Devil's Blood von Anshie ================================================================================ Kapitel 11: Can't hide! ----------------------- "Hey, ich glaube, er kommt zu sich. Yue!" "Was?" "Er hat gerade die Augen bewegt." "Echt?" "Ja,... glaub ich zumindest. Toya?" "Toya, kannst du mich hören?" Langsam ergab sich ein Bild vor Toya's Augen. Eine weiße Decke über ihm. Das Gesicht seines Bruders. Und Mariko's. "Du bist im Krankenhaus", erklärte Mariko. "Du hattest eine Rauchvergiftung und etliche Verbrennungen, aber nicht sehr Schlimme. Du hattest mehr Glück als Verstand." Mit einem Blick auf Yue fügte sie hinzu: "Haben Dämonen andere Haut oder wie hat er das ausgehalten?" "Dämonen vertragen im allgemeinen ein bisschen mehr, als ihr zimperlichen Menschen", sagte Yue. "Trotzdem. Das war nicht gerade ungefährlich, was du da gemacht hast, Brüderchen." Toya richtete sich auf. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Was hatten sie ihm da gerade erzählt? Dabei hatte er nicht einmal danach gefragt. Er HÄTTE auch nicht gefragt. Irgendwie er schien es ihm so zweitrangig, was mit ihm war. "Masa", wisperte er. "Wo... ist er?" "Mach dir keine Sorgen", sagte Mariko tröstend und streichelte mit der Hand über Toya's Kopf. "Er ist im Zimmer nebenan. Der Arzt ist gerade bei ihm. Er ist noch nicht aufgewacht. Ihn hat's 'n bisschen schlimmer erwischt, als dich, aber er ist außer Lebensgefahr." Toya fiel ein Stein vom Herzen. "Gott sei Dank", seufzte er erleichtert. "Er lebt..." Als er versuchte, aufzustehen, spürte er wie jeder Muskel in seinem Körper sich verkrampfte. Es tat höllisch weh. "Nicht doch!", fuhr Mariko ihn an. "Du musst noch liegen bleiben!" Trotz der Schmerzen dachte Toya gar nicht daran, sich wieder brav hinzulegen. "Lass mich!", keuchte er, als Mariko ihn zurück ins Bett drücken wollte. "Ich... muss ihn sehen." Er stieß Mariko von sich und zog sich aus dem Bett. "Ich... will... zu ihm. Jetzt gleich!" Seine Beine fühlten sich an wie Gummi, als er versuchte, sich darauf aufrecht zu halten. Er drohte das Gleichgewicht zu verlieren, also nahm er die Wand zu Hilfe. "Aber...", widersprach Mariko und sprang auf die Beine. Doch plötzlich griff Yue nach ihrem Arm. Fragend drehte Mariko sich zu ihm um. "Lass ihn", sagte Yue nur knapp. Toya stützte sich auf alles, was er irgendwie erreichen konnte, obwohl dass in einem kahlen Krankenhauszimmer natürlich nicht viel war. Mühselig schleppte er sich aus dem Zimmer. Auf dem Gang traf er zum Glück niemanden an. Ohne zu überlegen öffnete er die nächstbeste Tür. Erst dann fiel ihm ein, dass Mariko nicht gesagt hatte ob Hiro im Zimmer rechts oder links nebenan war. Vorsichtig lugte er in den Raum. Keine Ärzte. Waren sie schon wieder gegangen? Dann sah er Hiro im Bett liegen. "Masa!", flüsterte er und schloss hinter sich die Tür. Den kurzen, für ihn dennoch beschwerlichen Weg zum Bett ging Toya schneller, als es sein Zustand wohl zuließ, denn seine Beine schmerzen nun, da er den Stuhl neben dem Bett erreicht hatte, noch mehr als zuvor. Das mussten diese Verbrennungen sein. Seine Beine und Füße waren am meisten in Kontakt mit dem Feuer gekommen. ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Schweigend saß Toya auf dem Stuhl und blickte Hiro an. Seine Augen waren geschlossen. Wie süß er doch aussah. Als ob er einfach nur schlief. Doch seine sonst so ebenmäßige Haut wies hier und da Verbrennungen auf. Auch auf seinen Wangen. Um die Stirn trug er einen Verband. Ebenso um den rechten Oberarm bis über den Ellenbogen. Sein linker Arm war eingegipst. Auch auf den Wangen und am Hals war seine Haut rot. Rot von den Verbrennungen? Oder waren da noch andere Verletzungen? Wirkten deshalb die heilen Hautstellen so blass? Dabei war Toya's Haut doch eigentlich viel blasser. Das hatte Hiro selbst immer gesagt. Toya zitterte am ganzen Körper. Sein Herz schlug so schnell, und doch nahm er es nicht einmal wahr. Seine Augen fühlten sich feucht an. Tränen tropften auf die weiße Bettdecke. "Masa!", schluchzte er und ließ den Kopf auf Hiro's Oberkörper fallen. Seine Hände krallten sich fest in die Decke. "Ich... hatte noch nie... solche Angst." Toya kniff die Augen zusammen. Er spürte, wie die Bettdecke unter seinem Kopf von den Tränen feucht wurde. "Wenn... wenn du gestorben wärst", wisperte er. "...du...kannst mich doch nicht einfach alleine lassen! Das... geht doch nicht! Du hast mir doch gesagt, dass ich dich, egal was auch passiert, ganz sicher nie mehr los kriegen werde!" Er wischte sich die Tränen mit dem Ärmel ab. "Hey! Hörst du mich?", schrie er dann und schüttelte Hiro an den Schultern. "Wach schon auf! Blöder Idiot! Ich... HASSE dich!" Bei den letzten Worten kamen ihm erneut die Tränen. "Siehst du?", fiepte er. "Ich bin doch 'n weinerliches Mädchen. Hörst du, Idiot?" Er beugte sich über Hiro und strich ihm sanft durchs Haar. Dann schloss er die Augen und küsste ihn. Sein ganzer Körper zitterte wie Espenlaub. "Idiot", flüsterte er und legte den Kopf auf Hiro's Brust. "Du... dämlicher... Idiot!" ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Leise drang eine Stimme an sein Ohr. "Psst, Yue! Er ist eingeschlafen. War mir doch klar, dass er noch nicht aufstehen kann. Los, bringen wir ihn wieder rüber." "Hiro ist immer noch nicht aufgewacht", flüsterte Yue besorgt. "Er hatte eine Rauchvergiftung, Verbrennungen, und etliche Schnittwunden. Sein Arm ist gebrochen und sein Bein angebrochen. Ich schätze, du denkst das Gleiche wie ich?" "Ja", seufzte Yue. "Das kann unmöglich allein das Feuer gewesen sein! Dahinter steckt bestimmt Garasu. Schon allein dieses seltsame Gas, von dem niemand wusste, was es war. Die Schnittwunden stammen ganz sicher von Garasu's Kreuzstab." Mariko seufzte. "Hoffentlich wacht er bald auf." "Komm, bringen wir Toya zurück." ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Mariko saß zu Hause auf dem Sofa und umklammerte die angewinkelten Beine mit den Armen. "Wieso hatte ich diesmal keine Vision?", fragte sie sich. "Wieso konntest du mich diesmal nicht warnen? Wozu bin ich denn gut, wenn ich nicht mal die Menschen beschützen kann, die ich am meisten liebe? Ist die Verbindung zwischen uns schon zu schwach? Konntest du mich deshalb nicht warnen... Aoki?!" ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Langsam kam Toya wieder zu sich. Schon wieder diese kahle, weiße Decke über ihm. Wie er diesen Anblick doch hasste. "Ich muss an Hiro's Bett eingeschlafen sein", dachte er. Mariko's Worte hallten in seinem Kopf wieder. Im Halbschlaf hatte er sie mit Yue sprechen hören. "Wie schlimm er zugerichtet worden war", dachte Toya. "Masa..." Er gab sich einen Ruck und stand auf. Das Zimmer war leer. Die Vorhänge zugezogen. "Ich... halt das nicht mehr aus", seufzte er und zog diesen widerwärtigen Kittel aus, den man im Krankenhaus immer angezogen bekam. "Ich muss hier raus." Er brauchte nicht lange, um die Tasche mit Kleidung zu entdecken, die auf dem kleinen Tisch im Raum stand. Wahrscheinlich hatten seine Eltern ihm ein paar Sachen vorbei gebracht, während er geschlafen hatte. So schnell es seine Verletzungen zuließen, zog er sich an und ging hinaus auf den Gang. Niemand war da. Von Mariko und Yue keine Spur. Auch nicht von Toya's Eltern. "Wie es wohl Masa's Eltern und seiner Schwester geht?", fragte Toya sich. Er öffnete vorsichtig die Tür zu Hiro's Zimmer und warf einen Blick aufs Bett. Noch immer lag Hiro regungslos da. Genauso, wie Toya ihn vorhin schon vorgefunden hatte. "Ich... kann nicht mehr...", wisperte er. "Sag mir, was ich tun soll,... Masa!" Tränen liefen ihm still über die Wangen. Mit zitternden Händen schloss er die Tür und rannte davon. Die Gänge des Krankenhauses waren größtenteils leer. Um so besser. Nur wenige Personen kreuzten seinen Weg. Er versuchte stets unauffällig in die andere Richtung zu schauen. Schließlich konnte er nicht wissen, welche Ärzte ihn als Patient erkennen könnten. ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Es wurde bereits dunkel. Ein starker Herbstwind wehte Toya die Haare ins Gesicht, als er auf die Straße trat. Es war bitterkalt. Toya umklammerte seinen Körper mit den Armen. "Mist", fauchte er. "Blöde Idee, einfach abzuhauen!", dachte er und trotzdem zwang er sich dazu, weiter zu gehen. ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Der Weg war lange und beschwerlich. Toya wusste nicht, wie lange er gelaufen war. Seine Beine hatten ihn einfach bis hier her getragen. Er hatte nicht das Gefühl, irgendeine Kontrolle auf sie auszuüben. Aber eine Strecke von dieser Länge, da war er sich ganz sicher, ging man normalerweise nicht zu Fuß. Zu blöd, dass er kein Geld für Zug oder U-Bahn bei sich hatte. Endlich, nach einer Ewigkeit, wie es ihm erschien, stand er vor der Haustür und drehte den Schlüssel im Schloss um. Das Haus lag in Dunkelheit. Seine Eltern schienen schon zu Bett gegangen zu sein. Als er losgelaufen war, wurde es gerade dunkel. Wie spät es jetzt wohl war? Er wollte es eigentlich gar nicht wissen. Toya stütze sich am Treppengeländer ab, als er nach oben ging. Er hatte es vermieden, Licht anzuschalten. Er wollte nicht, dass seine Eltern aufwachten. Leise schloss er endlich hinter sich die Zimmertür und fiel sofort erschöpft aufs Bett. Seine Stirn fühlte sich kochendheiß an, und doch waren seine Hände wie Eisklumpen. Er spürte den Geschmack von Salzwasser am Mundwinkel. Die Haut auf seinen Wangen spannte von den angetrockneten Tränen. "Wieso muss so was passieren?", schluchzte er. "Wieso Masa? Hätte er doch MICH angreifen sollen. Masa... ich will dich nicht noch mehr in Gefahr bringen. Bitte... ich will... dich nie wieder leiden sehen müssen..." ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Ein kleiner Junge, etwa zehn Jahre alt, saß weinend, zusammengekauert in einem Eck, bei einer Steinwand. "Hey!", sagte plötzlich eine Stimme, klar und deutlich. Der blasse Junge mit dem feuerrotem Haar drehte sich um. "Wieso heulst du schon wieder, Toya?", fragte sein Gegenüber, ein Junge mit blondem Haar und grünen Augen, zirka so alt wie Toya selbst. "Masa?", hörte Toya sich selbst sagen. "Sie... haben gesagt, ich wäre... ein Monster!", wimmerte Toya. "Alle sagen das. Sie sagen, ich wäre seltsam. Richtig... gruselig! Niemand will mich. Niemand... weil ich... anders bin... nicht so wie sie..." "Blödmann!", fuhr Hiro ihn an. "ICH will dich doch! Du bist doch mein Freund! Wenn du ein Monster bist, dann bin ich auch eins." "W...was?", wisperte Toya und blickte Hiro mit seinen großen, rotbraunen Augen an. "Und wenn schon, dann sind wir halt zusammen anders", sagte Hiro gleichgültig. "Und jetzt hör endlich auf zum flennen! Du bist ja schlimmer, als ein Mädchen!" Sofort wischte Toya sich mit dem Arm über das Gesicht. "Komm, steh auf! Du musst mich noch Hausaufgaben abschreiben lassen." ˜*˜*˜*˜*˜*˜ "Toya?", rief eine Stimme. "Toya, ach hier bist du!" Die Tür zu einem Klassenzimmer ging auf. Hiro stand im Türrahmen. Dem Alter nach zu urteilen musste das in etwa in der letzten Grundschulklasse gewesen sein. "Was machst du hier so alleine?", fragte er Toya. "Nichts", murmelte dieser, und klappte ein Buch, dass er offensichtlich gerade gelesen hatte, zu. "Sag mal, kannst du mir nicht 'nen Gefallen tun?", begann Hiro. "Die Jungs aus der Fußballmannschaft geben immer alle an, weil sie schon eine Freundin haben." Er ließ sich auf einen der Stühle fallen und begann damit zu kippen. "Ich will nicht sagen, dass ich keine hab." "Und was hat das mit mir zu tun?", wollte Toya wissen. "Na ja, kannst du mich nicht mal vom Training abholen und so tun, als wärst DU meine Freundin? Nur damit sie mir glauben, dass ich eine hab." Toya wurde rot. "Du bist ja wohl nicht mehr ganz dicht!", schrie er Hiro an. "Ich bin ein Kerl!" "Na uuuund?", bohrte Hiro weiter. "Das merkt doch keiner. Zieh dir halt 'n Kleid an." "Ich spiele doch nicht die Tunte für dich!", fuhr Toya ihn an. "Ach komm schon! Biiiitteeee!" ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Plötzlich verschwamm das Bild vor Toya's geschlossenen Augen und er fand sich in einem dunklen Gang wieder. Jeder seiner Schritte war auf dem steinernen Boden zu hören. Er hatte keine Ahnung wo er war, doch auf seltsame Weise kam ihm dieser Ort bekannt vor. Mit einem mal stiegen links und rechts von ihm Meter hohe Flammen auf. Er konnte nirgends ausweichen, war gezwungen den Gang zu Ende zu gehen. Soweit es ein Ende gab, denn er schien einfach immer weiter und weiter zu führen. Toya konnte selbst ganz weit hinten kein Ende ausmachen. Auf einmal erblickte er etwas am Boden. Eine schmale Blutspur. Ein eiskalter Schauer lief ihm über den Rücken. Die Spur wurde immer breiter, je weiter er ging. Und plötzlich wurde ihm klar, was hier geschah. Es war ein Traum. Er hatte die ganze Zeit schon geträumt. "Also, wach doch einfach auf, Toya!", sagte er sich. Doch es ging nicht. Seine Augen blieben geschlossen. Und obwohl er sich immer wieder sagte: "Es ist ein Traum! Nur ein Traum!", stieg doch die Angst in ihm immer weiter an. Unbewusst ging er weiter. Auf einmal blieb er stehen. Er machte eine Gestalt vor sich aus. Als er genauer hinsah, erkannte er Garasu. Er hörte ihn laut lachen. Wen trug er da auf den Armen? "Masa?", schrie Toya. Als Garasu, Toya's erschrockenes Gesicht sah, lachte er noch lauter auf. Er ließ Hiro's leblosen Körper zu Boden fallen. Blut. Überall Blut. "Nein", fiepte Toya und blickte starr auf Hiro. "Er ist tot", hörte er Garasu sagen. "Tot!" "Nein! Nein, das ist nicht wahr!" Garasu's Lachen wurde immer leiser. Seine Gestalt verschwand von der Szenerie. Erschöpft sank Toya in die Knie. Er legte die zitternde Hand auf Hiro's Wange. Blut blieb an seiner Handfläche kleben. "Das... ist doch nicht real, Toya...", sagte er leise zu sich selbst. "Wach auf, Idiot! Du weißt doch, dass es nur ein Alptraum ist." So sehr er es auch versuchte, er konnte den Blick nicht von seinem toten Freund abwenden. "Du solltest nicht hinsehen!", dachte er. Hiro's blutverschmiertes, zerrissenes Hemd. Sein ganzer Körper, blutüberströmt. "Masa...", wisperte er. "Du... bist nicht tot! Nein..." Das letzte, was im langen Gang ertönte, war das widerhallten seines Schreis: "MASAAAA!" ˜*˜*˜*˜*˜*˜ "Masa!" Schweißgebadet wachte Toya auf. Sein Atem ging schneller. Sein Puls raste. "Nein", flüsterte er. "Nein,... nur ein Traum... nichts als ein Traum... Oh Gott ich halt das nicht mehr aus..." Er vergrub den Kopf zwischen den Armen und kauerte sich so klein wie möglich zusammen. "Ich kann nicht mehr... Ich... halt's nicht mehr aus! Masa,... ich verliere den Verstand." ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Am frühen Morgen klingelte bei Yue das Telefon. "Ja, wer...", sagte Yue, nachdem er abgehoben hatte, doch die Person am anderen Ende der Leitung ließ ihn nicht ausreden. "Yue. Ich bin's, Mariko! Toya's Mutter hat mich gerade angerufen. Toya ist zu Hause." "Was?", schrie Yue. "Sie hat ihn heute Morgen in seinem Zimmer gefunden. Er sagt, er sei gestern abend vom Krankenhaus nach Hause gelaufen." "Vom Krankenhaus bis nach Hause?", wiederholte Yue. "Das ist unmöglich! Es ist viel zu weit! Aber..." Er verstummte kurz. Dann fügte er hinzu: "Toya trau ich es zu!" ˜*˜*˜*˜*˜*˜ "Ich hab im Krankenhaus angerufen", sagte Toya's Mutter und stellte Toya eine Tasse Tee auf den Tisch. "Sie haben gesagt, du kannst zu Hause bleiben. Bist zu jetzt zufrieden?" Sie setze sich neben ihn aufs Sofa und schloss ihn in die Arme. "Mein armer Schatz", weinte sie. "Was musstest du durchmachen? Bitte... sag es mir, damit ich dir helfen kann!" "Was willst du hören?", dachte Toya, sagte jedoch nichts. Er saß einfach schweigend da, erwiderte nicht einmal die Umarmung seiner Mutter. "...dass ich ein Dämon und auch noch schwul bin? Tut mir leid, du kannst mir nicht helfen. Niemand kann das." ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Es waren fast drei Wochen vergangen. "Masa ist gestern entlassen worden", sagte Mariko auf dem Weg zur Schule. Sie war heute morgen extra früher aufgestanden und hatte Toya abgeholt. Seit dem Brand war es für Toya der erste Tag in der Schule. Bist heute war er beurlaubt worden. "Anscheinend hat es auch seine guten Seiten, ein Dämon zu sein. Eure Wunden heilen viel schneller, als bei einem Menschen." "Hmm", murmelte Toya nur, als würde ihn das, was Mariko erzählt hatte, nicht sonderlich interessieren. Er blickte nur weiter auf den Asphalt. Mariko seufzte. "Du hast ihn kein einziges mal im Krankenhaus besucht", sagte sie mit leiser und eindringlicher Stimme. "Was ist los?" Toya antwortete nicht. "Er hat ständig nach dir gefragt. Ich wusste am Ende gar nicht mehr, was ich noch für Ausreden erfinden sollte." "Hättest ja die Wahrheit sagen können", murmelte Toya. "Und die wäre?" Wieder keine Antwort. "Hör mal, ich weiß nicht, wieso du das machst, aber ich finde dein Benehmen mehr als fies. Du hättest ihn sehen sollen. Er sah richtig fertig aus. Du bist nicht mal ans Telefon gegangen, als er versucht hat, dich zu erreichen, hat er gesagt. Dabei wollte er dich so gerne sehen." "Und was, wenn ICH IHN nicht sehen wollte?", fuhr Toya sie an. Mariko blickte ihn einen Moment lang, beinahe empört an. Doch sie sagte keinen Ton. Es tat furchtbar weh. Wie konnte man sich mit seinen eigenen Worten solche Schmerzen zufügen? Dieses grauenvolle Stechen in der Brust. Als ob ihm etwas in der Kehle stecken würde. Etwas, dass immer mehr in ihm anschwoll und fast zu explodieren drohte. "Es tut so weh, Masa..." ˜*˜*˜*˜*˜*˜ "Toya-chan!", rief Yue schon von weitem, rannte auf Toya und Mariko zu und schloss seinen Bruder in die Arme. "Tut mir leid, dass ich dich nicht besuchen konnte", entschuldigte Yue sich. "Ich wollte dich nicht noch mehr in Schwierigkeiten bringen. Deine Eltern halten mich wohl für irgend so 'nen Gruftie." "Ist schon okay", sagte Toya. ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Plötzlich hielt ein Wagen vor dem Schultor. Toya erkannte das Auto sofort. Wie oft hatten Hiro's Eltern sie beide irgendwo hin gefahren. Die Tür der Fahrerseite ging auf und Hiro's Vater, ein kräftiger, älterer Mann, stieg aus. Er lief um das Auto, wo nun die Beifahrertür aufging. Mariko versuchte an Hiro's Vater vorbei zu schauen, doch dieser versperrte ihr die Sicht, während er Hiro aus dem Auto half. Toya wandte den Blick ab. Kurz darauf wurde die Autotür zugeschlagen. Der Motor sprang an und der Wagen fuhr davon. "Sein Vater hat ihn in die Schule gefahren. Klar, mit Krücken kann er schlecht her laufen", meinte Mariko. Toya blickte nicht auf. "Nein, nicht", bat er sich selbst. "Jetzt nicht hinschauen! Wenn du ihn jetzt wieder siehst, war alles umsonst. Dass ich versucht habe, ihn ein für alle male zu vergessen..." Seine Hände zitterten. Sein ganzer Körper war angespannt. "Es ist sinnlos, Toya. Beachte ihn doch einfach nicht!" "Toya!", zischte Mariko. "Er kommt her!" Sie gab Toya einen Schubs, was wohl soviel heißen sollte, wie: "Jetzt hör auf mit dem Scheiß und stell dich nicht so an!" "To...ya." Toya zuckte zusammen. "Seine Stimme..." Zu spät! Noch bevor er sich dessen bewusst wurde, hatte er den Kopf auch schon gehoben. Hiro stand kaum einen Meter vor ihm. Es war so ein ungewohnter Anblick. Sonst sah man ihn doch immer nur gesund und munter. Und nun stand er da. Mit Gipsarm und auf Krücken, hier und da ein paar Schrammen und Kratzer. Die verbrannte Haut, so gut wie möglich unter Kleidung und Verbänden versteckt. Toya's Herz raste geradezu. "Hey", begann Hiro. Er lächelte. Wieso lächelte er? Was hatte er für einen Grund zu lächeln? "Du... hast mir gefehlt, Mann..." Toya war nicht in der Lage, etwas zu sagen. Er wusste, dass Mariko und Yue wenige Meter hinter ihm standen und ihn beobachten. Aber das war nicht der Grund, warum er schwieg. Selbst wenn sie mutterseelenallein gewesen wären, hätte Toya in diesem Moment nicht gewusst, was er hätte sagen sollen. Hiro kam auf ihn zu. Er legte die Hand auf Toya's Wange. Mit der anderen hielt er die Krücken fest. Er zog Toya zu sich heran und berührte leicht seine Lippen. "N...nicht", stotterte Toya verlegen und drückte ihn von sich. Dann legte er die Arme um Hiro, schmiegte sich an ihn und schloss die Augen. "T...Toya", flüsterte Hiro verwirrt. "Seine Nähe,... seine Wärme,... sein Geruch... Oh Gott, wie habe ich das vermisst?", musste Toya sich eingestehen. "Es geht nicht... ich kann... diese Gefühle nicht einfach abtöten." ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Mariko lächelte erleichtert. "Na also", sagte sie leise. Yue drehte sich fragend zu ihr um. "Was?", fragte er. "So sehe ich die beiden am liebsten", meinte Mariko. "Geht doch!" ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Der Schultag verlief ziemlich trocken. Toya fühlte sich grauenvoll. Es war einerseits das schlechte Gewissen, weil er Hiro nicht besucht hatte und andererseits hatte er doch versuchen wollen, ihn aufzugeben. Hiro fühlte sich nicht besser. "Wieso benimmt er sich so abweisend?", fragte er sich. "Er hat sich die ganzen letzten Woche nicht gemeldet. Als würde es ihn gar nicht kümmern, wie es mir geht. Und jetzt sagt er auch kaum ein Wort." ˜*˜*˜*˜*˜*˜ "Mariko!", rief Toya ihr nach, die nach der letzten Stunde aus dem Klassenzimmer stürmte. "Warte! Wo gehst du hin?" "Ich muss zur Klassensprecherversammlung", rief Mariko ihm zu. "Könnte heute länger dauern. Ihr braucht nicht zu warten. Bis Morgen!" Toya seufzte. Widerwillig wandte er sich Hiro zu. "Holt dein Vater dich ab?", fragte er. Hiro nickte. "Aber der kommt erst in 'ner halben Stunde. Früher kann er nicht. Muss noch irgendwas mit der Versicherung klären, glaub ich. Gehen wir nach hinten zur Sporthalle? Oder musst du schon heim?" "Nee, ich wart noch, bis dein Vater kommt", sagte Toya. Erst dann fiel ihm ein, dass er ja hätte lügen und sagen können, er müsse aus welchem Grund auch immer, schnell nach Hause. ˜*˜*˜*˜*˜*˜ "Mann, bin ich froh, wenn wir wieder ein eigenes Dach über dem Kopf haben", seufzte Hiro, während sie auf dem Weg aus dem Schulgebäude waren. "Vorerst wohnen wir bei meiner Tante. Ist voll ätzend! Die Bude ist einfach zu klein für so viele." "Wie geht's deiner Familie?", fragte Toya. "Denen geht's wieder ganz gut. Scheint nichts Schlimmes gewesen zu sein, was Garasu da versprüht hat", antwortete Hiro. "Sie haben nichts von dieser Auseinandersetzung mitbekommen. Garasu will anscheinend nicht, dass irgend jemand erfährt, dass wir alle Dämonen sind." "Ich hab ihn heute nicht hier gesehen", meinte Toya weiter. "Nee, scheint nicht in der Schule gewesen zu sein", stimmte Hiro ihm zu. "Dafür geht's dem lieben Miroi wieder wunderbar. Er erinnert sich an absolut gar nichts." Hiro setzte sich auf den herunter gebogenen Ast des großen, alten Baumes. Toya setzte sich an die Wand der Sporthalle ins Gras. Es dauerte nicht lange, bis ihm klar wurde, dass das ein Fehler war. Denn sowohl die Steinwand, als auch das Gras waren eiskalt. Trotzdem wollte Toya jetzt nicht wieder aufstehen. Eine Weile herrschte Stille. Toya kam sich ziemlich dämlich vor. "Toya", brach Hiro plötzlich das Schweigen. Und dann stellte er die Frage, die ihm die ganze Zeit schon auf der Zunge brannte. "Wieso hast du mich kein einziges mal besucht?" Toya zuckte zusammen. Er hatte befürchtet, dass Hiro ihn zur Rede stellen würde. Doch er hatte keine Antwort darauf. Seufzend blickte er starr ins Gras. Wortlos stand Hiro auf, ging auf Toya zu und kniete sich vor ihn ins Gras. Er stützte sich mit den Armen auf Toya's Knie ab und beugte sich zu ihm herüber. Der Gips fühlte sich kalt an, sogar noch durch den dicken Stoff seiner Hose. Toya musste sich wirklich beherrschen. "Geh einfach nicht drauf ein!", sagte er sich selbst. "Was machst du, wenn ich dich jetzt einfach küsse?", flüsterte Hiro ihm ins Ohr. "Haust du mir wieder eine rein und fängst an zu schreien?" Toya schwieg. Er versuchte, Hiro's fesselnden Blicken auszuweichen. "Ich kann mich nicht wehren", dachte er. "Soll ich es erst testen?", fragte Hiro lächelnd. "Und wenn schon? Eine Ohrfeige mehr oder weniger. Ich hab schon so viele bekommen. Da kommt es auf eine jetzt auch nicht mehr an." Nur noch ein paar Zentimeter lagen dazwischen, bis sich ihre Lippen berühren würden. "Und das hier ist mir mehr als jede Ohrfeige wert", flüsterte Hiro, neigte den Kopf zur Seite und küsste Toya. In Toya breitete sich ein seltsames Gefühl aus. Es war so schön! Es fühlte sich so unbeschreiblich gut an, ihn zu küssen. Ohne jede Gegenwehr schloss er die Augen. Er öffnete den Mund. Hiro's Zunge streifte sanft über seine Lippen. Dann berührte sie Toya's eigene. "Dieses Gefühl", dachte Toya. "Es ist wie eine Droge. Egal, wie sehr ich versuche, dagegen anzukämpfen. Als hättest du unsichtbare Fesseln um mich gekettet, Masa... Ich kann dir nicht mehr entkommen!" Langsam sank Toya ins Gras. Er legte die Arme um Hiro, der über ihm lag und sich, so gut es ging, mit den Armen im Gras abstützte. Toya blinzelte kurz. Er sah, dass Hiro die Augen geschlossen hatte. Schnell schloss er sie selbst auch wieder. "Mensch Toya, lass wenigstens die Augen zu beim Küssen", sagte er sich selbst. "Toya", flüsterte Hiro. Als sich ihre Lippen voneinander lösten, drückte Toya, Hiro schnell an sich, so dass er den Kopf auf seine Schulter legen konnte. "Wie peinlich", dachte er. "Ich bin knallrot! Das darf ich ihn nicht sehen lassen." "Danke", flüsterte Hiro. "Hmm? Wofür?", fragte Toya. Hiro richtete sich auf, was ihm sichtlich nicht leicht fiel, da er sich ja praktisch nur auf einen Arm stützen konnte. "Na, ohne dich wäre ich jetzt tot." Wieder dieses Lächeln. "Dein ganzes Haus ist abgebrannt", begann Toya. "Wie kannst du da noch lächeln?" "Na ja, ich lebe noch. Und du bist auch wohlauf. Mehr brauch ich nicht, um glücklich zu sein", sagte Hiro. Toya schwieg. Wie konnte Hiro nur so direkt sein? Vielleicht würde es nicht schaden, wenn er selbst auch endlich mal sagen würde, was ihm auf dem Herzen lag? Ohne groß darüber nachzudenken, fiel er Hiro in die Arme. "Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie solche Angst", schluchzte er. Diesmal war es ihm völlig egal, dass er schon wieder weinte. "Als ich das brennende Haus gesehen hab... ich wusste nicht, was ich tun sollte." "Hey, ist ja schon gut", tröstete Hiro ihn und streichelte ihm durchs Haar. "Irgendwie... war mir plötzlich alles egal", murmelte Toya und schmiegte den Kopf an Hiro's Schulter. "Ich hab gar nicht daran gedacht, dass ich sterben könnte. Ich wusste nur, dass ich dich da raus holen musste, ganz egal wie." Hiro spielte mit Toya's Haarsträhne herum, wickelte sie immer wieder um den Finger und strich sie dann wieder glatt. "Na, dann weißt du ja jetzt, wie's mir immer geht", meinte er lächelnd. Toya hob den Kopf und blickte ihn fragend an. "Wieso?" "Na ja, wenn DU in Gefahr bist, schaltet sich bei mir der Verstand auch immer einfach aus. Und dann muss ich dich einfach beschützen. Ganz egal wie und egal, was aus mir wird. Ich... würde für dich sterben." Toya zuckte zusammen. Er wischte sich die Tränen ab. "Hör auf!", sagte er. "Red nicht schon wieder vom Sterben. Ich will nicht dass du, oder sonst jemand sterben muss. Ich hatte Angst, du würdest mir einfach weg sterben und mich hier alleine lassen." Hiro seufzte. "Kleiner Dummkopf", sagte er. "Ich hab's dir doch schon mal gesagt. Du kriegst mich nicht los, egal was passiert. Und jetzt hör auf zu flennen, Idiot!" Er wuschelte Toya durchs Haar. Toya lächelte. "Hey, lass das!", sagte er. "Und außerdem bist DU hier der Idiot!" "Hilf mir lieber mal auf, ich bin schließlich verletzt", meinte Hiro. Toya stand auf und zog seinen Freund auf die Beine. Wobei das kein Leichtes für ihn war. Kaum stand Hiro auf den Beinen, drohte er auch schon, wieder zusammenzubrechen. Er konnte sich gerade noch an der Steinwand der Sporthalle festhalten. "Ouh, die Krücken!", sagte Toya und hob die Besagten vom Boden auf. "Sorry, hab ich ganz vergessen." Hiro lehnte sich gegen die Wand. Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Bring ich dich etwa so aus dem Konzept?", fragte er scheinheilig. Toya wurde rot. "Komm schon her!", sagte Hiro, packte Toya am Arm und zog ihn zu sich. Wieder berührten sich ihre Lippen. Toya wich zurück, doch Hiro hielt seinen Arm noch immer fest. Plötzlich ließ er von Toya ab. "Auuh", stöhnte er und warf einen Blick auf den eingegipsten Arm. "Mist, damit kann ich dich noch nicht mal gescheit festhalten", maulte er. "Na, so ein Pech aber auch", meinte Toya lachend. "Du kriegst wohl nie genug, was? Perverser!" Und damit ging Toya davon. "Was heißt hier Perverser?", rief Hiro ihm nach. Ausnahmsweise, war er derjenige, der mühsam hinterher torkelte. "Du hast es doch gewollt!" "Was ich will, und was nicht...", begann Toya. "...das lass mal schön meine Sorge sein." "Mann, wieso musst du mich immer so kaltherzig stehen lassen?", protestierte Hiro, doch anstatt zu antworten, sagte Toya nur: "Hey, da vorn steht euer Auto. Dein Vater wartet schon." ˜*˜*˜*˜*˜*˜ "Hi Dad!", begrüßte Hiro seinen Vater. "Fährst du Toya schnell heim?" "Ähm Masa", sagte Toya. "Ist das nicht ein Umweg? Das Haus deiner Tante liegt doch genau in der entgegengesetzten Richtung." "Egal, steig ein!", meinte Hiro nur und zerrte Toya in den Wagen. "Wir sind dir eine Menge schuldig, Toya", sagte Hiro's Vater während der Fahrt. "Ich will gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn du nicht gewesen wärst." Toya senkte beschämt den Blick. "Ach was...", murmelte er nur. Hiro's Vater lachte. "Ach ja, bescheiden warst du schon immer. Und selbst jetzt, wo du sogar meinem Sohn das Leben gerettet hast..." "Wie oft hat ER MICH denn schon gerettet?", wollte Toya am liebsten sagen. Irgendwie kam er sich ziemlich schäbig vor. Alle taten, als wäre er ein Held. Und plötzlich kam es ihm so vor, als hätte er sich nie ausreichend bedankt, wenn Hiro ihm geholfen hatte. Nahm er es etwa als selbstverständlich hin? "Quatsch! Es ist überhaupt nicht selbstverständlich", dachte er. "Er ist mein Freund und nicht mein Bodyguard!" ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Toya war kaum eine halbe Stunde zu Hause gewesen. Nun fand er sich bereits bei Yue wieder. Dieser hatte ihn, obgleich heute seit dem Unglück sein erster Tag in der Schule gewesen war, wieder zum Training verdonnert. Völlig fertig ließ er nach einer Weile einfach das Schwert auf den Boden fallen und warf sich aufs Sofa. "Ich kann nicht mehr", stöhnte er. "Gönne mir eine Pause, du Sadist!" Yue ließ das Schwert in seinen Händen verschwinden. Toya, der auf dem Sofa lag, griff ebenfalls nach dem, am Boden liegenden, Schwert. Er erreichte es nur mit den Fingerspitzen und trotzdem löste es sich sogleich in Luft auf. "Kaum zu glauben", sagte Yue und setzte sich ebenfalls hin. "Einfache Zauber beherrscht du mittlerweile im Schlaf und dein Umgang mit dem Schwert ist erstaunlich besser geworden. Ganz zu schweigen davon, wie schnell deine Wunden geheilt sind." "Was erstaunt dich das so?", seufzt Toya gelangweilt. "Ich bin ein Dämon. Genau wie du. Unsere Körper sind wesentlich standhafter als Menschliche. Und was meine Kampfkünste angeht: Ich hab mich lediglich an den Schwertkampfunterricht von damals erinnert, das ist alles." "Aah, deshalb bist du in so kurzer Zeit so gut geworden", meinte Yue. "Das erklärt natürlich alles." "Yue", begann Toya. "Sag mal, ist es wirklich die einzige Möglichkeit, Garasu in so eine Raum-Zeit-Schleife zu zerren? Ich meine, wieso können wir ihn nicht töten?" Yue seufzte. "Ganz einfach", begann er dann. "Weil er zu stark ist. Er hat unzählige, verbotene Zauber angewendet um sich diese Macht zu verschaffen. Ich weiß nicht, ob wir ihn besiegen könnten." "Aber es wäre doch möglich!", bohrte Toya weiter und setzte sich auf. "Wir sind zu zweit und er ist alleine." "Zu zweit?", wiederholte Yue fragend. "Und was ist mit Hiro?" "Halt ihn da raus!", schrie Toya. "Er... hat damit nichts zu tun. Garasu ist schließlich hinter uns her, oder? Nicht hinter ihm." Yue schwieg. "Was hat er denn auf einmal?", dachte er. "Ich... muss langsam gehen", sagte Toya leise und ging zur Tür. "Wir sehen uns morgen in der Schule." Und damit war er auch schon verschwunden. "Er benimmt sich wirklich seltsam", seufzte Yue. ˜*˜*˜*˜*˜*˜ "Akari!", riefen ein paar Mädchen, winkten der besagten Person und rannten zu ihr. "Guten Morgen." Garasu schwieg. Diese nervigen Mädchen waren einer der Nachteile an diesem Körper. Doch er brauchte ihn, um sich unauffällig in dieser Welt aufhalten zu können. "Wo warst du gestern? Ging es dir nicht gut?" "Nein, ich... fühlte mich nicht wohl", antwortete Garasu. "Entschuldigt mich, ich muss kurz zum Lehrerzimmer." Mit diesen Worten ging er davon. "Also irgendwie hat sie sich total verändert", murmelte eine von Akari's Freundinnen. "Ja, sie fehlst ständig und benimmt sich richtig komisch. Sie ist so abweisend und still. So kenne ich sie gar nicht." Garasu erinnerte sich daran, wie er vor einer ganzen Weile an diesen Körper gekommen war. ˜*˜*˜*˜*˜*˜ "Bis Morgen!", rief Akari. Sie lächelte und winkte ihren Freundinnen zum Abschied. "Und vergiss nicht, was du morgen vor hast!", rief eines der anderen Mädchen ihr zu. "Jaaah!" Akari seufzte glücklich. "Morgen ist es soweit", dachte sie. "Ich habe mir fest vorgenommen, wenn ich es schaffe, im Englischtest mindestens eine drei zu schreiben, werde ich Garasu-san fragen, ob er mit mir gehen will." Glücklich drehte das Mädchen sich um und machte sich auf den nach Hause Weg. "Und ich HAB eine drei bekommen. Diesmal werde ich es ihm endlich sagen." "Hast du dich in ihn verliebt?", fragte jemand. Erschrocken drehte Akari sich um. Ein Mann mit langem, silbernem Haar stand hinter ihr. "Wer... sind sie?", fragte sie. "Ich kenn Yue Garasu", sagte ihr Gegenüber nur, ohne auf ihre Frage einzugehen. "Ach wirklich?", erwiderte Akari. "Liebst du ihn?" "Ähm, na ja...", stotterte das Mädchen und senkte beschämt den Blick. "Ich... kenn ihn nur vom Sehen. Aber ich finde ihn wirklich gut aussehend und er scheint keine Freundin zu haben. Ich würde ihn wirklich gerne kennen lernen." Garasu lächelte. Es war dieses hinterhältige Lächeln, doch Akari sah es zum ersten und zum letzten mal in ihrem Leben. Wortlos schritt Garasu auf sie zu. Akari wich nicht zurück. Sie war noch nie gerade schüchtern gewesen. Ein gesundes, munteres Mädchen, dass immer nur das gute in den Menschen sah. "Ich kann dafür sorgen, dass du ihn kennenlernst", hauchte Garasu und legte die Hände auf Akari's Schultern. "W...wirklich?", stotterte Akari, die es nun trotzdem mit der Angst zu tun bekam und zurück wich. "Ja, ganz sicher. Aber du musst mir etwas dafür geben", meinte Garasu weiter. "Und was?", wollte Akari wissen. Ein hauchdünner Lichtstrahl schoss aus Garasu's Hand auf Akari zu und traf sie in die Brust. Das Mädchen riss die Augen auf. Niemand der Passanten hatte es gesehen. Langsam kippte sie nach vorn. Garasu fing sie auf und flüsterte nur: "Deinen Körper." ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Wie viele Menschen hatte er schon getötet? Garasu wusste es nicht. Er hatte unzählige auf dem Gewissen und eigentlich hatte er alle nur für einen Zweck umgebracht. Um zwei ganz bestimmte Personen zu töten. Yue und Toya Sakasa. Immer wenn er an sein bisheriges Scheitern dachte, stieg dieser Zorn in ihm an. "Ich krieg euch schon noch", sagte er zähneknirschend. Plötzlich riss er die Augen auf. Er stellte sich näher an das Fenster, an dem er gerade vorbei gelaufen war und blickte hinunter. Unten sah er Hiro, der gerade von seinem Vater in die Schule gefahren worden war. Links und rechts von ihm gingen Toya, Yue und Mariko. "Das gibt es nicht", zischte er. "Er lebt?" ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Es war nachmittags. Toya saß am Rande des Fußballfeldes auf einer Bank und laß einen Text im Englischbuch, über den sie morgen ausgefragt werden würden. Hiro saß neben ihm und schaute seiner Mannschaft beim Fußballspielen zu. Er sah ziemlich belämmert aus, schließlich konnte er wegen seinen Verletzungen nicht spielen. ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Mariko ging den leeren Korridor entlang. Kaum ein Schüler befand sich noch auf den Gängen. Die meisten waren schon in ihren AGs oder nach Hause gegangen. Mariko's Lehrerin hatte sie gebeten, ein paar Farben aus dem zweiten Kunstsaal zu holen. Plötzlich sah Mariko ein paar Mädchen auf dem Fensterbrett sitzen. Sie erkannte sie sofort. Das waren die, die immer über sie tuschelten. Mariko versuchte nicht hinzuschauen und ging einfach an ihnen vorbei. Doch dann rief eines der Mädchen ihr nach: "Sugenami, die kleine Schlampe!" Mariko blieb stehen. "Na, heute mal ohne deinen Harem unterwegs?", meinte ein anderes Mädchen. "Wo hast du Sakasa und Masanaru gelassen, deine willenlosen Liebessklaven. Und Garasu gehört ja jetzt auch schon dazu." Wütend drehte Mariko sich um. Die Mädchen fuhren erschrocken auf. "Huch, haben wir dich etwa wütend gemacht?", sagte eines von ihnen und zog eine Grimasse. "Was willst du jetzt tun, hä? Holst du deine Jungs und lässt uns verprügeln?" "Macht euch das Spaß?", fragte Mariko trocken. "Habt ihr nichts besseres zu tun, als mich zu verarschen?" "Kann sich ja nicht jeder mit lernen und auf den Strich gehen die Zeit vertreiben, Streber-Nutte!", konterte eines der Mädchen, woraufhin die anderen drei laut zu lachen anfingen. Mariko bebte vor Wut. "Ihr seid doch nur neidisch!", schrie sie dann. "Weil Toya, Masa und Yue euch nie auch nur anschauen würden! Und weil ihr nie gute Noten haben werdet!" Dann rannte sie davon. Sie hörte die Mädchen weiter lachen. "Uuuh, jetzt hab ich aber Angst!", riefen sie und: "Jetzt ist sie wohl wütend. Die Ärmste!" Mariko rannte so schnell sie konnte. "Hoffentlich läuft mir jetzt niemand mehr über den Weg", dachte sie. Ihre Augen waren vom weinen gerötet. "Wär ja peinlich, wenn mich so jemand sieht." ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Plötzlich hielt sie erneut inne. Ihr Blick schweifte nach draußen auf den Hinterhof. Sie sah jemanden auf einem der Steinblöcke sitzen. War das etwa...? Sie dachte nicht weiter darüber nach und ging durch die Tür nach draußen auf den Hof. Beim näherkommen erkannte sie die Person. "Akari Usami", fiepte sie verängstigt. "Garasu!" Sie machte auf dem Absatz kehrt um unbemerkt wieder in das Gebäude zu kommen. Doch dann rief ihr Garasu mit Akari's Stimme zu: "Ich hab dich längst gesehen. Weglaufen bring doch nichts." Aufgeregt blieb Mariko stehen und drehte sich um. Ihr Herz schlug schneller vor Angst. Sie hatte nicht vergessen, wie er sie schon einmal zugerichtet hatte. "Ist nicht schön, so gehänselt zu werden, was?", meinte Akari lächelnd. "Schon blöd, wenn man keine Freunde hat. Da nützen einem gute Noten auch nicht viel, stimmt's?" "Stimmt nicht!", widersprach Mariko ihm. "Ich hab genug Freunde." "Ja, genau zwei, soweit ich weiß. Na, wenn dir das reicht", meinte Garasu und stand auf. "Aber was machst du, wenn ich mit ihnen fertig bin? Dann hast du nämlich gar keine Freunde mehr." Mariko schwieg. Sie zitterte am ganzen Körper. "Na ja", fuhr Garasu fort. "Wenn du Glück hast, lass ich dir Hiro am Leben. Das heißt, wenn er sich endlich raushält." "Niemals!", schrie Mariko. "Du wirst weder Hiro, noch Toya und Yue etwas antun!" "Mariko, lauf weg!", rief eine Stimme in Mariko's Kopf. Es war die Stimme der Person, die schon mehrmals die Kontrolle über Mariko's Körper übernommen hatte. "Aoki", sagte Garasu. "Du kannst dieses Spielchen nicht ewig spielen! Du schindest doch nur Zeit." Die Stimme in Mariko's Gedanken antwortete nicht. Mariko konnte sich nicht von der Stelle rühren. "Keine Angst, kleine Mariko", sagte Garasu. "Heute brauche ich dich nur als Köder." Er schnipste mit dem Finger und wie auf Befehl erschien eine dicke Eisenkette um Mariko. Sie drehte sich um und wollte zur Seite springen, doch es ging zu schnell und die Kette schnürte sich eng um Mariko's Arme, Beine und Hüfte. "Wuaah!", schrie Mariko und stolperte zu Boden. "Ich habe versucht, Yue zu manipulieren um Toya auszulöschen", erklärte Garasu, während er auf Mariko zuging. "Und es schlug fehl. Dann wollte ich dich töten, damit ich erst mal diese nervige Aoki los bin. Wieder ein Fehlschlag. " Er packte die Kette und zog Mariko daran hoch. "Und dann gelingt es mir noch nicht einmal, Hiro umzubringen. Und immer war diese kleine Kröte, Toya daran schuld!" Er ließ Mariko wieder unsanft auf den harten Boden fallen. "Er hat Yue wieder auf seine Seite gezogen, er kam dir zu Hilfe und diesem Hiro. Von einer halben Portion wie ihm werde ich mich sicher nicht besiegen lassen!" Garasu Stimme klang mit jedem Wort aggressiver und letztendlich schrie er: "Hörst du mich, Toya Sakasa? Diesmal bist du dran! Komm her, wenn du dich traust!" ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Auf einmal durchfuhr Toya ein seltsames Gefühl. Er legte das Buch weg und blickte auf. "Komisch", dachte er. "Ich dachte ich hätte etwas gehört..." "Willst du deine kleine Freundin nicht retten, Toya?", hörte er eine Stimme. Es war, als würde es sich in seinen Kopf bohren. "Mariko?" Blitzartig schoss er hoch. "Hey, geht deine AG nicht gleich an?", fragte jemand. Vor Toya stand Hiro. Toya hatte gar nicht darauf geachtet, dass er aufgestanden war. "Mariko", sagte Toya nur. "Hmm? Was ist mit ihr?" "Garasu ist hier!", schrie Toya und rannte davon. ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Er rannte über die Wiese hoch zum Schulgebäude. Er wusste nicht, wie er plötzlich darauf kam. War das so eine Art Vision? So wie Mariko sie immer hatte. Er wusste es nicht. Seine Beine trugen ihn einfach weiter. Er erreichte den Hinterhof. "Mariko!" Garasu drehte sich um. "Toya", schrie Mariko, die gefesselt am Boden lag. "Na, das ging aber schnell", meinte Garasu. In diesem Moment kam Hiro um die Ecke gehumpelt. Für jemanden, der auf Krücken angewiesen war, konnte er immer noch ziemlich schnell laufen. "Toya, was ist denn...", begann er, verstummte jedoch schlagartig, als er Garasu und Mariko entdeckte. "Diesmal bist du dran", zischte Garasu. Der Kreuzstab erschien in seiner Hand. Toya ließ ebenfalls seine Waffe erscheinen. "Toya, ich denke nicht, dass das...", begann Hiro. "Halt die Klappe!", schrie Toya ihn an. Wütend aufschreiend rannte Garasu, die Waffe zum Schlag angesetzt, auf Toya zu. Toya hielt das Schwert schützend vor sich. Ein Kampf zwischen ihnen war nun nicht mehr zu vermeiden. ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Hiro ging zu Mariko herüber. "Alles okay mit dir?", fragte er, setzte sich und legte die Krücken weg. "Ja, mir fehlt nichts", versicherte Mariko ihm. Sie spürte einen Schlag, der die Fesseln um ihre Hüfte traf. Dann lösten die Ketten sich in Luft auf. Mariko drehte sich um und sah, dass Hiro sein Katana in der Hand hielt. "Dieses Teil ist echt krass", staunte sie. "Zerschlägt sogar Ketten." "In den richtigen Händen, kann das noch ganz andere Sachen", meinte Hiro, während Mariko ihm auf die Beine half. Ihr Blick fiel auf Toya und Garasu, die sich mittlerweile einen harten Kampf lieferten. "Was sollen wir machen?", fragte sie besorgt. "Wir können überhaupt nichts machen", sagte Hiro und biss sich dabei auf die Unterlippe. "Geh und schau, dass du Yue findest!" "Aber, er ist sicher schon daheim. Es wird dauern, bis..." "Um so schneller du gehst, desto schneller bis du wieder da!", unterbrach Hiro sie und ließ das Gefecht vor ihm dabei keine Sekunde aus den Augen. "So sehr ich es auch hasse, das zugeben zu müssen, aber ausnahmsweise, bist du wohl die schnellere Läuferin. Also geh schon!" "J... ja", stotterte Mariko und rannte davon. "Toya", dachte Hiro. Es war unerträglich für ihn, da stehen zu müssen und überhaupt nichts tun zu können. Sicher, er konnte einen Lehrer oder sonst wen holen, aber er durfte niemanden da mit hinein ziehen. Jeder Unbeteiligte, der nun hier auftauchen würde, war zum sicheren Tode verurteilt. Er konnte nur tatenlos zusehen und hoffen. "Ich kann dir nicht helfen..." ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Toya knallte auf den harten Boden. Die Spitze des Stabes schoss auf ihn zu. Blitzartig rollte sich Toya zur Seite und stand auf. Er schlug mit dem Schwert hinter sich, doch Garasu war schneller und konnte den Schlag parieren. "So leicht kriegst du mich nicht", zischte er. "Werden wir ja sehen", konterte Toya. Doch in diesem Moment traf ihn etwas hart in den Magen. Er ließ die Abwehr sinken und hielt sich mit den Händen den Magen. Garasu grinste siegessicher. In einer Hand hielt er den Kreuzstab, in der anderen leuchtete eine bläuliche Energiekugel auf. "Du... beherrscht... Magie?", keuchte Toya. "Hab schon 'ne Menge Magier wie den da..." Er blickte zu Hiro, der in einigen Metern Abstand zu ihnen stand. "...getötet. Er wird also nicht der erste sein. Eigentlich wollte ich ihn ja vor deinen Augen qualvoll sterben lassen, aber andersherum wird's vielleicht auch ganz lustig." "Du Schwein!", schrie Toya und holte erneut mit dem Schwert aus. Eine Reihe Angriffe folgten. Immer wieder war das Aufeinanderprallen zweier Klingen zu hören. Dann knallte Toya plötzlich gegen einen der Bäume, die auf dem Hinterhof standen. Es lag nicht an mangelndem Können. Garasu körperliche Kraft war einfach stärker. Toya konnte dem nicht ewig standhalten. "Verdammt, wo bleibt Mariko?", dachte Hiro. Zeitlich gesehen konnte sie noch gar nicht zurück sein, doch Hiro kam es wie eine Ewigkeit vor. "Langsam wird's brenzlig." Garasu stand zirka zwei bis drei Meter von Toya entfernt. Er schleuderte einer diese bläulich schimmernden Kugeln auf Toya. Dieser hielt das Schwert vor sich. Doch die Energiekugel wurde nicht vollständig abgefangen und traf Toya an der Seite. Immer weiter feuerte Garasu diese Lichtbälle auf ihn ab. Toya blieb nicht einmal die Zeit, um aufzustehen. Sein ganzer Körper schmerzte. Die Magie, die sein Feind gegen ihn anwendete, fühlte sich wie unzählige Stromschläge an. Seine Haut brannte. Sein Hemd war völlig zerfetzt und überall hatten der Kreuzstab und diese Kugeln, Kratzer und Schnittwunden hinterlassen. "Lange halt ich das nicht mehr aus", dachte er. Er stützte sich mit den Händen auf dem Boden ab und versuchte aufzustehen. "Denkst du wirklich noch, du könntest entkommen?", rief Garasu ihm zu und stellte die Magieattacken ein. Er schnipste mit dem Finger und wie schon vorhin bei Mariko, schnürten sich auch um Toya nun dicke, eiserne Ketten. Garasu formte die Hand zu einer Faust, worauf die Ketten sich noch enger zogen. Sie drückten sich fest in Toya's Haut. "Aaah", schrie dieser auf. "Toya!", rief Hiro. Seine Hände, mit denen er sich auf den Krücken abstützte, zitterten. "Ich muss ihm helfen!", dachte er. Die Ketten um Toya's Fußgelenke schnürten sich enger. Toya verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Er spürte, wie ihn erneut eine von Garasu's Energiekugeln traf. "Aaah", stöhnte er. "Gibst du auf?", fragte Garasu scheinheilig. "Das würde dir jetzt eh nichts mehr nützen. Du bist tot!" Und mit diesen Worten holte er mit den Kreuzstab weit aus. Er schlug herum. Traf etwas. Blut spritzte. Ein Aufschrei war zu hören. Toya spürte eine Last auf sich. Vorsichtig öffnete er die Augen. Er hatte gar nicht mitbekommen, wie er sie zusammengekniffen hatte. Für einen Moment lang war es, als würde sein Herzschlag aussetzen. Mit starrem Blick, beinahe wie in Trance blickte er auf Hiro, der über ihm lag. "Ma...sa", wisperte er. Garasu zischte etwas. "Du schon wieder?!", fauchte er dann. "Na warte... diesmal wirst du..." Er schwang seine Waffe. Doch kurz bevor die Spitze, Hiro berührte, schrie Toya: "NEIN!" Er griff nach dem Schwert, dass neben ihm am Boden lag und hielt es schützend vor Hiro. Blut lief seinen Arm hinunter, da er mit der anderen Hand die Klinge gepackt hatte. Nur so hatte er Garasu von Hiro weg drücken können. "Irgendwann...", schrie Garasu wütend auf. "Irgendwann mach ich dich kalt! Dich und deinen Bruder, du elender Abschaum!" ˜*˜*˜*˜*˜*˜ Toya sah nicht ein mal mehr genau wie, doch er wusste, dass Garasu sich gerade zurück gezogen hatte. Irgendwann,... ja irgendwann vielleicht. Aber das war nicht jetzt. Und im Moment war es völlig gleichgültig. "Masa", wisperte Toya und zog Hiro an den Schultern hoch. "To...ya", keuchte dieser. "Gott... sei dank,... du... lebst." Tränen standen Toya in den Augen. "Kannst du aufstehen?", fragte er. "Denk... schon", murmelte Hiro und versuchte sich aufzuraffen. "Aah", stöhnte er und hielt sich den schmerzenden Rücken. Toya stützte ihn so gut es ging ab. "Zeig mal", meinte er und lugte über Hiro's Schulter. Sein Hemd war quer über den Rücken aufgeschlitzt. "Er hat dich frontal getroffen", flüsterte Toya. "Es... ist... nicht... tief", versicherte Hiro ihm. Toya hob Hiro's Krücken vom Boden auf. "Bist... du... schlimm verletzt?", wollte Hiro wissen. Doch anstatt zu antworten, sagte Toya nur mit leiser Stimme: "Wieso machst du das?" Hiro, der nun, mit Hilfe der Krücken, wieder auf eigenen Beinen stand, sah ihn nur fragend an. "Wieso...? Was?" "Masa, wieso tust du das alles, hä?", fragte Toya und blickte vom Boden auf. "Die Zeit als Dämonen ist vorbei", schrie er aufgebracht. "Du bist nicht mehr mein Bodyguard! Du brauchst nicht ständig auf mich aufzupassen! Wieso hängst du dich überhaupt mit in die ganze Sache rein?" "A...aber... To...ya", stotterte Hiro nur verwirrt. "Du hast mit all dem doch eigentlich gar nichts zu tun!", schrie Toya. "Garasu ist hinter Yue und mir her, nicht hinter dir! Das ist unser Problem, verstehst du?" "Nein, ich verstehe nicht!", dachte Hiro, sagte jedoch keinen Ton. "Wir, und zwar NUR wir, werden Garasu auslöschen. Ich bin kein kleines Kind, Masa! Und ich bin auch keineswegs wehrlos! Yue gibt mir Schwertkampfunterricht. Ich lerne wahnsinnig schnell. Und bald bin ich stark genug, um Garasu mit Yue's Hilfe zu töten. Wieso hälst du dich nicht einfach da raus, hä?" Toya's Stimme bebte. Man könnte hören, dass er weinte. Und er selbst spürte den Geschmack von Salzwasser am Mundwinkel. Hiro blickte stumm zu Boden. Toya konnte seine Augen nicht sehen, da ihm der Pony ins Gesicht hing. "Du willst wissen, warum?", murmelte er beinahe unhörbar? Er lachte kurz auf. "Wieso lacht er denn jetzt?", fragte Toya sich. "Sag mal, bist du wirklich so blöd? Hast du's immer noch nicht mitgekriegt?" "Zu blöd?", wiederholte Toya in Gedanken. "Mitgekriegt?" Plötzlich blickte Hiro auf. Dieser Blick. So aufgebracht hatte selbst Toya ihn noch nie gesehen. "Der Grund, warum ich mir ständig den Arsch für dich aufreiße, obwohl ich immer und immer wieder eiskalt abgewiesen werde?! Warum ich dich nicht einfach Garasu's Fängen überlasse? Willst du das wirklich wissen? Gut, ich sag's dir. Ganz einfach, weil ich dich liebe! Deswegen!" Toya riss die Augen auf. Wortlos stand er Hiro gegenüber. "Was hat er da gerade gesagt?", schoss es ihm durch den Kopf. Doch ihm fehlten einfach die Worte. Hiro drehte sich um und humpelte einfach davon. Toya konnte nicht mehr klar denken. Völlig fertig sank er in die Knie. "Weil ich dich liebe!", hallte es ständig ins seinem Kopf wieder. "...ich dich liebe!" "Nein", fiepte er. Unter Tränen sah er Hiro's verschwommene Gestalt, sich immer weiter entfernen. "Nein, geh nicht! Masa!" Jeder Ton schien ihm in der Kehle stecken zu bleiben. Er wollte schreien. Wollte aufstehen und ihm nachlaufen. Er hätte ihn ganz sicher einholen können. "Wieso tun meine Beine nicht das, was ich will?", dachte er. Er konnte nicht. Weder das eine noch das andere. Kein Schrei drang über seine Lippen, kein Muskel bewegte sich, wie er es wollte. "Bitte...", wisperte er. "Masa..." Plötzlich hörte Toya jemanden rufen. "Toya!" Mariko hielt neben ihm inne. "Was ist passiert?", fragte sie besorgt. Yue zog seinen Bruder auf die Beine. "Alles okay mit dir?" "Wo ist Masa?", fragte Mariko weiter. "Garasu hat sich zurück gezogen", wisperte Toya nur. "Toya, komm mit. Du bist verletzt", meinte Yue und legte den Arm um Toya. Doch dieser stieß ihn nur weg und schrie: "Lass mich!" Mariko blickte ihn fragend an, als wolle sie sagen: "Was ist los?" "Tut mir leid", flüsterte Toya. "Ich wollte dich nicht anschreien." Er wischte sich mit der Hand übers Gesicht. "Es ist nur... Masa... ich wollte nicht... ich wollte doch nur nicht, dass er..." Ohne weiter nachzufragen, nahm Mariko Toya in die Arme. "Ist ja schon gut", sagte sie mit tröstender Stimme. "Du brauchst nichts zu erzählen, wenn du nicht willst." "Mariko", schluchzte Toya. "Ich bin... so ein Idiot!" ~tbc~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)