalb hielt er den Blick gesenkt und schien dauernd auf seine Füße zu starren. Er konnte diesen Blick nicht ertragen, er war einfach nicht stark genug, diesem Blick standzuhalten. Er war eben ein Feigling. Er hatte ja auch Sirius nie etwas entgegensetzen können. Vielleicht hatte Remus das erkannt. Aber warum sollte es Remus interessieren, ob er ein Feigling war? Du bist ein Feigling, Remus Lupin, schalt er sich selbst, als er wieder gesenkten Kopfes an Severus vorbeiging. Sirius scherzte und lachte und versprühte Tonnen seines Charmes, doch er hörte ihm nicht richtig zu. Als der Mantel von Lucius Malfoy, wehend wie immer, den Blick freigab auf Severus sah er sich einem ebenso fragenden Blick konfrontiert wie wohl sein eigener war. Eine unangenehme Hitze ergoss sich über seine Wangen und er war sich sicher, furchtbar rot zu werden. Deshalb wandte er den Blick so schnell er konnte ab und fühlte sich noch schlechter als vorher. Aber er wusste, dass es da etwas gab, das man in seinen Augen lesen konnte. Und es gab nichts, was er dringlicher vermeiden wollte. Und es war ein so schlimmes Gefühl: Zu wissen, dass er Severus erzählen könnte, was in ihm vorging, und dass Severus es verstehen würde. Und dennoch nicht in der Lage zu sein, sich ihm zuzuwenden und mit ihm zu reden. Er verfluchte Veränderungen, manchmal. Er verfluchte diese beiden Häuser. ,Die Pest über eure beiden Häuser!' dachte er bitter. Es war schon erstaunlich, wie sein eigenes Leben zu einer abstoßenden, schlechten Karikatur dieses wunderschönen Werkes der Literatur geworden war. Muggelliteratur. Davon wusste Severus sicher nichts. Und Severus würde es auch nicht verstehen. Er würde nicht verstehen, dass Remus nicht mehr essen konnte, weil sich ein schmerzhaftes Ziehen in seiner Magengegend breit gemacht hatte, und er würde nicht verstehen, dass er nicht schlafen konnte, weil er Angst vor seinen Träumen hatte. Und er würde nicht verstehen, dass Remus auch nicht wach bleiben konnte, weil die Nacht die Zeit des Wolfes war, der darauf wartete, den vollen Mond anheulen zu können und sich in seinem Licht zu baden. Er würde es nicht verstehen, er würde nichts verstehen. Und als Sirius ihm die Hand auf die Schulter legte und ihn ein wenig rüttelte, beschloss Remus, Severus deshalb auch nichts zu erzählen. Gar nichts. Kapitel 7: Nächte ----------------- Sirius breitete die Decke auf den warmen Ziegeln aus und ließ sich darauf fallen. Er stützt die Ellenbogen auf dem Dach auf und schaute in den Sternenhimmel. Sie waren immer sehr sorgfältig bei der Auswahl ihres Liegeplatzes, immer den Mond im Rücken, weil Remus sonst nervös wurde. Remus kletterte aus dem kleinen Dachfenster, einen kleinen Korb an der Hand, und ließ sich neben Sirius niederfallen. Den Korb stellte er neben sich ab. "Du sahst ein wenig aus wie Rotkäppchen," lachte Sirius ihn an, "Nur ohne das rote Käppchen - das dir sicher auch wunderbar stehen würde..." Remus winkte ab, konnte aber ein kleines Schmunzeln nicht unterdrücken. "Ach, sei still!" Remus gähnte breit. "Siri, lass uns wieder nach unten gehen..." meinte er leise und rollte sich auf den Bauch, um Sirius anzusehen. Dieser warf ihm nur einen kurzen Blick zu, bevor er wieder auf den Himmel starrte. "Einen Moment noch... Venus geht gleich auf." Remus schmunzelte etwas und rutschte zur Seite, um seinen Kopf auf Sirius' Bauch zu betten. "Venus war die römische Göttin der Liebe. Ihre große Liebe war Mars, der Gott des Krieges..." erzählte Remus leise vor sich hin und starrte in den Himmel. "Muggelgeschichten?" lachte Sirius leise und wuschelte durch Remus' Haar. "Ja, natürlich. Römisch-griechische Mythen." Sirius nickte ein wenig, das wusste Remus, und Remus wusste auch, dass Sirius keine Ahnung hatte, wovon er eigentlich sprach. Es war eine Weile still zwischen den beiden, während sie zusahen, wie Venus langsam ihren Platz am Himmel erklomm, ein rötlich leuchtender Stern. "Weißt du schon, was du nach der Schule machen willst?" fragte Sirius plötzlich nachdenklich. "Keine Ahnung," antwortete Remus erst, dann dachte er nach. "Wer würde denn einen Werwolf einstellen?" Sirius bewegte sich leicht. "Was hältst du davon, Auror zu werden?" Es schien, als hätte er schon ausgiebig darüber nachgedacht. "Da muss man doch die besten Noten in allen Prüfungen haben, nicht wahr?" Sirius schien zu nicken. "Aber stell dir mal vor, das wäre doch toll - James schafft es sicher, und du und ich.. na ja, da müssen wir eben ein wenig arbeiten. Aber du bist doch auch super in der Schule..." Sirius brach ab und Remus hob seinen Kopf ein wenig, Sirius ansehend. "Du willst, dass wir alle Auroren werden?" Sirius dachte kurz nach, und nickte dann. "Das wäre doch toll, oder...? Ich möchte nicht, dass wir uns nach Hogwarts aus den Augen verlieren." Remus lächelte ein wenig. "Das werden wir sicher nicht. Aber ich werde drüber nachdenken." Sirius schien sich damit zufrieden zu geben und starrte weiter den dunklen, glitzernden Nachthimmel an. Severus lag wach. Jetzt schon ziemlich lange. Es war nicht still, denn um ihn herum ertönte das leise Atmen der anderen Slytherins. Aber es war auch nicht laut. So konnte er nichts und niemandem die Schuld für seine Schlaflosigkeit geben, nur sich selbst. Er musste nachdenken. Er war Sirius gepflegt aus dem Weg gegangen. Und Remus war ihm gepflegt aus dem Weg gegangen. So bildete sich ein nettes Dreieck, an dessen Spitze er stand. Und er fand es albern. Sirius hatte immer, wenn er ihn sah, so überlegen ausgesehen. So selbstzufrieden gegrinst. Severus wurde unwohl dabei. Er wusste nicht genau, warum, aber Sirius führte sich auf, als sei Remus sein Eigentum. Und Remus' Verhalten konnte er sich auch nicht erklären. Remus hatte ihm das Leben gerettet. Und jetzt tat er, als wäre nie etwas passiert. Sie lernten noch zusammen, ab und zu, aber es war wieder ruhig geworden, zumindest auf Remus' Seite. Er sprach nicht und noch weniger sah er Severus an. Früher hatte er Severus oft angesehen. Severus drehte sich auf den Bauch und verschränkte die Arme unter seinem Kopf. Er gestand es sich nur sehr ungern ein: Aber er vermisste die lebhaften Gespräche während des Lernens. Er mochte das Lernen selber. Er mochte... Severus brach den Gedanken ab, bevor er ihn zu Ende denken konnte. Anmkerung des Autors: Ganz furchtbar kurzes Kapitel. Wenn Euch die Story gefällt - wenn sie euch nicht gefällt - wenn ihr mich wegen des Pairings beschimpfen wollt - REVIEWT! Kapitel 8: Sieg & Niederlage ---------------------------- Es war ziemlich still im Raum. Selbst Sirius verstummte und legte seine Hand - vorsichtig und nur für einen kleinen Moment - auf Remus' Arm. Remus jedoch wandte seinen Kopf zu Severus. Er wünschte sich ein wenig ein aufmunterndes Lächeln, einen Blick, irgendetwas, an dem man sich festhalten konnte. Severus fing seinen Blick nur für ganz kurz auf, eher zufällig, dann wandte er sein Gesicht fast eilig zu Calamite. Remus spürte einen diffusen Schmerz in seiner Brust, über den er nicht weiter nachdenken wollte. "Lupin." schnarrte es auf einmal düster vor ihm und er duckte sich instinktiv, seinen Blick wieder nach vorn, auf Calamite, richtend. "Wie auch immer Sie das gemacht haben." Er knallte die Pergamentrolle vor Remus auf den Tisch. Begierig rollte Remus sie auf. Dann ging ein Leuchten durch seine Augen - Severus bemerkte das, als er ihn förmlich anstarrte, bis Lucius unangenehm seinen Ellenbogen anstieß. Calamite ging vor zu seinem Tisch und wandte sich dann grimmig zu Remus um. "Aber das sollten Sie nicht zum Anlass nehmen, Ihre Studien zu vernachlässigen." Remus stammelte ein "Nein" hervor und betrachtete seine Pergamentrolle verwirrt. Lachend ließ Sirius seine Hände auf Remus' Schultern fallen und schüttelte ihn erst einmal ordentlich durch. "Moony, herzlichen Glückwunsch noch mal!" James, Sirius und Peter hatten Butterbier organisiert und einige Schüler nahmen das zum Anlass, mitzufeiern, trotzdem sie nicht wirklich wussten, warum. Remus freute sich wirklich, aber es kam ihm irgendwie seltsam falsch vor. Keiner von ihnen hatte seine Zeit geopfert und fast jeden Abend damit verbracht, ihm unzählige Zaubertränke einzutrichtern. Außerdem, redete er sich ein, mochte er die Menge von Schülern, die sich im Gemeinschaftsraum drängten, nicht. Fast unbemerkt schlängelte er sich durch die Menge und stieg aus dem Gemeinschaftsraum. Es war ja etwas unfair, verteidigte er sich vor sich selbst, ohne Severus zu feiern. "Hey." Remus lehnte sich gegen das Bücherregal für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Severus, der in der Mitte des Ganges saß, sah auf. "Feierst du nicht mit deinen Freunden?" Remus war verdutzt über den sarkastischen Ton. Er überlegte eine Weile. Eine ziemlich lange Weile, sogar. Er setzte an zu sprechen. Er verstummte wieder. So stand er da, öffnete den Mund, schloss ihn wieder, und musste wohl aussehen wie ein Fisch auf dem Trockenen. Gott sei dank hatte Severus sich schon wieder dem Buch zugewandt, das auf seinen Knien lag. "Wir... könnten doch'n bisschen feiern." brachte Remus schließlich raus und Severus' Kopf schoss nach oben. Für einen Moment schien Severus ihn misstrauisch zu mustern, als ob er glauben würde, Remus würde ihm einen Streich spielen oder so. Remus ging auf ihn zu und ließ sich vor ihm auf den Boden sinken, im Schneidersitz. "Diesmal muss ich mich halt bedanken." Severus' Gesichtsausdruck milderte sich ein wenig. "Ein Gryffindor bedankt sich bei einem Slytherin?" spöttelt er ein wenig. Remus ignorierte den Spott in seiner Stimme. "Der Slytherin hat sich ja auch bei dem Gryffindor bedankt." Severus konnte nicht umhin, ein wenig zu schmunzeln. "Touché." Danach verfielen sie in Schweigen und sahen einander für eine Weile nicht an. Remus dachte nach. Er wollte dieses unangenehme Schweigen unterbrechen, doch für eine ganze Weile fiel ihm nicht ein, wie. Dann sprang Remus auf einmal auf. "Komm mit - ich zeig dir was." Er sah auf einmal ein wenig aufgeregt aus, bemerkte Severus, und er hatte dieses Glitzern in den Augen, wie wenn er etwas begriffen oder etwas vollkommen Spannendes gelesen hatte. Snape erhob sich langsamer und folgte Remus, der zwischen den Regalen immer weiter nach hinten ging. Sie näherten sich der verbotenen Abteilung, doch kurz vorher bog Remus zur Seite ab. Sie kamen in einen Teil der Bibliothek, in dem es vollkommen totenstill schien und die Bücher seltsam alt und ein wenig verstaubt aussahen. Severus sah sich fragend um. Die Buchtitel sagten ihm absolut gar nichts. Remus schien sich hier allerdings absolut heimisch zu fühlen. Er atmete tief ein. "Ich liebe diesen Geruch!" Severus schnüffelte ein wenig. Es roch nach dem rauen Stoff der Einbände und nach altem, vergilbtem Papier. Es roch trocken und doch ein wenig süßlich, nach Büchern, die schon lange dort standen, und die selten jemand zur Hand nahm. Severus las die Titel auf den Buchrücken durch. "Faust?!" Er runzelte die Stirn und sah Remus an. "Die Muggel-Abteilung." erklärte dieser und grinste. "Alle Bücher hier sind von Muggeln geschrieben und erzählen Muggelgeschichten." Severus wandte seinen Blick von Remus wieder zu den Büchern. "Hier kommt fast nie jemand her." Meinte Remus nach einer kleinen Stille ehrfürchtig. "Aber die Bücher sind wunderbar." Severus hielt für einen Moment die Luft an. Es fühlte sich an, als würde Remus ein großes, bedeutendes Geheimnis mit ihm teilen. Remus trat derweil an ein Regal an der anderen Seite des Ganges und legte die Hand gezielt auf einen Buchrücken und zog das Buch leicht heraus. "Romeo und Julia." flüsterte er, und seine Stimme nahm einen so bewundernden Ton an, dass Severus fast mechanisch hinter ihn trat, um sich das Buch näher zu betrachten. Als Severus plötzlich so nah hinter ihm stand, brachte das Remus vollkommen aus der Fassung. Sein Herz setzte ein lebhaftes Staccato gegen seine Rippen an, und er hatte das Gefühl, die aufsteigende Hitze in seinen Wangen müsste eigentlich sichtbar sein. Er zog das Buch vollständig heraus und drehte sich mit einem trockenen Schlucken um, das Buch wie einen Schutzschild vor sich haltend. Große, bernsteinfarbene Augen sahen in interessierte, tiefdunkle. "Liebesgeschichte." redete Remus vollkommen irrsinnigerweise weiter. Sein Atem fing sich in seiner Kehle und kam in kurzen, abgehackten Abständen herausgeschossen. Er war fast panisch. Diese Nähe... alles an ihm kribbelte, sogar der Wolf in ihm schien nervös zu sein. "Zwei junge Menschen aus verfeindeten Häusern verlieben sich..." Wovon sprach er eigentlich? Warum sprach er noch? Severus' Blick, diese ruhigen, interessierten Augen, dieser milde Blick, schien wie durch einen Sog die Worte aus ihm herauszuziehen. "Happy End?" fragte Severus plötzlich unvermittelt und seine Stimme war dunkler als sonst. Remus schüttelte andeutungsweise den Kopf. "Sie sterben zusammen." Severus nickte ruhig und Remus zog das Buch enger an seinen Brustkorb. Er betrachtete das Gesicht vor sich, um von diesen Augen loszukommen, schwung-volle Lippen, diese markante Nase, der helle Ton der Haut im Kontrast zu diesen dunklen Seen - und wieder die Augen.... Severus war fast milde überrascht, wie angenehm es sich anfühlte, als ihre Lippen aufeinander trafen. Es war ein bisschen, als würden die unsichtbaren Mauern zwischen ihnen unter ihren Lippen davon bröckeln. So wie Remus' Buch ihm aus der Hand glitt. Dumpf schlug es auf dem Boden auf. Remus' freie Hände sanken auf Severus' Schultern hinab. Ohne große Bewegungen lösten sie ihre Lippen wieder voneinander. War Severus überrascht gewesen von dem Kuss, so war er noch überraschter von der Erkenntnis, dass ihm dieser nicht genügte. Es war, als könnte er vor seinem inneren Auge erkennen, was er tun würde. Und er konnte sich nicht dagegen wehren, es zu tun. Kurze prägnante Küsse seine Wangenknochen entlang brachten Remus fast um den Verstand. Er war wie betäubt von diesem Kuss, unfähig, darüber nachzudenken, wer begonnen hatte. "Erzähl mir mehr!" verlangte Severus fast schon hitzig, während er Remus' Hals mit Küssen bedachte. "Julia... ist schon versprochen... Romeo und sie gehen.. eine heimliche Ehe ein.." Mit den Worten kam Remus langsam wieder zu sich. Seine Hände fingen sich in Severus' halblangem, dichtem Haar und zogen dessen Gesicht ein wenig nach oben, um ihn noch einmal zu küssen. "Doch Romeo tötet Julias.. Cousin..." keuchte er dann weiter, "..und wird nach Mantua verbannt..." Er war einen Moment lang abgelenkt von der Tatsache, dass er Severus' Körper unter dem Umhang, welchen dieser trug, so deutlich fühlen konnte. "Und?" Severus suchte wieder Remus Augen, und Remus' Hände schlossen sich um den Stoff und die darunter liegende Haut, und brachte Severus in schmerzhaft schönen Kontakt mit sich selbst. "Julia versetzt sich.. durch ein Gift in einen koma-ähnlichen Zustand.. und wird, im Glauben, sie sei tot... beigesetzt... aufgebahrt..." Severus lauschte geschäftig, und Remus fühlte irgendeinen deutschen Klassiker zwischen seinen Schulterblättern. Schon allein deswegen konnte er nicht recht bestimmen, ob sein stimmhaftes Raunen auf den Schmerz oder etwas anderes zurückzuführen war. "Romeo erreicht die Botschaft davon, dass Julia nur scheintot ist und mit ihm fliehen will, nicht... so findet.. er sich am Grab seiner Liebsten ein... und vergiftet... sich..." Er fühlte Severus' Atem an seinem Ohr, und Severus' Hände überall. "..kurz darauf.. erwacht Julia.. und ersticht sich mit... Romeos Degen..." Remus stieß sich den Hinterkopf an ein paar Buchrücken und biss sich fest auf die Unterlippe. "Aha..." keuchte Severus und zog Remus mit sich nach unten. Als die beiden eine einigermaßen sitzbare Position erreicht hatten, fügte Remus, etwas stiller geworden und wieder zu Atem gekommen, hinzu: "Der Prinz der Stadt spricht noch ein paar mahnende Worte und c'est tout." Severus aber starrte Remus an wie ein hypnotisiertes Kaninchen. "Scheiße." Kapitel 9: Schlaflose Nächte ---------------------------- Severus war gegangen. Severus war gerannt. Severus war geflüchtet. Das hatte sogar Remus einsehen müssen. Er hatte Remus noch für den Bruchteil einer Sekunde angestarrt, bevor er Hals über Kopf zwischen den Bücherregalen hindurch gestürzt war. Remus wusste, dass es zutiefst irrational war, doch er stürzte Severus direkt hinterher. Severus hatte eine gute Ausdauer, anscheinend, aber die von Remus war besser. Draußen auf dem Gelände ging ihm die Puste aus, und Remus holte ihn ein. Severus hatte sich im Schneidersitz auf den Rasen gesetzt und schien vor sich hin zu schmollen. "S... Severus.." setzte er schließlich schüchtern an. "Lass mich!" grollte Severus ihm entgegen, ohne ihn anzusehen. Severus klang ziemlich aufgelöst. "Severus..." Remus fasste sich ein Herz. "Du sollst weggehen!" Severus klang nun eher wie ein bockiges kleines Kind und schlang die Arme um die Knie. Remus war noch zu wenig bei vollem Verstand, um jetzt schon aufzugeben. Er ging neben Severus in die Hocke. "Severus..." versuchte er noch einmal und legte Severus eine Hand auf die Schulter. Das war eine schlechte Idee. Remus war überrascht, ja schockiert, als Severus seine Hand beinahe panisch beiseite schlug und sich hektisch erhob. Er starrte Remus mit unlesbaren Augen an - etwas, das nicht oft vorkam, in letzter Zeit. Dann drehte er sich wieder herum und stapfte mit riesigen, raumgreifenden Schritten nach drinnen. Remus starrte ihm entgeistert nach. Sirius wedelte mit der Hand vor Remus' Augen herum. "Hey, Rem." Remus schreckte auf und starrte Sirius an. "Hmhm?" meinte er abgelenkt. Er war grad nicht da. Vor seinen Augen sah er Severus'. Dunkel und tief. Er roch Severus statt der Wärme des Feuers. Er schmeckte Severus in seinem Tee. Er fühlte Severus statt seines Kopfkissens. Es war nicht mehr zum Aushalten. Langsam hing einem das wirklich zum Hals heraus. Er wusste nicht mehr, was er tun sollte oder wohin er schauen sollte. Er hatte schon wieder Angst einzuschlafen, aber diesmal, weil er Angst hatte, von Severus zu träumen. Wände waren schon dünn - aber die Vorhänge seines Bettes waren es noch mehr. Nicht auszudenken, wenn er wieder von der Bibliothek träumte. Oder von noch mehr... er stützt den Kopf in die Hand und schnaubte wie ein alter Hund. Er war hoffnungslos. Verliebt. Er war so nah dran gewesen. Er wünschte sich, dass alles wäre nie passiert. Dann wüsste er nicht, wie Severus schmeckte. und er wüsste nicht, wie warm Severus sich anfühlte. Und wie gut. Wie muskulös. Wie sanft seine Fingerspitzen... Remus schloss die Augen und rieb sich die Stirn. "Ich hab Kopfschmerzen." grummelte er und erhob sich so schnell er konnte. Sirius und James sahen seiner Flucht mit großen Augen nach. "Irgendwas stimmt mit Remus nicht." stellte Sirius ernstlich verstört fest. "Stimmt - diese dauernden Kopfschmerzen..." Sirius starrte James an, als wäre er vollkommen übergeschnappt. Lustlos kritzelte Severus die letzten Zeilen seines Zaubertränke-Aufsatzes auf das Pergament und warf dann seine Feder soweit von sich, wie es der beschränkte Platz des Bibliothekstisches zuließ. Lucius drehte demonstrativ den Kopf noch etwas zur Seite. Lucius strafte ihn mit Ignoranz. Und er wusste nicht recht, ob er darüber erleichtert oder besorgt sein sollte. De facto war er recht rüde gewesen zu Lucius, das sah er ja ein, aber er war müde und geschafft - und der Winkel seines rechten Auges hatte begonnen, zu zucken. Ein lästiger Umstand, welcher den Zustand seines ohnehin angegriffenen Nervensystems nicht unbedingt verbesserte. Nun ja, und Lucius übersah ihn nun mit hoheitlicher Arroganz. So hatte er wenigstens Zeit, nachzudenken. Aber eigentlich wollte er nicht nachdenken. Er hatte keine Lust, in dem dunklen Gewässer zu gründeln, das diese chaotische Aktion in der Bibliothek eingeleitet hatte. Er hatte Angst, auf irgendwas zu stoßen, mit dem er nichts anfangen und nicht umgehen konnte. Es gab genug, mit dem er nicht umgehen konnte, er brauchte keine Probleme mehr! Er musste aufpassen, nicht über seinen Gedanken einzuschlafen. In seinen Träumen irrte er meistens durch irgendwelche vernebelten Gänge (Vernebelte Gänge! Was hatte das wohl zu bedeuten! Lief er vor sich davon? Musste er seine "Zukunft erkennen"? Sollte er Teeblätter befragen?), während ihn unablässig eine Stimme rief. "Severus... Severus..." Eine Stimme, die Honig war, wie die Augen zu denen sie gehörte. Und die ihn unablässig lockte, sich ihm näherte, sich entfernte, und ihn so laufen ließ, immer wieder durch dieselben Gänge. Eine Stimme, vor der er selbst davon gelaufen war. Er ließ seine Stirn auf die Tischplatte fallen und begrüßte den dumpfen Aufschlag und den kurzen, ebenso dumpfen Schmerz in seiner Stirn. Er lebte also noch. Warum ließ er sich eigentlich locken? Warum wachte er immer in einer Art freudiger Erregung auf, wie die Freude darauf, die Stimme endlich zu erreichen, und sie wieder in die Arme schließen zu können, die Lippen, aus welchen sie gekommen, endlich wieder mit seinen zu erkunden... Bevor ihm eiskalt wurde und er sich die Decke bis zu den Ohren zog und den Rest der Nacht mit ruhelosem Nachdenken verbrachte. Und nicht mehr einschlafen konnte, weil er sich viel zu viele Sorgen machte. So konnte das jedenfalls nicht weitergehen, das hatte er früh beschlossen. Er wusste nur überhaupt nicht, wie es sonst weitergehen konnte. Er würde Remus jedenfalls keine Stunden mehr geben. Nicht Remus, nicht Remus verdammt! Diesem Lupin. Diesem Lupin würde er also keine Stunden mehr geben. Diesem Lupin mit der weichen Haut, die den Ton von Elfenbein hatte, und den Lippen wie sterbende Schmetterlinge... diesem Lupin, der seine Küsse erwidert hatte. Severus hob seinen Kopf wieder und packte seine Schreibsachen zusammen. Er durfte seinen Gedanken nicht mehr freien Lauf lassen, das nahm einfach Überhand. Er würde sie einfach wegschließen, irgendwo in einem tiefen Loch und sie nie wieder herauslassen... als erstes sollte er sich bei Lucius entschuldigen. Lucius konnte für Ablenkung sorgen. Für Unterhaltung. Lucius konnte so etwas, und wenn er Crabbe und Goyle für sich wie Tanzbären kreisen ließ. Severus erhob sich, räusperte sich diskret. Ging auf Lucius zu. Wenig später spazierten sie den Innenhof entlang, in Diskussionen versunken. Einfach wegschließen. Es war leicht. Das musste er sich nur lange genug einreden. Kapitel 10: Yule Ball --------------------- Hogwarts hatte etwas Neues entdeckt, und stürzte sich mit Begeisterung auf die Neuentdeckung: Bälle. Der Yule Ball stand an, eigentlich für das Trimagische Turnier entworfen, jedoch von den Schüler(inne)n so begeistert angenommen, dass man ihn zu einem festen Bestandteil des Schuljahres gemacht hatte. Ein Ball zum Abschluss des ersten Schulhalbjahres. Festroben und Musik, feierliche Lichter und Ansprachen, und die Tische bogen sich unter der Menge an Pasteten, Kuchen, Braten und anderen Köstlichkeiten, welche sich ständig von selbst nachfüllten. Remus konnte solchen Festlichkeiten nicht viel abgewinnen, aber sie waren gemeinhin besonders unter den Mädchen sehr beliebt. Die Mädchen, die schon einen Monat vorher bei Sirius Schlange standen. Sirius, der Mädchenschwarm. Es war schon fast zum Lachen. Noch letzter Jahr war auch James sehr beliebt gewesen, aber nun wussten alle (eine Art stillschweigendes Übereinkommen), dass er mit Lily Evans hingehen würde. Remus hatte nicht vor, irgendwen zu fragen. Er würde sich heuchlerisch vorkommen. Selbst auf die Gefahr hin, als unheilbar schüchtern zu gelten - er würde sich nicht der Maskerade aussetzen, ein Mädchen einzuladen, und sie dann für den Rest des Abends am Hals zu haben. Er war nicht ganz so skrupellos wie Sirius, was Mädchen anging. Sirius lud sie ein, um nicht alleine zu erscheinen, forderte sie zu einem Tanz auf, und ließ sie dann an ihrem Tisch sitzen, während er sich mit Remus über das Buffet hermachte. Die meisten Mädchen waren erst enttäuscht, und gingen dann zu ihren schon erwartungsvoll tuschelnden und kichernden Freundinnen, um ihnen jedes kleinste Detail zu berichten. Remus fragte sich, warum die Mädchen jedes Jahr (seit dem vierten Jahr, um genau zu sein) darauf reinfielen, und Sirius trotzdem umschwärmten wie Motten das Licht. Sirius wusste es offenbar selbst nicht, aber er genoss es, im Mittelpunkt zu stehen. Remus war in letzter Zeit immer öfter aufgefallen, dass das, was Sirius mit den armen Mädchen machte, moralisch nicht unbedingt fraglos hingenommen werden konnte. Aber es hatte keinen Sinn, Sirius darauf anzusprechen. Er würde Remus nur groß angucken und ihn fragen: "Wirklich?!" Sirius sah nur, was er sehen wollte. Und manchmal nicht mal das. So kam die Nacht des Balls ganz schnell unter all der Arbeit. Sirius ging vor ihm, irgendein blondes Mädchen am Arm, mit ihr fröhlich plaudernd, und Remus trottete hinterher, allein. Er hatte überhaupt keine Lust auf diesen Ball. Menschen würden da sein. Severus würde da sein. Wahrscheinlich mit einem Mädchen. Er würde so tun, als wäre nie etwas passiert. Er würde Remus wieder ansehen wie jeder andere Slytherin auch. Als hätte er ihn nie anders angesehen. Aber Remus wusste, dass es anders war. Nur mit einem halben Ohr hörte er den Gesprächen an dem Tisch zu, an dem er mit James, Lilly, Peter, Sirius und diesem Mädchen (irgendwas mit T...). Seine Augen wanderten durch den Raum. Leider konnte er Severus nirgendwo entdecken. Oder sollte er sich eher darüber freuen...? Dafür hatte Severus Remus entdeckt. in einer ruhigen Ecke saß er mit anderen Slytherins und ja, auch ein Mädchen an seiner Seite. Er hatte es fast als Verpflichtung, ums sich selbst zu beweisen, dass das mit Remus... nichts Ernstes war. Ein Ausrutscher. Aber dieses Mädchen... Severus stützt das Kinn auf die Hand und sah vor sich hin, während sie sein Ohr zulallte. Wenn alle Mädchen so waren, konnte er nicht verstehen, warum die Jungen so scharf darauf waren, mit ihnen auszugehen. Dieses Exemplar war eine PLAGE! Sie redete, und zwar ohne Unterlass, über Dinge, die keinen vernünftigen Mensch interessierten ("Blau ist ABSOLUT Narcissas Farbe!"). Er konzentrierte sich währenddessen auf diesen Punkt hellbraunen Haares. Eine schwarze Festrobe, schwarz wie seine eigene. Sie schmiegte sich um die schmalen Schultern. Fiel weiter über diesen Brustkorb, so unerwartet muskulös, und so übersät von Narben, alten und neuen. Und auf die Hände gestützt dieses Gesicht von elfenbeinfarbener Haut und diese Lippen. Severus erhob sich schlagartig und verließ den Festsaal. Mit offenem Mund schaute ihm das Mädchen hinterher (Gut, so redete sie wenigstens nicht mehr). Er kämpfte sich an den tanzenden Paaren vorbei, ignorierte die Stöße, die er abbekam und floh nach draußen. Vor dem Schloss atmete er tief ein und genoss die kühle und klare Luft, die seine Lungen bis zum Bersten zu füllen schien. Sie half ihm, wieder einigermaßen klare Gedanken zu bekommen. Das war die Stelle, wo er Remus so schroff abgewiesen hatte... Severus knirschte mit den Zähnen. Sogar seine "klaren Gedanken" wurden von Remus dominiert. Musste der Kerl nur überall sein?! Remus wandte seinen Blick schon fast angewidert ab und bedauerte, dass er selbst aus den Augenwinkeln noch Schemen von Sirius und dem Mädchen mit "T" wahrnehmen konnten, die gerade öffentlich und ausgiebig ihre Heterosexualität demonstrierten. Ein kleines Seufzen später erhob er sich dann - das war ja nicht zum aushalten - und steuerte auf den Ausgang der Halle zu. Er stapfte nach draußen in den Schnee. Es war kalt, aber das ignorierte er einfach und sog stattdessen die frische Luft tief ein. Er schlang beide Arme um den Körper und fing an, um das Schloss zu stapfen. War es unfair, Sirius einen Vorwurf daraus zu machen, dass er in dieses Mädchen verliebt war? Aber war es nicht auch unfair, so einfach vor ihm rumzuknutschen, als es kein Morgen gäbe? Aber Sirius konnte ja nicht wissen... aber trotzdem.. er grummelt leise vor sich hin, während sein Atem in kleinen Wölkchen seinen Mund verließ. Er bemerkte niemanden um sich herum, auch nicht die Figur im Dunkeln, an der er fast vorbei stapfte. "Hey.." klang ihm auf einmal dieses einzelne Wörtchen entgegen, etwas verloren und einsam. Remus blieb abrupt stehen und versuchte, den Kloß, der sich auf einmal in seiner Kehle gebildet hatte, hinunter zu schlucken. Severus traute sich kaum, etwas näher an Remus heran zu treten, als diese weder reagierte noch etwas sagte. Er wusste auch nicht genau, aber er fühlte sich plötzlich so beklommen und ängstlich. Er schluckte noch einmal. Er führte sich ja auf, als hätte er ein schlechtes Gewissen. Das musste er ja nicht, er hatte doch etwas vollkommen Vernünftiges getan. Oder..? "Hey." erwiderte Remus so knapp es nur eben ging und starrte vor sich in den Schnee. Es entstand eine unangenehme Stille zwischen den beiden. Severus fragte sich, warum er die Stile überhaupt als unangenehm empfand Sie hatten sich doch vorher auch schon angeschwiegen. Und überhaupt - woher kam dieser unerklärliche Drang, Remus' Hand zu halten? Wieso fühlte er sich wie der letzte Versager? Er hatte einen Fehler gemacht, klar, aber es war doch gut, dass er Abstand genommen hatte zu Remus. Diese Sache in der Bibliothek, das war einfach... ein Missverständnis. Ein Ausrutscher halt. Er hatte ja auch nicht mehr so viel an Remus gedacht. Es war doch alles in Ordnung. Er brauchte sich ja auch nicht mehr zu fragen.... Severus atmete tief aus und rieb sich die Stirn. Warum machte ihm das nur solche Kopfschmerzen? Ein kleiner Gedanke flitzte durch sein Gehirn. Remus schlang die Arme um den Oberkörper und gab sich alle Mühe, sich selbst zum Weitergehen zum Bewegen. Leider verweigerten seine Füße offenbare jegliche Befehlsaufnahme. Dennoch wäre er fast gesprungen, als Severus ihn nach einer ewig scheinenden Stille wieder ansprach: "Machen wir einen kleinen... Spaziergang?" Er klang, als hätte er sich an irgendetwas verschluckt. Remus stutzte einen Moment und erlebte dann wieder mal seine eigene Unzurechnungsfähigkeit: "...warum nicht.." Kapitel 11: Veritaserum ----------------------- Remus betrachtete stumm seine Füße, wie sie sich in den Schnee versenkten und tiefe, farblose Spuren darin hinterließen. Severus kaute währenddessen an einem großen, gedanklichen Klumpen, der sich in den Windungen seines Gehirns festgesetzt hatte. Er versuchte verzweifelt, sich von seinen Schuldgefühlen zu befreien. Er suchte nach Worten, um Remus zu erklären, dass sie doch noch zusammen Lernen könnten und dass er Remus - für einen Gryffindor - eigentlich gar nicht so übel gefunden hatte, aber er fand keine. Das mochte an der einfachen Tatsache liegen, dass er selbst nicht daran glaubte. Es schien einen kleinen Teil in seinem Kopf zu geben, der die Aussprache dieser Dinge einfach unterdrückte. Severus hätte Unmengen dafür gegeben, zu wissen, was Remus gerade dachte. Eigentlich wollte er es gar nicht. Remus wollte, wenn er genauer darüber nachdachte, nicht hier mit Severus so gemütlich durch den Schnee spazieren, als wäre gar nichts geschehen. Es machte ihn ziemlich mürbe. Er war ja normalerweise immer ziemlich ruhig, aber er konnte nicht so ruhig sein, wenn Severus in der Nähe war. Er fühlte sich dann so... aufgeregt. So unkontrollierbar. Unkontrollierbar war das ja auch gewesen, in der Bibliothek. Er hatte das Gefühl, innerlich zu zittern, wenn er daran zurück dachte. Der Gedanke daran machte ihn ganz warm und kribbelig, und das war einfach nicht gut. Immerhin war Severus... ...hetero. Es konnte doch nicht so schwer sein, einfach nur ganz normal zu sein. Aber passierte "normalen" Jungen so was wie damals in der Bibliothek auch? Mussten die auch dauernd an andere Jungen denken? Hatten die das furchtbare Bedürfnis, einen anderen in den Arm zu nehmen? Konnte man mit Remus etwas anderes machen, als ihn in den Arm zu nehmen? Severus fühlte einen Seufzer in seiner Kehle aufsteigen. Remus war so süß, und warm, und so zerbrechlich... vielleicht war es ganz normal, ihn in den Arm nehmen zu wollen. Er roch und schmeckte doch so gut... Severus ließ sich davontragen von diesem warmen Rieseln in seinen Adern, das auch den Klumpen in seinem Gehirn irgendwie aufzuweichen schien. Wahrscheinlich weichte er alles ziemlich auf, denn Severus blieb auf einmal stehen. Remus tat dasselbe und sah Severus das erste Mal fragend an. "Remus, ich..." Remus konnte nicht umhin festzustellen, dass es irgendwie schön klang, wenn Severus seinen Namen aussprach. So, als würde dieser irgendwas bedeuten oder als hätte er ihm etwas wirklich Wichtiges zu sagen. So, wie der Anfang zu einem Gedicht vielleicht. Er hörte zu. Er hatte ja eh gerade nichts zu sagen. "..ich war'n ziemlicher Idiot, oder?" Kam diese glorreiche Erkenntnis gerade von dir, du großer Entdecker? Seit wann hatte Severus eine fiese kleine Stimme in sich?! Severus runzelte irritiert die Stirn. Das hatte er auch eigentlich nicht sagen wollen. Aber wenn er Remus so ansah, schien es irgendwie gestimmt zu haben. Was ihn noch mehr irritierte. Ihn irritierte gerade sowieso alles. "Ich...ich weiß selber nicht richtig, was los war... ist... ich... äh." ...Ich sollte mich kürzer fassen. "Ich hätte nicht weglaufen sollen oder so, aber ich weiß gar nicht richtig, was ich eigentlich sonst hätte tun sollen, ich meine, ich weiß gar nicht so richtig, was ich will, das heißt, doch, das weiß ich eigentlich schon, aber vielleicht will ich es einfach nicht wissen und..." Severus unterbrach seinen Redeschwall wieder, als er in Remus Augen sah, mehr aus Versehen. "Tut mir leid." Meinte er und ließ den Kopf hängen. "Was willst du denn?" Es kostete Remus eine ganze Menge, diese Frage zu stellen und seine Stimme klang auch so angestrengt. Severus sah zur Seite. "Ich weiß nicht..." Remus holte tief Luft. "Gerade eben hast du gesagt, du weißt es. Also.. was ist es?" Eigentlich wollte er es gar nicht wissen, aber er hatte sich schon viel zu weit aus dem Fenster gelehnt, wie es schien. Er konnte nicht mehr zurück. Wieder entstand eine Stille zwischen den beiden, aber diesmal war sie davon bestimmt, dass Remus Severus ansah und Severus seinen Blick mied, weil irgendetwas Schlimmes passieren würde, wenn er das nicht tat. Severus studierte seine Schuhe, den Schnee, die Spuren die sie hinterlassen hatten, die weißen Schneeflöckchen auf Remus' dunklem Festumhang, die Sterne neben Remus' Haar und... da waren sie. Unausweichlich wie bernsteinfarbene Magneten. "....Dich." Er hatte gewusst, es würde etwas Schlimmes passieren. Bis jetzt allerdings war es nicht schlimm. Eigentlich sogar ganz angenehm, die sachte Berührung zweier Lippen auf seinen, fragend und ganz vorsichtig, als hätten sie Angst, wieder weg gestoßen zu werden. Aber er konnte Remus jetzt nicht wegstoßen. Nicht, nachdem sowieso alles vorbei war. Er hatte es gesagt, und das hieß, dass er nichts rückgängig machen konnte, nichts von dem, was passiert war und vielleicht war es da einfach besser er ergab sich und... genoss. Remus stand einfach nur da und spürte den sanften Druck von Severus Lippen, als sich plötzlich eine Hand um seinen Nacken schloss, ebenso fragend und sanft wie seine Lippen gewesen waren, als könnte sie irgend etwas kaputtmachen. Ein sanfter Druck mit seinen Fingern und schon bald klammerten sie sich aneinander wie zwei Ertrinkende, wankten leicht unter ihrem eigenen Sturm und blieben doch fest stehen, unfähig, sich zu regen, unfähig, sich zu lösen. Severus hielt Remus fest und erstaunte milde darüber, wie schön es sich anfühlte, Remus so zu halten. Es war anders als in der Bibliothek. Es war ruhig und bestimmter und er konnte es viel bewusster wahrnehmen. Er (oder besser gesagt, sein Körper) hatte die alte Erinnerung willkommen geheißen und er hatte festgestellt, dass ihm nicht bewusst gewesen war, wie sehr er darauf gewartet hatte. Remus schmeckte so weich und süß wie er sich anfühlte, nach Honig und Abendwind in Herbstblättern. Sein Duft - ein wenig wie alte Bücher und frisch gewaschene Wäsche - vermischte sich mit dem klaren Geruch des fallenden Schnees um sie herum. Remus schien eine Art Wärme auszustrahlen, stärker als sonst, die Severus ummantelte und ihn nicht frieren ließ, trotzdem der Schnee in kalten, kleinen Flocken auf sie nieder rieselte. Severus war überrascht gewesen, als er den bestimmten Griff von Remus' Händen auf seinen Schultern fühlte. Sie waren sanft, aber es schlummerte eine Art verborgene Kraft in ihnen. Severus wusste, was es war - das war der ruhende Wolf, der Schuld daran war, dass Remus nicht halb so zerbrechlich war wie er wirkte. Diese heimliche Kraft und der Gedanke daran ließen Severus leicht erschaudern. Remus fühlte das winzige Zittern, das Severus' Rückgrat hinauf kroch, einfach, weil er ihm so nah war. Sein Griff lockerte sich ein wenig. Wie abgesprochen lösten sie die Verbindung ihrer Lippen. Remus machte ein kleines, unwilliges Geräusch, ein unbewusster Laut. Er wollte das Gefühl der Wärme und diesen furchtbar anziehenden Geschmack nicht verlieren. Er blinzelte und vor seinen Augen tauchte Severus auf. Seine Wangen sahen aus, als wäre ihm ziemlich warm, trotz der Kälte, und in seinem schwarzen Haar lagen kleine Flecken weißen Schnees. Remus schmunzelte und zupfte eine Schneeflocke aus Severus' Haar. Severus hob eine Hand und strich mit dem Daumen über Remus' Augenbraue. Remus hielt ganz still, obwohl ihn diese Berührung irritierte. Es fühlte sich seltsam an, von Severus berührt zu werden. Remus wurde allgemein nicht gern berührt. Er schreckte davor zurück, immer schon. Seltsam. Aber schön. Es fühlte sich unerklärlich gut an. Er vergrub seine Hände in Severus Haar, seine schlanken, langen Finger verfingen sich darin und er löste sie vorsichtig wieder. Er berührte kurz Severus Nacken, seine Schultern, seinen Hals, während er spürte, die Severus Finger vorsichtig seine Gesichtszüge, die Rundung seines Halses, seine Haare erkundeten. Vollkommen versunken in das Spiel ihrer Finger standen sie nur da und studierten den jeweils anderen sorgfältig. Helles, goldenes Licht schnitt in den Schnee vor dem Portal. "Remus?!" durchdrang Sirius' laute Stimme die ruhige, intime Stille die die beiden verbunden hatte. Remus' Hand zuckte von Severus zurück, als hätte er sich verbrannt. "Remus, ich weiß dass du hier irgendwo bist!" Sirius hatte noch nie Probleme gehabt, eine Stille mithilfe seiner lauten Stimme einfach so zu beenden. Severus packte kurz entschlossen Remus' Kragen und zog ihn an eine dunkle Stelle der Schlossmauer. Ihre Lippen trafen sich in einem atemlosen Kuss, Remus hielt seine Hände fest verschränkt in Severus' Haar, als wolle er ihn nie wieder los lassen. Der Moment verging allerdings viel zu schnell, und Severus stand allein, schwer atmend, gegen die Mauer gelehnt. Remus trottete hinter dem Schloss vor, eine vollkommen indifferente Miene ziehend. Stillschweigend war etwas geschehen. Eine Abmachung war getroffen worden, etwas, das geheim und verborgen bleiben würde. Und Remus hatte Angst, aus irgendeinem Grund, als Sirius ihm einen schweren Arm um die Schulter legte und ihn nach drinnen zog. So war es nun mal. Kapitel 12: Tiefer Schlaf ------------------------- Der Wolf schlug seine Krallen tief in das Holz der Hütte, zerrte daran, jaulte, schlug seine riesigen Pranken immer und immer wieder dagegen und schließlich sich selbst. Der majestätische Hirsch, der ihm unbewegt aus einer Ecke zusah, schien ihn wissend zu beobachten. Der Wolf blieb knurrend liegen nach einem weiteren Aufprall an der Wand. Aus dem Schatten einer Ecke, von einer schmutzigen Decke, erhob sich ein riesiger, zotteliger schwarzer Hund und tappte langsam, aber voller Wachsamkeit, auf den knurrenden und wimmernden Wolf zu. Der Wolf fletschte seine Zähne, bleckte die übergroßen Fänge drohend, doch der Hund trottete gemächlich näher. Als er direkt vor dem Wolf zum Stehen kam, raffte sich dieser langsam auf, nur um sich dann gegen den Hund zu werfen, mit einem heiseren Knurren. Selbst die angespannten Muskeln des großen schwarzen Tieres konnten dem Aufprall nicht standhalten. Es jaulte kurz, sich aber nicht ergebend. Der Wolf lag halb auf dem schwarzen Hund und fletschte seine Zähne. Durch die Muskeln des Hundes lief ein feines Zittern, und er bäumte sich auf, die Zähne tief da vergrabend, wo bei einem Menschen die Schulter gewesen wäre. Dominierend. Das Monster über ihm machte ein heiseres, wildes, und doch irgendwie zufriedenes Geräusch und erstarrte darin. Der Hund löste seine Zähne aus Fleisch und Haar des Wesens über ihm. Der Wolf zeigte seine Fänge, ein weiteres Mal, schien den Hund jedoch nicht beißen zu wollen. Fast schon fürsorglich leckte der große schwarze Hund die Wunde, welche seine Zähne hinterlassen hatten und markierte es als das, was es war: Ein Akt der Beherrschung, des In-Besitz-Nehmens. Die tiefen, runden, dunklen Augen des Hundes trafen die bernsteinfarbenen des Wolfes für einen Augenblick, bevor der Wolf sich knurrend erhob, mit einer ruckartigen Bewegung den Hund aus der devoten Gefangennahme befreite. Der Hund erhob sich, die dunkle Nase glitzernd vom Blut des Wolfes. Dieser wandte seine Augen zum Fenster, durch das ein majestätischer Vollmond herein schien. Ein beängstigendes Heulen erhob sich in den Abendhimmel, unmenschlich leidend und schmerzhaft streckte der Wolf seine Fänge und seine Wunden dem vollen Mond entgegen. Der Hund stimmte in das Heulen mit ein, sich neben dem Wolf nieder lassend. Der Hirsch schnaubte deutlich und betrachtete diese uralte Szene, die sich vor seinen Augen schon so oft wiederholt hatte. In jeder Vollmondnacht erneuerte. Er machte ein paar Schritte zur Seite, langsam und bedächtig, seine Augen unverwandt auf die zwei Umrisse gerichtet, die zusammen den Mond anheulten. Eine Ratte wuselte vor beiden auf, quiekte kurz und verschwand dann in einer finsteren Ecke. Als hätte die Ratte neben ihm gequiekt, fuhr Severus aus dem Schlaf und blinzelte verwirrt. Er sah sich um, doch sein Blick traf nur die fest verschlossenen Vorhänge seines Bettes, die jegliches Licht ausschlossen. Er erhob sich langsam und schob den schweren, dunkelgrünen Stoff beiseite. Durch das Fenster schien der Vollmond herein und in Severus' Magen machte sich ein kalter, schwerer Brocken breit. Severus' kalte Finger tasteten über seine Stirn und verjagten ein paar dunkle Strähnen daraus. Er hatte das Gefühl, zu glühen. Es zog ihn nach draußen, zur Hütte. Plötzlich durchbrach die Nacht ein weit entferntes Heulen, leidend, unmenschlich. Und, als hätte er es geahnt, wurde es plötzlich durch ein zweites Heulen ergänzt, tiefer und gutturaler. Severus ließ seine kalte Stirn gegen das Glas sinken und sein Atem machte einen kleinen Fleck auf der Scheibe. Er war verwirrt. Remus erwachte nur zögerlich aus dem tiefen und erschöpften Schlaf. Er blinzelte die Wintersonne, die sich über sein Bett ergoss an und danach Severus, der neben seinem Bett saß, bleich wie immer, mit besorgter Miene, und auf ihn herunter sah. "Hallo...Severus.." krächzte er, seine Stimme rau und ungeübt. Schien so, als müsse sie sich erst wieder an Worte gewöhnen. Severus lächelte schwach, und ein wenig erschöpft. Er hatte nicht mehr schlafen können nach diesem Traum. Seine Augen saugten sich förmlich an dem breiten Verband um Remus' Schulter fest. Remus bemerkte den Blick und zog die Decke ein wenig höher, unangenehm berührt. "Entschuldige.." meinte Severus leise und strich Remus eine Haarsträhne aus der Stirn. Remus schüttelte schwach den Kopf. ,Ich sollte mich daran gewöhnen, dass er mich ansieht... aber.. nicht das.. das soll er nicht sehen...' Remus richtete sich auf. Dank der überragenden Kunst der neuen, jungen Heilerin die sie erst bekommen hatten, spürte er seine Verletzungen schon kaum noch. Bis auf das Mal an seiner Schulter, das unablässig leise stach, als wollte es ihn an irgendetwas erinnern. Severus' Hände strichen vorsichtig über sein Gesicht. Es war schön, aufzuwachen und Severus war da. Der besorgte Blick in seinen Augen gab Remus das Gefühl, dass sich jemand um ihn sorgte. Und Remus wusste, dass Severus das auf eine ganz besondere Art und Weise tat. Er genoss diese Umstand und das Gefühl wie ein Stück Schokolade, dass er sich langsam auf der Zunge zergehen ließ. Sirius würde ein Stück Schokolade eifrig verschlingen, er wusste es, er hatte ihn oft dabei beobachtet. Er selbst allerdings zog es vor. die Schokolade vorsichtig und ausdauernd zu genießen. Wie er alles lieber vorsichtig und ausdauernd genoss. Und er wusste, dass es Severus ebenso ging. Dem einen Kuss waren andere gefolgt, immer süß und verlockend, geprägt von einem vorsichtigen Herantasten. Das war gleich neu für beide, was beiden ein sicheres Gefühl verlieh. Es gab Momente, die nur ihnen gehörten. Severus verlieh das ein neues Gefühl der Exklusivität, besonders angesichts der Tatsache, dass Remus von seinen Freunden eifriger als zuvor in Beschlag genommen wurde. Es waren nur Blicke, kurze Worte vielleicht, eine ,zufällige' Berührung am Arm. Es war noch mehr wie ein Spiel, aufregend und neu, und etwas, dass Severus so noch nie erfahren hatte. Das Schweigen, das nur den beiden gehörte, wurde unterbrochen von einem Klappen der Tür und den lauten Stimmen von James und Sirius. Severus erhob sich abrupt von seinem Stuhl, ein dunkler Ausdruck huschte über sein Gesicht. Noch eine letzte, flüchtige Berührung ihrer Finger, bevor Snape mit dunkler Miene und wehendem Umhang den Krankensaal verließ. James öffnete die Hände großzügig wie Frau Holle und ließ einen kleinen Regen von Schokolade und Süßigkeiten auf Remus' Bettdecke niedergehen. Sirius starrt immer noch finster Severus hinterher, eiste sich aber langsam von dem Gedanken los. Remus versuchte sich an einem kleinen Lächeln. Eine Packung Schokofrösche öffnete sich bei dem Aufprall und ein kleiner Frosch kroch benommen heraus. Remus sah das und lachte leise. Sirius drehte sein Gesicht zu ihm. Die Wintersonne verlieh Remus' Haar einen goldenen Schimmer, seidig und Sirius wusste, dass es sich ganz weich unter seinen Fingern anfühlen würde. Remus' Augen glitzerten leicht, als das Lachen etwas anschwoll. Immer, wenn Remus lachte, tat er es für eine ganze Weile, als müsste er versäumtes Lachen aufholen. Deswegen lachte er auch so selten. Weil er immer alles Lachen auf einmal verschwenden musste, auf einen Augenblick. Das Bernstein seiner Augen glitzerte ein wenig transparent in der Sonne. Sirius ließ sich auf der Bettkante nieder und fing den Schokofrosch grinsend ein. Er hielt ihn Remus hin. "Sirius, ich kann meine Schokofrösche allein essen.." protestierte dieser lachend. "Nicht jetzt." raunte Sirius einfach nur und in Remus Augen leuchtete etwas auf, das ihn bereitwillig dem Schokofrosch den Kopf abbeißen ließ. Kapitel 13: Der Fluch des vollen Mondes --------------------------------------- (Notiz: Vielleicht habt ihr ja drauf gewartet, ich wollte euch nur vorwarnen: Es wird etwas zitroniger - auch wenn nur implizit. Ich hoffe, es gefällt euch, und wenn ja, lasst es mich wissen! ^-^) Zeit verging manchmal schneller als man es eigentlich wollte. Remus und Severus hätten diese Wintertage halten mögen, wie sie einander festhielten. Doch die Zeit verging, die Sonne ließ den Schnee in den Boden sickern und der Vollmond stieg höher an den Himmel, über den zaghaft knospenden Blüten. Je höher er stieg, desto weiter warf der volle Mond sein Licht über die Weiten, drang bis tief in die Zimmer von Hogwarts ein mit seinem bleichen, kalten Schein, der einen die zaghaft wärmende Sonne des Tages vergessen zu lassen schien. Der Wolf schien zu erstarken mit dem wachsenden Mond und dem wachsenden Alter von Remus. Immer bleicher war er geworden im Verlauf des Winters, immer nach Vollmond. Nun schien es, als würde sein Hunger auch den Wolf füttern. Severus tat sein Bestes. Remus schätzte seine stille Art, wie er zu Remus' Zimmer hineingleiten würde, und ihn in den Arm nehmen würde. Wie seine Finger durch Remus' Haar glitten und ihre Körper mit der Zeit immer besser aneinander zu passen schienen. Manchmal noch, fühlte Remus den Wolf in sich erwachen, kurz vor Vollmond. Wenn Severus dann bei ihm war (manchmal kam es vor, dass er vorzog, in Remus' Armen einzuschlafen, manchmal, weil sie sich einfach nicht lösen konnten von den viel versprechenden Liebkosungen, trotzdem sie sich nicht weiter wagten) dann fühlte er den Wolf in sich aufknurren mit heiserem Verlangen nach seinem Gefährten und schlüpfte aus dem Bett. Er ging zum Fenster und lehnt seine heiße Stirn dagegen, als könne das kühle Glas ihn beruhigen. Er wusste, dass der Wolf Teil von ihm war, und er sollte seinen Anteil haben, zu Vollmond, aber nicht jetzt. Severus gehörte nicht dem Wolf, und das spürte er. Severus roch fremd, kurz vor Vollmond, Remus' Nase und seine Fingerspitzen, seine Lippen kribbelten nach einem anderen Duft, nach einem anderen Geschmack, dem, nachdem der Wolf verlangte. Er würde es haben, aber nicht jetzt. Nicht. Jetzt. Remus erlaubt es nicht, er würde es nicht erlauben, dass der Wolf Herrschaft über ihn gewann, diese eine Nacht genügte. Aber der Vollmond wurde stärker, so stark, dass Remus vor Verzweiflung seine Fingernägel tief in sein eigenes Fleisch grub, um sich zu erinnern. Und um zu widerstehen. Es war eine Nacht nach Vollmond. Der Wolf war unglaublich milde gestimmt gewesen, und Remus hätte schlimmes ahnen müssen. Als er aus dem Krankenflügel kam, mit Severus, da spürte er es auf einmal. Da waren keine Träume, die ihm den Weg gewiesen hatten, da waren keine Warnungen gewesen, es war einfach auf einmal da und Remus erstarrte innerlich im Gedanken daran. Dieses Verlangen. Severus bemerkte, wie schwer er sich tat, kaum eine Berührung, kaum ein Wort, nur dieser Blick als würde es ihm Mühe kosten, die Beherrschung zu bewahren. Aber Severus wusste nicht, worüber er die Beherrschung bewahren wollte. Severus öffnete die Tür zur Remus' Zimmer, ins dunkle Licht getaucht, nur der abnehmende, runde Mond, der durch die Scheibe schien. Er fühlte die Hand an seiner Schulter. Und dann ging alles so schnell. Remus konnte nicht anders. Der Wolf hatte die Kontrolle übernommen und sein eigenes Verlangen verheerend mit dem von Remus vermischt. Natürlich wollte er Severus. Auf gewisse Art und Weise. Vielleicht auch mehr, als ihm lieb war. Er hatte nie so darüber nachgedacht. Vielleicht hatte er es ja auch einfach verdrängt. Aber der Wolf hatte es ausgegraben, hervorgeholt, und nun machte er es sich zu Eigen wie Remus' Körper zu Vollmond. Severus stolperte fast als er das Gewicht von Remus' Körper gegen sich drängen spürte. Er wich zurück, instinktiv, bis ihn das Bett aufhielt, und er fiel. Ein Fehler. Man sollte niemals unter die Klauen eines Werwolfs fallen. Selbst, wenn er schön war... Remus' Hände waren weich und hart zugleich - weich wenn sie über Severus' Haut strichen, federleicht und eine glühende, kribbelnde Spur zurückließen, und hart, wenn sie ihn nieder drückten auf die weiche Matratze, ihn festhielten, sich seiner bemächtigten. Der volle Mond umriss die Schemen, ein endloses Sich-Regen, hin und her. Severus konnte es nur erahnen, seine Sinne waren bei weitem nicht so gut wie die des Wolfes, doch auch er spürte eine andere Note in Remus' Kuss, ein bitterer Beigeschmack, etwas, dass sich nicht so anfühlte, wie es sich sollte. Eine Veränderung darin, wie ihre Körper sich ineinander schmiegten. Severus legte den Kopf zurück, um nach Luft zu schnappen, ein heiseres Keuchen, während Remus' Lippen und Hände quälend langsam über seinen Oberkörper strichen. Sein Umhang schlängelte sich schon unter ihnen, vergessen, und auch sein Hemd glitt von der Bettkante, wenig später. Ein Teil von Remus versuchte, sich zu wehren - er hatte keine Ahnung von dem, was er da tat, und er weigerte sich, dem Wolf die Kontrolle zu überlassen, denn er konnte nicht wissen, was dieser mit Severus anstellen würde. Für einen Moment kehrte der alte Remus vollkommen wieder zurück, und Remus richtete sich auf, Severus eine kleine Verschnaufpause gönnend. Er mochte es sich kaum eingestehen, aber dennoch - wie das Mondlicht unter Severus' halbgeschlossenen Lidern glitzerte, und sich in das nun zerwühlte Haar legte, dass sich unter Severus' Kopf auf dem Kopfkissen ausbreitete, seinen Schein auf Severus' Oberkörper ausbreitete, so zerbrechlich in dem hellen Licht, das alles gefiel ihm, unabhängig vom Wolf. Remus senkte seine Fingerspitzen auf Severus' Hals und ließ sie hinunter gleiten - eine so sanfte Berührung, die er bis tief in sich zu spüren glaubte, dieses Gefühl von Severus' Haut unter seiner, das er in sich aufnahm. Severus' Brustkorb bebte sacht unter der Berührung, als habe er Schwierigkeiten, darunter zu atmen. Und während Remus seine Hand tiefer wandern ließ und sich wieder herunter beugte - seine Haare kitzelten leicht auf Severus Wange wie sein Atem über dessen Lippen - ergab er sich dem Wolf zum ersten Mal. Erlaubte ihm, an der Oberfläche zu kratzen, sich zu nehmen, was er wollte - weil Remus genauso danach verlangte. Auch wenn er die Kontrolle behielt, so spürte er doch, wie der Wolf sich seinen Anteil nahm, seine Berührungen, Küsse bestimmte. Severus' Fingernägel gruben sich in Remus' Schultern, als er die Berührung an seiner Halsbeuge spürte. Severus legte den Kopf zurück, instinktiv, und bot dem Wolf seine Kehle dar, und Remus hinterließ eine gerötete Stelle an seiner Halsbeuge, das Mal seiner Zähne, seines und das des Wolfes zugleich. Severus Hände lösten ihren Griff mit einem sanften Zittern, als Remus' Wange neben seiner Schulter das kühle Laken berührte. Noch immer hielt er ihn fest, doch Remus schmiegte sich an ihn, schutzsuchend und zögerlich. Der Wolf zog sich nur langsam zurück, nachdem er seinen Hunger gestillt hatte, und Remus' Kopf schien zu brennen mit der Erinnerung an das stille Einvernehmen, das sie geschlossen hatten. Seine Lippen suchten die tröstende Berührung mit Severus', bevor er die schleichende Kraft der Müdigkeit bemerkte, wie sie sich über ihn breitete. Die Luft, obwohl stehend, schien seine erhitzte Haut zu kühlen. Sein Atem beruhigte sich langsam, und als er den Kopf auf Severus' Brustkorb sinken ließ, lauschte er dem Verlangsamen seines Herzschlags und schloss die Augen, als er Severus' Finger über seine Stirn streichen fühlte (auch diese, bemerkte er, waren nicht so kühl wie sonst). Ein letztes Ein- und Ausatmen, bevor Remus in eine tiefe Traumwelt gezogen wurde, Severus an seiner Seite, erschöpft und verwirrt. Kapitel 14: Enttarnung ---------------------- Kapitel 14 - Enttarnung Lucius' Hand fühlte sich kalt an seinem Hals an, und diese Kälte ließ ihm einen Schauer über den Rücken laufen. Diese Kälte und die Tatsache, dass Lucius einfach nur zuzudrücken brauchte, um ihn zu erwürgen. "...du hast doch was mit ihm, nicht wahr?" hörte er die kalte, gefühllose Stimme fragen. Innerlich begehrte er auf, was Lucius das Recht gäbe, danach zu fragen. Als ob Lucius auch nur im Geringsten wüsste, wie es ist, geliebt zu werden. Geliebt zu werden! Lucius wusste nichts über die Hitzewellen, die Remus ausgelöst hatte, in dieser Nacht! Lucius wusste nicht, wie sich Remus' Lippen anfühlten, wie er schmeckte, wie sein Lachen klang, und wie sehr er ihn bei sich haben wollte, in jeder Sekunde. Lucius wusste nicht, wie es war, sich nach etwas zu sehnen. Lucius bekam immer was er wollte. Und Severus wandte nur den Blick zum Boden. Lucius verpasste ihm einen verächtlichen Stoß, der Severus zur Seite taumeln ließ. "Dass ich mich mit Leuten wie dir abgebe..." waren seine letzten Worte, bevor er den Raum verließ. Und es schien Severus, als wäre es nun ohne Lucius sogar noch kälter, als es mit ihm war. Sirius vergrub seine Nase an Remus' Schulter. Eine Weile blieb er ruhig stehen. Dann murmelte er leise: "Du riechst nach ihm." Remus löste sich von ihm und ging zu seinem Schreibtisch. "Ich hatte eines seiner Bücher in meinem Mantel." Nie um eine Ausrede verlegen, was, Remus? Seit du mit ihm zusammen bist? Sirius' große Hände legten sich auf seine, hielten sie fest. Seine Haut war fast so blass wie Severus', aber seine Hände waren kräftiger, und das Schwarz seines Umhangs stach nicht ganz so sehr hervor wie bei Severus, sondern schien seine Hautfarbe eher zu komplettieren. "Alles an dir riecht nach ihm." raunte Sirius dann und Remus war gefangen. In seinen Armen und seinen Worten. Es gab keine Ausrede, hier. Der Hund hatte ihn ertappt. Remus antwortete nicht und Sirius ließ seine Nase an Remus' Schulter ruhen. Da, wo die Narbe war. Die nie richtig verheilen würde, da sie zu jedem Vollmond neu aufgerissen wurde von seinen Fängen. Remus zuckte leicht zusammen. "Du gehörst zu mir." Es war keine Bitte, es war eine simple Feststellung, und Remus wusste, dass sie wahr war. "Zu Vollmond." machte er einen kläglichen Versuch und gab sein Bestes, fest und sicher zu klingen. "Immer." Remus fühlte sich so ohnmächtig, so kraftlos in Sirius' Armen. Er wusste, dass er ihn wegstoßen könnte, wenn er es wollte, doch es wäre nur einen Moment, und Sirius würde wiederkommen. Sirius war sein Gefährte. Der Gefährte des Wolfes. Und der Wolf gehörte zu Remus. "Aber.." "Immer." erwiderte Sirius dunkel und wahr und Remus widersprach kein zweites Mal. Er wusste, dass Sirius Recht hatte. Sirius hatte die älteren Rechte, schon seit der ersten Vollmondnacht, Sirius hatte Kraft... und Sirius würde sich holen, was ihm gehörte. Remus fürchtete diese Eigenschaft an Sirius. Langsam zogen sich Sirius' Hände von seinen zurück und er legte sie auf Remus' Schultern nieder. Als er Remus herumdrehte, damit er ihn ansehen konnte, entdeckte Remus in seinen Augen einen fast reuigen Ausdruck. Er presste seine Lippen auf Remus', fast schon unbeholfen, und Remus ließ es geschehen. Er ließ seine Lider zufallen, und seine Hände sanken an seinen Seiten herab, vollkommen willenlos. Er hatte sich immer wohl gefühlt mit Sirius. Sirius hatte sich seiner angenommen, als er hier angekommen war, allein. Sirius war einer der ersten Freunde, die er jemals gehabt hatte, einer der wenigen, die nicht vor dem zurück schreckten, was er war. Und er konnte nicht leugnen, dass es sich gut anfühlte. Wie es sich gut anfühlte, neben ihm zu liegen, von ihm im Arm gehalten zu werden... aber es war anders als mit Severus. Völlig anders. Das verwirrte Remus. Wenn es nicht Severus war, wie konnte es sich so gut anfühlen? Ohne Lucius' Unterstützung in Slytherin zu leben, war praktisch unmöglich. Lucius wusste das und er hatte sich entschlossen, dies Severus spüren zu lassen. Und Severus konnte nicht zu Remus gehen, weil dieser es nicht verstehen würde. Sämtliche "Freunde", die er jemals zu haben geglaubt hatte, waren auf einmal verschwunden, straften ihn mit Nichtachtung, und schlimmer noch: Ließen ihn spüren, dass er Slytherin verraten hatte. Was Lucius ihnen sicherlich erzählt hatte. Wie viel der Wahrheit sie kannten, konnte er nicht sagen, aber Lucius würde sie mit den essenziellen Informationen versorgt haben, oder nur mit einem schlichten "Verräter", absichtlich hingeworfen, wenn die Sprache auf ihn kam. Das genügte vollkommen, denn Lucius Malfoy hatte immer Recht. Und wenn er auf Severus' Reaktion gewettet hätte oder darauf, wie lange dieser durchhalten würde, hätte er sicher auch richtig gelegen: Es war eine Zaubertrankstunde, nach der er sich besonders viel Zeit ließ, seine Sachen zusammen zu packen. Alle Schüler, selbst der Professor hatten den Raum schon verlassen, als Severus diese kühle, arrogante Präsenz hinter sich spürte. "Endlich vernünftig geworden, Severus?" Seine Stimme war schleichend, Gift, welches sich in Severus' Ohr träufelte. "Ja, Lucius." meinte Severus leise, während er davon laufen wollte, weit weg von dieser Stimme und diesen kalten Händen. "Ich wusste, dass du es früher oder später einsehen würdest..." Severus konnte die Kühle seiner Hände sogar durch seinen Umhang spüren. Er starrte auf den Lehrertisch, als würde er dort Erlösung finden. "...wenigstens hast du dir nicht zuviel Zeit gelassen." Soviel Arroganz, Süffisanz, soviel Selbstverständlichkeit in seiner Stimme. Die Selbstverständlichkeit seines Herrschaftsanspruchs über Severus, dieses allumfassende Dominanzbedürfnis, das Severus von Anfang an zu spüren bekommen hatte. Und dem er sich jedes Mal wieder beugte. Auch dieses Mal. Er konnte nicht anders - Lucius war stärker als er, und er hatte es ausreichend bewiesen. Severus wollte den Umfang der Macht, die Lucius über ihn hatte, nicht wissen. Manche Dinge verdrängte man besser. Author's Note: Denkt nicht, ich hätte was gegen Severus T-T Ich mag ihn wirklich gern, aber er hat sich so entwickelt.... Gefällt es euch? Nicht? Reviewt! Kapitel 15: Geständnis und Vergebung ------------------------------------ Die Prüfungen rückten immer näher. Die ganze letzte Klasse in Hogwarts befand sich in Aufruhr, und alle Lehrer schienen zu versuchen, sie mit besonders viel Arbeit im Zaum zu halten. Severus und Remus arbeiteten an einem Auftrag von Calamite, und die arbeitsame Stille zwischen ihnen erschien beiden mehr als unangenehm. Sie wussten, dass viel mehr zwischen ihnen schwebte, als sie zugeben wollten, aber beide konnte nicht über ihren Schatten springen, um dem anderen zu gestehen, was es war, das sich zwischen sie gedrängt hatte. Sie hatten sich weniger gesehen (das ließ sich damit begründen, dass sie beide viel zu tun hatten), wenn sie sich gesehen hatten, waren sie sich nicht mehr so nahe gekommen (aus Angst davor, der andere würde bemerken, dass sich etwas verändert hatte), und so war die Atmosphäre zwischen ihnen langsam, aber merklich, abgekühlt. Beide hatten das nicht gewollt. Remus fühlte sich schuldig. Er fühlte sich schuldig für das, was zwischen ihm und Severus geschehen war. Er versuchte sich zu sagen, dass er es nicht gewollt hatte, dass es der Wolf gewesen war, der ihn beherrscht hatte, aber er wusste sehr wohl, dass das nur die halbe Wahrheit war. Natürlich hatte er es gewollt, aber nicht so. Und er fühlte sich schuldig für das, was zwischen Sirius und ihm geschehen war. Er konnte es sich nicht erklären. Sirius war doch sein Freund... er hatte schon früher entdeckt, dass es sich gut anfühlte, Sirius' Arme um sich zu haben, in seiner Nähe zu sein. Aber das war doch so mit Freunden, nicht wahr? Nicht, dass Sirius James oder Peter jemals in den Arm genommen hätte.. geschweige denn mit einem von ihnen in einem Bett geschlafen. Die Berührungen zwischen ihm und James beschränkten sich auf albernes Herumbalgen. Und Peter... Remus konnte sich gar nicht daran erinnern, dass Sirius ihn jemals berührt hatte. Aber ihn selbst... Es schien, als könne er seine Finger nicht von Remus lassen. Remus erschien der Gedanke etwas albern. Vielleicht war es, weil er so klein war oder so zierlich, oder so zerbrechlich aussah, vielleicht mochte ihn Sirius auch einfach nur. Jedenfalls hatte er ständig mindestens einen Arm um Remus, spielte mit seinen Haaren, legte seinen Kopf auf seine Schulter. Und manchmal, wenn Remus unruhige Träume plagten, glitt Sirius wortlos in sein Bett und schmiegte sich an ihn, ihm leise zuflüsternd, oder über seine Haare streichend, bis er einschlief. Remus hatte sich so lange in diese Umarmungen in der Nacht geflüchtet, in ihnen Trost gefunden. Aber nun hatte er doch Severus. Severus' Umarmungen konnten ihn genauso trösten, Severus' Nähe tat ihm genauso gut. Severus liebte ihn. Aber liebte Sirius ihn vielleicht auch? Der Gedanke kam so vollkommen überraschend für Remus, als hätte er sich von hinten angeschlichen und ihn einfach so überfallen. Er fühlte sich taub. Liebte ihn Sirius? Das war eine Frage, vor der man Angst haben konnte. Aber noch viel mehr Angst hatte er vor der Frage, die als nächstes kam: Liebte er Sirius vielleicht auch? "Remus... können wir reden?" Remus hatte es immer geliebt, wie Severus seinen Namen aussprach. Er sagte ihn so weich und vorsichtig, als hätte er Angst, ihn kaputt zu machen und als wäre er unheimlich wichtig. Niemand hatte Remus' Namen vorher so ausgesprochen. Remus hielt neben Severus an und nickte leicht. Langsam hob er den Kopf und sah in Severus Augen. Er hatte gelernt, darin zu lesen. Es war, als würde ihm Severus mit jeder Geste und jedem Blick viel mehr sagen als er eigentlich beabsichtigte. Und im Moment sah er, dass Severus Angst hatte vor irgendetwas unbestimmbaren, und gleichzeitig schien er so aufgewühlt, fast schon wütend. "Können wir in dein Zimmer gehen?" Remus ließ dieser Frage wieder ein Nicken folgen und beide gingen los, nebeneinander, schweigend, als würden sie sich ihre Worte für das folgende Gespräch aufsparen. "Wir... haben uns nicht mehr so oft gesehen in letzter Zeit." sagte Severus ruhig, nachdem er sich auf der Bettkante nieder gelassen hatte. Remus setzte sich auf einen Stuhl, ihm gegenüber. Zuerst schwieg er, dann jedoch brach es aus ihm heraus, als wolle er sich entschuldigen: "Ich weiß, es tut mir leid, ich hatte viel zu tun, die Prüfungen und so..." "Remus..." unterbrach ihn Severus fast schon sanft und Remus sah auf, etwas erstaunt, und sah ihn groß an. "..gehören wir noch zusammen..?" fragte Severus dann ruhig, fast schon ein wenig ängstlich. Remus erhob sich langsam und ging auf Severus zu. Wie konnte er nur an so etwas denken? Wie kam er auf den Gedanken, dass sie nun nicht mehr zusammen gehörten? Nur, weil ich etwas zwischen sie gedrängt hatte? Remus' Finger verfingen sich in Severus Haar, als er ihn an sich heran zog. Severus schlang seine Arme und Remus' Hüften und zog ihn mit einem kaum hörbaren Seufzen an sich. Remus strich durch sein Haar, sah zu, wie es fein, schwarz und matt durch seine Finger rann. "Natürlich... uns bringt so schnell nichts auseinander." Severus' Griff verfestigte sich etwas, bevor Remus auf die Knie sank um Severus anzusehen. Die Augen des anderen schimmerten in einem unbestimmbaren, dunklen Farbton. Remus strich über seine Stirn, seine Schläfen hinunter über seine Wangen, und Severus sah ihn ununterbrochen an. Diese Augen ließen ihn ruhig werden, so ruhig... als könnte ihn nichts bedrohen oder aus der Fassung bringen. Absolut nichts. "Wir gehören doch zusammen." wisperte er, bevor er seine Lippen sacht auf Severus' legte. Der Griff um seine Hüften lockerte sich leicht, als sie in einem Kuss versanken, so anders als die vorherigen und doch genauso süß. Ein Kuss, als würden sie sich gegenseitig versichern wollen, dass alles gut gehen würde. Ein Kuss wie ein Geständnis und wie ein Vergeben. Als sich beide voneinander legten, zog Remus Severus eng an sich und hielt ihn fest. Hielt ihn die ganze Nacht fest und spürte seinen Atem, seinen Herzschlag, und seinen Körper. Etwas, an dem er sich festhalten konnte. Und Halt war es, was er suchte. Kapitel 16: Inbesitznahme ------------------------- Was soll ich sagen.. normalerweise gibt's keine Author's Notes, aber ich wollte mich für das Kapitel entschuldigen, erstesn für seine Kürze, zweitens für seinen Inhalt. Reviews wären schön. Ich hoffe, ihr mögt es trotzem. Severus stoppte abrupt, als Sirius ihm den Weg vertrat. Seine Augen waren dunkel und wütend, genauso wie sein Gesichtsausdruck. Severus wich etwas zurück - ein Reflex, konfrontiert mit einem großen, wütenden Sirius. "Du schleichst immer noch um ihn herum!" zischte Sirius. Severus sah fast schon trotzig zu ihm auf. Es war nicht das erste Mal, dass Sirius ihn bedrängte, ihm drohte. Aber Severus dachte nicht daran, sich von Remus fernzuhalten. Egal, wie sehr Sirius ihn bedrohte. "...lass ihn das doch entscheiden...!" zischte Severus also zurück. Sirius' Augen verengten sich und Severus wusste, dass er einen schweren Fehler begangen hatte. "Er gehört zu mir, Severus." grollte Sirius dunkel und tief, seine Züge fast schon animalisch verziehend. "Offensichtlich sieht er das anders." Severus war schockiert, dass er den Schlag nicht einmal kommen sah. Er spürte nur den dumpfen Schmerz und wie seine Lungen auf einmal zusammen geschnürt schienen. Keuchend sackte er zusammen. "Dann wird er seine Meinung eben ändern." Seine Stimme war ungerührt und fest bei diesen letzten Worten, mit denen er Severus auf dem Boden zurück ließ, leise vor sich hin fluchend. Ein wenig Kühle kam herein, als sich die Tür zu Remus' Zimmer leise öffnete, nur einen Spalt breit, um einen weichen Lichtschein und eine halbhohe Gestalt hereinschlüpfen zu lassen, bevor sie wieder verschlossen wurde. Remus drehte sich langsam zu dem Geräusch der sich schließenden Tür um. Er hatte noch wach gelegen, trotzdem die Lichter in seinem Zimmer schon gelöscht waren. Severus hatte sich so seltsam verhalten, als habe er Angst davor, mit ihm in Kontakt zu kommen. Er war so zurückhaltend gewesen, besonders, wenn sie für ein paar Momente allein gewesen waren, dass es Remus fast wehtat. Mit einem winzigen Lächeln betrachtete er den großen, schwarzen Hund, der vor seinem Bett saß und streckte dann langsam die Hand aus, um ihm den Kopf zu kraulen. Noch während Remus das tat, verwandelte er sich zurück und Remus' Hand hielt inne in Sirius' seidig glänzendem Haar, als der andere vor ihm kniete, ihn mit einem undeutbaren Blick musternd. Langsam lehnte sich Sirius vor und Remus dämmerte erst, was er vorhatte, als Sirius' Lippen sich schon sanft, aber bestimmt auf seine pressten. Als Sirius' Hände den Stoff seiner Kleidung fassten und Sirius neben ihm auf das Bett glitt, machte Remus nur unwillig Platz. Ohne einen Umweg suchten sich Sirius' Hände ihren Weg unter Remus' Kleidung. Als seine warmen Finger Remus' Haut berührten, keuchte dieser überrascht auf, und gab Sirius so die Möglichkeit, den Kuss zu vertiefen, drängend, gewaltsam. Eine Hitzwelle ergoss sich über Remus, als Sirius seine Hüfte packte und ihn gegen sich zog. Auch Sirius Lippen waren warm, heiß geradezu, als sie über Remus' Wange strichen, zu seinem Ohr. "Du gehörst zu mir." raunte er dunkel und Remus' Augen weiteten sich erschrocken. Seine Hände legten sich auf Sirius' Schultern und versuchten, ihn fort zu schieben, er hob seine Hüfte verzweifelt in dem Versuch, sich von Sirius' Griff zu befreien. Aber Sirius' Hände schienen sich um seine Hüften nur noch zu festigen. Remus wurde leicht panisch, als er Sirius so schwer auf sich spürte. "..Siri... nein..." keuchte er atemlos. Sirius hob den Kopf und sah Remus an. Seine Augen waren dunkel, fast schwarz im Dämmerlicht des Zimmers, nur ein schwacher Schimmer schwamm in ihnen wie das Bild des Mondes auf einem See. Remus fühlte, wie sein Herz schlug, aufgeregt, flatternd. Sirius' Blick dauerte an und Remus spürte wie sich ein Schaudern, Kribbeln seinen Körper entlang zog. Es war so ganz anders als nachts, bei Vollmond, in der Hütte. ,Du gehörst zu mir...' hing der geraunte Satz noch immer zwischen ihnen und ließ Remus sich so schwach fühlen. Sirius löste eine Hand von Remus' Hüfte und strich ihm fast zärtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Remus atmete tief ein, während Sirius' Finger eine warme Spur auf seiner Wange hinterließen. Remus spürte Hitze in sein Gesicht aufsteigen. Schließlich schlich sich eine kleine Bitte in Sirius' Blick und er wurde wärmer, weicher. ,Sei mein.' schien sein Blick sagen zu wollen. Remus spürte, wie sich der verzweifelt enge Griff seiner Hände löste. Er sank etwas zurück. Er sah zu Sirius auf, die Augen halb geschlossen, und er konnte nicht verhindern, dass seine Lippen ein wenig zitterten, als er vorsichtig ausatmete. Er zögerte kurz, bevor er seinen Kopf zurück legte und Sirius seinen Hals darbot. Alles an ihm schien zu brennen, als würden die Gefühle, die ihn überrollten, ihn gleichermaßen verschlingen. Er spürte, wie Sirius innehielt, seine Finger sich für einen Moment tief in Remus' Haut gruben, als er sein heiseres Knurren dämpfte, indem er seine Lippen an Remus' Halsbeuge vergrub, wo seine Lippen kurz über die alte und frisch gerötete Narbe strichen. Ein leises, trockenes Schluchzen löste sich von Remus' Lippen, als eine einzelne Träne seinem Augenwinkel entschlüpfte und seine Wange hinunter rollte. Kapitel 17: Einsamkeit ---------------------- Sein hastiges Atmen wurde nur übertönt vom Rauschen seines eigenen Blutes in seinen Ohren. Er wusste nicht, ob die Geräusche von seinen Füßen stammten oder von den unsichtbaren Kreaturen des Waldes. Plötzlich war diese Wurzel da und sie traf ihn hart am Fußgelenk ...er strauchelte und brach zu Boden, geschwächt vom Rennen und von den heißen Tränen, die ihm über die Wangen strömten. Er lag am Boden und zitterte, hörte sein Blut rasen und roch den modrigen, faulen Geruch des feuchten Bodens, und er spürte diesen unbändigen Schmerz in sich, der ihn nicht zur Ruhe kommen ließ. James sah von seinem Buch auf, als die Tür von Remus' Schlafzimmer praktisch aufgestoßen wurde und ein vollkommen aufgelöster Sirius heraus stürmte. Er hob nur schwach eine Augenbraue - es war schon öfter vorgekommen, dass Sirius bei Remus übernachtet hatte (und James sah nichts verwerfliches darin - sie waren Freunde, und er wusste, wie sehr sich Sirius um Remus sorgte), doch Sirius Aussehen erschreckte ihn: Sirius sah blass aus, geradezu übernächtig, und der Blick seiner Augen war gehetzt. "James!" schrie er James schon fast an und war mit wenigen Schritten bei ihm. "Remus! Wo ist Remus?!" James sah ihn verdutzt an und sah dann an ihm vorbei. Die Tür zu Remus' Schlafzimmer stand offen, also würde er dort nicht sein. James' Blick wurde nachdenklich. "Ist er nicht bei dir?!" erwidert er hastig, fragend, denn normalerweise konnte man Sirius immer bei Remus finden - oder umgekehrt. "Würde ich fragen, wenn er es wäre?! Scheiße Nein!" James erhob sich langsam aus seinem Sessel bei dem Ton in Sirius' Stimme. Sirius' Stimme überschlug sich fast, er klang irgendwie hysterisch, aufgebracht - aber auch irgendwie schuldbewusst. Ohne einen weiteren Ton hastete James in den Schlafraum und kam nach einigen Sekunden wieder heraus. Er ging langsam, während seine Augen die Karte des Rumtreibers studierten. Dann plötzlich blieb er stehen und die Farbe schien aus seinem Gesicht zu weichen, so dass seine Augen emeraldgrün leuchteten, als er Sirius ansah: "Er ist im Wald." Remus Schluchzen war einem kleinen Wimmern gewichen, als er lange genug auf dem kalten, feuchten Boden gelegen hatte. Sein Körper fühlte sich langsam taub an, aber er begrüßte diese Taubheit, denn sie schien auch seinen Schmerz zu dämpfen. Er fühlte sich so elend. Als er erwacht war, hatte der Morgen gerade mal gegraut. Alles war gut gewesen, bis er die Augen öffnete und dieses Gewicht auf sich spürte, als sich Sirius im Schlaf bewegte. Und alles war zurückgekommen: Sein Gewicht auf ihm gestern Nacht, die Hitze, und der Schmerz. Für einen Moment war er wie erstarrt gewesen in seinen Erinnerungen. Das konnte nicht wahr sein. Das durfte nicht wahr sein. Und dann hatte es ihn getroffen wie ein harter Schlag, und er war aus dem Bett geglitten. So schnell er konnte hatte er sein Schlafzimmer verlassen. Aber wohin..? Wohin? Remus schlug mit der Faust auf den Boden. Es war alles seine Schuld. Er war so schwach; Er hatte sich nicht wehren können. Er hatte nichts getan, er hätte schon etwas tun müssen, als Sirius ihn zum ersten Mal küsste, doch er tat nichts. Er ließ es mit sich geschehen, wie gestern Nacht. Gestern Nacht... Es war so anders gewesen, als mit Severus. Ein ganz anderes Gefühl, und doch fühlte Remus die Hitze in seinen Körper zurückkehren, während er daran dachte. Das war doch nicht möglich... Er vergrub den Kopf in seinen Armen. Wie hatte er so etwas mit sich geschehen lassen können? Warum konnte er sich nicht gegen Sirius wehren? Warum konnte er sich nie gegen Sirius wehren, seine Hände, seine Lippen, seine Worte - warum war es Sirius so einfach, seinen Willen zu brechen? Warum brach Sirius seinen Willen einfach so? Warum musste es Sirius sein... Warum hatte Sirius nichts tun können, für das er ihn lieben konnte? Warum hatte Sirius ihm etwas so hassenswertes angetan? Warum... Sein Schluchzen erstickte die Fragen in seinen eigenen Gedanken. Sirius hetzte über die Wiese zum Wald, ohne überhaupt auf James zu achten. Wo war Remus...? Sein Blick suchte den sich nähernden Waldrand ab. Es hatte ihn eiskalt überlaufen, als er heute Morgen entdeckt hatte, dass Remus nicht da war. Eiskalt hatten ihn die Erinnerungen an das überfallen, was er getan hatte. Remus war doch sein bester Freund... mehr als das. Er liebte Remus. Er spürte es als dumpfen Schmerz tief in sich. Es machte ihn wahnsinnig, Remus nicht haben zu können. Wenn Remus sich ihm verweigerte... das würde er nicht ertragen. Ein Black bekam immer, was er wollte. Und er wollte Remus, mehr als alles andere auf der Welt. Wie konnte Remus ihm Severus vorziehen? Wie konnte Remus es wagen, ihn zu küssen, nur, um ihn dann allein zu lassen? Wie konnte Remus es wagen, so verdammt hübsch zu sein, so zerbrechlich, so liebevoll? Wie konnte man ihn nicht lieben, wenn er so war, wie er war? Er hatte sich immer an Sirius angelehnt.. Sirius war immer für ihn da gewesen, sie hatten zusammen gelacht, unendlich viel geredet, im selben Bett geschlafen. Remus hatte ihm das Haar gestreichelt und ihm vorgelesen, hatte ihn beruhigt, wenn er sich über seine Eltern aufregte - wie konnte er sich jetzt nicht in ihn verlieben? Wie konnte Remus ihn jetzt allein lassen? Sirius musste das Brennen in seinen Augen gewaltsam unterdrücken, während er weiter in Richtung Wald eilte. Als sie Remus fanden, war James schockiert. Er fragte sich, wie lange Remus schon dort lag. Er zitterte am ganzen Körper und er war ungewöhnlich blass. Aber als Sirius sich neben ihn kniete und ihn aufhob, begannen Remus' Fäuste hilflos, schwach, auf Sirius einzuschlagen: "Lass mich! Rühr mich nicht an! Nicht schon wieder! Lass mich!" James hatte erschrocken zugesehen, wie Remus Sirius angestarrt hatte, wie ein wildes, verängstigtes Tier. Er zitterte noch stärker, als Sirius ihn aufhob, und er zappelte so stark, dass Sirius ihn wieder absetzen musste. Mit ein paar unsicheren Schritten stakste Remus zu James und warf sich ihm förmlich um den Hals. James fing ihn erschrocken auf und der Blick in Sirius' Augen, als er Remus nachstarrte - wild und gleichzeitig hilflos, erschreckte ihn zutiefst. "James.." schluchzte Remus haltlos, "..beschütz mich... beschütz mich vor ihm!" Kapitel 18: Entdeckungen und Entsetzen -------------------------------------- ,Rühr mich nicht an!' - ,Beschütz mich vor ihm!' hallte Remus' Stimme dumpf in Sirius' Gedanken wieder. Er saß im Schlafsaal der Jungen, die Vorhänge seines Bettes fest zugezogen, umschlossen von künstlicher Dunkelheit. Er hatte den Kopf auf seine Knie gelegt und die Arme um die Beine geschlungen. Seit Stunden saß er hier und brütete. Ließ die Worte immer wieder widerhallen. Die Wut darüber, dass Remus ihn verlassen wollte, war stumpfer Fassungslosigkeit gewichen. Was hatte er getan, damit Remus ihn so hasste? Dass Remus vor ihm weglief? Dass Remus ihn so angsterfüllt ansah? Die Fragen prasselten auf ihn ein, und er wusste die Antwort ganz genau, es hallte in ihm wieder, als würde eine dunkle Saite angeschlagen, tief in ihm, aber er wollte es ignorieren, er wollte nicht damit leben müssen, so tief in Remus' Schuld zu stehen. Ihm so etwas angetan zu haben. Er hatte ihn doch nur für sich gewollt. Remus musste das doch auch wollen. Remus war sein Freund, er war mehr als das, sein Gefährte, seine andere Hälfte, seine Ruhe. Er musste dasselbe fühlen, dasselbe wollen. Er hatte sich doch nicht gewehrt...oder? Sirius fuhr sich über Stirn und Augen. Er wollte diesen Ausdruck in Remus' Augen vergessen. Er wollte nicht, dass Remus irgendwen so ansehen musste. Er wollte die Angst in Remus' Stimme nicht noch mal hören. Er hatte das alles nicht gewollt. ...warum hatte er es dann geschehen lassen? James hörte sich fassungslos die ganze Geschichte an. Hörte von Severus, Sirius, von der Bibliothek, vom Astronomieturm, vom Wolf, von der Nacht. Remus zitterte noch immer, trotz der warmen Decke, er weigerte sich zu Essen oder zu Trinken. Seine Lippen waren fast weiß, und er hatte James nicht ein einziges Mal noch angesehen. Er sprach leise und schnell, als konnte er es nicht erwarten, sich alles von der Seele zu reden, und doch stockte er ein paar Mal, bis James ihn aufforderte, weiter zu sprechen. War James am Anfang nur milde schockiert gewesen, so war er am Ende von Remus' Geschichte entsetzt und wütend. Ganz leise hatte er geflüstert, wie Sirius in sein Zimmer gekommen war, und wie er sich nicht gewehrt hatte, und wie er den Kampf aufgegeben hatte. Gegen den Wolf und den Hund. Gegen Sirius. Er rutschte vorsichtig neben Remus und legte ihm einen Arm um die Schulter. Es fühlte sich seltsam an, als hätte er erwartet, dass dort auf einmal ein anderer Junge sitzen würde als vor dieser Geschichte. Aber er fühlte noch immer die schmalen Schultern unter seinem Arm und die versteckte Kraft, die goldbraunen Haare kitzelten seine Hand und seinen Arm. Remus weinte still in sich hinein und lehnte sich gegen James. Und James wusste nicht, auf wen er wütender sein sollte: Auf Sirius, der Remus das angetan hatte, der so selbstbewusst und egoistisch war, so ignorant und attraktiv, der immer bekam, was er wollte. Oder auf Severus, der Remus nicht beschützt hatte, der ihn verstand und ihn allein ließ, bei der kleinsten Schwierigkeit, der sich nie mit Sirius anlegte. Remus war nicht gekommen. Er hatte es versprochen, und er war nicht da. Severus lehnte sich mit einem bitteren Gesichtsausdruck zurück und atmete zischend aus. Viel zu deuten gab es da ja nicht... er war dauernd mit diesem Black zusammen, und jetzt ließ er ihn selbst so einfach hier stehen. "Hat er dich etwa sitzen gelassen?" Severus konnte den Triumph in Lucius' Stimme förmlich riechen, und er hasste es, sich selbst eingestehen zu müssen, dass dieser Triumph berechtigt war. Es war nicht einmal nötig, dass er antwortete. Sein Gesichtsausdruck musste Antwort genug für Lucius sein. "...und zieht mit Sirius durch die Gegend..." Lucius Abscheu für diesen kleinen, verirrten Zweig seiner Familie ließ sich mehr als deutlich an seiner Stimme ablesen. "Was findet er nur an Sirius, das fragt man sich doch.." Lucius umstrich Severus wie ein hungriges Raubtier seine Beute, und die Fragen, über welche sich Severus schon tagelang den Kopf zermarterte, rannen fast schon schmeichelnd in Severus' Ohr. "...anstatt Dankbarkeit zu zeigen... nutzt er die erstbeste Gelegenheit, die sich bietet, um Schwäche auszunutzen..." Severus fing schon nur noch Fetzen von Lucius' Worten auf, doch dass er so verletzt war, machte ihn anfällig für die mehr oder minder versteckten Andeutungen in Lucius' Stimme. "...so waren sie schon immer zu Slytherins..." Und obwohl Severus nicht glauben wollte, dass Remus einer von "ihnen" war, konnte er sich des schleichenden Misstrauens nicht erwehren, und der Logik, mit der sich Remus Handlungen daraufhin erschließen ließen. Sein Blick begegnete hilflos den sturmgrauen Augen, die ihn festhielten und sich in die seinen bohrten, ohne ihm eine Möglichkeit zu lassen, zu entfliehen. "Deshalb müssen wir zusammenhalten." Lullte ihn die dunkle, lockende Stimme ein und sein Widerstand bröckelte unter der Verständlichkeit dieser Worte und der Eindringlichkeit, mit der sie gesprochen waren. Lucius hatte Recht, es machte alles Sinn - so passte alles zusammen, wie Remus ihn nah an sich heran hatte kommen lassen, nur um ihn dann wieder von sich zu stoßen, ihn zu quälen mit Sirius. Vielleicht waren die beiden zusammen, jetzt, und wahrscheinlich lachten sie über den dummen Slytherin, den allseits gehassten Severus Snape, über welchen ihnen der finale, große Streich gelungen war. Diese Erkenntnis ließ ihn sich schwach fühlen. Irgendwo in ihm erwachte ein dumpfer, tiefer Schmerz, das Gefühl, vollkommen allein zu sein. Dieser Schmerz war so intensiv, wie es die Momente vorher zwischen ihm und Remus gewesen waren. Und gleichzeitig spürte er eine brodelnde, kochende Wut, die in ihm herauf zu kriechen schien und sich am Schmerz nährte. Und schließlich spürte er zwei kalte, schlanke Hände, die sich auf seine Schultern stahlen. Die Kälte von Lucius' Händen schien seine Haut durch den Umhang hindurch zu berühren. "...wir gehören zusammen..." spürte er die kalte Stimme, gepaart mit einem warmen Atem in seinem Nacken, und sie schien den Schmerz und die Wut zu vereisen. Die unsichtbare Barriere, die Remus so gründlich eingerissen hatte, wieder aufzubauen. "...Severus." Eis, das sich seinen Nacken hinab stahl, über seinen Rücken, unter seine Haut, und sich dort festkrallte, um ihn nie wieder loszulassen, sobald er es zuließ. Er dachte für einen Moment schwach daran, sich dagegen zu wehren. "...wir haben eine große Zukunft vor uns." malte Lucius' Stimme Bilder vor seinem inneren Auge, von einer Zukunft ohne Remus, und ohne diesen Schmerz. Als die kalten Lippen seinen Nacken berührten, wäre er fast zusammen gezuckt, doch dann fühlte er die wohltuende Kühle, die sich von ihnen ausbreitete, über seine Schultern, seinen Körper entlang. Die den Schmerz auf eine seltsame Weise neutralisierte. Taubheit. Er fühlte die schmalen, aber kraftvollen Hände, die ihn festhielten. Und er ergab sich. Kapitel 19: Dunkle Gedanken --------------------------- Kapitel 19 - Dunkle Gedanken Remus wusste nicht, ob er noch lebte. Er trug sich durch den Tag, ohne einen Gedanken daran. Es tat nicht mehr weh, da war nur einfach... gar nichts mehr. Kein Wundern über die Zukunft, und erst recht kein Gedanke an die Vergangenheit. Die Stimmen seiner Freunde, ihre Schatten, schwammen an ihm vorbei, ebenso wie es die kühlen Gestalten von Lucius Malfoy und Severus Snape taten. Keine Treffen mehr. Kein Wort. Nicht einmal ein Blick. Remus fühlte, wie die Dunkelheit ihn von innen her auffraß, das Tier in ihm nährte, und wie er sich keine Mühe gab, es zu unterdrücken. Die Feder lag unangetastet neben dem Stück Pergament. Ein paar Worte waren darauf gekritzelt und dann vergessen worden, der Arm des Schreibers hing reglos über der Sessellehne, sein Kopf lehnte sich gegen den dunkelroten Stoff. Das goldbraune Haar bildete einen fast schon zu perfekten Kontrast dazu, wie es leicht zerwühlt seinen Weg über die Schultern des zarten Jungen suchte. Der schlief. Weil er die Nächte davor nicht geschlafen hatte. Weil er nächtelang wach lag, bis er aufstand und den Mond betrachtete. Oder durch das Schloss wandelte. Sirius wusste das, weil er ihn beobachtet hatte. Und ihm gefolgt war. Jedes Mal, wenn er Remus ansah, seinen Remus, tat es ihm weh, was er aus ihm gemacht hatte. Er sah den Schemen, in den sich Remus verwandelt hatte, und er konnte nichts dagegen tun. Seine Einsicht kam zu spät. Kein Wort der Entschuldigung konnte irgendetwas wieder gut machen, und er hatte das Gefühl, Remus nicht einmal berühren zu können, ohne wieder etwas kaputt zu machen. Sanft, fast schon vorsichtig breitete er die Decke, die er auf den Armen getragen hatte, über Remus aus. Das dunkle, weiche Gewebe ließ sein Gesicht fast wächsern erscheinen, und betonte die dunklen Schatten unter seinen Augen unangenehm. Sirius wandte sich ab, nahm dann Remus' Feder zur Hand und begann, den angefangenen Aufsatz fortzusetzen. Wann immer Remus an ihm vorbeiging, lagen seine Blicke auf ihm, musste er den Drang unterdrücken, Remus zu folgen. Und doch bemerkte Severus, wie gleichgültig Remus wurde. Er bedachte ihn mit keinem Blick mehr, er lief nur noch den anderen hinterher, ohne auch nur den Hauch dessen zwischen ihnen, was da mal gewesen war. Severus schluckte trocken, während seine Feder kratzend über das Pergament glitt. Er wollte wieder bei Remus sein, aber sein Stolz war verletzt, und er würde nicht aufgeben und zu Remus rennen, nur um sich zum Gespött zu machen vor ihm und seinen Freunden. Sirius zeigte ihm deutlicher denn je, wo sein Platz war - weit weg von Remus. Und Remus schien sich nicht daran zu stören. Remus' Besteck lag unangetastet neben seinem Platz, als er sich erhob und einfach den Tisch verließ, ohne ein Wort oder auch nur einen Blick. Die vielen Worte, und die Nähe, sein Geruch, schienen ihm einfach die Luft zum Atmen abzuschnüren. Er konnte nicht da drin bleiben. Sirius warf James nur einen winzigen Blick zu, bevor er ebenfalls aufstand und Remus nachlief, eilig, fast schon hetzend. Remus warf sich in sein Bett, vergrub das Gesicht in den Händen und atmete die reinere Luft in seinem Zimmer ein, als sich auf einmal dieser seltsame Duft hinein mischte. Remus' Kopf schoss nach oben. Die dunkle Gestalt, die in der Tür stand, machte einige Schritte auf ihn zu. Blitzschnell war Remus aus dem Bett. Er taumelte nach hinten, bis die Wand seinen Körper abfing. Zitternd presste er sich dagegen und beobachtete Sirius, der sich ihm unaufhörlich näherte, mit aufgerissenen Augen. "Lass mich.." stammelte er atemlos. Sirius betrachtete jede von Remus' Bewegungen genau, die gehetzten, angsterfüllten Gesten, und es tat ihm weh. Remus presste sich gegen die Wand wie ein Tier, das von seinem Feind in die Enge getrieben worden war. Aber er war nicht Remus' Feind. Oder zumindest hatte er das nie sein wollen. Remus stammelte noch immer Worte vor sich her, Worte der Abwehr, die letzte Verteidigung die er noch hatte. Doch der Fluss dieser unsicheren Barriere verstummte, als Sirius plötzlich vor ihm in die Knie brach. Unendlich erstaunt sah Remus auf Sirius hinunter. Er fühlte entfernt, wie Sirius' Finger seine berührten, warm und entfernt bekannt, und Sirius verharrte so. Nach ein paar unendlich lang scheinenden Sekunden fühlte Remus die samtige Haut von Sirius Wange an seinem Handrücken und kalte, nasse Spuren darauf. Tropfen auf seinem Handrücken und ein sehr leises, nahezu unhörbar gewispertes: "Verzeih mir." "..ich weiß nicht, ob wir das können.." War einer der wenigen Einwände, die Severus wagte. Lucius umstrich ihn, ein weiteres Mal, und machte ihm Versprechungen. Lucius hatte ihm von diesem Mann erzählt, ein dunkler Zauberer, der an die Macht strebte. Macht war überhaupt ein Wort, das Lucius ziemlich oft gebrauchte, in letzter Zeit. Severus ging es nicht um Macht. Er sah nicht ein, was sie ihm bringen sollte, diese Macht. Aber gleichzeitig hatte er Lucius nicht viel entgegenzusetzen, keine Argumente, die gegen ihn sprachen - oder die er gelten lassen würde. Lucius fing in letzter Zeit öfter an, von Reinblütigkeit zu sprechen. Severus war die Ideologie geläufig, sie wurde unter der Hand schon lange von Eltern zum Kinde in den "alten" Familien weiter gegeben. Dass die Schlammblüter die magischen Kräfte schwächen würden. Die reinblütigen Zauberer schwächen würden. Aber das war doch Unsinn... oder? Remus war auch ein solcher "Schlammblüter". Severus fühlte dumpf den altbekannten Schmerz in sich, und versuchte, ihn beiseite zu schieben. ,...nutzt er die erstbeste Gelegenheit, die sich bietet, um Schwäche auszunutzen...' hörte er Lucius' Stimme in sich widerhallen und hielt inne. Remus hatte ihn geschwächt. Remus würde die Idee verabscheuen, diese Ideologie, die Idee, sich dem dunklen Lord anzuschließen. "...du hast Recht." erwiderte Severus leise, und ein kühles, süffisantes Lächeln stahl sich um seine Mundwinkel. Diese Idee gefiel ihm - weil Remus sie hassen würde. Kapitel 20: In den Sonnenuntergang ---------------------------------- Die Grosse Halle summte und schwirrte von den Unmengen von Stimmen, die sich unter ihrem Dach versammelt hatten. Die Absolventen von Hogwarts warteten ungeduldig auf das Zeichen, welches sie entlassen wuerde in die Zaubererwelt. Und als es endlich soweit war, stroemten sie heraus, ihre Stimmen ein froehliches Gewirr, ineinander verflochten ueber die Jahre, die sie in Hogwarts verbracht hatten. Einige Stimmen mischten sich jedoch nicht unter das Gewirr der anderen. Sirius und James wirkten ungewohnt ernst und ruhig - so ernst, dass Lily, die an James Seite ging, nicht aufhoerte zu fragen, was es mit ihrer Ruhe auf sich hatte. James entschloss sich schliesslich, sie beiseite zu nehmen und mit ihr einen kleinen Spaziergang zu unternehmen. Und er liess Sirius allein mit einer Aufgabe, der er sich gar nicht gewachsen fuehlte: Remus zu erreichen. Remus' Augen waren auf einen unbestimmten Punkt gerichtet, der sich in der Menge bewegte, und der ebenso stumm im Strom der Schueler dahinschwamm wie er selbst. Severus bewegte sich tatsaechlich zoegerlich durch die Masse von Schuelern, auf eine unbestimmte Zukunft zu. Ab und an fuehlte er Lucius' Haende, die ihm eine Richtung wiesen, aber dann wieder war es ihm, als fuehlte er noch etwas anderes, ein kuehles, prickelndes Gefuehl in seinem Nacken. Langsam drehte Severus sich herum und fast augenblicklich trafen seine Augen die von Remus. Er hielt inne. Noch einmal, wieder einmal - tausende Male, schien es - versank er in diesen Augen: bersteinfarbene Seen, die ihn unergruendlich anfunkelten. Er fuehlte einen stechenden Schmerz tief in sich und in seinem Kopf fuehlte er, wie das Bild komplettiert wurde, fast automatisch, mit seinem Geschmack und seinem Geruch, seinen vollen Lippen und seiner blassen Haut, der Rundung seines Halses und der versteckten Kraft des Koerpers darunter. Er wusste, dass Remus dasselbe dachte wie er - er konnte nicht anders als sich zu fragen, wie es hatte passieren koennen, und warum das alles so weit weg schien - und warum er ging. Warum er sich nicht ueberwinden konnte, die paar Meter, die zwischen ihnen lagen, hinter sich zu bringen um sich aufs neue an all das zu erinnern, was er noch sicher in seiner Erinnerung hatte. Remus' Augenbrauen zogen sich sanft zusammen, als Severus' Blick seinem begegnete. Es schien ewig her zu sein, seit er das letzte Mal in diese Augen geblickt hatte, sei es aus Angst vor dem was er nicht sehen wollte, oder aus Angst vor dem, was er verlangte in ihnen zu sehen. Aber was er sah, nachdem er seine Augen nicht abgewandt hatte, war einfach nur... Severus. Er sah Severus' Lachen, und seinen tadelnden Blick, wenn er sich wieder einmal irgendein Zaubertrankrezept nicht hatte merken koennen, er sah den Funken, den er in einer Nacht entzuendet hatte, er sah den Schmerz und die Wut... und er sah die Trauer, dass alles nicht mehr so war wie es eigentlich sein sollte. Und dann sah er Lucius' Hand auf Severus Schulter und er fuehlte Sirius' Hand auf seiner eigenen, und er fuehlte sich, als wuerde er schmerzhaft zurueckgerissen in die Realitaet, aus der ihn Severus' Blick fuer einen Moment vollkommen geloest hatte. Severus entkam aus der Gefangenschaft dieser Augen, als er Lucius' kalte Hand auf seiner Schulter spuerte. Wieder einmal entriss Lucius ihn der Macht, die Remus ueber ihn hatte. Er dachte an daran, was jetzt von ihm erwartet wurde, er dachte an die Zukunft, die vor ihn lag. Und das er, wenn er es nur wollte, wenn er sich nur richtig entschied in diesem Moment, Remus Lupin nie wieder sehen muesste. Er hatte das Gefuehl, dass diese Entscheidung sein Leben beeinflussen wuerde, und dass er nicht zurueck koenne, wenn er sich einmal entschieden haette. Ein Leben ohne Remus Lupin und ohne den Schmerz, den er verursachte. Aber auch ein Leben ohne seinen Remus - sein Lachen, das Funkeln in seinen Augen, wie er die Stirn runzelte, wenn er etwas nicht wusste, seine warme, rauhe Stimme am Morgen. Severus fuehlte ungeahnte Trauer in sich aufsteigen und wandte den Blick ab, damit ihm der Blick in diesen Augen keine Traenen in die eigenen trieb. Wenn Severus jetzt mit ihm ging, mit Lucius, ihn verlassen wuerde, dann wuerde er ihn nie wieder sehen. Das wusste Remus irgendwo tief in sich. Er hatte ja auch Sirius - er wuerde mit Sirius gehen und Severus vergessen, wie Severus es mit ihm tun wuerde. Sie wuerden sich nie wieder begegnen, und egal, welchen Weg einer von ihnen beiden beschritt, er wuerde ihn nur noch weiter von dem anderen entfernen. Er wuerde Severus vergessen, ja... sicherlich, irgendwann. Vielleicht wuerde das Bild, welches er bestaendig in Gedanken mit sich trug, irgendwann verblassen und sein Name wuerde aufhoeren, in Remus' Gedanken widerzuhallen. Er waere gluecklich, dann. Er konnte ohne Severus gluecklich sein. Er musste es sich nur lange genug einreden. Die Zeit verstrich in allgemeinem Schweigen, waehrend die meisten Schueler sich immer weiter von Hogwarts entfernten, blieben vier von ihnen dort stehen. Hinter Lucius ertoente das leise Geraeusch schlagender Schwingen und sein Griff um Severus' Schulter festigte sich. "Wir muessen gehen." Meinte er leise und durchschnitt somit als erster die herrschende Stille. Severus hob noch einmal den Blick und wusste, als er Remus' Augen traf, dass Remus sich bewusst war, dass dieser Moment ihr letzter sein koennte. Remus verharrte, ruhig, hilflos, erwiderte den Blick - und das war alles, was er tun konnte. Und dann drehte sich Severus herum, und stieg mit Lucius in die Kutsche, die auf sie wartete. Remus starrte noch fuer eine Weile auf den Fleck, wo er gestanden hatte, bevor Sirius ihn sanft, aber fordernd zu sich drehte und Remus zwang, ihn anzusehen. "Er ist fort, Remus. Wir muessen auch gehen." Remus nickte schwach und begann langsam zu gehen, weg von Hogwarts und all den Dingen, die da passiert waren, in eine Zukunft, von der er nicht einmal wusste, ob er sie wollte. Kapitel 21: Epilog ------------------ Epilog Die Huette schien zu zittern unter der maechtigen Kraft, die die Natur auf sie anwandte: Der heulende Wind und der grauverhangene Himmel machten die Nacht nicht gerade angenehmer. Die beiden schwarzen Figuren, die auf die Huette zuschritten, schien das allerdings weniger zu stoeren. Ein Klopfen an der schmaechtigen Tuer, die ein paar Fetzen Licht durchliess und ernuechternd winzig wirkte gegen den Sturm, der draussen tobte. Das Licht flackerte leicht, als noch einmal geklopft wurde. Dann tippte die klopfende schwarze Gestalt einmal gegen die Tuer, welche aufschwang, als sei sie vollkommen unverriegelt gewesen. Die Schemen traten ein, und ersterer schlug die grosse Kapuze, die sein Gesicht und sein Haar vollkommen verborgen hatte, zurueck. "Es tut mir leid, dass ich Ihnen nichts besseres anbieten kann - wir werden damit vorlieb nehmen muessen, aber glauben Sie mir, es ist nicht fuer lang." Albus Dumbledore strich sich ueber den Bart, als er einen Blick durch den Raum warf, der, bis auf ein grosses Kaminfeuer, offensichtlich leer war. Die zweite Gestalt hinter ihm schlug sich ebenfalls die Kapuze zurueck und liess die Tuer hinter sich ins Schloss fallen. "...solange Er uns hier nicht findet, soll mir jede Art von Unterkunft recht sein." Liess sich eine dunkle, nervoesere Stimme vernehmen. "Oh, keine Angst, diese Huette ist absolut sicher - fuer dunkle Magie ist sie praktisch nicht auffindbar, und auch alle anderen Arten von Zaubern und Fluechen duerften sich schwer tun, ihr Geheimnis zu offenbaren. Der jetzige Bewohner legt grossen Wert auf Privatsphaere, wissen Sie." Ein undetbares Laecheln umspielte Dumbledores Mundwinkel und die zweite Person hob daraufhin eine Augenbraue: "Da Sie darauf zu sprechen kommen - wo ist er? Wir sollten uns besser bekannt machen, wenn er mir fuer eine Weile Unterschlupf gewaehrt." Severus Snape warf noch einen dunklen Blick umher - in dieser schaebigen Huette wuerde der Dunkle Lord sicherlich nicht als erstes nach ihm suchen. Aber so lange, dass der Lord die Suche aufnehmen wuerde, wollte er eigentlich gar nicht bleiben. "Achja," Severus bildete sich ein, ein seltsames Geraeusch von Dumbledore zu vernehmen, dass einem Lachen aehnelte, nur leiser und erstickt. "Wie ich sehe, hat er meinen Anordnungen Folge geleistet - er sollte gleich da sein -" waehrend Dumbledore diese Worte sprach, oeffnete sich die Tuer hinter ihnen und Severus fuhr instinktiv herum, eine Hand in seiner Manteltasche - und erstarrte. Ebenso tat es sein Gegenueber - der Mann, der ihm zweifellos Obdach geben sollte. Das flackernde Feuer liess seine Haut nur ein wenig lebendiger wirken, er sah blass aus und etwas muede (was kein Wunder war, betrachtete man die Zeit ihrer Ankunft). Um seine Mundwinkel und um seine Augen hatten sich feine Linien in die Haut gegraben, die irgendwie deplatziert wirkten, verglichen mit dem Rest seiner Statur und seiner Erscheinung, die noch relativ jung wirkte. Die leisen Falten jedoch wurden unterstrichen von den silbrigen Straehnen, die sich vereinzelt durch sein Haar zogen, und die durch das Flackern der Flammen leicht glaenzten. Ein paar Straehnen hingen nass in sein Gesicht, und transparente kleine Tropfen rollten seine Wange und Nase entlang, fuhren die Konturen seiner Lippen nach und folgten der Kurve, die sein Hals beschrieb in seine Kleidung. Er sah aelter aus, und matt, noch trauriger und ernster, aber egal, was die Linien in seinem Gesicht und die Straehnen in seinem Haar zu sagen versuchten - seine Augen, flackerndes Bernstein, waren hellwach und aufmerksam, ueberrascht und neugierig zugleich, fragend und wissend. Severus fuehlte sich dumm, wie er einfach da stand und sich nicht regte, bis Dumbledores Stimme die Stille zwischen ihnen unterbrach: "Ah, also, das ist Severus Snape, neues Mitglied des Ordens und Spion bei Lord Voldemort. Severus - das ist Remus Lupin,unser Experte fuer die Verteidigung gegen dunkle Kuenste." Aus einem dummen Reflex heraus streckte Severus seine Hand aus, noch halb verwirrt von dem Fakt, dass Remus ihm einfach so gegenueber stand, allein, aelter, trauriger, aber eindeutig Remus. Remus nahm seine Hand langsam. Er fuehlte die kuehlen Finger, lang und feingliedrig, und gleichzeitig studierten seine Augen das allzu vertraute Gesicht vor ihm. Severus war gealtert - ohne Zweifel waren sie das alle ein paar Jaehrchen - er sah aus, als sei er staendig auf der Hut. Er schien noch etwas stiller, und verschlossener, als frueher, aber gleichzeitig konnte Remus einen entschlossenen Zug um seinen Mund entdecken, der ihm neu war. Severus' Haare waren kuerzer, aber er war noch immer blass, und seine Augen bildeten denselben Kontrast in ihrer Dunkelheit wie frueher. So viele Jahre schien das her.... "Severus." Meinte Remus nur leise, ausprobierend, ob sich der Name noch immer genauso auf seiner Zunge anfuehlen wuerde. Er tat es. So vieles hatte sich veraendert - Lily und James waren tot, ihr Sohn unauffindbar, und Sirius in Askaban, als ihr Moerder. Er war allein - und hier stand eine Erinnerung an seine Tage in Hogwarts, einsam wie er selbst und ebenso veraendert. Er hatte geglaubt, sie wuerden sich nie wieder sehen, und hier standen sie sich nun gegenueber und trotz all der Veraenderungen in seinen Augen, seinen Gesten und sogar in seinem Geruch - blieb er der Severus, den Remus vor scheinbar einer Ewigkeit verlassen hatte. Er bemerkte kaum, wie Dumbledore sich mit einer genuschelten Abschiedsfloskel davonstahl, er bemerkte nur Severus' Hand in seiner eigenen und seine Augen, die ihn noch immer musterten. "Remus." Severus' Stimme schwankte zwischen dem Unglauben, Remus wiederzusehen, der Freude darueber, die er sich einfach nicht eingestehen konnte, und der Wut, dass derjenige, der seine Wunden so einfach wieder aufreissen konnte, da stand, und absolut nichts tat. Und beide hatten sie gehofft, sie wuerden sich nie wieder sehen. Anmerkungen der Autorin: Da sind wir nun alle und haben es endlich geschafft. Ich habe nur ein paar Worte zu verlieren. Ich habe keine Ahnung, wieviele Leute das gelesen haben, aber es gibt ein paar, denen ich genau dafuer danken will. Als erstes also dem grossen Kaese (waiwaikirito), der besten Betaleserin aller Zeiten, die meine Fanfic soviel besser gemacht hat als ich es allein konnte und die mir so viel Anreiz fuer gute Ideen gegeben hat, und fuer die sogar der ausgelutschte Ausdruck "sturmgraue Augen" bedeutungsvoll sein kann. Ich werde dich einstellen, sollte ich jemals wieder was deutsches schreiben. Fuer alles andere aber auch. Dann meinen Reviewern, die mich irgendwie am Laufen gehalten haben - ich hoffe, ich habe euch nicht enttaeuscht, sondern zufrieden gestellt, mit meinem letzten Kapitel, und danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt, das hier zu lesen UND zu reviewen. Das ist so gar nicht alltaeglich. Und zuletzt Wiebe, die mich auf dieses FURCHTBARE Pairing gebracht hat, dass ich NIE NIE NIE schreiben wollte ^-^ *smooch* Dankeeeeeeeeeee. Und der letzte und groesste Dank gilt: MEINEN MUSEN! Fuer alle Faelle halte ich mir mehrere, und es gibt Leute und Vorkommnisse, die mich inspirieren. Eine von diesen Personen, auch wenn sie es nicht weiss, ist Joana, und auch wenn sie das hier wahrscheinlich nie lesen wird (...weil sie mit HP ueberhaupt nichts am Hut hat ^^;), sage ich ihr trotzdem danke. Und Johanna, irgendwie, weil sie meinen faulen Hintern dazu gebracht hat, das hier endlich zu updaten. Und weil Inspiration wichtig ist, egal wie und von wem. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)