SAKU - aijoo ni uete iru kodomo von Astharte (Ein nach Liebe hungerndes Kind) ================================================================================ Kapitel 6: Aizen - die Ruhe --------------------------- Ein junger blonder Mann kniete sich zu Saku herunter, welcher erschöpft auf dem Boden hockte, die Beine nach vorn gestreckt. "Was hat man dir denn angetan?!", fragte der blonde Mann freundlich. Saku hob seinen Kopf leicht und schaute dem Blondschopf in die Augen. Seine blauen Augen hatten einen freundlichen aber traurigen Glanz. Das war das erste Mal, dass er so freundlich angelächelt wurde. "Wenn du aufstehen kannst, dann schlepp ich dich zum nächsten Cafè und gebe dir einen Kaffee aus!" In der dunklen Stimme dieses Mannes lag etwas Beruhigendes und Sanftes. Saku schüttelte nur verneinend mit dem Kopf. Der Mann lachte kurz auf. "Heißt das jetzt, dass du nicht aufstehen kannst oder keinen Kaffee mit mir trinken willst? Oder möchtest du lieber ne kalte Cola bei diesem heißen Wetter, hm?" Saku schaute den schmunzelnden Mann nur fragend an. Irgendwie konnte er mit dieser Situation gar nicht umgehen. Der Mann seufzte und richtete sich wieder auf. Er drehte sich kurz zur Anzeigetafel der U-Bahnen um und zog dann sein Handy aus der Innentasche seines Jacketts um die aktuelle Uhrzeit zu erfahren. Darauf hin steckte er das Handy wieder weg. Saku dachte schon, dass er wohl weiter müsste. Nun fiel ihm auch auf, dass er einen schwarzen Anzug mit weißen Hemd und Schlips trug. In seiner rechten Hand hielt er einen schwarzen Aktenkoffer, welcher schon etwas abgenutzt aussah. 'Vielleicht ein Bankangestellter oder so?', dachte Saku bei sich. Der Blondschopf schaute zu Saku hinunter und legte wieder ein freundliches Lächeln auf. Dann hockte er sich im Schneidersitz direkt vor Saku hin, worauf Saku ein Stück zurück rücken wollte, doch die Wand war direkt hinter ihm. Der Mann legte seinen Aktenkoffer auf seine Beine und öffnete ihn, zog eine Schachtel Zigaretten heraus und hielt sie Saku hin. "Auch eine?" Saku schüttelte wieder nur verneinend mit dem Kopf. Er steckte sich selbst jedoch trotzdem eine Zigarette an und packte die Schachtel wieder in seinen Aktenkoffer. "Ah, ich hab noch einen Eiskaffee!", bemerkte er und hielt Saku die Dose hin. Wieder schüttelte Saku mit dem Kopf. "Wirklich nicht? Kannst ihn ruhig trinken, ich hab eigentlich schon genug davon getrunken, sonst bekomm ich noch 'nen Koffeinschock!" Saku reagierte nun gar nicht und hatte nun auch wieder seinen Blick hinunter auf den Boden gesenkt. "So langsam bin ich aber beleidigt…", schmollte der Mann im Anzug und stellte die Dose Eiskaffee neben sich auf den Boden. Er fing an in seinem Aktenkoffer herum zu kramen. "Ich hab auch Kaugummis… oder vielleicht diesen leicht angeditschten Apfel? Nein?" Fragend schaute er Saku an, der gar nicht mehr reagierte. "Mal schauen, was hab ich noch, 'nen Butterbrot mit Käse… hmmm… oder willst du meine Bewerbungsunterlagen essen, aber ich glaub nicht, dass die schmecken…", er versuchte zu lachen, was dann aber in einem Seufzer endete. "Ach, du willst wohl wirklich nicht mit mir sprechen, dabei könnte ich nach diesem misslungenem Vorstellungsgespräch wirklich etwas Ablenkung gebrauchen… oh je, wie egoistisch von mir…!" Ein Beamter kam unbemerkt auf die Beiden zu. "Junger Mann, haben Sie das Verbotsschild nicht gesehen!? Hier herrscht Rauchverbot!" Der Blondschopf schaute zum Beamten hoch. "Oh, entschuldigen Sie bitte!" Er drückte die Zigarette auf dem Boden aus, verpackte sie in ein Taschentuch und steckte sie in den Aktenkoffer. Der Beamte ging weiter, woraufhin der Blondschopf ihm den Mittelfinger hinter her zeigte. "Man hat auch nirgends seine Ruhe… ich kenn ein wirklich ruhiges und idyllisches Plätzchen. Dort fahre ich manchmal zum entspannen und lesen hin. Wollen wir dort hinfahren?" Eine U-Bahn fuhr ein. Saku reagierte nicht. Der Blondschopf schaute zur Anzeigetafel. Plötzlich packte er schnell seine Sachen ein, sprang auf und packte Saku's Hand. "Komm schnell!" Er zog Saku hoch, welcher sich noch hastig seine Tasche umhängte. "Halt!", rief Saku und schnappte sich dann noch schnell die Dose Eiskaffee, welcher der Blondschopf übersehen hatte. Dieser lächelte nur und rannte dann mit Saku im Schlepptau auf die U-Bahn zu. Kurz nach den Beiden schlossen sich die Türen der U-Bahn, welche sich sofort darauf in Bewegung setzte. Der Blondschopf ließ nun auch die Hand von Saku wieder los. Erst jetzt bemerkte Saku etwas erschrocken, dass ihm die Berührung gar nicht unangenehm gewesen war. Er konnte gar keine negativen Gedanken spüren. Die Berührung hatte eher beruhigend auf ihn gewirkt. Überhaupt hatte er gar keine genauen Gedanken wahrnehmen können. Er schaute zu dem wesentlich größeren Blondschopf hoch. Dieser erwiderte den Blick lächelnd. "Herr je, ich habe gerade das Gefühl, dass ich ein wehrloses Kind entführe!", seufzte der Blondschopf. "Gar nicht!", erwiderte Saku schnippisch. Verdutzt schaute der Blondschopf den kleineren Jungen an: "Oh mein Gott, es spricht!", verspottete er ihn. Beleidigt schaute Saku zu Boden. 'ES spricht?!', dachte er nur. Der Blondschopf wuschelte Saku durch die Haare, worauf dieser reflexartig kurz zurück zuckte. Der Blondschopf schaute ihn nun mit einem traurigen Lächeln an. "Wie heißt du eigentlich?", fragte er. Saku zögerte. Aus irgendeinem Grund wollte er seinen richtigen Namen, den er von seiner Mutter bekommen hatte, nicht verraten. "Saku!", antwortete er lediglich. Dieser Name war ihm gerade ganz spontan eingefallen. "Saku", wiederholte der Blondschopf. "Mal kurz überlegen… ah, Saku heißt 'Zaun'! Es kann aber auch 'erblühen' heißen. Kommt drauf an, mit welchen Schriftzeichen man es schreiben würde." "Was für Schriftzeichen?", fragte Saku neugierig. "Japanische!", antwortete der Blondschopf lediglich. "Mich nennt man übrigens Aizen!" "Und was bedeutet dieser Name?" Aizen lächelte etwas verspielt, indem er den einen Mundwinkel höher zog, als den anderen. "Finde es heraus." Enttäuscht schaute Saku weg. Die restliche Zeit der Fahrt sprachen die Beiden nicht mehr miteinander. Als sie nun an der letzten Station dazu aufgefordert wurden, auszusteigen, nahm Aizen Saku wieder an die Hand. Sie verließen als Einzige die U-Bahn, alle anderen Fahrgäste waren an den anderen Stationen ausgestiegen. Die Station sah sehr verdreckt und alt aus. An der Decke hing ein altes, verdrecktes Schild, auf dem man noch so gerade eben "Bahnhof" erkennen konnte. 'Ein Bahnhof?', fragte Saku sich. Als sie die alte bröckelnde Treppe hinauf gingen, kamen ihnen grelle Sonnenstrahlen entgegen und kurz darauf konnte Saku Vogelgezwitscher vernehmen. Oben angekommen befreite Saku seine Hand aus Aizen's lockerem Griff und ging ein paar Schritte vor, während Aizen kurz stehen blieb und die frische Luft einatmete. Vor Saku lag eine grüne wild gewachsene Wiese. Als er sich dann zu Aizen umdrehte, erblickte er hinter diesem und dem Eingang zur U-Bahn-Station ein altes Gebäude, an dem schief das Schild "Bahnhof" hing, weil es nur noch an einer Ecke mit einem Nagel gehalten wurde. Dem Dach fehlten die Hälfte der Dachpfannen, außerdem fehlte die vordere Mauer fast ganz, was das Dach etwas schief hängen lies. Alles sah sehr wackelig und zerbrechlich aus. Schräg hinter dem Gebäude lagen ein paar einzelne Stücke Schienen, über die schon Gras und Unkraut gewachsen war. Links neben dem Gebäude befand sich ein riesiger kreisförmiger, gepflasterter Platz, der zur Hälfte von einer Mauer umrahmt wurde, zumindest damit, was davon übrig geblieben war. Nur sehr weit entfernt konnte man Autos fahren hören, ansonsten war es wirklich sehr still an diesem Ort. Aizen konnte ein leichtes Lächeln auf Saku's Gesicht erkennen. "Also gefällt es dir hier?" "Ja!", antwortete Saku knapp. "Puh, dann ist ja gut, denn wir sitzen hier erstmal eine Weile fest. So oft fahren hier keine U-Bahnen mehr hin. Dass sie überhaupt noch fahren, ist schon verwunderlich!" Aizen ging nun auf die Wiese zu und suchte sich ein schönes Plätzchen, wo er sich niederlassen konnte. Dann schmiss er den Aktenkoffer auf den Boden, zog sein Jackett aus und legte es in das hoch gewachsene Gras. Nun lockerte er seinen Schlips, öffnete den ersten Knopf des Hemdes und krempelte die Ärmel hoch. "Was für eine grässlich unbequeme und viel zu warme Kleidung für dieses heiße Wetter.", stöhnte er und pflanzte sich auf sein Jackett. Saku beobachtete ihn dabei nur stumm. Als Aizen nun sein Jackett abgelegt hatte, fiel ihm auf, dass er eine recht dürre Figur und regelrecht knochig, dünne Handgelenke hatte. Aizen schaute Saku an, wie er da so nichts sagend stand. "Du dagegen hast richtig praktische Luftlöcher in deinen Klamotten!", verspottete Aizen ihn. "Komm, setz dich!", forderte Aizen ihn auf und klopfte mit seiner Hand neben sich auf den weichen Wiesenboden. Saku gehorchte wie ein gut erzogener Hund. Aizen ließ sich nun ins Gras zurück fallen und betrachtete Saku, wie er verkrampft neben ihm hockte. Saku drehte sich zu Aizen um und hielt die Dose Eiskaffee hoch, die er immer noch mit sich herum schlürrte. "Darf ich? Ich hab jetzt doch Durst bekommen." Aizen nickte lächelnd, worauf Saku sich wieder nach vorn drehte, die Dose öffnete und einen Schluck nahm. Aizen betrachtete Saku noch eine Weile, dann erhob er sich, nahm ihm die Dose Eiskaffee ab und nahm sich auch einen Schluck. Saku erinnerte sich, wie ihm ein Mitschüler mal sein Getränk wegnahm und davon trinken wollte, worauf ein anderer Mitschüler einwandte: "Du willst doch nicht aus etwas trinken, woraus ER schon getrunken hat?" Saku musste ungewollt lächeln. Aizen wuschelte wieder in Saku's Haaren. "Wer hat dir eigentlich diesen feschen Stufenschnitt verpasst?", neckte er Saku wieder, welcher darauf wieder einen traurigen Blick bekam. "Wenn du möchtest schneide ich sie dir zurecht. Ich habe mal eine Ausbildung zum Friseur angefangen." "Jetzt gleich?!", fragte Saku erschrocken. Aizen lächelte erheitert. "Wenn du sie unbedingt sofort geschnitten haben willst, dann gern. Aber ich muss erst schauen, ob ich eine geeignete Schere dabei habe." Saku nickte nur, worauf Aizen ihm die Dose wieder in die Hand drückte und wieder einmal anfing in seiner Aktentasche herumzuwühlen. Diesmal konnte Saku einen Blick in die Aktentasche werfen, welche nicht wie von ihm erwartet ordentlich und sortiert war. Alle möglichen Dinge flogen darin wild herum. "Ah, die Schere dürfte gehen! Und da ist ja auch mein Kamm. Komm, setz dich vor mich!" Saku gehorchte ihm. Aizen kniete sich hinter Saku und fing erstmal an, seine struppigen Haare durch zu kämmen. Aizen war sehr vorsichtig, nur manchmal ziepte es leicht. Eine wohl fühlende Gänsehaut machte sich auf Saku's Kopfhaut breit. Dann fing Aizen an zu schneiden. Beim ersten Schnitt, zuckte Saku ganz automatisch zusammen. Das Geräusch der Schere erinnerte ihn daran, als er ca. eine Stunde vorher noch mit einer Schere bedroht wurde. "Ah, nicht wackeln, sonst verletze ich dich noch!", warnte Aizen mit seiner beruhigenden Stimme. Daraufhin hielt Saku ganz still. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)