Tabularasa von Daedun (Dein Wunsch ist mir Befehl) ================================================================================ Kapitel 19: Lunas Liberi ------------------------ "Und wie gefällt dir deine Stadt." Integra lächelte und wandte sich dann zu ihm um. Alukard stand mit einem breiten Grinsen hinter ihr an der offenen Terrassentür. Integra saß in einem bequemen Korbstuhl und genoss den kühlen Wind der von Osten hinüber wehte. Die Aussicht die sich ihr von ihrem Platz aus bot, war selbst in der Dunkelheit bezaubernd. Der langgezogene Garten, der sich hinter der alten Villa erstreckte wurde von einem Dutzend Eichen umschlossen, die das Anwesen vor neugierigen Blicken schützten. In der Mitte des Rasens lagen einzelne Beete, in dem unzählige wilde Rosen um die Wette blühten. Alukard kam setzte sich neben ihr in den freien Stuhl und griff nach dem Glas das vor ihr stand. Nachdem er einen Schluck genommen hatte, schüttelte er sich." Brrrr ! Ich hatte schon vergessen wie gräulich es kalt schmeckt." Integra runzelte die Stirn." So schlimm ist es auch wieder nicht. Außerdem kannst du es jederzeit warm machen." Dann schien ihr etwas einzufallen. "Wo ist Seras?" Sie hatte das Mädchen seit ihrem Einzug vor drei Nächten kaum zu Gesicht gekriegt. "Sie wollte heute Abend mal wieder Londons Nachtleben genießen, so weit ich weiß." Seras lief summend über den Piccadilly Circus. Sie schloss genießerisch die Augen. Es war herrlich, wieder hier zu sein. Sie sah in die bunten Schaufenster. Das ständige Brausen der vorbeifahrenden Busse und Taxis, die sich quälend durch die ständig überfüllten Strassen schoben, klang wie Musik in ihren Ohren. War es wirklich schon 50 Jahre her, das sie hier zum letzten Mal lang spaziert war? Damals waren sie alle zusammen fortgegangen. Lady Integra, ihr Meister, sie und Walter. Die Erinnerung an den Diener des Hauses Hellsing verdrängte für einen Moment die Fröhlichkeit und an ihre Stelle trat ein bitterer Kloß in ihren Hals. Walter. Er hatte sie in Paris verlassen. Mit dreiundneunzig Jahren war er friedlich eingeschlafen, aber vorher hatte er sich, wie es sich für einen Gentleman gehört, von seiner Lady verabschiedet. Integra war in den letzten Stunden nicht von seiner Seite gewichen. Zusammen ließen sie die gemeinsame Zeit noch einmal Revue passieren. Seras hatte ihr Lachen gehört. Durch das Holz der Schlafzimmertür war es wie fremde Musik durch die Zimmer geschwebt. Es war das erste Mal, daß sie Integra lachen hörte. Danach hatte ihre Lady veranlasst ihn einäschern zu lassen. "Das war sein letzter Wunsch," hatte sie leise gesagt. Danach dauerte es eine Woche bis sie wieder am Leben um sie herum teilnahm. Alukard blieb während dieser Zeit fern von ihr. "Sie nimmt noch einmal Abschied," hatte er erklärt, als sie ihn fragte, ob man der Lady nicht helfen könne. Seras sah verstohlen zum Himmel hinauf. Ob er wohl dort gut aufgehoben war? Plötzlich scherte hinter ihr ein schwarzer Pettycruser aus der kriechenden Schlange. Der Wagen hielt neben ihr und die Hintertür sprang auf. Seras blickte verdutzt zur Seite, als ein attraktiver Bursche mit schwarzen, schulterlangen Haaren und einem Kinnbart ausstieg und auf sie zusteuerte. Erst dachte sie, es handle sich um eine Verwechslung, als er ihr nun mit einem breiten Lächeln den Weg versperrte, doch ein Blick in seine unnatürlich schimmernden Augen reichten um diesen Verdacht fallen zu lassen. Die Farbe der Iris erinnerte an flüssiges Gold, in das man einzelne schwarze Perlen gesetzt hatte. "Entschuldigung Fräulein Viktoria, wenn ich sie hier so überfalle, aber würden sie mir die Ehre erweisen und mich ein kurzes Stück begleiten?" Seras runzelte irritiert die Stirn. "Wer war der Mann und woher zum Teufel kannte er ihren Namen? "Äh Entschuldigung, kenne ich sie irgendwoher?" Der Fremde lächelte immer noch als er sich jetzt leicht verbeugte. "Oh Verzeihung, sie haben recht, das war unhöflich von mir. Mein Name ist Kalaham Duerme. Ein Freund, kein Feind." Das Zwinkern das er hinter die letzte Bemerkung setzte, ließ das Misstrauen in Seras erst recht aufflammen. Wieso solle sie Feinde haben? Der Fremde deutete jetzt mit einer einladenden Handbewegung zu dem immer noch wartenden Auto. " Ich bitte sie aufrichtig meinem Wunsch zu erfüllen. Ich versichere ihnen, daß sie mir voll und ganz Vertrauen können, doch es eilt. Die Sache, um die es geht ist von außerordentlicher Dringlichkeit." Seras zögerte noch immer, doch dann. "Lady Helena erwartet uns bereits." Während dessen im Gerichtsmedizinischen Institut von London Als der Assistent das weiße Lacken mit einer raschen Bewegung zurückschlug, überkam Charly Peterson das dringende Bedürfnis sich zu übergeben. Er hatte als Ermittler von Scottland Yard in vier Jahren schon viel gesehen, aber das übertraf sogar seine finstersten Phantasien. Er schluckte und drehte kurz den Kopf zur Seite. Bis das Tuch wieder das Verdeckte, was gestern noch ein Mensch gewesen war. "Sieht schlimm aus nicht wahr," nickte Kevin Tindra der leicht übergewichtige Pathologe mit dem kahlen Schädel grinste verstohlen zu ihm hinüber, als er die Bahre zurück ins Kühlfach gleiten ließ und das Schloss an der Klappe zuschnappte. "Nicht viel schlimmer als die anderen drei ,"erwiderte der Polizist und wandte sich ab. Gemeinsam liefen sie zu Tindras Büro, wo sich Charly erst mal einen Kaffee einschenkte. Nachdem er mit dem ersten Schluck seinen aufgewühlten Magen beruhigt hatte, konnte er seine Aufmerksamkeit wieder Tindras Erläuterungen widmen. Der setzte sich hinter seinen Schreibtisch und sah ihn über den Rand seiner halbmondförmigen Brille mit ernster Mine an. " Ich sage ihnen Peterson, so eine Schweinerei habe ich in meiner ganzen medizinischen Karriere noch nicht gesehen." Er schlug die Akte, die vor ihm lag, auf und begann in den einzelnen Blättern zu wühlen. "Wir haben in den letzten vier Monaten immer das gleiche Bild vorgefunden," sagte Charly und nippte weiter an seinem Kaffee. "Drei Männer mittleren Alters und eine Frau. Alle wurden nachts alleine vom Täter überrascht und auf bestialische Art und Weise getötet." "Getötet?!" Tindra lachte bitter auf. "Abgeschlachtet trifft es wohl besser. Schauen sie hier," er drehte die Unterlagen herum, so das Charly einen unliebsamen Blick auf ein gestochenscharfes Photo des Polizeiphotographen werfen konnte. " Ich glaube auch nicht, daß wir es bei diesen Fällen nur allein mit einem Täter zu tun haben," erklärte Charly schnell, bevor der Doc auf die Idee kam ihm noch weitere tolle Bilder zu zeigen. Wieder lachte Tindra. "Oh nein ganz sicher nicht, aber wissen sie was mich am meisten wundert ist, auf welche Art und Weise diese Opfer zugerichtet wurden. Charly sah überrascht auf. " Na ich vermute mal, ein Beil oder eine Machete ist für so was verantwortlich, oder?" Der Pathologe runzelte nachdenklich die Stirn. Dann fuhr er sich mit den Fingern langsam übers Kinn. " Wissen sie Peterson, ich will sie ja nicht beunruhigen aber, diese Wunden wurden meiner Meinung nach, wie soll ich es sagen," Charly sah ihn erwartungsvoll an. Dann gab sich Tindra einen Ruck. " Das sind keine Schnittwunden, dass waren Zähne, große Zähne...." Der Wagen fuhr in überraschend zügigen Tempo durch die Shafterbury Ave. Seras wusste immer noch nicht, was sie von ihrer neuen Bekanntschaft halten sollte. Das einzige was sie über den fremden Mann wusste war, dass sie offensichtlich einen gemeinsamen Bekannten hatten, Lady Helena. Er machte während der Fahrt keine Anstalten das Gespräch wieder aufzunehmen und Seras hielt es für klüger abzuwarten. Als sie nach einer halben Stunde vor der verborgenen Bibliothek standen, wurde sie doch ein wenig nervös. Vielleicht war er ja doch kein Freund? Vielleicht benutze er sie nur um .... Doch als er nach dem geheimen Öffner langte und sie nach einigen Minuten vor der kleinen Lady standen, wusste sie, das er die Wahrheit gesagt hatte. Lady Helena begrüßte sie mit einem merkwürdigen Lächeln. "Schön das du wieder hier bist Seras Viktoria." Sie nahm Seras Hände in ihre und dieses spürte eine wohlige Wärme in sich aufsteigen. "Danke Lady Helena, aber warum sollte ich hier her kommen? Fragend wandte sie den Kopf zu ihrem unheimlichen Begleiter. Helena begrüßte auch ihn. " Schön das es so schnell geklappt hat Kalham. Ich bin mir sicher, das er bereit sein wird uns zu helfen." Der junge Mann lachte leise. " Nun ich hoffe er sieht das genauso." Seras sah ratlos von einem zu anderen. Worum ging es hier eigentlich? Helena schien ihre Gedanken zu lesen. Sie lächelte wieder zu ihr hinüber. "Nun Seras es gehen seit einiger Zeit schreckliche Dinge vor sich." Ihre Augen schimmerten dunkel im Licht der Kerzen. " Noch schweigt die Presse der Sterblichen, doch es wird nicht lange dauern, bis es offensichtlich wird." "Was denn für Dinge?" "Morde!" fuhr der Vampir dazwischen. Seine goldenen Augen funkelten wie Sterne. " Seit vier Monaten sterben Menschen hier einen grauenhaften Tod." Er begann unruhig hin und her zu wandern, während er weiter sprach. " Sie werden bei lebendigem Leibe zerfleischt." Seras klappte der Mund auf. "Etwa von Vampiren?" " Nein, nein, zu solch unwürdigen Taten würde sich unsere Rasse niemals hinreißen lassen. Diese Wesen, die dafür verantwortlich sind, haben keinen Stolz. Das sind ..... "Wölflinge!" Seras zuckte erschrocken zusammen und auch der Mann verstummte auf der Stelle. Alukard trat aus dem Schatten der Tür, durch die er ohne sie vorher zu öffnen getreten war. Mit versteinerter Mine und verspiegelter Brille stellte er sich nun vor ihm auf. " Was soll das hier und warum benutzt du sie dafür?" er deutete auf Seras, die immer noch leicht verunsichert zwischen den beiden hin und her sah. "Wie sollte ich sonst mit dir Kommunizieren?" fragte er anstatt auf die Frage zu antworten. Alukard verzog verärgert das Gesicht. "Warum hast du mich nicht selbst aufgesucht?" Der Vampir schüttelte resigniert den Kopf. "Du weißt selbst, das du mich nicht hättest ausreden lassen. Viel wahrscheinlicher währe gewesen," er blickte auf Alukards Mantel," dass ich unser Zusammentreffen gar nicht überlebt hätte." "Was macht dich denn so sicher das du es jetzt überlebst?" kam es schneidend zurück. Seras bekam große Augen. Auch ein Taubstummer hätte schnell rausgefunden, dass ihr Meister diesen Herrn nicht sonderlich mochte, aber plötzlich meldete sich die ruhige Stimme Helenas zu Wort. " Ich denke es ist besser in Anbetracht unserer Situation alte Unstimmigkeiten beiseite zu lassen." Sie stellte sich zwischen die beiden und sah zu Alukard auf, der immer noch mit zusammengezogener Stirn dastand. Dann wandte er sich ab. "Also?" fragte er und Helena und Kalham wechselten einen erleichterten Blick. " Nun wie gesagt, diese Tiere fangen an aufmüpfig zu werden." Erklärte Kalham weiter und ließ dabei Alukards Rücken nicht aus den Augen. "Sie bleiben nicht länger im Verborgenen und das gefährdet immer mehr die Maskerade." "Warum kümmern sich nicht die anderen um das Problem?" Alukard hatte seine Brille abgenommen und seine roten Augen glühten. Ein unverkennbares Zeichen dafür, dass sein Gemütszustand äußerst angespannt war, wie Seras wusste. Der schwarzhaarige Vampir lachte auf. "Oh, wir haben bereits versucht das Problem in den Griff zu bekommen, aber leider wahren diese Aasfresser nicht sehr kooperativ." Er schnitt eine Grimasse. " Zehn von unseren Leuten hat es schon erwischt. Wenn sie sich nicht gerade ein paar hübsche Krallen wachsen lassen, können die Jungs ganz schön scharf schießen." Alukard zog die Augenbrauen hoch. "Hier lasst euch von ein paar Laternenpinklern fertig machen? Und das wo doch ein Hauptmann das Heer führt." Seras merkte an der Reaktion des Mannes, dass Alukard wohl einen Nerven getroffen hatte. Denn er ballte wütend die Fäuste. " Hey also," doch Helena fuhr wieder dazwischen. " Es ist offensichtlich, dass eine Organisation gefordert ist, die weitaus größeren Fähigkeiten besitzt." Sie lächelte. " Nun, da dein Kommandant, wie soll ich mich ausdrücken, einen anderen Weg eingeschlagen hat, seid ihr die Einzigen die uns in diesem Kampf voranbringen könnten." Zum ersten mal grinste Alukard. "Ich werde die Sache überdenken." Dann verschwanden er und Seras. " Meinst du wirklich das er uns unterstützt?" fragte Kalham. " Manche Wunden verheilen nicht." War Helenas Antwort. " Doch ein Jäger bleibt ein Jäger:" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)