Tabularasa von Daedun (Dein Wunsch ist mir Befehl) ================================================================================ Kapitel 30: Malignus manium --------------------------- Integra hatte sich, nach dem sie alleine waren, wieder hinter den Schreibtisch gesetzt und das Foto des Chips aus der Schublade geholt. Nachdenklich betrachtete sie die Aufnahme. Fast schien es ihr, als wenn das kleine metallene Kunstwerk sie höhnisch angrinste. Mit Hilfe der Zeit konnte man Kriege überdauern, doch manche Feinde ließen sich nicht abschütteln. Sie warf das Foto wütend auf die Holzplatte. Damals, kurz nach ihrem Rückzug aus der menschlichen Welt, waren die Fabriken, die den Vampirchip hergestellt hatten zerstört worden, doch der Erfinder wurde nie gefunden. Sie schüttelte mit einem halbherzigen Lachen den Kopf. Hatte sie wirklich geglaubt das es damit vorbei war? Ein einmal gedachter Gedanke blieb in der Welt und verschwand niemals. Scheinbar galt das auch für diesen. Aber was war der Sinn hinter alle dem? Warum entwickelte man so einen Chip und verwandelte damit Menschen in willenlose, blutsaugende Monster bzw. warum widmete man sich nun den Wölfen? Integra seufzte, als sie plötzlich Musik hörte. Leise drangen die samtigen Töne eines Klaviers durch die hohen Räume. Sie stand auf und lief durch den Flur. Dem Klang wie eine Träumende folgend. Die Musik füllte die Leere um sie herum. Dann hatte sie das Zimmer erreicht, in dem der Ursprung der Melodie lag. Geräuschlos öffnete sie die Tür. Drinnen empfing sie sanfter Kerzenschein und ein schwarzhaariger Vampir, der schwungvoll über die Tasten des riesigen Flügels strich, der in der Mitte des Raumes stand. Sie schlich langsam an ihn heran und setzte sich neben ihn auf den schmalen Stuhl. Alucard jedoch spielte unentwegt weiter. Integra genoss sein Spiel, es war wie eine sanfte Umarmung, ein beruhigendes Streicheln. Als sie ihn zum ersten mal gehört hatte, war sie doch überrascht gewesen. "Warum hast du mir nie erzählt, das du so etwas beherrscht?" hatte sie ihn gefragt. "Du hast nie danach verlangt." Kam es zurück. Die letzten Töne waren verklungen und ihr Echo vibrierte leise nach. Integra schmiegte ihren Kopf an seine Schulter. Mit einer Hand fuhr sie langsam über die Tasten und einzelne Töne flammten auf. " Die Geister der Vergangenheit sind all gegenwärtig." Sagte er plötzlich und Integra unterbrach ihre Handlung. " Aber was soll das alles?" Er lachte und begann erneut zu spielen. " Warum ist der Krieg das Lieblingsspiel der Menschen, warum gilt ihr höchstes Streben der Vernichtung ihrer eigenen Art?" Integra beobachte seine Hände, wie sie auf magische Art und Weise der Luft zum singen brachten, während sie über seine Worte nachdachte. "Vielleicht steckt es in uns drin? Vielleicht ist das Monster das wir offensichtlich sehen, gar nicht die größte Gefahr, vielleicht sind wir es selbst?" Sie lächelte und griff nach seiner Hand. Wieder wurde es still. "Warum trägst du sie noch?" Sie strich über das rote Pentagramm auf seinen Handschuhen. " Alte Gewohnheiten lassen sich schlecht ablegen." Grinste er. Vorsichtig zog sie an den Fingerspitzen und langsam glitt der Stoff von ihnen ab. Sie besah sich seine freien Hände. Seine Finger waren lang und schmal. Zärtlich ließ sie die einzelnen Glieder durch ihre eigenen Hände fahren. Diese Hände waren so sanft und doch konnten sie einem ohne zögern das Leben nehmen. " Außerdem, operiere ich immer noch im Namen der Familie Hellsing." Jetzt lacht Integra "Du bist und bleibst ein Einzelgänger deiner Art, nicht war?" Sie hob seine Finger zu ihren Lippen und küsste sie. " Meine Treue gilt alleine dir. Dich zu beschützen ist und bleibt meine Aufgabe." Jetzt fuhren seine Finger in weichen Bewegungen über ihre Wange hinunter zu ihrem Kinn. "Aber eines Tages wirst du mich verlassen, du wirst genug von mir haben, vielleicht auch genug von dir selbst." Integra legte den Kopf schief, so das seine Hand ihn wie eine Wiege festhielt. " Vielleicht, vielleicht gehst aber auch du?" Dieses mal lacht er nicht sondern beugte sich nach vorn. " Glaube mir, es gibt in meinem unsterblichen Leben nichts mehr, wonach ich mich noch verzehren sollte. Außer nach dem was ich schon habe." Sie berührte seine Lippen. "Dann solltest du es genießen, so lange du kannst." Das Licht der Kerzen um sie herum zitterte, als sie sich wenig später zwischen den weißen Lacken ihres Bettes liebten. Ihre Körper warfen verzehrte Schatten an die Wand und anstatt des Klaviers, waren es ihre Stimmen, die die Luft mit Musik durchströmten. Die Sonne schickte bereits einen ersten Strahl durch den untersten Rand der Vorhänge, als sie sich friedlich und satt zusammen einrollten. Integra spürte, wie er ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr strich bevor sie einschlief. Alucard betrachtete sie eine weile. Sie schien wie eine Blume, zart und schön, mit ihrer weißen, glatten Haut und den seidenen Haaren. Er grinste und legte den Arm um ihre Schulter. Doch wie lautete eine alte Wahrheit? In den schönsten Blumen lauert oft das tödlichste Gift. "Du schläfst in einem ganz normalen Bett?" Allicia ging staunend durch Seras Zimmer und blieb dann vor dem dunkelbraunen Ungetüm an der Wand stehen. Seras lachte. " Na ja ganz so normal ist es eigentlich nicht." Sie drückte auf den verborgenen Schalter unter dem Bettpfosten. Kurz darauf senkte sich die Decke mit einem leisen Surren nach unten. Allicia war sprachlos. " War am Anfang ein bisschen gewöhnungsbedürftig." Gab Seras zu und suchte dann weiter nach dem Schlüssel für die Waffenkammer. Sie hatte ihn gestern Morgen noch in der Tasche gehabt, aber nun war er nicht mehr aufzufinden." Ich dachte immer Vampire müssen in einem Sarg aus dem Holz ihrer Heimat schlafen." Seras gab die Suche auf und wandte sich ihr zu. " Ehrlich gesagt, dachte ich das früher auch mal. Aber dann hat mich Walter eines besseren belehrt." "Wer ist denn Walter?" Wieder fühlte Seras diesen schmerzhaften Stich in ihrer Brust. " Er war Lady Integras Butler und hat mit ihrem Vater zusammen die Organisation gegründet. Er ist letztes Jahr gestorben." Allicia hob überrascht die Augenbrauen. "Soll das heißen, er war kein Blutsauger?" Seras runzelte leicht verärgert die Stirn. "Nein, ganz bestimmt nicht. Außerdem warum gebrauchst du immer diesen Ausdruck?" Das Mädchen grinste schief. " Aber genau das bist du doch, oder nicht?" Seras Augen wurden schmal. " und was bist du dann? Ein wandelnder Vorlegeteppich?" Allicias Grinsen war verschwunden. Für einen Moment sagte keiner von beiden mehr ein Wort, dann unterbrach die innere Stimme ihres Meisters die Stille. " Wo bleibst du Fräulein Polizistin?" Seras nickte geistiggegenwärtig." Ich komme schon." Sie lief zur Tür. Allicia folgte ihr. "Was ist?" "Mein Meister hat uns gerufen." "Dein was? Meister?" Seras drehte sich auf der Treppe noch einmal um. " Wir haben unseren eigenen Draht zu einander." Auf dem Gesicht des Mädchens war immer noch Erstaunen sichtbar. " Aber wie kommt es, dass du ihm untergeben bist. Seid ihr denn nicht frei?" Seras lächelte matt. " Doch wenn du und dein Erschaffer es wollen, kannst du dich von ihm lösen und eigene Wege gehen aber ich," Sie standen nun im Flur, " bin noch nicht so weit." Über die Terrasse erreichten sie anschließend den Schießstand. Alucard stand bereits mit zwei geladenen Sturmgewehren und wartete auf sie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)