Wer braucht schon Psychologie?! von Niemue (Andrew und Nuka) ================================================================================ Kapitel 28: 5 Wochen im Jenseits -------------------------------- 5 Wochen im Jenseits "WAS SOLL DAS?!" Andrew fuhr wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Max löste sich nur langsam von ihm. Nuka hatte sich im Bett aufgerichtet, die Decke wütend von sich geworfen. Drew glaubte, sein Herz bliebe stehen. Nuka hatte alles mitbekommen! Nuka trat auf sie zu. Max trat einen Schritt von Andrew zurück. "Ich frage noch mal! Was soll das?!" Noch ein Schritt auf sie zu. Und ein Schritt zurück. "Ganz einfach, Blondie. Wir begrüßen uns." "Begrüßen?!" Nuka spuckte das Wort förmlich aus. Besorgt bemerkte Andrew, dass Nuka kurz davor war, die Beherrschung zu verlieren und vielleicht...handgreiflich zu werden. Nuka hatte die Fäuste fest zusammen geballt und die Zähne gefletscht. Es fröstelte ihm. Sein Nuka wirkte verdammt bedrohlich. Wie schnell ein Mensch sich doch vergessen konnte. "Nuka...Das...ist nicht so..." "Wie ich denke?! So ein Standardspruch!" Drew fühlte sich unwohl unter dem stechenden, wütenden Blick. Warum verdammt hatte er Nukas Aufmerksamkeit auf sich gelenkt?! ,Um Max zu schützen...', wisperte es in ihm. Ja. Das war er ihm schuldig. "Nuka. Das ist Max. Ich hab ihn lange nicht mehr gesehen. Ich bin selbst überrascht, dass er hier ist. Ich dachte, er wäre tot." Drew versuchte seine Stimme so neutral wie möglich zu halten, aber auch gleichzeitig so schnell zu reden, dass er Nukas Wut einfach überredete. Es gelang ihm nur schwer ruhig zu bleiben. Die ganzen Bilder versuchten auf ihn einzustürmen. Die ganzen Bilder der Entführung. "Und...woher kennt ihr euch?!" Max wollte antworten, aber Andrew unterband dies durch ein schnelles Abwinken. "Das erklär ich dir später." Nuka runzelte die Stirn. "Gut...Solange er dich nicht noch einmal küsst..." Plötzlich lachte Max auf. "Jetzt verstehe ich! Er ist nicht dein Stiefbruder, sondern dein Lover!" Andrew blickte ihn verwirrt und fragend an. "Wie kommst du darauf, dass er mein Stiefbruder wäre?" Max grinste eines seiner überlegenen Grinser. Drew fiel auf, dass es viel weicher wirkte, als noch vor all der langen Zeit in dem kalten, schmutzigen Kellerraum. "Ich hab dich im Krankenhaus wieder gesehen. Dein Zimmernachbar ist ein Kumpel von mir und als ich ihn heute Morgen besuchen wollte, seid ihr aus dem Zimmer gekommen. Ich hab Stani sofort gefragt, ob er etwas über euch weiß. Und er hat mir erzählt, wo ihr untergebracht seid und halt auch, dass Blondie der Stiefbruder ist. Eure Zimmernummer habe ich unten an der Rezeption herausgefunden." Andrew zog die Augenbraue hoch. "Ok...Und...wie kommst du nach England?" Max grinste und zuckte die Schultern. "Mein Opa ist vor zwei Jahren gestorben. Ich habe sein Haus hier in London geerbt und habe die Chance genutzt um Amerika hinter mir zu lassen." Sie schwiegen. Was sollte man auch darauf sagen? Eine Bewegung an der noch weit geöffneten Zimmertür, ließ Drew aufblicken. Rob sah sie verwirrt an. "Hey. Ich hab Nuka schreien hören. Wer is'n das?" Max' Miene schien sich sofort aufzuhellen, kaum dass er Andrews Bruder gesehen hatte. "Nein! _Das_ ist Rob?! Der ist aber gewachsen." Rob zog die Augenbrauen hoch und lächelte freundlich, aber vollkommen verwirrt. "Äh...kenne ich Sie?!" Andrew sah mit Erschrecken, wie sein alter *Bekannter* auf seinen Bruder zutrat und seinen Kopf sanft aber bestimmt am Kinn hochhielt. "Du hast den gleichen naiven, kindlichen Ausdruck im Gesicht wie dein Bruder damals. Süß." "Lass den Jungen in Ruhe!" Nuka zischte neben ihm wütend auf und ergriff Max an der Schulter um ihn von Rob wegzuziehen, der sich jedoch so gleich mit einer fast schon lästigen Handbewegung wegwischte. "Keine Panik, Blondie." Andrew biss sich auf die Lippen, als Nuka ihm einen verwirrten und fast schon empörten Blick zuwarf. *Warum lässt du das zu?! Du sorgst dich doch sonst so sehr um ihn!* Drew las diese Worte als wären sie dem Russen in großen, roten Buchstaben auf die Stirn tätowiert. Und er fragte sich dasselbe. Warum tat er nichts?! Warum beschützte er Rob nicht, so wie es seine Pflicht war?! Doch die Antwort wusste er auch...Es war vollkommen einfach. Weil er keine Macht gegen Max hatte. Weil er ihm vollkommen ausgeliefert war, früher sogar verfallen. Damals wäre er mit ihm gestorben. Er war nicht geflohen, Daniel hatte ihn herausziehen müssen. Er war vollkommen erstarrt gewesen vor Schreck. Max war vor seinen Augen zusammengebrochen. "Drew, wer ist das?" Rob huschte an Nuka vorbei und ergriff Andrews Arm. Er seufzte. "Das ist Max." Und Rob verstand. Er verstand, riss die Augen auf und sog so scharf die Luft zwischen den Zähnen ein, dass man ein leises Zischen hören konnte. "Aber...der...ist doch tot..." "Ich bin wie eine Katze. Neun Leben! Miau!" "Wenn du nicht mit deinen dummen Sprüchen aufhörst, Prügel ich sie dir raus, du Arschloch!" Andrew erschauerte. Nukas Stimme war so gepresst, so aggressiv. Er traute sich nicht ihn anzusehen. Das hätte er niemals von ihm erwartet. "Du solltest mich besser nicht anfassen, Blondie. Andrew verabscheut Gewalt. Du solltest ihn nicht vergraulen." Max grinste breit und scheinbar fröhlich. Während Nuka vor Wut regelrecht kochte. "H...Hört bitte auf damit..." Endlich fand Andrew seine Stimme wieder. Allerdings war sie zittrig und leise. Das interessierte Nuka jedoch kein Bisschen. "Verdammt, Drew! Ich höre jetzt nicht auf! Dieser Mistkerl platzt hier rein, küsst dich einfach und tatscht Rob an! Das kannst du doch nicht zulassen!" Andrew atmete bebend ein. "Was ich kann...und was nicht, ist immer noch meine Entscheidung, Nuka." Augenblicklich wurde es still. Nur Andrews leicht pfeifender Atem durchbrach die angespannte Stille. /Es läuft alles drunter und drüber! Ich hab überhaupt nichts mehr unter Kontrolle! Warum kann es noch nicht mal im Urlaub geregelt ablaufen?!/ Drew atmete tief ein, als er merkte, dass ihm schwindelig wurde. "Andrew. Du solltest dich hinsetzen und wieder etwas beruhigen." Auf Drews Züge schlich sich ein hauchdünnes, zittriges Lächeln, da er sah, dass Rob und Nuka überrumpelt aufgesehen hatten, als Max' Stimme so warm geworden war. So besorgt. Andrew ließ sich auch wirklich in einem der Sessel nieder. Er stützte seinen Kopf in seine rechte Hand und versuchte wieder richtig zu Atem zu kommen. Immer noch war es leise um ihn herum. Er begrüßte das. Er brauchte Ruhe. Ruhe und vielleicht noch ein wenig Schlaf. "Würdet...ihr mich allein lassen...?" Er blickte noch nicht einmal auf, während die drei den Raum verließen und die Tür hinter sich schlossen. Er lauschte nur. Er lauschte auf ihre Schritte, bis diese auf dem Flur verklangen waren. Und dann brach ein heftiges Schluchzen aus ihm heraus. Der Druck musste weg! Die ganze Panik musste weg! Er brauchte nur seine Ruhe! Eine Auszeit! /Warum jetzt?! Warum erreicht mich meine Vergangenheit innerhalb so kurzer Zeit?! Warum so plötzlich?!/ Doch niemand beantwortete seine Frage. Denn er war allein. So, wie er es sich gewünscht hatte. Sie hatten ihn auf dem Schulweg aufgegriffen. Er hatte wie jeden Dienstag erst zur zweiten Stunde unterricht und hatte sich zu dem Park fahren lassen, der nahe seiner Highschool lag. Es war friedlich dort, wie an jedem Dienstag. Gerade deshalb war Dienstag sein Lieblingstag. Und weil er am Dienstag bis in den Nachmittag Schule hatte. Er schlenderte über den gepflegten Kiesweg an dem kleinen Fahrradständer vorbei, den man ohne einen für ihn ersichtlichen Grund neben einen dünnen, knochigen Baum mitten in dem Park gestellt hatte. Soweit er wusste, schloss niemand dort sein Fahrrad ab. Die zwei Junkies, die dienstags immer auf eine der Bänke fläzten, grüßten ihn grinsend und Drew wusste, dass sie ihm auf den Hintern starrten. Wie jeden Dienstag. Einmal hatten sie ihn angesprochen. Hatten im Scherz gesagt, wenn er Geld bräuchte, könne er für sie anschaffen gehen. Drew hatte nur milde gelächelt. Erstens: hatte er Geld. Zweitens: schaffte er bereits an, nur halt nicht so, wie die zwei Kerle es wohl mit *Anschaffen* meinten. Anders eben. Andrew seufzte tief. Entspannt schlenderte er durch den Park, wisch einer Frau und ihrem Mops aus, der es sich wohl zu witzigen Aufgabe gemacht hatte ihn jeden Dienstag anzuspringen und seine Hosenbeine mit seinen dreckigen, matschigen Pfoten zu versauen. Er winkte einem Klassenkameraden von ihm, der komischerweise immer wieder zu spät kam, auch wenn er früher als er im Park war, und trat dann durch den Torbogen, der den grünen, friedlichen Park vom Rest der Stadt abgrenzte. Er ging einige Schritte und steuerte ein Café an. Heute hatte er Durst auf einen warmen Kakao. Jedoch kam er keine 30 Meter weit. Ein Auto hielt mit quietschenden Reifen neben ihm, Hände zerrten ihn grob und mit einer Gewalt in das Innere des Autos, dass er noch nicht einmal auf die Idee kam zu schreien. Drew war zu erschrocken um sich zu wehren. Sein Rücken tat ihm noch weh von den Schlägen von gestern. Seine Füße wurden ins Wageninnere gezogen und im nächsten Moment blinzelte er grünen, katzenhaften Augen entgegen. "Guten Morgen, Mr. Bucker. Klappe halten, dann passiert Ihnen nichts." Drew schluckte und sah sich erschrocken in dem großen Auto um. Keinen der 4 Männer, die sich bei ihm befanden, konnte er erkennen. Sie trugen alle Masken. Der Wagen rumpelte über einen Straßenhubbel und erst jetzt registrierte er, dass sie bereits losgefahren waren. Tränen stiegen ihm in die Augen. Was passierte mit ihm?! Was sollte das alles?! Panik breitete sich in ihm aus. Er wimmerte leise und atmete zitternd ein. "Hör auf zu jammern, Muttersöhnchen." Die rüden Worte beunruhigten ihn. Und noch bevor er irgendetwas dagegen tun konnte, war er unmächtig geworden. Die 4 Männer hatten ihn entführt. 2 Wochen hielten sie ihn jetzt schon gefangen. Sie hatten ihm gesagt, sie hätten vor einer Woche einen Erpresserbrief an seinen Vater geschickt. Bis jetzt war noch nichts angekommen. Die Metalltür seines ekelhaft modrigen Verlieses knarrte und knirschte laut. Quietschend schwang sie auf und jemand trat herein. Die Deckenlampe wurde angeschaltet. Bis jetzt hatte er mit der Nachttischlampe auskommen müssen. Es blendete nur ein kleines Bisschen. Er erkannte den Kerl, der ihm immer das Essen brachte. Er trug ein Tablett mit einem Teller, einem Topf, einem Glas und einer großen Flasche Wasser. Heute gab es wohl irgendeinen Eintopf oder so etwas... Sie hatten bis jetzt nur wenige Worte gewechselt. Andrew konnte ihn überhaupt nicht einschätzen. /Wenigstens redet er etwas...die anderen zwei spucken mich an und der andere würde mich wahrscheinlich ignorieren, falls er mich nicht zur Toilette bringen würde.../ "Mittagessen, Kleiner." Drew nickte nur und nahm den noch leeren Teller entgegen. Der Kerl öffnete den Topf und löffelte ihm erst einmal zwei Löffel des Kartoffelgehackteseintopfs auf den Teller. "Schmeckt dir bestimmt. Ich hatte heute Küchendienst." Andrew lächelte leicht. Ja. Wenn sein Essensbringer kochte, schmeckte es immer gut. Er zerkleinerte die in Scheiben geschnittenen Kartoffeln ein wenig und tat etwas davon auf seinen Löffeln. Hungrig, aber gespannt, wie es schmecken würde, schob er sich das Essen in den Mund und kaute bedächtig. Nachdem er herunter geschluckt hatte, lächelte er den Koch freundlich an. "Schmeckt wirklich gut." Der Mann grinste. Und Andrew aß weiter schweigend. "Das Lächeln steht dir...Das solltest du öfter tun." Drew schwieg und kaute einem leicht knorpeligen Stück Gehacktes herum. "Ich heiße Max." Andrew hatte Schwierigkeiten den Essensbrocken herunter zu schlucken. Verwundert sah er auf. Noch nie war in den letzten 2 Wochen ein Name gefallen. Außer seinem Nachname. "Ich heiße Andrew..." Max grinste ihn an, schien sehr froh, dass er mit wohl mit ihm weitergekommen war. Was sein Ziel war, war Andrew egal. "Erzähl was über deine Familie." Andrew senkte den Blick und stocherte in den Kartoffeln herum. Ein kleines Tomatenstückchen wurde erbarmungslos mit der runden Seite des Löffels zerquetscht. "Ich hab drei Geschwister. Damon, Ron und Rob. Dann ist da mein Vater und Lei, meine Stiefmutter. Die ist Robs Mutter...Was...Also...Was willst du denn genau hören?" Max zuckte die Schultern und hob seine Augenbrauen. Sein jungenhaftes Lächeln ließ ihn entdecken, dass er unglaublich jung aussah. Jünger als seine Kumpane. "Wie...wie alt bist du eigentlich...?" Max runzelte wegen der plötzlichen Frage die Stirn. "19 Wieso?!" Andrew schüttelte nur seinen Kopf und legte den Teller vor sich auf die nackte Matratze. /Nur 3 Jahre älter als ich...Was hat ihn nur dazu bewegt, dies zu tun...?/ Doch er fragte nicht weiter. Es ging ihn nichts an und er wollte keine Schwierigkeiten haben. /_Noch mehr_ Schwierigkeiten?! Geht das überhaupt noch?!/ Andrew seufzte auf und schob den Teller auf Max zu. Der nahm ihn entgegen und stellte ihn zurück auf das Tablett. "Soll ich dir das Wasser nachher hier lassen?" Drew blickte überrascht auf. "Nachher?!" "Ja. Ich will noch ein wenig mit dir plaudern." Das breite Grinsen steckte an. Andrew lächelte unsicher zurück. "Erzähl mir was über deine Brüder." Andrew seufzte auf und faltete die Hände im Schoß. Und dann erzählte er. Schon seit einer Woche unterhielten sie sich nach dem Essen. Manchmal lang, manchmal weniger lang. Es war erheiternd. Max war locker und witzig. Er sah alles nicht so eng. Er hatte ihn sogar einmal durch das Haus geführt, als die anderen nicht da waren. Es war ein heruntergekommener Schuppen. Vollkommen verdreckt und chaotisch. Aber sein Kellerzimmer war noch schlimmer. Modrig, feucht und kalt. Die Matratze war oft ein wenig klamm. Genauso wie die Decke. Und Andrew hatte sich erkältet. Was hieß hier erkältet?! Er hatte sich den Tod geholt! Deshalb hatten sie auch heute nicht geredet. Drew war zu heiser um auch nur ein wenig mehr als ein Krächzen heraus zu bringen. Max hatte ihn mit Hustensaft, Aspirin und Antibiotika voll gepumpt und er fühlte sich völlig benebelt und schlapp. Er hatte den ganzen Tag geschlafen. Er wurde von lauten Stimmen geweckt. Seine Entführer stritten sich. Er konnte jedoch nicht verstehen, über was. /Vielleicht zahlt Vater nicht...?/ Andrew lächelte schmallippig. Gut...Dann würde er hier verrotten. Bei dem Gedanken, die Ratten würden ihn bei lebendigem Leibe auffressen, schlief er ein. Ein sanftes Streicheln an seiner Wange weckte ihn. Jemand hatte ihm ein feuchtes Tuch auf die Stirn gelegt und er lag in einem warmen, sauberen Bett. Man hatte ihm die verdreckten Klamotten ausgezogen und ihm ein weiches, bequemes T-Shirt und eine Boxershorts übergezogen. Andrew seufzte leise und blinzelte sich den Schlaf aus den Augen. "Schön, dass du wieder wach bist. Geht es dir besser?" Drew war verwirrt, als er Max Stimme hörte, aber er nickte. Er fühlte sich vom Gesundheitlichen nicht besser als vorher...Vielleicht nur weniger träge von den Medikamenten. "Das Fieber ist sogar gesunken. Ich hatte befürchtet, wir müssten einen Arzt rufen." "Ha...Habt...ihr deshalb gestritten...?" Drew seufzte tonlos auf. Er war so heiser! Seine Stimme hörte sich total müde an, träge. Max lächelte ihn aufmunternd an und fuhr mit seinen zärtlichen Fingern durch Andrews Haar. Es war noch leicht feucht. Jemand musste ihn gewaschen haben, denn er fühlte sich frisch und sauber. Vielleicht hatte man ihn gebadet. "Du hast es gehört...Ja, wir haben uns um dich gestritten. Tom und River wollen dir was abschneiden, damit dein Dad Angst bekommt...Daniel will das ganze hinschmeißen und ich..." Max lehnte sich leicht in seinem Stuhl zurück. "Ich würde dich eigentlich gerne beschützen, dich halten...weil...ich mag dich. Du bist süß, lieb, attraktiv und überhaupt nicht so verwöhnt und arrogant, wie ich erwartet hatte." Drew war nicht überrascht. Das einzige, was er fühlte, war Stumpfheit. Es war, als wäre sein Kopf und sein Bauch mit Watte ausgestopft. Seine Züge bewegten sich nicht, während sein Gegenüber ihn erst abwartend ansah. Und dann ungläubig. "Hallo?! Falls du es nicht verstanden hast, ich will dich nageln! Bist du überhaupt nicht entsetzt?!" Ein seichtes Lächeln legte sich auf Drews Lippen. "Das wusste ich doch schon längst. Außerdem...warum sollte es mich schocken?" Max seufzte auf und fuhr sich durchs Gesicht. "...Ist dir das etwa egal...?" "Schlimmer als bei meinem Vater kann es nicht sein." Max sah ihn an und nickte. "Ich hab die Narben auf deinem Körper gesehen...Dann schlägt er dich anscheinend nicht nur..." Andrew schüttelte den Kopf und berührte Max' Wange mit seinen Fingern. "Max...Wenn du sanft bist, dann würde ich es sehr gerne mit dir tun...Ich...Vielleicht fühle ich mich danach besser, nicht so allein..." "...Also...du willst es? Wirklich? Du..." Andrew schob seine Hand in seinen Nacken und zog den Älteren zu sich hinunter. Ihr Atem vermischte sich, ihr Blick verfing sich und ihre Lippen trafen sich. Und Andrew genoss es, ihr ganzes Zusammentreffen, ihre Vereinigung. Noch nie war jemand so zärtlich zu ihm gewesen, so sanft, aber gleichzeitig leidenschaftlich. Noch nie hatte sich jemand um ihn gesorgt dabei. Noch nie hatte er so wenig Schmerzen erleiden müssen. Und noch nie hatte es ihm so gefallen. Und noch nie hatte er jemandem so sehr vertraut, dass er neben diesem einschlafen konnte. Es war ein so angenehmes Gefühl. /2 Wochen...seit 2 Wochen schlafen wir miteinander...Was ist mit Ron...? Ich habe ihn vergessen...Ich vermisse ihn nicht...Vater auch nicht...Rob...ein wenig vielleicht...Ist es...so einfach ein neues Leben zu beginnen...? Wenn man untertaucht...wenn man nicht gefangen ist...wenn man...leben kann...?/ Max neben ihm regte sich. Er streckte sich, gähnte laut und durchdringend und zog ihn an seine warme, leicht behaarte Brust. Andrew genoss das Gefühl der schweren Muskeln an seiner Haut. Er seufzte auf und schmiegte sich so viel es ging an seinen Max. "Hmmm...Kleiner...Hast du gut geschlafen...?" Drew schmunzelte und rieb seinen Hintern provokativ an Max' Morgenlatte, an die er sich in den letzten Wochen erst hatte gewöhnen müssen. "Anscheinend nicht so gut wie du..." Sein Liebhaber knabberte an der Haut seines Nackens und blies seinen warmen Atem durch seine Haare. "Ich könnte es so hinbiegen, dass du dafür aber einen schönen Morgen bekommst..." "Den habe ich jeden Morgen..." Max lachte und umarmte ihn sanft. Schnelle, hastige Schritte auf der Treppe. Ein wütendes Schreien auf dem Flur. Die Tür wurde aufgerissen und Daniel trat ein. Einer seiner vier Entführer, der schweigsame, der, der ihn früher immer zur Toilette gebracht hatte, der, der nach 2 Wochen keine Lust mehr gehabt hatte. Und er schien die Situation mit einem Blick zu erfassen. "Ihr müsst euch anziehen! Keine Zeit mehr für 'nen Quickie. Tom dreht durch und prügelt sich unten mit River. Wir können dein Spielzeug nicht länger behalten. Sie wollen ihn abmurksen. Aufstehen." Andrew war es gewohnt, dass Daniel von ihm sprach, als wäre er nicht im Raum. Er war es auch gewohnt, dass Tom und River damit drohten ihn umzubringen, weil sie kein Lösegeld bekamen. Jedoch war Drew es nicht gewohnt den gehetzten Ton in seiner Stimme zu hören. Deshalb hob er seinen nackten, dürren Körper sofort aus dem Bett und zu seinen etwas zu großen Klamotten, die man ihm besorgt hatte. Auch Max erkannte den Ernst der Lage und war sogar noch schneller angezogen als er. "Ihr haut ab." Max sah Daniel ungläubig an. Drew war nicht überrascht, dass Daniel ihnen half. Max und er hatten ein viel besseres Verhältnis zueinander als zu den anderen Beiden der Entführergruppe. "Gehen wir nach unten! Vielleicht kommen wir unbemerkt an ihnen vorbei." Andrew runzelte die Stirn. Das würden sie mit Sicherheit nicht schaffen. Tom und River konnten sich noch so sehr fetzen, sie bemerkten immer alles um sie herum, sogar die kleinste Luftveränderung. Sie schlichen die Treppe hinunter. Im Wohnzimmer zerschellte ein Glas und die rauchige, heisere Stimme Rivers lallte leicht und betrunken durch die Wohnzimmertür. "DAS is jaaawoohl SCHEIßE! Der Kleine bringt uns insss Graaab!" "Wir kriegen die Kohle! Verdammt! Tot bringt er uns nichts!" Tom hörte sich wesentlich nüchterner an. /Der Alkoholpegel der beiden ist mit jedem Tag, den ich hier war, gestiegen, habe ich das Gefühl.../ Sie drei schlichen durch den Flur. Wieder hörte man Glas zersplittern und dann ein lautes Bersten, so als wäre einer der Tische kaputt gegangen. "DU ARSCH!!! DER SCHREIBTISCH!!" Toms Stimme heulte durch das Haus. River lachte ihn aus. Andrew lief es eiskalt den Rücken hinunter. "Komm! Bringen wir die kleine Made um! JETZT!" Drew schluckte. Sie beschleunigten ihre Schritte. "Fuck..." Max' Flüstern hallte endgültig durch Drews Kopf. Da stand ein umgekippter Schrank vor der Haustür. Daniel und Max sahen sich an. Dann nickte Daniel und packte den zierlichen Andrew am Arm, ein wenig zur Seite. Max seufzte auf und schob sich an ihnen vorbei wieder zurück in den Flur. "Kleiner...Du musst ohne mich abhauen. Daniel hat keine Chance gegen die zwei, der is nur ne halbe Portion, fast so wie du...Deshalb haut ihr zwei ab und ich halt sie auf. Ok?" Drew schluckte. War das in Ordnung? War das fair? "Keine Sorge. Wir sehen uns, lieb dich, Kleiner." Ein Kuss auf die Wange war das einzige, was Drew noch von ihm zu spüren bekam. Daniel zerrte ihn wieder näher zur Haustür und hievte den Schrank zur Seite. Das machte natürlich Krach. Und schon wurde die Wohnzimmertür aufgerissen. Andrew konnte gar nicht schnell genug gucken, da hatte Max sie mit einem kräftigen Tritt wieder zugeknallt. Aus dem Wohnzimmer drang ein schmerzerfüllter Schrei, dann wurde die Tür wieder aufgerissen, diesmal aber so kräftig, dass ihr Max ausweichen musste. Andrew erstarrte, als er das Messer in Rivers Hand sah. "Verflucht! Die Kiddies wollen türmen!" Daniel fummelte fast panisch am Türschloss herum. Jemand hatte sie irgendwie abgeschlossen. Der Schlüssel steckte, aber Daniel war ein Nervenbündel. Drew rührte sich nicht. Und Max? Max rang mit seinen Komplizen. Und verlor. Er hatte mehr Schläge einzustecken als auszuteilen und das Messer beeinträchtigte ihn sehr, da er immer ausweichen musste. Irgendwie bekam Tom es hin, dass er Max am Genick und zu ihm zerren konnte. Drew biss sich auf die Unterlippe. "Blödes Arschloch! Verräter!" Rivers lallende Stimme überschlug sich beinahe, als er die scharfe, lange Klinge durch Max' Kehle zog. Max stieß einen jämmerlichen Schrei aus. Blut quoll aus seinem Mund. Blut spritzte für einen Moment sogar bis zu Andrew herüber. Der schwere Geruch der roten, dicken Flüssigkeit breitete sich im schmalen Flur aus. Ihm wurde übel davon. "Bucker! Beweg dich!" Daniel packte ihn am Arm und zerrte ihn zurück. Er konnte die ganze Zeit nur auf Max starren. Sein blutverschmierter Hals, sein weit aufgesperrter Mund, seine leeren, toten, aufgerissenen Augen. Andrew stolperte zurück. Diese Augen... Tom ließ Max zu Boden gleiten. Die beiden Mörder wandten sich ihnen zu. Daniel haute ihm über den Schädel, so dass er wieder zu sich kam. Andrew fuhr herum und zusammen rannten sie, als wäre der Teufel hinter ihnen her. Andrew konnte bereits nach wenigen Metern nicht mehr. Er hatte wenig gegessen, hatte sich wenig bewegt. Seine Hochsprung- und Schwimmkondition konnte er vergessen. Daniel warf ihm über die Schultern einen giftigen Blick zu. "Verreck doch, wenn du nicht mehr kannst!" Und schon war er in einer Gasse verschwunden. Andrews Atem pfiff. Schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen. /Nicht umkippen, nicht umkippen, bitte, nicht jetzt umkippen.../ Er stolperte in einen Hauseingang, der nicht sehr einladend aussah. Dreckig, voller Urin und sonstigem Unrat. Das Türschloss war kaputt, er taumelte ins Treppenhaus des Mehrfamilienhauses. Keuchend tastete er durch den kleinen Flur. Die Tür fiel hinter ihm zu und er rutschte auf etwas feuchtem aus und fiel auf den Boden. Seine Augen verschwanden hinter flatternden Augenlidern. Andrew erwachte mit einem Wimmern. Im ersten Moment wusste er nicht mehr, wo er war. Dann fiel ihm die seidige Bettwäsche auf und vor allem der blonde Haarschopf, der sich besorgt über ihn beugte. Das Hotelzimmer. Das Hotelzimmer und Nuka. Drew holte zitternd Atem. Und dann weinte er wieder. Leise diesmal, ohne schluchzen. Aber er weinte schon wieder. Nuka legte sich neben ihn ins Bett und umarmte ihn vorsichtig. "Sch...Hast du geträumt, mein Darling...?" "J...Ja...Von früher...Von Max..." Nuka verspannte sich. Andrew konnte es genau fühlen. Die Armmuskeln verkrampften sich und er wurde fester gegen Nukas Brust gedrückt. "Erzähl es mir..." Andrew erzählte. Nuka verlor währenddessen kein Wort. Und dann schlief er in den Armen seines Nukas ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)