Dying alone von sterekura (Ryous letzte Nacht) ================================================================================ Kapitel 1: Dying alone ---------------------- Keine Ahnung, wie ich auf die Idee gekommen bin das hier zu schreiben, aber ich hab es halt gemacht ^^ Ich hoffe mal, dass sie euch trotzdem gefällt und widem diese FF einfach mal meinen treuen Lesern *verbeug* Dying alone Ich spüre deinen warmen Atem in meinem Nacken, deine starken Arme, die mich sanft umschließen. Du schläfst schon seit Stunden tief und ahnungslos an meiner Seite. Und während ich deinem ruhigen Herzschlag lausche überkommen sie mich wieder... Diese Schuldgefühle, die mich jede Nacht wieder und wieder quälen. Ich kenne die Wahrheit schon seit einem halben Jahr, habe bisher aber einfach nicht den Mut gehabt sie auch dir mitzuteilen. Ich bringe es nicht über mein Herz dich mit dieser Nachricht unglücklich zu machen, nachdem du endlich lachen kannst. Nachdem ich deine harte Schale geknackt habe und zu deinem weichen Kern, zu deinem Herzen, hervorgedrungen bin. Ich verkrafte es nicht, wenn du traurig bist... Ich möchte nicht, dass du dir Sorgen um mich machst. Alles, was ich möchte ist die Zeit, die wir noch gemeinsam verbringen dürfen, zu nutzen... sinnvoll zu nutzen... sie genießen, bis aufs Letzte auskosten. Das ist es, was ich möchte. Das ist mein Wunsch. Meine Gedanken kreisen nur noch um uns. Um meine Unfähigkeit dir die Wahrheit zu erzählen, deine Unwissenheit über meinen wahren Zustand... Am liebsten würde ich einfach schreien, allen Druck, der auf meiner Seele lastet, in den dunklen Raum brüllen. Aber wieder einmal sage ich nichts, verschweige die Tatsachen, lasse dich im Unklaren. Jeder Tag könnte unser letzter sein und ich bin einfach nur zu feige dir davon zu berichten, wo du doch ein Recht darauf hast es zu erfahren. Ich weiß, dass du die Wahrheit verdienst. Vorsichtig, um dich nicht zu wecken, löse ich mich aus deiner beinahe schon klammernden Umarmung und setze mich auf. Das Mondlicht fällt schützend auf dein unglaublich helles, ebenes Gesicht und hüllt dich ein, schirmt alles Schädliche von dir ab... sogar mich... Ich betrachte deine schimmernden Konturen und erkenne, dass ich niemals in der Lage sein werde dir die Wahrheit zu sagen. Ich will dir nicht wehtun... Du bist doch alles, was ich habe... Du bist der einzige, der mir wirklich etwas bedeutet... Nur weil ich nicht sehen kann, wie du traurig bist... Nur weil ich dir nicht in deine sorgenvollen braunen Augen blicken kann... Nur weil ich dir dein schönes Lächeln nicht rauben will... Nur weil ich will, dass du weiterhin unbekümmert aufwachen und einschlafen kannst... Nur um dir bis zum Schluss alles zu verschweigen, quäle ich mich mit Gewissensbissen, die von Minute zu Minute stärker werden. Ich kann dir nicht ins Gesicht sagen, dass ich dich verlassen werde. Ich weiß nicht warum, aber du hast nicht nur dich verändert, sondern auch mich. Durch deine Ausgelassenheit und deine Offenheit bin ich zurückhaltender geworden. Ich verstecke mich immer mehr hinter meinem eigenem Schatten, nur damit du nicht in meine Seele sehen kannst. Es ist ungerecht in dein engelsgleiches Gesicht zu sehen und dich gleichzeitig wie den Teufel zu meiden. Aber wie kann man einen Engel anlügen? Wie kann man sich seinem Bann entziehen? Wieso kann ich dir nicht einfach sagen, was mit mir los ist? Wieso denke ich nur, dass du mich daran hinderst? Dabei bin ich doch ganz allein derjenige, der schweigt. Der schon immer geschwiegen hat. Der sich innerlich verändert, nur um nach außen hin doch der Alte zu bleiben. Egal, wie ich es drehe und wende, ich komme immer nur zu dem Entschluss dir doch alles sagen zu müssen. Jeden Tag nehme ich es mir vor... Und kann meinen Vorsatz doch nie einhalten... Ich stehe auf, ich muss weg von dir. Weg von deinem Geist, weg von deinem Körper. Sonst würde ich vollkommen ausrasten. Leise und behutsam ziehe ich mich an, ich will nicht, dass deine Ohren mich aufspüren und du mich aufhalten könntest. Ich muss alleine sein... nachdenken. Und ich muss endlich einen Weg finden, dir von meiner Krankheit zu berichten. Denn du musst es erfahren, bevor es zu spät ist. Und morgen könnte es schon zu spät sein... Obwohl ich dich ganz leicht wecken, dir endlich meine Sorgen erzählen kann, gehe ich aus deinem Zimmer. Hinaus aus meinem Haus und hinein in die Dunkelheit. Dort, wo ich zu meinem Schatten werde und mich nicht mehr verstecken muss. Hier bin ich frei... Ja, das ist es, was ich mir ständig vormache... Dass ich in der Dunkelheit nicht von meinen Gefühlen verfolgt werde, weil sie im Nichts verloren gehen. Aber das stimmt nicht. Gefühle verschwinden nicht einfach im Nirgendwo und lassen einen zufrieden, wenn man es gerade gut gebrauchen kann. Es ist egal, was ich mache, wohin ich gehe... Immer wieder kehren meine Gedanken zu dir zurück. Ich kann nicht ewig weglaufen, weder vor dir noch vor dem, was passieren wird. Und trotzdem tragen meine Beine mich immer weiter weg von dir. Zuerst in den nächsten Block, dann in den nächsten Stadtteil und schließlich aus der Stadt. Der Mond strahlt hell, versucht mit seinem Licht die dunklen Gassen zu beleuchten, durch die ich gehe, doch die hohen Mauern halten ihn davon ab. Und wie ich hier so gehe kommt mir in den Sinn, dass ich dir nichts sagen muss, wenn ich nicht mehr in deiner Nähe bin, wenn ich einfach verschwinde. Dann müsste ich dich nicht aufwachen sehen, mir nicht wieder Vorwürfe machen. Ich würde wieder lachen können... Aber ich wäre auch wieder ganz alleine... Und davor hatte ich wohl am meisten Angst. Dass du mich verlassen würdest, wenn du wüsstest, dass ich sterben muss. "Du laberst mal wieder nur Müll!" Das sagst du immer, wenn ich solche Gedanken habe. Du beteuerst immer wieder, dass du mich nicht im Stich lassen wirst und ich glaube dir, bis es dunkel wird und du im Land der Träume bist und mich doch alleine lässt. Es hat angefangen zu schneien. Reiner weißer Schnee rieselt vom Himmel herab und verzaubert die dreckige Landschaft in ein reines unschuldiges Bild. Es ist kalt und ich weiß, dass auch ich meine Wärme verloren habe. Seit dem Tag an dem der Arzt zu mir sagte, dass ich nicht mehr lange zu leben habe. Er gab mir fünf Monate, höchstens. Ich bin also schon einen Monat überfällig. Wenn ich jetzt nicht zu dir gehe, werde ich vielleicht keine Möglichkeit mehr dazu haben. Ich will mich entschlossen umdrehen, aber meine Beine gehen weiterhin durch den Schnee und vergrößern Schritt für Schritt unseren Abstand. Beinahe so groß wie der Abstand unserer Herzen... Aber egal, wie weit ich gehe, wie sehr ich dich vergessen will, ich kann es nicht. Dein Abbild will nicht aus meinem Geist verschwinden, ich kann dich nicht verdrängen. Du hast dich in mein Inneres gebrannt, du bist ein Teil von mir. Durch deinen Ring sind wir verbunden, solange wir leben. Meine Tränen werden von der Kälte zum Stillstand gebracht. Ich bin selbst schuld... Ich weiß es... Wenn ich nur den Mut hätte dir die Wahrheit zu sagen, dann müsste ich nicht jede Nacht mit verweintem Gesicht neben dir liegen. Ich weiß nicht mehr, was richtig ist. Zu gehen und dich nie wieder zu sehen oder zu dir zurück zu kehren und dir weiterhin ins Gesicht zu lügen. "Wie wäre es zur Abwechslung mal mit der Wahrheit?" Ich muss lachen, als ich dieses Schild einer Wahrsagerin lese. Ja, das war aber einfacher gesagt als getan. Es fiel mir so schwer über dieses Thema zu reden, niemand wusste davon außer meinem Arzt und mir. Aber wer sprach schon gerne über das Ende des Lebens? Besonders wenn es das Eigene war... So viele Dinge haben wir schon gemeinsam gemacht, du hast mir beinahe jeden Wunsch von den Lippen abgelesen. Auch wenn das nur so war, wenn wir alleine waren... Vielleicht war die Zeit mit dir die schönste meines Lebens. Nein, sie war es garantiert. Was mache ich hier eigentlich? Wo ich doch gar nicht hier sein sollte... Ich muss dir sagen, wie sehr ich mich nach dir sehne, wie groß meine Liebe für dich ist. Wie auf Kommando stoppe ich und drehe um. Laufe wieder zurück nach Hause, so schnell es geht. So schnell es der Schneesturm zulässt, der mir die Sicht raubt. Ich will nach Hause, ich fühle mich schwach und ich kenne nur eine Person, die mich jetzt auffangen kann. Du sollst die Wahrheit erfahren, sofort... bevor es zu spät ist. Ich muss mir nur noch diesen einen Wunsch erfüllen, den du mir ausnahmsweise nicht abgelesen hast. Der mir von allen aber der Wichtigste war. Aber wie sollst du meine kranke Seele heilen, wenn ich sie vor dir verstecke? Du liest mir alles aus dem Gesicht, solange du wach bist, aber nachts... Nachts kannst du meine Tränen nicht sehen, meine stummen Schmerzensschreie nicht hören... Diese Krankheit nimmt mir meine Energie, all meine Kraft. Manchmal denke ich, dass ich allein an den Schmerzen sterben werde, aber ich wache jeden Morgen wieder auf und sehe als erstes dein Lächeln, höre dein geflüstertes ,Guten Morgen' und mir ist einfach nur schlecht. Es liegt nicht an dir, ich muss mich beinahe jeden Morgen übergeben. Der Arzt meint, dass das normal ist, es gehört dazu. Normal... Es ist doch nicht mal normal, dass ich noch immer lebe. Wollte man mich erst sterben lassen, wenn ich dir die Wahrheit sage? Dann werde ich dir nie ein Wort sagen. Ich spüre, wie die Kälte meine Glieder erstarren lässt, wieso bin ich nur so weit gelaufen? Meine Lungen scheinen die kalte Luft nicht mehr aufnehmen zu können und schwer atmend muss ich mich an einer Wand anlehnen. Meine Beine versagen und ich falle auf meine Knie. Sofort saugt sich meine Hose mit dem nassen Schnee voll. Verzweifelt versuche ich mich zu beruhigen, um wieder Luft zu bekommen. Aber Panik regiert mein Denken und Handeln. Ich schnappe nach der eiskalten Luft, zu schnell, als dass mein Körper etwas damit anfangen kann. Alles, was aus dieser Aktion entsteht ist ein Hustenanfall, der sich nicht mehr aufhalten lässt. Nach einigen qualvollen Minuten ist es vorbei und ich kann wieder tief durchatmen. Du denkst, dass diese Hustenanfälle mit einer Grippe zusammenhängen, aber das tun sie nicht. Der beste Beweis ist wohl das viele Blut, das sich mit dem Schnee vermischt hat. Rotes Blut auf weißem Schnee... Es erinnert an dich... Der Schnee gleicht deinem blassen Gesicht, das Blut deinen Tränen... Deine Tränen, die fließen werden, wenn der Tag gekommen ist. Und wieder bin ich an dem Punkt, an dem meine Schuldgefühle die Schmerzen übertreffen. Wenn ich dich doch einfach nur vergessen könnte... Dann wär alles viel einfacher... Ich müsste mir keine Sorgen mehr darüber machen, wie verletzt jemand sein wird, wenn ich nicht mehr da bin... Aber es ist so schwer die Gedanken und Gefühle für dich zu meiden, sie von mir abzuschirmen. Ich muss dir die Wahrheit sagen, allein schon, weil du es verdienst. Weg... Wenn ich einfach nur weg könnte... Vor allem fliehen... Aber es geht nicht. So sehr ich auch weglaufen will, es ändert nichts daran, dass du verlassen wirst. Ob nun so oder so, du wirst am Ende alleine dastehen. Und ich will, dass du nicht mit lehren Händen stehen bleibst. Geplagt von Schmerzen und meinen Gedanken stehe ich wider auf, ich muss zu dir zurück. Ich weiß, dass mein Körper nicht mehr so lange durchhalten wird, wie mein Wille. Ich will dich nur noch einmal sehen, dich noch einmal in den Armen halten. Dir ein letztes Mal sagen, dass ich dich liebe. Und dann in deinen Armen einschlafen... Keinen anderen Wunsch sollst du mir mehr erfüllen als diesen einen. Es wird der letzte sein, den du mir schenken kannst. Wie oft habe ich daran gedacht wegzulaufen? Ich kann schon gar nicht mehr zählen, wie oft ich an deiner Zimmertür stehe und dir nachts Lebewohl sage. So zahlreich sind diese Versuche schon vorgekommen. Aber ich habe jedes Mal erkannt, dass das nichts ändern wird. Bis zu meinem Todeszeitpunkt würde ich mir Vorwürfe machen. Bis zum bitteren Ende... Diese Vorwürfe mir selbst gegenüber werden erst aufhören, wenn ich dir sagen kann, was mit mir los ist. Und dieses Mal habe ich nicht vor wieder zu kneifen. Dieses Mal möchte ich stark sein, so wie du es mir beigebracht hast. Danach kann ich endlich vergessen... Es ist danach nicht mehr länger nötig zu schweigen. Ich darf ganz legal meine Schmerzen ablegen, meine Gefühle bei dir lassen und gehen, in Ruhe gehen... "Du wirst mich doch nicht vergessen, niemals oder Ryou?" Die Worte, die einmal aus deinem Mund geflossen sind spuken mir im Kopf herum. Wollen mir sagen, dass ich selbst nach meinem Tod einen Menschen nicht vergessen kann, nicht vergessen darf. Und wieder nimmst du den ganzen Platz in meinem Kopf ein, lässt mich alles um mich herum vergessen. Die Kälte, die mich am atmen hindert, die Schmerzen, die das Leben unerträglich machen, die Finsternis, die mich zu verschlingen droht. Du benebelst meinen Verstand, lenkst alle meine Aufmerksamkeit auf dich, machst mich beinahe verrückter als meine Angst dich zu verlieren... Wenn ich diese lange Strecke noch schaffen will, dann muss ich dich für diese Zeit verbannen. Du hinderst mich daran klar zu denken, den Weg zu erkennen, denn sonst sehe ich an jeder Ecke dein Gesicht, das mich nach Hause holen will. Ich komme doch schon, also warte auf mich. Ich kann nicht mehr so schnell laufen, wie ich gerne möchte. Meine Füße werden immer langsamer, mein Atem immer kürzer. Ich muss es einfach noch nach Hause schaffen, es gibt keine andere Möglichkeit. Ich will doch nicht alleine sterben, allein in der Dunkelheit... Ich spüre, dass es nun ein Ende haben wird, muss wieder husten. Dieses Mal dauert es fünf Minuten, bis ich mich beruhigt habe, aber der Schnee ist wieder blutrot... Ich schmecke mein eigenes Blut in meinem Mund, schlucke es herunter und mache mich, an den Wänden abstützend, wieder auf den Weg. Ich kann nicht mehr... Es ist zwar nicht mehr weit, ich kann mein Haus schon sehen, aber ich schaffe es nicht... Ich verliere meine letzte Kraft, so kurz vorm Ziel... Ich hatte doch noch nicht die Möglichkeit dir zu sagen, was ich empfand, was los war. Man kann mich nicht holen, noch nicht. Ich will noch einmal neben dir liegen, Bakura. Auch wenn es bedeutet, dass ich wieder weinen muss wenn ich dich sehe. Ich kann nicht gehen ohne dich ein letztes Mal zu sehen. Nicht durch meine eigenen Tränen, sondern mit einem Lächeln. Zwanzig Meter trennen meine Hand von der Türklinke... Zwanzig schnelle Schritte... Aber ich kann sie nicht mehr gehen... Zwanzig Meter vor meinem Haus geben meine Beine nach und lassen sich nicht mehr dazu bringen weiter zu laufen. Die Lichter im Haus sind aus, natürlich, denn du schläfst noch. Du liegst seelenruhig in deinem Bett und hast keine Ahnung, dass ich so nah bei dir bin und um meine letzten Atemzüge kämpfen muss. Ich weiß nicht, was mich mehr ärgert. Dass ich dir doch nichts gesagt habe oder dass ich so kurz vor meinem Ziel aufgeben muss. Ich spüre, dass erneut Tränen ihren Weg mein Gesicht herunter finden. Wieder eine Nacht unter Tränen... Meine letzte... ------------------ So, ich hoffe, dass ich euch nicht allzu sehr gequält habe mit dieser FF. *knuddel* Wenn es genug Nachfragen gibt, dann würd ich noch ein Kapitel aus Bakuras Sicht schreiben. Kuragirl Kapitel 2: Searching you ------------------------ So, aufgrund der vielen Nachfragen hab ich mich dann doch dazu hinreißen lassen noch ein Kapitel aus Bakuras Sicht zu schreiben. Ich hoffe, dass es gut mit dem ersten Teil harmoniert und dass es euch gefällt. Searching you Ich wache auf, weil mir kalt ist. Wie beinahe jede Nacht. Mir ist kalt, weil du wieder weg bist. Seit einem halben Jahr hast du keine ganze Nacht mehr neben mir verbracht. Immer, wenn ich schlafe gehst du. Schleichst dich heimlich aus meinem Zimmer und verschwindest in die dunkle Nacht. Du läufst weg, vor mir... Dabei mache ich mir doch nur Sorgen um dich. Glaubst du wirklich, dass ich nicht weiß, was mit dir los ist? Glaubst du, dass ich nicht von der Küche aus höre, wie du dich jeden Morgen im Bad übergibst? Oder dass ich deine Hustenanfälle immernoch für eine Grippe halte? Du bist so naiv... Ich weiß doch schon längst Bescheid über deine Krankheit. Ich weiß, dass du nicht mehr lange zu leben hast, ich spüre doch, wie du dich quälst. Deine Schmerzen sind auch meine Schmerzen. Du weißt doch, dass wir miteinander verbunden sind. Wie könnte ich da ahnungslos an deiner Seite leben? Ich weiß es... Du wirst gehen müssen. Es ist in Ordnung, dass du mir nichts sagen willst oder kannst. Ich verstehe es. Du willst nicht, dass sich jemand anderes außer dir seinen Kopf zerbricht. Dabei ist es doch unnötig, dass du die ganze Last alleine trägst. Wozu bin ich denn bei dir? Warum habe ich dir den Weg zu mir frei gegeben? Bist du dir eigentlich bewusst, dass ich will, dass du mit mir redest? Ich glaube kaum... Denn sonst würdest du dich nicht so verstecken... vor mir... vor dir... vor uns... Ich mache mir Sorgen, heute Nacht ist irgendetwas anders. Etwas stimmt nicht. Du bist zwar wieder nicht da, deine Sachen sind auch verschwunden, aber es ist nicht wie jede Nacht. Heute habe ich ein beklemmendes Gefühl in meiner Brust, das mir um ein Haar den Atem nimmt. Dir wird etwas passieren, das ist es, was mir dieses Gefühl sagen will. Aber ich kann dich nicht gehen lassen, ich will dich auch niemals gehen lassen. Jetzt, wo ich mich dir geöffnet habe, wo ich lachen kann. Hättest du geglaubt, dass ich jemals glücklich und von Herzen lachen würde? Ich nicht... Aber du sagst immer, dass man Dinge, die man einmal gelernt hat nicht wieder verlernt. So wie Fahrrad fahren. Kannst du es wirst du es immer können. So geht es mir mit dem Lachen. Lange Zeit habe ich es nicht mehr getan, schon daran geglaubt es nie wieder zu tun. Aber du hast mir gezeigt, wie ich das Erlernte wieder anwenden kann. Und genau das mache ich auch jeden Tag, wenn ich dir in die Augen sehe. Ich lächle, damit du auch wieder glücklich sein kannst. Dein ganzes Leben lang hast du anderen Menschen mit deinem Lachen Trost gespendet, ihnen Hoffnung gegeben. Das wollte ich bei dir auch erreichen. Mein Lachen sollte dir die Hoffnung nicht nehmen, dafür aber deine Sorgen, Schuldgefühle und Schmerzen. Aber ich habe versagt... Du hast dich nur noch mehr von mir entfernt. Mein Lachen hat nicht im Mindesten dieselbe Wirkung wie deines. Vielleicht, weil du ein reiner Mensch bist, unbefleckt und unschuldig. Wie kann man nur zulassen, dass so ein perfektes Geschöpf, engelsgleich, einen so schmerzhaften Tod haben soll? Ist das die Gerechtigkeit, um die täglich in der Welt gekämpft wird? Nein, dein Tod ist nicht gerecht. Nicht einmal auch nur ansatzweise. Kein Engel der Welt hat es verdient zu sterben, besonders nicht wenn es mein Engel ist. Wie kannst du auch nur daran denken zu gehen, wenn ich dich brauche? Du bist der einzige Mensch auf dieser Welt, dem ich etwas bedeute, der mir etwas bedeutet. Ich habe mich dir vollkommen hingegeben, du hast meine Seele gesehen... Da kannst du doch jetzt nicht so einfach aus meinem Leben verschwinden wollen. Weißt du, dass das unfair ist? Mich in dieser großen, einsamen Welt zurückzulassen... Ohne dich komme ich doch überhaupt nicht zurecht. Wer soll mir zeigen, wie man sich an einem schönen Tag in der Sonne auf den Rasen legen kann, um die herrlich süßen Düfte der Blumen in sich aufzusaugen? Wer wird mich aufhalten, wenn es mich in den Fingern juckt jemanden ins Reich der Schatten zu schicken? Wer hindert mich daran deinen Freunden weh zu tun? Wie willst du mir zeigen, was es heißt zu leben, wenn du selbst nicht mehr am Leben bist? Wie kannst du behaupten immer für mich da zu sein, wenn du doch genau weißt, dass das eine Lüge ist? Getrieben von meinen Sorgen verlasse ich das Bett, das nur noch meine Wärme gespeichert hat, und ziehe mich schnell an. Ein Blick aus dem Fenster verrät mir, dass es wieder angefangen hat zu schneien. Du sitzt immer verträumt lächelnd am Fenster, wenn es jedes Jahr anfängt zu schneien. Du liebst Schnee beinahe noch mehr wie Regen. Beides verwandelt Unreines in Reines. Beides ist für dich ein Geschenk des Himmels. Für mich sind es einfach nur Naturphänomene. Wenn ich dir das sage lachst du, siehst mich tadelnd an und lachst wieder. "Nein, keine Naturphänomene, denn die haben nicht die Macht dazu Dinge zu reinigen. Kein Phänomen der Welt kann dir diese Freiheit verschaffen, Bakura." Freiheit... Bist du deswegen heute Nacht auch raus? Weil du, bevor du wirklich frei sein kannst, zuerst rein werden willst? Du Narr... Du bist das Reinste, was ich in meinem ganzen Leben gesehen habe. Und diesem reinen Geist folge ich nun in die eiskalte Nacht. Es ist nicht schwer deine Spur zu verfolgen, ich kann dich fühlen. Aber ich kann auch deine unerträglichen Schmerzen spüren. Du bekommst keine Luft mehr, kannst nicht mehr atmen... Lässt mich vor Sorge beinahe wahnsinnig werden und vernebelst so meinen Verstand. Ich spüre dich plötzlich überall, in jeder Richtung. Willst du mich etwa absichtlich verwirren? So finde ich dich niemals. Irritiert laufe ich zuerst in eine Straße, dann drehe ich um und biege in eine andere ein. Aber es bringt nichts. Ich habe deine Spur verloren, du bist in meinem Kopf einfach viel zu präsent. Jetzt nur noch unerreichbar... "Wie wäre es zur Abwechslung mal mit der Wahrheit?" Wie bitte? Das Schild einer Wahrsagerin lässt mich meine Suche kurz abbrechen. Mit hochgezogenen Augenbrauen starrte ich jedes Wort einzeln an. Wahrheit... Was bringt mir denn jetzt noch die Wahrheit? Selbst wenn du von Anfang an ehrlich zu mir gewesen wärst... Es hätte doch überhaupt nichts an deinem Ende geändert. Die Wahrheit schützt dich nicht vor deinem und mich nicht vor meinem Schicksal. Du wirst sterben, vielleicht sogar schon heute Nacht, und ich werde wieder alleine sein. Wie ich es schon mein ganzes Leben lang war, bis du in mein Leben kamst. Lass mich nicht wieder alleine, halte durch... Tu es für mich. Ohne weiter auf das Schild zu achten mache ich mich wieder auf die Suche. Du bist hier auch gewesen, deine Aura ist noch deutlich zu spüren. Deine Schuldgefühle beißen dein krankes Herz. Dabei musst du doch gar keine haben. Du musst nicht mit mir reden, wir brauchen keine Worte für Dinge, über die niemand reden will. Worte sind hierbei nur lästig. Aber du hast mir nicht vertraut, niemals auch nur versucht es mir anders mitzuteilen. Du willst immernoch mit allem alleine fertig werden. Ein starker Charakterzug, der dir am Ende doch nur Kummer beschert hat. Schneeflocken fallen weiterhin unaufhaltsam von dem dunklen Himmel. Ein kalter Wind kommt auf. Kälte... Bei deinem kranken Körper ist es kein Wunder, dass du ständig schwächer wirst. Wieso bist du nur aus dem Haus gegangen? Wenn du jetzt noch immer neben mir im Bett liegen würdest... Überrascht halte ich an. Etwas Rotes ist mir ins Auge gestochen. Mit laut pochendem Herzen beuge ich mich herunter. Ja, das ist Blut... Dein Blut... Du warst hier... Du... Verzweifelt suche ich die Straße nach dir ab. Aber ich kann deinen zierlichen Körper nirgends entdecken. Keine Spur von dir ist sichtbar. Alles, was ich wahrnehmen kann ist dein Wunsch nach meiner Nähe. Ich will doch auch bei dir sein, nur wo bist du? Wo zum Teufel bist du nur hin gelaufen? Der Wind nimmt immer mehr zu und je kälter er bläst, desto schneller rast mein Herz vor Panik. Ja, ich habe Angst... Ich will dich nicht verlieren, du bist das Wertvollste, was ich besitze. Ich würde alles für dich tun. "Ryou!" Das ist alles, was ich noch rufen kann, aber der Wind verschluckt meine Schreie und weht sie mir wieder ins Gesicht. Ich komme einfach nicht zu dir durch. Wieso muss das gerade heute passieren? Ausgerechnet heute kommt dieser Wind auf, eben in dieser einen Nacht, in der ich dir gefolgt bin. Wenn ich sonst wach im Bett liege, auf deine Rückkehr warte und aus dem Fenster schaue, dann bewegt sich nicht ein einziges Blatt des Baumes, der vor meinem Zimmerfenster steht. Das macht mich richtig fertig, ich finde dich einfach nicht. Spüre nur, wie dein Schritttempo langsamer wird, deine Kräfte stetig nachlassen, dein Geist schwächer wird. Ich höre, wie du meinen Namen rufst, finde aber dein Gesicht nicht, um dir zu antworten. Du bist voller Sehnsucht, willst einen letzten Wunsch von mir erfüllt haben. Ich erfülle dir jeden Wunsch, den du hast, das weißt du. Nur sag mir, wo du bist, damit das so bleiben kann. Bitte, rede endlich einmal mit mir... Ryou... // Zwanzig Meter...// Was? // Zwanzig Meter von meinem Haus...// Du bist schon wieder zu Hause? Aber das ist so weit weg von mir. Oh bitte, halte durch. Ich komme so schnell ich kann zu dir. Gegen den Wind ankämpfend renne ich so schnell es geht nach Hause, deine Stimme ständig in meinem Ohr. Alles, was ich von dir höre sind qualvolle Schmerzensschreie, die mir die Brust zuschnüren. Tu mir das nicht an, bitte. // Bakura...// Ja, ich bin doch gleich bei dir. Aber du darfst nicht gehen, verstehst du? Ständig wiederholst du meinen Namen... Betonst jede einzelne Silbe davon und auf einmal hasse ich diesen Klang. Wann immer du meinen Namen sagst kann ich mir ein Lächeln nicht verkneifen, du sagst ihn für gewöhnlich beinahe in jedem Satz. Der Name gefällt dir so sehr. Und es bereitet dir immer so viel Freude ihn durchs ganze Haus zu rufen, wenn ich doch nur im nächsten Zimmer bin. Bakura... Das ist dein Lieblingswort. Aber ich hasse es jetzt. Ich hasse meinen Namen. Denn jetzt klingt er nicht mehr schön, sondern er klingt nach dem Tod, der nach dir greift... Um dich mir wegzunehmen. Der Tod wandert schon ewig in meiner Nähe umher, aber nie holt er mich. Immer nur die, die mir am wichtigsten sind. Mich verschont er immer um ein weiteres Mal. Ich bin an deinem Haus, aber von dir keine Spur... Deine Schreie haben aufgehört, dein Kontakt zu mir ist unterbrochen. Bist du doch noch ins Warme gekommen? Sag mir bitte, dass du jetzt an deinem Kamin sitzt und dich aufwärmst. Mit zitternden Händen schließe ich die Tür auf und renne ins Wohnzimmer. Kein Feuer brennt und auch dein Duft ist nicht vorhanden. Es ist, als wäre deine Existenz vollkommen ausgelöscht. Plötzlich fällt es mir wieder ein. Zwanzig Meter... Ich renne erneut aus dem Haus und suche dich auf der Straße. In der entgegengesetzten Richtung, wie ich zu dem Haus gelangt bin, liegst du... Meine Beine wollen sich keinen Millimeter bewegen, genau wie du. Du liegst mit dem Gesicht auf dem schneebedeckten Boden. Deine rechte Hand verweilt still neben deinem Kopf. Deine Brust hebt sich nicht mehr. Nein... es kann doch noch nicht zu spät sein, du kannst doch nicht einfach so, ohne mir Lebewohl zu sagen gehen wollen. Dass du mir nicht alles sagen konntest verstehe ich. Ich akzeptiere es, aber dass du einfach so gehst ohne mich zu fragen... Dass du einfach aufgibst ohne auf mich zu warten... Das ist nicht fair... Ich schaffe es endlich meine Beine wieder unter meine Kontrolle zu bringen und renne über die weiße Straße auf dich, meinen kleinen Engel zu. Schlitternd komme ich kurz vor dir zum Stehen, falle sofort hart neben dir auf meine Knie. Hebe zitternd deinen Kopf hoch, der schon etwas von Schnee verdeckt ist. Auf deinem ganzen Körper hat sich schon Schnee angesammelt, beinahe so, als wollte er dich umhüllen, in sich aufsaugen. Ich wische ihn unwirsch weg, niemand soll dich verschlingen, schon gar nicht die Kälte, die der Finsternis in nichts nachsteht. Behutsam drehe ich dich um, sehe zuerst die Blutspur, die ihren Anfang in deinem Mund und ihr Ende an deinem Kinn hat. Dann springen mir deine leicht bläulichen Lippen in die Augen. Ich fahre langsam über sie und erschrecke, weil deine Wärme aus ihnen verschwunden ist. Du bist nicht mehr hier, ich bin zu spät... Wasser fällt auf dein bleiches Gesicht. Es kommt von mir, aus meinen Augen... Ich habe dich nachts so oft weinen hören und jetzt weine ich selber. Immer mehr Tränen laufen mir die Wangen herunter, aber keine einzige hat die Macht dich wieder zu mir zurück zu bringen... Du kommst nicht wieder... Nie mehr... Ich bin allein... Allein in der Dunkelheit, mit deinem leblosen Körper in meinen Händen... Weinend klammere ich mich an deinen kalten Körper, drücke ihn fest an mich... Hoffe immernoch, dass du nur ohnmächtig bist... Aber deine rehbraunen Augen bleiben geschlossen... --------------------- So, das war der zweite und letzte Teil dieser kleinen FF *snif* Vielleicht schreib ich sowas mal wieder. Naja, was heißt vielleicht ^^ *knuddel* Euer Kuragirl Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)