Grüne Blätter Und Blaues Eis von Nekoria ================================================================================ Kapitel 1: Wie alles begann (Teil 1) ------------------------------------ Das wilde Dröhnen von Pferdehufen auf dem trockenen, mit Blättern bedeckten Waldboden zerriss die idyllische Stille um die Elbensiedlung und nur einen Augenblick später galoppierte ein vermummter Reiter durch das wunderschön gestaltete Tor in Rivendell ein. Der imposante Rappe wieherte laut und bäumte sich auf, bevor er schließlich schnaubend zum Stehen kam. Obwohl dem stattlichen Hengst weder Zaumzeug noch Sattel angelegt war, schien sein Reiter sich wohl und sicher zu fühlen. Legolas und die beiden Söhne Elronds, die gerade von einer Jagd zurückgekehrt waren und sich ebenfalls noch auf dem kleinen Platz hinter dem Tor befanden, sahen dem Fremden anfangs etwas überrascht und verständnislos dabei zu, wie er schnell und behände vom Pferd glitt und seine Kapuze zurückschlug. Unter dem dreckigen, zerschnittenem, dunklen Stoff des Mantels kam das schmutzige, aber dennoch feine Gesicht eines Elbenmädchens zum Vorschein. Ihre Haut war milchig, rein und passte zu den edlen Gesichtszügen. Ihre langen, silbernen Haare wiegten sich im gleichen Takt des Windes wie die lange, schwarze Mähne und der Schweif ihres Pferdes. "Ich bin auf der Suche nach Thranduil, König von Mirkwood. Bringt mich zu ihm, es eilt", forderte die junge Elbe selbstsicher. "Was bildet die sich ein?", fragte Elladan halblaut. "Wer seid ihr?", wollte sein Bruder, Elrohir, von der Fremden wissen. Diese sah ihn mit festem Blick an. Mein Name ist Heluniel (Tochter des blauen Eis'). Ich komme aus Forochel und muss dringend König Thranduil sprechen", erklärte sie ungeduldig und ihre eisblauen Augen blitzten geheimnisvoll. Als die drei Elben keine Anstalten machten ihrer Forderung nachzugehen, sah sie der Reihe nach von einem zum anderen. "Ihr werdet mich nicht aufhalten." Entschlossen bewegte sie sich schnellen Schrittes auf eine schmale Treppe zu, doch die beiden Brüder versperrten ihr den Weg, während Legolas diese nicht gerade alltägliche Szene noch recht gelassen und unbeteiligt betrachtete, schließlich befand er sich ebenfalls nur als Gast in Rivendell. "Ihr könnt nicht vorbei. Bald wird eine wichtige Versammlung abgehalten werden", informierte Elladan sie ungerührt. Böse funkelten ihre blauen Augen, während sie blitzschnell ihren Mantel lupfte und die rechte Hand an den Heft ihrer kunstvoll geschmiedeten Elbenklinge legte, was ihr die beiden Brüder augenblicklich nachtaten; doch keiner kam dazu seine Waffe zu ziehen, denn eine Gestalt erschien auf einer Terrasse hinter ihnen. "Was ist hier draußen los?", mit strengem Blick sah ein Elb mit langen braunem Haar auf die vier wesentlich jüngeren Mitglieder seiner Rasse herunter. Zwar hatte Heluniel ihn noch nie gesehen, aber aufgrund vieler Erzählungen erkannte sie in ihm Elrond, den Herrn von Rivendell. Sie kniete nieder und senkte den Kopf. "Mylord, ich bin Heluniel, Tochter des Helcagos (Eissturm), Herr des Nordens, und mein Anliegen ist König Thranduil zu sehen. In Mirkwood sagte man mir, er wäre hier." Elrond sah sie einen Moment lang prüfend an, bevor er den Kopf drehte und hinter sich blickte. Und aus dem Schatten eines hohen Baumes trat der König von Mirkwood. Edel und stolz trat er nach vorn an die Brüstung und blickte hinab. "Wirklich, du bist die kleine Heluniel? Es liegt bereits länger als zwei Jahrhunderte zurück, dass ich dich das letzte Mal sah. Aber sprich, welche Kunde bringst du?" - "Die Schlimmste, Mylord." Elronds Söhne ließen ab von ihren Waffen und gaben den Weg zu der kleinen Treppe frei als sich die junge Elbe erhob. Auf ein Nicken von Elrond hin folgte die fremde Elbe den beiden Brüder und Legolas die schmalen Stufen hinauf in einen kleineren Saal mit filigranen Holzverzierungen an den Wänden und einem großen, runden Tisch in seiner Mitte, an dem bereits einige Leute verschiedener Rassen Platz genommen hatten. Die sechs Elben setzten sich ebenfalls, so dass nun alle Stühle besetzt waren. Und als wieder ruhe eingekehrt war, stellte Elrond die Anwesenden vor, während Heluniel neugierig in die Runde blickte. "Ich bin Elrond, Herr von Rivendell, und das sind meine Söhne Elladan und Elrohir", er deutete zu seiner Rechten, "Euch bereits bekannt, wie es scheint, König Thranduil", fuhr er auf seiner linken Seite fort, "und sein Sohn Legolas. Neben ihm Gilmli, Gloinssohn, vom Lonely Mountain." Zwar interessiert, aber dennoch skeptisch musterte die Elbenjungfrau den rotbärtigen Zwerg, der sie unverwandt anblickte und ihr zunickte, was sie höflich erwiderte. "Zu Eurer Linken befinden sich Halblinge aus dem Auenland; Meriadoc Brandybock, Peregrin Tuck, Samwise Gamgee und Frodo Baggins; der Zauberer Gandalf, der Weiße, und Aragorn, Sohn des Arathorn, König Elessar von Gondor." Damit beschloss Elrond seine Ausführungen und wartete einen kleinen Moment. Beeindruckt sah die Elbe in die Runde und verglich die Originale in Gedanken mit den Helden aus den Geschichten; schließlich war der Ringkrieg immer noch in vieler Munde. Unerwartet schwang die schmale, hohe Flügeltür auf und herein trat eine dunkelhaarige Elbenfrau, die von Elrond als seine Tochter, Arwen, vorgestellt wurde, sich anschließend einen Stuhl zwischen Aragorn und Elladan schob und sich dazu setzte. "Dies, meine Freunde, ist Heluniel, Tochter des Helcagos, des Königs von Forochel (Gebiet im Norden von Mittelerde)", erklärte der Herr von Rivendell. "tragt nun euer Anliegen vor." Heluniel nickte dankend. "Vor sechzehn Tagen wurde unsere Stadt angegriffen. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch auf See und als ich an Land gekommen war, war unser Eispalast vollkommen verwüstet." Fast geistesabwesend blickte die Elbe vor sich auf den Tisch, während sie fortfuhr. "Zwischen den Eisbrocken lagen unzählige gefallene Firnelfen und befremdlich aussehende Orks - auch mein Vater und meine drei Brüder. Niemand war mehr am Leben. Ich bin mir sicher, dass die Angreifer etwas Bestimmtes gesucht haben. Im Thronsaal wurde ausnahmslos alles zerstört, aber dennoch sind sie nicht fündig geworden." Sie sah auf. "Mein Vater hatte seinem ältesten Sohn aufgetragen nach seinem Tod dies König Thranduil zu überbringen." Aus ihrem Mantel zog die Elbe eine kleine silbern verzierte Schatulle. "Und da nun leider keiner meiner Brüder diese Aufgabe nachkommen kann, habe ich mich auf den Weg gemacht um dem König von Mirkwood das Amulett Helcelen zu überreichen." Heluniel warf einen starren Blick auf das Kästchen, als sie langsam aufstand und um den Tisch herum schritt. Thranduil nahm die Schatulle und stellte sie vor sich auf den Tisch, während sich die junge (Anm. d. A.: Natürlich ist "jung" bei den Elben eher relativ, wie wir wissen. *g*) Elbe wieder setzte. "Ihr sagtet, eure Stadt wäre von Orks angegriffen worden?", Elrond schien es etwas genauer wissen zu wollen. Die junge Elbe nickte. "Es waren Orks aus dem Nord- und dem Südland, aber sie kamen nicht allein. Unter ihnen befanden sich mir völlig unbekannte Schattenwesen. Sie schienen keine feste Form zu haben, halb durchsichtig zu sein und konnten schweben. Leider kann ich Euch nichts Weiteres über sie berichten, denn ich habe diese Kreaturen nur einmal kurz zu Gesicht bekommen." Elrond nickte ernst. "Ihr habt die Angreifer also gesehen. Haben sie Euch verfolgt?" Aragorn, wie immer der kühle Stratege, blickte sie interessiert an. Heluniel nickte abermals. "Unweit des Palastes traf ich auf eine Nachhut und es kam zu einem Kampf. Durch eine Unachtsamkeit meiner Feinde jedoch konnte ich fliehen und machte mich auf den Weg nach Mirkwood, mit den Orks auf meinen Versen. Im Inneren des Waldes konnte ich sie vorerst abhängen. Als mir gesagt wurde, dass der König in Rivendell weilt, machte ich mich wieder auf. Kaum lichtete sich der Wald, waren eine Hand voll Orks und zwei Schattenwesen wieder hinter mir, doch vor den Misty Mountains ist es dem Pferd gelungen, sie abzuhängen." Elrond und Thranduil sahen sich an, dann wandte sich der Herr von Rivendell an den Neuankömmling. "Vielen Dank für Euren Einsatz. Ihr müsste die letzten Tage und Nächte hindurch ununterbrochen geritten sein und seid sicher erschöpft. Wenn Thranduil und ich eine Entscheidung über das weitere Geschehen getroffen haben, werden wir Euch rufen lassen. So lange seid Ihr mein Gast. - Arwen?" Die Elbendame nickte nur lächelnd auf den auffordernden Blick ihres Vaters hin und führte Heluniel aus dem Saal um ihr ihr Zimmer zu zeigen. "Ich wusste nicht, dass König Helcagos auch eine Tochter hat." Gandalf zog die Augenbrauen hoch, als er bemerkte, wie König Thranduil ein kurzes Lächeln über das Gesicht huschte. Der Herr von Mirkwood war ein sehr guter Freund von Helcagos gewesen und wusste über ihn mehr als irgendjemand sonst. "Beinahe niemand wusste das. Als Helcagos' viertes Kind ein Mädchen wurde, war er überglücklich. Aber er war immer der Ansicht, dass Frauen zu schwach seien; deshalb hat er seine einzige Tochter genau wie seine drei Söhne erzogen." Die Hobbits schmunzelten und warfen sich gegenseitig amüsierte Blicke zu, doch Gandalf blieb ernst. "Und worum handelt es sich beim Inhalt dieses Kästchens?", wollte der Zauberer wissen. Thranduil drehte die Schatulle so, dass jeder sie sehen konnte und öffnete den Deckel. Zum Vorschein kam ein wunderschön glitzerndes, silbernes mit weißen und blauen Edelsteinen besetztes Amulett in Form eines Eiskristalls. "Und was soll das sein?", fragte Gimli grummelnd. "Dies", begann Thranduil mit bedeutungsschwangerer Stimme seine Erklärung, "ist Helcelen (Eisstern), der Stern des Nordens. Es ist der mächtigste magische Gegenstand, den die Firnelfen besitzen. Bisher wurde seine Macht jedoch nur einmal, in einem absoluten Notfall freigesetzt. Es gibt nur wenige Elbenwesen, die ihn nutzen können und selbst für diese ist es gefährlich." Für einen Augenblick herrschte bedächtiges Schweigen; dann streckte sich Pippin und versuchte so sich größer zu machen um mehr sehen zu können. "Es sieht so aus, als fehlte ein Stein in der Mitte des Amuletts." Forschend betrachtete Thranduil den Anhänger. "Ihr habt Recht, kleiner Perian (Hobbit). Wahrscheinlich wurde der Stein zur Sicherheit entfernt, denn ohne ihn ist das Amulett wirkungslos." Elronds Blick war ernst, als er sich an die Anwesenden wandte. "Ich denke, wir sollten morgen entscheiden, wie wir mit diesem Amulett weiter verfahren werden. Für diese Nacht ist es hier in Rivendell sicher." Mit dieser vorläufigen Lösung schienen alle zufrieden und so verließen sie den Saal in verschiedene Richtungen. Auf einer Terrasse traf Legolas auf Arwen. "Arwen, ea na lin Heluniel?" (Hast du Heluniel gesehen) - "Altiradens" (Ich habe sie nicht gesehen), erwiderte diese. "Ich wollte nach ihr sehen um ihr anzubieten sich zu waschen, doch sie war nicht in ihrem Zimmer." Legolas wandte seinen Blick ab und verließ den Abendstern. Gedankenverloren schlenderte er durch die Siedlung, die in der Abendsonne glänzte. Sie schien fast verlassen, denn schon sehr viele Elben hatten die große Fahrt über das Meer angetreten und nur wenige verweilten noch in Mittelerde. Seine Gedanken kreisten um den zur Neige gehenden Tag. Seit dem Ringkrieg hatte sich hier, in diesem Teil von Mittelerde, nichts Aufregendes mehr ereignet. Alles war ruhig und friedlich gewesen und wie aus heiterem Himmel war nun etwas geschehen, das sich zu einem schwerwiegenden Problem auswachsen könnte oder auch nicht. Doch wer konnte das wissen? Was war das? Plötzlich wurde Legolas aus seinen Gedanken gerissen. Er schien etwas gesehen zu haben. "Es könnte die Klinge eines Schwertes gewesen sein, die in der Abendsonne aufblitzte", überlegte er, während er die wunderschöne Waldstadt verließ und tiefer ins Dickicht vordrang. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)