Broken wings von Rabenfeder (~when no one hears you cry~) ================================================================================ well known Stranger ------------------- Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich möchte diese Geschichte kein zweites Mal lesen müssen. Vielleicht liegt es auch nur an mir, da ich zwischen den Zeilen noch viel mehr niedergeschrieben habe, unbemerkt... Well known Stranger Kinder lachten fröhlich, glücklich darüber, endlich wieder hinaus an die frische Luft zu kommen und zumindest für einige Stunden dem öden Alltag im Krankenhaus zu entgehen. Ein kleines Mädchen spielte mit Freunden die sie besuchten unter den hohen, doch etwas unheimlichen Bäumen des trotz seiner geringen Größe großzügig angelegten Krankenhausparks. Vereinzelt konnte er ihre hellen, quietschenden Stimmen unter sich vernehmen. Bisher hatte ihn niemand hier entdeckt und es würde sich auch kaum einer der Besucher die Mühe machen, die vereinzelten Baumkronen nach einem Fremden abzusuchen. Seit nunmehr anderthalb Wochen saß er in diesem dämlichen Gebäude, in seinem dämlichen Zimmer mit den dämlichen bunten Wänden fest. Oh wie er das hasste! Der ganze Aufwand, der um sein "vollständige Genesung" gemacht wurde hing ihm wirklich zum Hals raus! Ekelhaft! Besonders dieser Möchtegern Psychologe, zu dem er täglich einmal gehen musste, um sich die Seele zu erleichtern, damit er neuen Lebensmut fassen konnte... Natürlich hatte man schnell die Wundmale auf seinen Armen entdeckt und sogleich Schlüsse daraus gezogen. Dieser Mr. Kon brauchte dringend Hilfe und Unterstützung. Deshalb wurde er fast schon rund um die Uhr bewacht, umsorgt und immer wieder zugequatscht. Seiner Meinung nach völlig unnötig, da er bis jetzt auch keine Seelenklemptner oder Sonstiges gebraucht hatte. Genau diese Einstellung sei es, die ihn zu Grunde richten würde. Er musste sich öffnen, andere an seinem Leid teilhaben lassen. Niemand könne auf Dauer alleine leben ohne Unglücklich zu werden. Schließlich wollte er ja sicherlich irgendwann wieder glücklich werden! Mit diesen und anderen dämlichen Ratschlägen war ihm der Psychofatzke gerade eben eineinhalb stunden lang in den Ohren gelegen. Aber was verstand dieser Typ schon von jemandem wie ihm, jemandem, der kein Recht darauf hatte, glücklich zu werden. Er wollte doch gar nicht mehr fröhlich werden. Wie sollte er je wieder so wie früher werden wenn sich alles in ihm dagegen sträubte? Er hatte zwar sehr viel verloren, aber so schlimm war das ganze auch nicht. Das hatte er ihm auch gesagt schließlich brauchte er keine Hilfe. Sie hatten ihre Sitzung eine halbe Stunde früher abgebrochen, da der Psychologe es als sinnlos befunden hatte, weiter auf Ray einzureden, der ja doch keine Spur von Kooperationsbereitschaft zeigte. Warum auch? Und so saß er ganz allein und genoss das Gefühl der harten Rinde unter sich. Hier konnte ihn keiner sehen, keiner scherte sich im Moment darum, wo er war. Ganz so, als ob er aus ihren Köpfen verschwunden war, für einen Augenblick, nur einen Herzschlag, einen Atemzug lang vergessen, tot... Die faszinierend hellen Bernsteine wurden sorgsam, ganz langsam und bedächtig, hinter den blassen Lidern versteckt, wie ein verborgenes Geheimnis. Denn in seinen Augenstand noch immer dese alles umfassende Gleichgültigkeit, die in nicht eine Ausnahme zu machen schien. Rein gar nichts wirkte in diesen verlorenen Augen wichtig, verlor mit einem einzigen Blick seine Bedeutung. Um ihn herum war es ganz still geworden. Doch nicht etwa der Lärm war abgeklungen. Nein, er drang nur vielmehr nicht mehr wirklich zu dem Schwarzhaarigen hindurch, schein wie von einem unsichtbaren Schutzschild aufgehalten. Er war hier allein, ob er nun auf einem der Bäume saß, in seinem Zimmer lag oder sich mit den "anderen" Kranken unterhielt. Nur zu gut kannte er diese wortlos und unangekündigt eintretende Stille in seinem Inneren. Das Gefühl der völligen Erfüllung in der Einsamkeit des Seins. Denn wer die Einsamkeit zu schätzen lernte, der hatte sie schon bald zum Freund und nicht mehr zum Feind. Sie umsponn einen mit ihren weichen, klebrigen Fäden, bettete die herzen in eiskalte Ruhe. Man durfte sich nur nicht bewegen, etwas als wichtig erachten. Sonst würden einen ihre Fäden mit einem Mal ins Fleisch schneiden und die Luft abschnüren, sodass man keinen Atem mehr holen konnte. Er wusste, dass es Zeit war, auf sein Zimmer zurück zu kehren, sonst würde die auch so liebe Monique sich noch sorgen um ihn machen und das musste aufs dringlichste vermieden werden, da er sonst keine ruhige Minute im Freien mehr haben würde. Also machte er sich mit einem beinahe seligen Lächeln auf den Weg zurück in sein Zimmer in dem er den Rest dieses grässlichen Tages verbringen musste. Schweigend starrte der junge Mann auf den matschigen Boden zu seinen Füßen. Seit er gekommen war schien keine all zulange Zeit vergangen zu sein, doch die Realität wie sie eine Uhr anzeigen mochte war da anderer Meinung. Seit dem frühen Abend saß er nun schon hier und wartete. Worauf? Tja, ein heiseres Lachen entrann seiner Kehle, auf ein Wunder. Mit zusammengekniffenen Augen blinzelte er gegen den dichten Regenschleier hinauf in das Zimmer, in dem er den schwarzhaarigen Chinesen vermutete. Noch immer brannte dort Licht, auch wenn die Fenster weit aufgerissen waren und etwas Wasser wohl oder übel hinein geweht wurde. Was tat dieser Idiot da? Er sollte doch so schnell wie möglich wieder gesund werden und sich nicht auch noch eine schwere Erkältung einfangen. Noch immer war er nicht wütend auf Ray. Seltsamerweise. Denn was konnte dieser auch dafür, dass er einen für ihn völlig bedeutungslosen Jungen vergessen hatte. Schließlich, schließlich hatte der andere ihn ja nicht geliebt, viel mehr schien er Kai nach dessen letzter Aussage schon fast zu hassen. Oh grausames Schicksal, das sich diesen schlechten Scherz erlaubt hatte. Da verliebte er sich einmal ernsthaft und dann? Unerwidert. Etwas in ihm wollte aufspringen und lauthals "unfair" aus sich heraus brüllen, doch er unterdrückte dieses eigentlich befreiende Verlangen geschickt und stapfte lediglich wütend auf sich selbst auf. Natürlich hatte er sich schon so manches Mal verliebt und es hatte nie sonderlich gut geendet, aber bis jetzt war er wieder darüber hinweg gekommen. Nur dieses Mal schien das einfach nicht so richtig glatt laufen zu wollen. Seit nunmehr 2 Jahren 3 Monaten und 14 Tagen brachte er den Schwarzhaarigen nicht mehr aus seinem Kopf. Woher er das so genau wusste? Nichts weiter als simples Nachrechnen schließlich hatte er diesen einen Tag in Gedanken immer wieder aus seinem Gedächtnis streichen wollen und dabei nur noch mehr darüber nachgedacht, die Stunden ohne Ray gezählt, bis sie zu Tagen und danach zu Monaten, Jahren wurden. Vielleicht sollte es ihm nie vergönnt sein, den Dunkelhaarigen je wieder zu vergessen. Bibbernd stellte er fest, dass der Regen auch an ihm nicht ohne Auswirkungen vorbei gegangen war. Zwar konnte er mit physischem Schmerz schon immer besser umgehen als mit seelischem aber das hieß noch lange nicht, dass er hier vor die Hunde gehen wollte. Aber bis zu sich nach Hause waren es knappe 20 Minuten. Na ja, eventuell hatte er ja Glück und der Regen würde bald aufhören, sehr bald. Seufzend blickte er gen Himmel, der immer noch Wolkenverhangen und duster wirkte. Das mit dem bald aufhören konnte er sich wohl abschminken. "Scheiße!" Fluchend versuchte er sich so gut wie möglich mit seiner Jacke vor dem plötzlich doch sehr heftig werdenden Regenschauer zu Schützen da die mittlerweile riesigen Tropen nicht gerade angenehm auf seiner Haut waren. Ekelhaftes Wetter! Richtig schön zum kotzen. Er wollte gerade in alter Manier auf Russisch ein paar kräftige Flüche loslassen als ein Regenschirm hilfsbereit über seinen Kopf gehalten wurde. Die roten Augen sahen überrascht auf direkt in das freundliche Gesicht der rundlichen Krankenschwester die sich um Ray gekümmert hatte. Diese Monique eben. Mit einem breiten Lächeln bat sie ihn doch ein wenig mit ihr unter ihrem Schirm mitzukommen, da es hier draußen doch bestimmt nicht gerade angenehm für ihn war. Zögernd ließ er sich von der vertrauensvoll wirkenden Frau schon beinahe mitziehen, in Richtung Krankenhaus. Missmutig beobachteten katzenhaft helle Augen die beiden Gestalten, die sich da im Regen vor seinem Fenster tummelten. Gewiss hatte er den Silberhaarigen schon lange vor der Krankenschwester bemerkt und sorgsam beobachtet. Denn bereits seit tagen saß dieser immer wieder bis spät in die Nacht auf dieser Bank, starrte ab und zu sehnsüchtig zu ihm nach oben obgleich er ihn wegen der zugezogenen Fenster wohl nie entdecken würde geschweige denn mit ihm reden konnte. Was würde Kai ihm auch zu sagen haben außer einer großen Anzahl von Vorwürfen und Drohungen, was er ihm alles antun würde, falls er sich je wieder in sein Leben einmischen sollte. Wie konnte auch ausgerechnet sein Engel ihn dort finden. Was war das für ein unglaublicher Zufall, der ihre Wege erneut hatte kreuzen lassen? Mit einem beinahe ängstlichen Blick wurden die bernsteinfarbenen Augen hinter den Augenlidern versteckt, ein stummes Flehen verbergend. Hoffentlich kam Monique nicht auf die dämliche Idee, Kai zu ihm zu bringen. Doch so wie er sie mittlerweile einschätzen konnte würde diese den Halbrussen nicht so einfach wieder verschwinden lassen ohne ihm eine Riesenszene zu machen, was er sich eigentlich erlaubte, den "armen Chinesen" leiden zu lassen. Wenn die eine Ahnung hätte, dass es ganz allein sein Verdienst war was passiert war hätte sie wahrscheinlich einen Anfall bekommen. Es wirkte ja eigentlich wirklich seltsam, wenn man von einem geliebten Menschen ein Liebesgeständnis bekam und anstatt es zu erwidern ihn wutentbrannt anschrie. Dämlich! Traurig strichen die knochigen Finger über die kühle Glasscheibe, rasche Blicke suchten die Umgebung nach ihm ab. Doch das einzige was entdeckt wurde war ein großer, bunter Regenschirm unter dem zwei Menschen eng aneinandergedrängt auf das Krankenhaus zugingen. Sollte sie etwa? Es sah ganz danach aus als ob der Silberhaarige sich unter exakt jenem Schirm befinden würde. Erschrocken wand sich der Besitzer der hellen Augen ab, durchsuchte rasch sein Zimmer nach seinem Eigentum, stopfte es mehr schlecht als recht in seine Tasche und fuhr sich nervös durch die Haare. Er konnte ihm jetzt nicht unter die Augen treten. Nicht heute, nicht morgen, gar nicht! Was hätte er ihm auch sagen sollen? "Hey du, tut mir leid, dass ich dein Herz gebrochen und dich fertig gemacht habe! Aber eigentlich lieb' ich dich ja auch und da das jetzt geklärt ist, wird ja eh alles wieder gut und wir können für immer zusammen bleiben!" Schwachsinn, totaler Schwachsinn! Leise schlüpfte er in seine Schuhe und öffnete die einfache Zimmertür. Auf dem hell erleuchteten Flur herrschte eintönige Ruhe. Die Nachtschwestern hatten erst vor einer halben Stunde kontrolliert und der nächste Rundgang würde noch eine ganze Weile dauern. Also hatte er genug Zeit, etwas Luft zu schnappen bevor er endgültig von hier verschwand. Mit raschen Schritten und wie auf Samtpfoten schlich er sich den Gang entlang zum Treppenhaus. Den Aufzug zu holen konnte er jetzt nicht riskieren und so rannte er in gleichmäßigem Tempo die Treppen hinauf. Zwar hatte er schon lange nicht mehr die damals antrainierte Ausdauer aber immerhin. Es kostete ihn nicht wirklich viel Mühe die drei Stockwerke bis zum Dach hinauf zu joggen. Oben angekommen riss er die doch etwas schwere Metalltür auf und sogleich strömte ihm die kalte Nachtluft entgegen. Der Regenschauer hatte nicht lange angehalten doch dafür war der dunkle Himmel wieder klar und wolkenlos. Tief atmete er ein. Die kühle Luft brannte schon fast in seinen Lungen, ließ ihn kurz zusammenzucken. Die Augen halb geschlossen trat er an den Rand des Dachs, das mit einem Geländer gesichert war. Als habe man angst, einer der Patienten würde sich hier herunterstürzen. Lachhaft diese Vorstellung, zumindest für ihn, da er viel zu feige zum Selbstmord war. Selbst in dem Moment in dem er umgekippt war hatte er sich insgeheim an sein Leben geklammert, wollte dieses jämmerliche Dasein weiterführen. Weit streckte er die Arme von sich, in die Tiefe schauend die ihn wie magisch zu sich nach unten zog. Er konnte nichts gegen dieses Gefühl tun, dass ihn zu sich auf den Boden vor dem Krankenhaus zu holen versuchte. Beinahe wäre er vorne übergekippt, doch eine brüchige Stimme hielt ihn gerade noch davon ab. "Schön nicht...Ray" Allein war er wohl nicht auf dem Dach. Doch das es gerade er sein musste, dem diese Stimme gehörte, die sonst so kalt und in diesem Augenblick so verlassen und unwirklich klang. Leise Schritte erklangen, näherten sich ihm langsam aber stetig. Unweigerlich zog er die Arme zurück, wagte es nicht sich umzudrehen. Das konnte doch nicht wahr sein, wie war das möglich wo er doch vor ihm davonlaufen wollte. Er biss sich selbst auf die Unterlippe. Jetzt war es ihm nicht mehr möglich, wegzulaufen. Der andere stand bereits knapp hinter ihm und fast schien es so als wolle sich eine fremde Hand auf seine Schulter legen. Der rasche Herzschlag des Schwarzhaarigen drohte ihn zu verraten. Konnte er es denn nicht hören, die Angst des Chinesen spüren. Erneute Schritte erklangen, entfernten sich wieder ein Stück von ihm, enttäuscht. "Du weißt noch nicht mal wer ich bin, hab ich Recht, Ray Kon?" Oh weia...ich mag dieses Kapitel stellenweise überhaupt nicht...genauso wie das 4. Nun ja, Übung macht ja bekanntlich den Meister, also heißt es für mich schön weiter schreiben und für euch schön weiter lesen. Übrigens haben sie jetzt schon fast direkt mit einander gesprochen, was für ein Schock...nun ja...ich verabschiede mich mal wieder... Broken wings and heaven cries. He's not yours and he's not mine. Broken wings © Blackychannn Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)